Gesundheit heute

Schmerzmedizinische Diagnostik

Die erste Ansprechpartner*in zur Diagnose von Schmerzen jeder Art ist die Hausärzt*in, die nach Einschätzung der Symptome an die entsprechende Spezialpraxis überweist (z. B. in die Radiologie, Neurologie oder zur Schmerztherapeut*in oder Anästhesist*in).

Die Diagnose chronischer Schmerzen ist oft schwierig, vor allem langwierig, und manchmal ist sie Detektivarbeit. Denn es gibt, im Gegensatz zu anderen Erkrankungen, kaum messbare Parameter, an denen man sich orientieren kann. Dennoch sollte die Ärzt*in die Diagnostik gewissenhaft durchführen, denn der Therapieerfolg hängt vom richtigen therapeutischen Weg ab – auch wenn das Ergebnis nur schwer prüfbar ist. Ob ein Medikament wirksam ist, ob also die Schmerzen gelindert werden, kann man nur in einem Gespräch mit den Betroffenen feststellen.

Viele Schmerzpatient*innen haben auf der Suche nach der Ursache ihrer Schmerzen eine Odyssee durch die schul- oder alternativmedizinische Diagnostik hinter sich. Deshalb fällt es ihnen schwer zu verstehen, dass nicht eine bisher unerkannte Erkrankung, sondern der Schmerz selbst das Hauptproblem ist. Andererseits kann die Schmerztherapeut*in nicht helfen, solange mit einer entsprechenden Diagnostik z. B. ein Tumor noch nicht ausgeschlossen ist.

Objektive Diagnostik

Um die Ursache einer schmerzauslösenden Erkrankung zu identifizieren, ist zu Beginn eine zielgerichtete Diagnostik notwendig. Dabei stellen Ärzt*innen nicht selten einen großen Unterschied zwischen den subjektiven Beschwerden der Patient*in und den Ergebnissen objektiver Untersuchungsmethoden fest, z. B. beim Röntgen oder CT. So können Menschen mit stark abgenutzter Wirbelsäule völlig beschwerdefrei sein, während andere unter sehr starken Rückenschmerzen leiden, aber unauffällige Untersuchungsbefunde aufweisen. Dies bedeutet nicht, dass diese Patient*innen sich ihre Beschwerden einbilden. Denn mit den verfügbaren Untersuchungsmethoden können die Ursachen für das Schmerzempfinden manchmal nicht erfasst werden. Wiederholte apparative Untersuchungen im Verlauf einer Schmerzerkrankung sind dann angebracht, wenn sich die Symptome plötzlich geändert haben. So z. B. dann, wenn Kopfschmerzen plötzlich mit Sehstörungen auftreten, oder wenn Kreuzschmerzen auch ins Bein ausstrahlen.

Subjektive Diagnostik

Um die Intensität des Schmerzes und vor allem die Wirksamkeit einer Therapie zu prüfen, wurden mehrere Messverfahren entwickelt. Diese einfachen, aber sehr wirkungsvollen Methoden basieren auf der Mitarbeit der Patient*in. Da ihre (notwendigerweise subjektive) Wahrnehmung entscheidend für das Ergebnis ist, fasst die Ärzt*in sie unter der subjektiven Schmerzdiagnostik zusammen:

Schmerzskala. Die Betroffenen markieren auf einer Skala die Zahl, die die empfundene Stärke der Schmerzen repräsentiert (numerische Ratingskala, NRS). Die niedrigste Zahl bedeutet „kein Schmerz“ und die höchste „stärkster vorstellbarer Schmerz“. Bei einem ähnlichen Verfahren, der visuellen Analogskala (VAS), werden die Zahlen der Schmerzskala durch einen Keil ersetzt, dessen schmalste Stelle „kein Schmerz“ und die breiteste den „stärksten vorstellbaren Schmerz“ darstellt.

Schmerztagebuch. Bei chronischen Schmerzen ist es hilfreich, ein Schmerztagebuch anzulegen. Darin notiert die Patient*in täglich während eines bestimmten Zeitraums – meist 2 bis 4 Wochen –, ob sie Schmerzen hat, wie lange diese Schmerzen dauern und wie intensiv sie sind. Außerdem sollten bestimmte Gewohnheiten wie Schlaf- und Essrhythmus, Stress und Monatsblutung notiert werden. Die Auswertung des Schmerztagebuchs zeigt manchmal unerwartete Zusammenhänge. Patient*innen entdecken bisher nicht erkannte Schmerzauslöser oder Schmerzverstärker. Werden diese Ursachen gemieden oder Medikamente rechtzeitig eingenommen, kann der Schmerz abgeschwächt, manchmal sogar unterbunden werden. Kommt es z. B. regelmäßig zu Migräneanfällen am Beginn der Monatsblutung, kann eine frühzeitig begonnene Migränetherapie die Attacken erheblich lindern.

Das Schmerztagebuch hilft auch dann, wenn gemeinsam realistische Therapieziele erarbeitet werden sollen. Gerade in der chronischen Schmerztherapie ist es leider oftmals unmöglich, eine vollständige Beschwerdefreiheit zu erreichen. Mit Hilfe des Schmerztagebuchs werden aber auch kleinere Fortschritte sichtbar, die sich die Patient*in auf diese Weise viel mehr bewusst macht und daraus neue Motivation für die Behandlung schöpfen kann.

Schmerzwahrnehmung und Schmerztoleranz. Auch die Einstellung zum Schmerz bestimmt, wie intensiv dieser wahrgenommen wird. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Schmerztoleranz von Ausdauer- und Kraftsportler*innen höher ist als von Nicht-Sportler*innen, das heißt, Sportler*innen fühlen Schmerz in gleicher Weise, lassen sich jedoch weniger von ihm beeinträchtigen.

Von: Dr. med. Dorit Maoz, Dr. med. Arne Schäffler
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Cannabis bei Krebsschmerzen

Cannabis wirkt u.a. krampflösend, appetitsteigernd und schmerzlindernd.

Cannabis bei Krebsschmerzen

Sicher und verträglich

Krebserkrankte profitieren von medizinischem Cannabis. Es lindert die Schmerzen und erleichtert den täglichen Alltag. Allerdings kommt es offenbar auf die Zusammensetzung des Hanfproduktes an.

Drei verschiedene Zusammensetzungen untersucht

Medizinisches Cannabis löst Krämpfe und wird deshalb bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Spastik recht erfolgreich eingesetzt. In der Schmerzbehandlung soll Cannabis ebenfalls helfen, bisher ist eine Wirkung bei Nervenschmerzen belegt. Doch die Inhaltsstoffe Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) reduzieren offenbar auch Krebsschmerzen, wie eine aktuelle kanadische Studie untermauert.

Darin wurden die Daten von 358 erwachsenen Krebserkrankten analysiert. Sie waren durchschnittlich 57 Jahre alt, etwa die Hälfte war männlich. Die drei häufigsten Krebsarten waren Urogenital-, Brust- und Darmkrebs. Aufgrund von Schmerzen wurden drei verschiedene Cannabis-Zusammensetzungen verabreicht. Knapp 25 % der Teilnehmer*innen bekamen ein THC-dominantes Präparat, 16,5 % einen Wirkstoff, bei dem CBD deutlich überwog. Und 38% Patient*innen erhielten ein Präparat, bei dem die Cannabissubstanzen THC und CDB in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstanden.

Ein Jahr lang wurden alle drei Monate Schmerzintensität, Schmerzlinderung und allgemeine Beschwerden erfasst. Zusätzlich dokumentierte das Forscherteam die Zahl aller eingenommenen Medikamente und den täglichen Opioidverbrauch.

Opioidverbrauch ging zurück

Nach drei, sechs und neun Monaten hatten sich sowohl die schlimmsten als auch die durchschnittlichen Schmerzen durch Cannabis deutlich gebessert. Am stärksten schmerzlindernd erwiesen sich die THC-CBD-ausgewogenen Präparate, berichten die Forschenden. Im Verlauf der Untersuchung ging der Verbrauch von Opioiden in den ersten neun Monaten zurück. Auch andere Medikamente wurden weniger eingenommen. Zudem sank die Beeinträchtigung des täglichen Lebens.

Elf Patient*innen meldeten 15 Nebenwirkungen, von denen 13 als geringfügig eingestuft wurden. Darunter befanden sich z.B. vermehrte Schläfrigkeit und Erschöpfung. Von den 358 Studienteilnehmer*innen beendeten fünf die Einnahme von Cannabis aufgrund von Nebenwirkungen.

Als ergänzende Behandlung sicher und wirksam

Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Studie dadurch, dass nicht alle Patient*innen bis zum Schluss nachverfolgt werden konnten. Zudem handelte es sich um eine Beobachtungsstudie, bei der man nicht ohne weiteres auf eine Kausalität schließen kann – es könnten auch andere, nicht abgefragte Faktoren die Schmerzlinderung unterstützt haben.

Trotzdem schließen die Autor*innen, dass Cannabis bei Krebserkrankten eine sichere und ergänzende Behandlungsoption ist. Vor allem für diejenigen, bei denen herkömmliche Schmerzmittel wie Opioide nicht ausreichend wirken.

Quelle: British Medical Journal, Supportive and Palliative Care

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images/Oleg Malyshev /Alamy Stock Photos