Gesundheit heute

Lähmungen

Lähmung: Unfähigkeit, einzelne Körperteile oder ganze Bereiche des Körpers zu bewegen. Typischerweise ist sie Folge einer Schädigung der Muskeln des betroffenen Körperteils oder der sie versorgenden Nervenzellen oder Nerven.

Eine Lähmung ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Mögliche Lähmungsursachen reichen von Gehirnschäden, die ein Kind im Mutterleib erleidet (infantile Zerebralparese) über Schädel-Hirn- oder Rückenmarkverletzungen durch Unfälle bis hin zu Autoimmunerkrankungen und Vergiftungen.

Behandlung und Prognose der Lähmung richten sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Bei bleibender Lähmung ist die Rehabilitation von großer Bedeutung. Gegen Folgeschäden wie Muskelschwund und Wundliegen helfen unterstützende Maßnahmen wie Physiotherapie, Massagen oder Elektrobehandlungen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Unmöglichkeit, ein Körperteil zu bewegen
  • Unfähigkeit, zu sprechen oder zu schlucken.

Wann zum Arzt

Noch am gleichen Tag, wenn

  • Lähmungserscheinungen auftreten – auch wenn sie von selbst wieder weggehen – sie können Warnzeichen z. B. eines drohenden Schlaganfalls oder einer Hirnaneurysmablutung sein.

Sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus, wenn

  • eine Lähmung schnell innerhalb von Minuten bis Stunden entstanden ist
  • eine Lähmung die Harnblase oder den Afterschließmuskel betrifft
  • eine Lähmung der Atemmuskulatur zu Atemnot oder Luftmangel führt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Alle Impulse für Willkürbewegungen gehen von den ersten motorischen Nervenzellen der motorischen Großhirnrinde aus, die an der Gehirnoberfläche rechts und links des Scheitels nach unten zieht. Ihre Fortsätze leiten die Signale mitten durch das Zwischenhirn nach unten. Die Impulse für die Gesichtsmuskulatur werden im Hirnstamm, diejenigen für die übrige Skelettmuskulatur im Rückenmark auf die zweite motorische Nervenzelle umgeschaltet. Deren Fortsätze verlassen das zentrale Nervensystem und ziehen mit den Nerven zu den Muskeln, wo sie an speziellen Überträgereinheiten, den motorischen Endplatten, ihre Befehle auf den Muskel übertragen, der sich dann zusammenzieht. Ist diese Kette auch nur an einer Stelle unterbrochen, sind Lähmungen die Folge.

Formen

Eine vollständige Lähmung der Skelettmuskeln bezeichnet man als Plegie, leichtere (unvollständige) Lähmungen als Parese. Unvollständige Lähmungen werden vom Betroffenen oft als (Muskel-)Schwäche wahrgenommen. Lähmungen können nicht nur die willkürlich kontrollierbare Muskulatur, sondern auch unwillkürlich arbeitende Muskeln wie z. B. den Darm betreffen. Hier spricht man dann von häufig einer Paralyse, z. B. von einem paralytischen Ileus.

Je nach Ort der Lähmung unterscheidet man folgende Formen:

  • Monoplegie: vollständige Lähmung eines Armes, eines Beines oder eines Gliedmaßenabschnitts, z. B. der Hand
  • Paraplegie: vollständige Lähmung beider Beine
  • Hemiplegie: vollständige Lähmung einer Körperseite und der Hälfte eines Organs, z. B. des Kehlkopfes bei halbseitiger Kehlkopflähmung
  • Tetraplegie: vollständige Lähmung beider Arme und beider Beine.

Außerdem unterscheidet man die schlaffe Lähmung von der spastischen Lähmung. Die Durchtrennung eins Nervens führt zu einer schlaffen Lähmung, es ist im betroffenen Muskel keinerlei Aktivität mehr nachweisbar. Bei der spastischen Lähmung ist der Muskel spontan aktiv, wird aber nicht mehr durch das zentrale Nervensystem kontrolliert. Er hat einen hohen Eigentonus, d. h. eine hohe Eigenspannung, und die Muskelreflexe sind verstärkt auslösbar. Spastische Lähmungen sind typisch für zentrale Lähmungen.

Ursachen

Lähmungsursachen können je nach Ort der Schädigung in drei Gruppen eingeteilt werden. Zentrale Lähmungen entstehen durch Schäden im Gehirn, periphere Lähmungen durch Schäden an den außerhalb des Gehirns verlaufenden Nervenbahnen einschließlich motorischer Endplatte. Muskuläre Lähmungen beruhen dagegen auf einer Erkrankung des Muskels selbst.

  • Zentrale Lähmungen. Bei der zentralen Lähmung ist die erste motorische Nervenzelle in der Großhirnrinde oder ihre Leitung (ihr Axon) zur zweiten motorischen Nervenzelle betroffen. Dies geschieht z. B. aufgrund unfallbedingter Querschnittlähmung oder Schädel-Hirn-Verletzung, Durchblutungsstörungen wie Schlaganfall und Hirntumoren oder Hirnentzündungen. Ebenfalls zu den zentralen Lähmungen gehören angeborene Hirnschäden wie z. B. bei der infantilen Zerebralparese.
  • Periphere Lähmungen. Hier ist die zweite motorische Nervenzelle betroffen, und zwar entweder die Nervenzelle selbst, die im Rückenmark liegt oder ihr Axon, d. h. die Nervenfaser, die zum Muskel läuft. Hierzu gehören die Radialislähmung, idiopathische Gesichtslähmung, Lähmungen durch Rückenmarktumoren oder aufgrund von Bandscheibenvorfällen, Autoimmunerkrankungen, Guillain-Barré-Syndrom, Vergiftungen (Botulismus), Polyneuropathie oder die Schädigung der Armnerven durch die Geburtszange.
  • Muskuläre Lähmungen. In diese Gruppe fallen z. B. Lähmungen durch Muskelentzündungen wie die Polymyositis und die angeborene progressive Muskeldystrophie.

Folgeschäden

Insbesondere bei ausgedehnten Lähmungen drohen Folgeschäden wie die Versteifung von Gelenken (Kontraktur) oder das Wundliegen v. a. der gelähmten Körperteile (Dekubitus). Bei Beteiligung der Rumpf- und Atemmuskulatur drohen eine Lungenentzündung und/oder eine unzureichende Atemfunktion.

Diagnosesicherung

Erster Schritt ist immer die genaue Darstellung der Beschwerden. Dazu befragt der Arzt den Patienten und zieht eventuelle Begleitsymptome mit in Betracht. Durch die sich anschließende gründliche Untersuchung kann der Arzt die Ursache oft eingrenzen. Weitere diagnostische Schritte wie MRT und CT sowie elektrische Muskelfunktionstests helfen ebenso, die Diagnose zu sichern, wie spezielle Blut- und Liquoruntersuchungen.

Differenzialdiagnosen. Abzugrenzen ist die Bewegungsunfähigkeit aus psychischen Gründen trotz intakter Muskeln und Nervenbahnen (psychisch bedingte Lähmung), der Teil eines psychiatrischen Krankheitsbilds ist. Auch Muskelverkrampfungen, schmerzbedingtes Schonen oder Bewegungsblockaden sind keine Lähmungen, auch wenn sie möglicherweise so empfunden werden.

Behandlung

Wie eine Lähmung behandelt wird und wie die Chancen auf Wiederherstellung sind, ist von der Ursache abhängig und wird daher bei den jeweiligen Erkrankungen dargestellt. Zusätzlich unterstützen entsprechende Rehabilitationsmaßnahmen. Ist beispielsweise die Sprech- und Schluckmuskulatur betroffen, kommt die Logopädie zum Einsatz.

Behandlung der spastischen Lähmung. Unabhängig von der Ursache sind bei spastischen Lähmungen Krankengymnastik, Bewegungstraining, Hydrotherapie und Schwimmen sowie therapeutisches Reiten hilfreich. Auch Tabletten können die Spastik lindern. Häufig verwendete Wirkstoffe sind Baclofen, Tizanidin und Tolperison. Nachteil der oralen Therapie mit Tabletten ist jedoch, dass sie auf alle Muskeln wirkt, dadurch zu Müdigkeit und Muskelschwäche führt und eine gleichzeitige schlaffe Lähmung zusätzlich verstärkt.

Bei schwerer Spastik spritzen die Ärzte auch Botulinumtoxin in den Muskel, um die Ausschüttung des Nerventransmitters Acetylcholin an der motorischen Endplatte zu hemmen und den Muskel dadurch vorübergehend zu entspannen. In Deutschland ist diese Behandlung für die infantile Zerebralparese und die Spastik der Hand und des Fußgelenks nach Schlaganfall zugelassen, wird aber auch off label bei anderen spastischen Lähmungen eingesetzt. Eine andere Möglichkeit, eine schwere, den ganzen Körper betreffende Spastik zu behandeln, ist die Gabe von Baclofen in den Liquor, der das Rückenmark umspült.

Prognose

Ob Lähmungen bestehen bleiben oder nur vorübergehend sind, hängt von ihrer Ursache ab. Bei manchen Lähmungen gibt es die Chance, dass sie sich wieder zurückbilden, z. B. bei der idiopathischen Gesichtslähmung, beim Schlaganfall oder nach Entfernung eines Rückenmarktumors.

Für die Aussichten ist darüber hinaus entscheidend, ob Rehabilitationsmaßnahmen greifen und z. B. nach Querschnittlähmung eventuell Restfunktionen erhalten oder sogar verstärkt werden können.

Weiterführende Informationen Webseite der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegiologie, die Information zur Behandlung und Rehabilitation von Menschen mit Querschnittslähmung bietet. www.dmgp.de/ Offizielle Webseite der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten www.fgq.de/

Von: Dr. med. Nicole Menche in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Parkinson: 7 Tipps bessern das Gehen

Neben dem Stock helfen mentale Strategien, das Gehen beim Parkinson zu erleichtern.

Parkinson: 7 Tipps bessern das Gehen

Wenn der Gang gestört ist

Parkinson-Patient*innen leiden oft erheblich unter ihren Gangstörungen. Medikamente helfen dagegen leider nur wenig. Doch es gibt 7 einfache Strategien, mit denen Betroffene das Laufen wieder leichter fällt.

Tippeln, Taumeln, Schlurfen

Beim Parkinson sind die motorischen Fähigkeiten deutlich eingeschränkt. Vor allem rhythmische Bewegungen wie das Gehen fallen den Patient*innen schwer. Typisch sind kleine Schritte und ein schlurfender, stark verlangsamter oder taumelnder Gang. Durch bewegungshemmende Impulse im Gehirn kommt es außerdem häufig zu einer Art Einfrieren, wobei die Betroffenen plötzlich in der Bewegung blockiert sind.

Von Schritte-Zählen bis Marschmusik

Um sich das Gehen zu erleichtern, greifen Parkinson-Patient*innen meist zu Stöcken oder Rollatoren. Daneben gibt es aber noch folgende Strategien, die bei gestörter Motorik helfen:

  1. Innere Anhaltspunkte suchen, z. B. das Zählen der Schritte im Kopf.
  2. Äußere Anhaltspunkte nutzen, z.B. einen Metronom oder rhythmische Signale von einem Musik-Player. In der eigenen Wohnung lassen sich auch Klebstreifen in regelmäßigen Abständen auf dem Boden anbringen, über die man „rhythmisch“ steigen muss.
  3. Motorische Bilder verfolgen, indem man anderen beim Gehen zuschaut und dies nachahmt.
  4. Das Gleichgewicht bewusst verlagern, z.B. indem man wie ein Seemann mit weiter auseinanderstehenden Beinen in breiten Kurven läuft.
  5. Neue Gehmuster ausprobieren, z. B. die Knie stärker anheben, Hüpfen oder Rückwärtsgehen.
  6. Beine anders einsetzen, z. B. beim Radfahren oder Krabbeln.
  7. Mentale Konzentration verbessern, z. B. durch Entspannungsübungen wie Autogenes Training oder der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobsen.

Drei Viertel profitieren davon

Diese Kompensationsstrategien sind bei Parkinson-Patient*innen noch nicht weit verbreitet, wie eine aktuelle niederländische Studie an über 4000 Betroffenen zeigt. Nur die Hälfte der Befragten kannte die Zuhilfenahme äußerer Anhaltspunkte, um das Gehen zu erleichtern. Am unbekanntesten war der Tipp, anderen beim Gehen zuzuschauen und dies nachzuahmen.

Dabei sind die Strategien durchaus hilfreich, wie die Studienteilnehmer*innen beim Ausprobieren feststellten. Die Mehrheit der Parkinson-Patient*innen gab an, dass sich die jeweils getestete Methode positiv auf die Gehbehinderung auswirkte. So profitierten beispielsweise 76% vom bewussten Verlagern des Gleichgewichts und 74% von den Entspannungstechniken.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Inside Creative House/Shutterstock.com