Gesundheit heute

Rückenschmerz- und Nackenschmerz-Syndrome

Ischias und Lumboischialgie. Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) verlässt das Rückenmark auf Höhe der unteren Lendenwirbel und des Kreuzbeins und zieht zum Bein. Über das Gesäß verläuft er auf die Rückseite des Oberschenkels und verzweigt sich oberhalb der Kniekehle in zwei Äste, die am hinteren und seitlichen Unterschenkel bis zur Fußsohle und Fußaußenkante ziehen. Als Ischias bezeichnet der Volksmund einen Schmerz, der dem Verlauf der Nervenbahn folgt. Er entsteht durch eine Reizung des Ischiasnervs beim Austritt der Nervenwurzeln aus dem Wirbelkanal. Ursache sind häufig Bandscheibenvorfälle oder Verschleißerscheinungen der Zwischenwirbelgelenke. Wenn typische Ischiasbeschwerden mit Kreuzschmerzen verbunden sind, sprechen Ärzte auch von einer Lumboischialgie.

Blockierung. Dies ist ein Begriff aus der manuellen Medizin, den allerdings der allgemeine Sprachgebrauch viel ungenauer verwendet. Das Bild einer sich verhakenden „blockierten“ Schublade beschreibt den mechanischen Aspekt des Begriffs: Ein Gelenk verhakt sich z. B. nach einer ungewöhnlichen Bewegung. Der ausgelöste Schmerzreiz führt zu einem Muskelreflex, die Muskeln spannen sich an. Dadurch wird das Gelenk in der Verhakung fixiert und kann sich nicht mehr lösen. Obwohl Blockierungen meist an der Wirbelsäule auftreten, ist kein Gelenk des Körpers dagegen gefeit. Die betroffenen Gelenke sind dabei weder krank noch abgenutzt; sie funktionieren wieder problemlos, sobald sich die Blockierung gelöst hat. Dies geschieht oft nach einigen Stunden oder Tagen spontan, lässt sich jedoch auch durch manualmedizinische Handgriffe herbeiführen.

Hexenschuss. Dieser Begriff bezeichnet einen akut auftretenden, einschießenden Schmerz in der Lendenwirbelgegend, mit oder ohne Ausstrahlung ins Gesäß und in die Oberschenkel. Hexenschuss (Lumbalgie) tritt oft nach Anheben einer Last auf, gelegentlich auch nach einer falschen Bewegung oder auch ohne ersichtlichen Grund. Normalerweise steht der Begriff für unkomplizierte Kreuzschmerzen, die nach einigen Tagen wieder abklingen. Als häufige Ursache findet sich eine akute Blockierung (oben) entweder eines Zwischenwirbelgelenks der Lendenwirbelsäule oder des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks.

Interkostalneuralgie. Am Unterrand jeder Rippe verläuft ein Nerv von der Wirbelsäule nach vorne bis in die Brustbeinregion. Einen akuten Schmerz entlang eines dieser Nerven, also mit Ausstrahlung vom Rücken nach vorne in die Brust, bezeichnet der Arzt als Interkostalneuralgie (wörtlich: schmerzender Nerv zwischen den Rippen). Der Schmerz ist atem- und bewegungsabhängig und verringert sich meist im Liegen. Der Erkrankung liegt, ähnlich wie bei dem verwandten Hexenschuss, häufig eine akute Blockierung zugrunde; sie betrifft entweder ein Rippenwirbelgelenk oder ein Zwischenwirbelgelenk der Brustwirbelsäule. Da die Interkostalneuralgie typischerweise ähnliche Schmerzen verursacht wie ein Herzinfarkt, muss der Arzt die Schmerzursache sehr sorgfältig prüfen, damit keine schwerwiegende Erkrankung übersehen wird.

HWS-Syndrom. Der Sammelbegriff kennzeichnet uncharakteristische Beschwerden im Bereich von Halswirbelsäule und Nacken. Von einem Schulter-Arm-Syndrom ist die Rede, wenn die Schmerzen in Schulter und Arm ausstrahlen.

BWS-Syndrom. Mit diesem Begriff bezeichnet man Schmerzen in und neben der Brustwirbelsäule, die oft in den vorderen Brustkorb ausstrahlen. Obwohl zahlreiche Wirbelsäulenschäden als Ursache infrage kommen, tritt das BWS-Syndrom meist als Folge von Fehlhaltungen auf, z. B. bei mangelhafter Ergonomie am Arbeitsplatz oder Morbus Scheuermann.

LWS-Syndrom. Die unscharfe Bezeichnung für Beschwerden im unteren Rücken ist am ehesten den Begriffen Kreuzschmerzen oder Hexenschuss zuzuordnen. Die wichtigsten Ursachen, z. B. Bandscheibenschäden, Spinalstenose und Spondylolisthese (Wirbelgleiten), werden in eigenen Krankheitsabschnitten besprochen.

Von: Dr. med. Siegfried Locher, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Cannabis bei Krebsschmerzen

Cannabis wirkt u.a. krampflösend, appetitsteigernd und schmerzlindernd.

Cannabis bei Krebsschmerzen

Sicher und verträglich

Krebserkrankte profitieren von medizinischem Cannabis. Es lindert die Schmerzen und erleichtert den täglichen Alltag. Allerdings kommt es offenbar auf die Zusammensetzung des Hanfproduktes an.

Drei verschiedene Zusammensetzungen untersucht

Medizinisches Cannabis löst Krämpfe und wird deshalb bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Spastik recht erfolgreich eingesetzt. In der Schmerzbehandlung soll Cannabis ebenfalls helfen, bisher ist eine Wirkung bei Nervenschmerzen belegt. Doch die Inhaltsstoffe Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) reduzieren offenbar auch Krebsschmerzen, wie eine aktuelle kanadische Studie untermauert.

Darin wurden die Daten von 358 erwachsenen Krebserkrankten analysiert. Sie waren durchschnittlich 57 Jahre alt, etwa die Hälfte war männlich. Die drei häufigsten Krebsarten waren Urogenital-, Brust- und Darmkrebs. Aufgrund von Schmerzen wurden drei verschiedene Cannabis-Zusammensetzungen verabreicht. Knapp 25 % der Teilnehmer*innen bekamen ein THC-dominantes Präparat, 16,5 % einen Wirkstoff, bei dem CBD deutlich überwog. Und 38% Patient*innen erhielten ein Präparat, bei dem die Cannabissubstanzen THC und CDB in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstanden.

Ein Jahr lang wurden alle drei Monate Schmerzintensität, Schmerzlinderung und allgemeine Beschwerden erfasst. Zusätzlich dokumentierte das Forscherteam die Zahl aller eingenommenen Medikamente und den täglichen Opioidverbrauch.

Opioidverbrauch ging zurück

Nach drei, sechs und neun Monaten hatten sich sowohl die schlimmsten als auch die durchschnittlichen Schmerzen durch Cannabis deutlich gebessert. Am stärksten schmerzlindernd erwiesen sich die THC-CBD-ausgewogenen Präparate, berichten die Forschenden. Im Verlauf der Untersuchung ging der Verbrauch von Opioiden in den ersten neun Monaten zurück. Auch andere Medikamente wurden weniger eingenommen. Zudem sank die Beeinträchtigung des täglichen Lebens.

Elf Patient*innen meldeten 15 Nebenwirkungen, von denen 13 als geringfügig eingestuft wurden. Darunter befanden sich z.B. vermehrte Schläfrigkeit und Erschöpfung. Von den 358 Studienteilnehmer*innen beendeten fünf die Einnahme von Cannabis aufgrund von Nebenwirkungen.

Als ergänzende Behandlung sicher und wirksam

Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Studie dadurch, dass nicht alle Patient*innen bis zum Schluss nachverfolgt werden konnten. Zudem handelte es sich um eine Beobachtungsstudie, bei der man nicht ohne weiteres auf eine Kausalität schließen kann – es könnten auch andere, nicht abgefragte Faktoren die Schmerzlinderung unterstützt haben.

Trotzdem schließen die Autor*innen, dass Cannabis bei Krebserkrankten eine sichere und ergänzende Behandlungsoption ist. Vor allem für diejenigen, bei denen herkömmliche Schmerzmittel wie Opioide nicht ausreichend wirken.

Quelle: British Medical Journal, Supportive and Palliative Care

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images/Oleg Malyshev /Alamy Stock Photos