Gesundheit heute

Schlafstörungen bei chronischer Erkrankung

Schlafstörungen bei chronischer Erkrankung
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Sekundäre Schlafstörung: Nicht nur vorübergehende Störung der Schlafqualität infolge einer internistischen, neurologischen, psychiatrischen oder anderen Primärerkrankung. Es besteht die Gefahr wechselseitiger Verstärkung von Schlafstörung und ursächlicher Erkrankung. Dieser Teufelskreis ist besonders ausgeprägt bei den psychiatrischen Primärerkrankungen und kann Betroffene in den Suizid (Selbstmord) treiben.

Leider stehen spezielle schlafmedizinische Behandlungsmöglichkeiten bisher nur bei wenigen Primärerkrankungen zur Verfügung. Die ärztliche Hilfe besteht deshalb in der Praxis vor allem darin, die Selbsthilfemöglichkeiten im Rahmen der modernen Schlafhygiene an die Möglichkeiten und Erfordernisse im Einzelfall anzupassen. Dies reicht oft schon aus, den Teufelskreis der sekundären Schlafstörung zu durchbrechen.

Die folgende Aufstellung geht auf die wichtigsten chronischen Erkrankungen ein und stellt, soweit verfügbar, auch spezielle schlafmedizinische Therapiemöglichkeiten dar.

Die Erkrankungen

Chronische Schmerzen

Viele körperliche Erkrankungen sind weniger durch die Krankheit selbst, als vielmehr durch die damit einhergehenden Schmerzen Ursache für schlechten Schlaf. So geben ~ 70 % der von chronischen Schmerzen betroffenen Patienten an, dass die Schmerzen ihre Schlafqualität verschlechtern.

Dabei entsteht ein Teufelskreis: Jeder hat schon erlebt, dass Schmerzen den Schlaf stören und vor allem das Durchschlafen fast unmöglich machen. Weniger bekannt ist, dass schlechte Schlafqualität die Wahrnehmung des Schmerzes intensiviert.

Manchmal leiden die Betroffenen schließlich mehr unter der Schlaflosigkeit als unter den zugrunde liegenden Schmerzen. Trotzdem setzt die Therapie, wenn möglich, an der Ursache an - also bei den Schmerzen.

  • Sind die Schmerzen kurzfristiger Natur, kann die angemessene Einnahme von Schmerzmitteln verhindern, dass der genannte Teufelskreis eintritt. Schmerzmittel vom NSAR-Typ (wie Diclofenac, z. B. in Voltaren®) sind oft ausreichend; bei stärkeren Schmerzen, z. B. nach einem größeren zahnmedizinischen Eingriff, kann der Arzt ein Opioid verordnen.
  • Bei längerfristigen Schmerzen (beispielsweise bei Tumorschmerzen) ist eine frühzeitige gute Schmerztherapie die wichtigste Maßnahme.

Kopfschmerzsyndrome

Alle Kopfschmerzsyndrome wie Spannungskopfschmerzen, Clusterkopfschmerzen und auch Migräne können durch Schlaf ausgelöst, aber auch gelindert werden. Sie können sich bei Schlafstörungen verschlimmern und/oder an Träume gebunden auftreten.

Manche Betroffenen müssen z. B. auf einen Mittagsschlaf verzichten, weil sie wissen, dass dieser einen Migräneanfall auslösen kann.

Eine sorgfältige Selbstbeobachtung (z. B. mit Schlafprotokollen und Kopfschmerztagebuch) bietet gute Chancen, die Häufigkeit und Schwere von Kopfschmerzen zu senken.

Demenz

Die Demenz geht im fortgeschrittenen Stadium fast immer mit schwersten Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus und damit auch des Schlafs einher. Eine spezifische Therapie ist schwierig.

Parkinson-Krankheit

75 % aller Parkinson-Patienten klagen über Schlafstörungen (bis hin zur Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus), die sowohl durch die Krankheit selbst als auch durch ihre Behandlung bedingt sein können. Besonders die Levodopa-Therapie wirkt sich ungünstig auf die Schlafqualität aus. Die Schlafstörungen nehmen im Verlauf der Krankheit zu. Auch Depressionen, die ein häufiges Phänomen bei Patienten mit fortgeschrittenem Parkinson sind, verschlimmern die Schlafstörungen. Zudem klagt über die Hälfte aller Parkinson-Patienten über nicht kontrollierbare Beinbewegungen im Schlaf.

Schlaganfall

Schlaganfallpatienten leiden zu über 50 % an Schlafstörungen, vor allem an schlafbezogenen Atemstörungen, z. B. in Form von Atemaussetzern. Eine spezifische Therapie existiert noch nicht.

Chronic-Fatigue-Syndrom

Das Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS), auch chronisches Müdigkeitssyndrom oder chronisches Erschöpfungssyndrom genannt, wird im Rahmen der neurologischen Erkrankungen besprochen. Es ist fast immer mit nichterholsamem Schlaf verbunden.

Auch im Rahmen schwerer Krankheiten und deren Therapien (z. B. Chemotherapie bei Krebs) lässt sich ein Fatigue-Syndrom mit erhöhter Müdigkeit bei gleichzeitig schlechter Schlafqualität beobachten. Es kann über einen langen Zeitraum, bis weit über das Therapieende hinaus, anhalten.

Die Therapiemöglichkeiten dieser Schlafstörungen entsprechen denen der primären Schlafstörung.

Fibromyalgie

Die Fibromyalgie ist in hohem Maße von chronischem Erschöpfungsgefühl gekennzeichnet; nichterholsamer Schlaf gehört dabei zu den schlafmedizinisch führenden Beschwerden.

Tinnitus

Der Tinnitus kann infolge des Dauertons oder -geräusches zu ausgeprägten Einschlaf- und Durchschlafstörungen führen.

Psychiatrische Erkrankungen

Der nichterholsame Schlaf kennzeichnet praktisch jede seelische Erkrankung. Die Auswirkungen auf die einzelnen Faktoren der Schlafqualität sind jedoch, wie die folgende Tabelle zeigt, sehr unterschiedlich.

Bei stationärer Aufnahme ist die Therapie der Schlafstörung in vielen ganzheitlichen Behandlungskonzepten integraler Baustein der Behandlung. Begrenzter sind die Möglichkeiten innerhalb der ambulanten Therapie – zumindest die Selbsthilfemaßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene können jedoch immer angewendet werden.

Weitere Erkrankungen

Bruxismus (nächtliches Zähneknirschen)

Cushing-Syndrom

MCS (multiple chemosensitivity syndrome)

Restless-Legs-Syndrom

Von: Dr. Bernadette Andre-Wallis, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Cannabis bei Krebsschmerzen

Cannabis wirkt u.a. krampflösend, appetitsteigernd und schmerzlindernd.

Cannabis bei Krebsschmerzen

Sicher und verträglich

Krebserkrankte profitieren von medizinischem Cannabis. Es lindert die Schmerzen und erleichtert den täglichen Alltag. Allerdings kommt es offenbar auf die Zusammensetzung des Hanfproduktes an.

Drei verschiedene Zusammensetzungen untersucht

Medizinisches Cannabis löst Krämpfe und wird deshalb bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Spastik recht erfolgreich eingesetzt. In der Schmerzbehandlung soll Cannabis ebenfalls helfen, bisher ist eine Wirkung bei Nervenschmerzen belegt. Doch die Inhaltsstoffe Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) reduzieren offenbar auch Krebsschmerzen, wie eine aktuelle kanadische Studie untermauert.

Darin wurden die Daten von 358 erwachsenen Krebserkrankten analysiert. Sie waren durchschnittlich 57 Jahre alt, etwa die Hälfte war männlich. Die drei häufigsten Krebsarten waren Urogenital-, Brust- und Darmkrebs. Aufgrund von Schmerzen wurden drei verschiedene Cannabis-Zusammensetzungen verabreicht. Knapp 25 % der Teilnehmer*innen bekamen ein THC-dominantes Präparat, 16,5 % einen Wirkstoff, bei dem CBD deutlich überwog. Und 38% Patient*innen erhielten ein Präparat, bei dem die Cannabissubstanzen THC und CDB in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstanden.

Ein Jahr lang wurden alle drei Monate Schmerzintensität, Schmerzlinderung und allgemeine Beschwerden erfasst. Zusätzlich dokumentierte das Forscherteam die Zahl aller eingenommenen Medikamente und den täglichen Opioidverbrauch.

Opioidverbrauch ging zurück

Nach drei, sechs und neun Monaten hatten sich sowohl die schlimmsten als auch die durchschnittlichen Schmerzen durch Cannabis deutlich gebessert. Am stärksten schmerzlindernd erwiesen sich die THC-CBD-ausgewogenen Präparate, berichten die Forschenden. Im Verlauf der Untersuchung ging der Verbrauch von Opioiden in den ersten neun Monaten zurück. Auch andere Medikamente wurden weniger eingenommen. Zudem sank die Beeinträchtigung des täglichen Lebens.

Elf Patient*innen meldeten 15 Nebenwirkungen, von denen 13 als geringfügig eingestuft wurden. Darunter befanden sich z.B. vermehrte Schläfrigkeit und Erschöpfung. Von den 358 Studienteilnehmer*innen beendeten fünf die Einnahme von Cannabis aufgrund von Nebenwirkungen.

Als ergänzende Behandlung sicher und wirksam

Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Studie dadurch, dass nicht alle Patient*innen bis zum Schluss nachverfolgt werden konnten. Zudem handelte es sich um eine Beobachtungsstudie, bei der man nicht ohne weiteres auf eine Kausalität schließen kann – es könnten auch andere, nicht abgefragte Faktoren die Schmerzlinderung unterstützt haben.

Trotzdem schließen die Autor*innen, dass Cannabis bei Krebserkrankten eine sichere und ergänzende Behandlungsoption ist. Vor allem für diejenigen, bei denen herkömmliche Schmerzmittel wie Opioide nicht ausreichend wirken.

Quelle: British Medical Journal, Supportive and Palliative Care

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images/Oleg Malyshev /Alamy Stock Photos