Gesundheit heute

Hyperventilationssyndrom

Hyperventilationssyndrom
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Hyperventilationssyndrom: Gesteigerte Atemtätigkeit mit vermehrter Belüftung der Lungenbläschen, wodurch sich der Sauerstoffgehalt im Blut erhöht und der Kohlendioxidgehalt vermindert, was zu Muskelkrämpfen mit Pfötchenstellung der Hände führen kann. Hyperventilationsanfälle treten meist im 2. und 3. Lebensjahrzehnt auf, in der Regel aus psychischer Ursache (Angst, Stress, Aggressionen). Die Therapie ist „einfach“ und kann den Anfall meist rasch beseitigen.

Leitbeschwerden

  • Kribbeln in Händen und Füßen und um den Mund herum, Taubheitsgefühl, Brennen
  • Im Hyperventilationsfall: verstärkte Atmung (häufiger oder tiefer) und heftiger Muskelkrampfanfall, eventuell Pfötchenstellung der Hände
  • Angst, Aufregung.

Wann zum Arzt

Sofort, wenn sich der Anfall durch Beruhigung des Betroffenen nicht stoppen lässt.

In den nächsten Tagen, wenn es immer wieder zur Hyperventilation kommt.

Die Erkrankung

In den meisten Fällen liegen der Hyperventilation psychische Ursachen zugrunde. Sie kommt besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Starke Emotionen, Stress, Schlafmangel und Angstzustände (Prüfungen, Auftritte) führen bei den Betroffenen zur massiven Atemtätigkeit. Die Lunge atmet zu viel Kohlendioxid ab und erhöht so den pH-Wert des Bluts. Dadurch binden Eiweiße im Blutplasma verstärkt freies Kalzium. Die Konzentration an freiem Kalzium im Blut sinkt und es kommt zu schmerzhaften, heftigen Muskelkrämpfen, eventuell mit Kribbelgefühl an den Füßen und Händen und um den Mund herum sowie zur Pfötchenstellung der Hände. Auch Schwindel, Konzentrationsstörungen und leichte Bewusstseinstrübungen können auftreten. Das verstärkt wiederum die Angst. Ein Teufelskreis entsteht, aus dem die Betroffenen von selbst nicht wieder herauskommen.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Der Arzt schließt körperliche Ursachen der Hyperventilation und des Muskelkrampfs aus, wie z. B. eine schwere Lungenerkrankung.

Beruhigung, gutes Zureden und Rückatmung von Kohlendioxid (z. B. durch eine vor Mund und Nase gehaltene Plastiktüte) durchbrechen diesen Teufelskreis. Diese Rückatmung führt das zuvor abgeatmete Kohlendioxid wieder in die Lunge zurück, normalisiert so die Kohlendioxidkonzentration im Blut und das Kalzium löst sich aus der Eiweißbindung. Die Muskelkrämpfe enden und der „Anfall“ ist vorbei.

Nur wenn diese Maßnahmen erfolglos sind, wird die Anwendung von beruhigenden Medikamenten notwendig.

Thema des ärztlichen Gesprächs ist schließlich die Frage, ob Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yoga geeignet sind, ein erneutes Auftreten eines Hyperventilationsanfalls zu verhindern. Steht der Betroffene vor einem Berg ungelöster Konflikte, wird dies aber nicht ausreichen, und eine Psychotherapie ist angezeigt.

Selbsthilfe

Die Angst lässt nach, wenn man begreift, dass Hyperventilieren keine Lebensgefahr bedeutet. Hilfreich ist, wenn man die auslösenden Umstände kennt, in denen so ein Hyperventilationsanfall auftreten kann. Sind sie bekannt, kann man gezielt dagegen vorgehen, so z. B. durch Autogenes Training oder andere Atem- und Entspannungstechniken.

Während eines Anfalls wird die Atmung besser, wenn man kurz einatmet und bewusst langsam ausatmet. Das hilft aber nur zu Beginn eines Hyperventilationsanfalls. Verpasst man den Moment, ist es gut, immer eine Plastiktüte dabei zu haben, um auf den Not- bzw. Anfall vorbereitet zu sein.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Methylphenidat stört Wachstum nicht

Wachstumsstörungen scheinen einer Studie zufolge unter Methylphenidat nicht aufzutreten.

Methylphenidat stört Wachstum nicht

Entwarnung für ADHS-Medikament

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhalten häufig Methylphenidat zur Therapie. Immer wieder wird angeführt, dass dieses Medikament das Wachstum hemmt. Neue Daten geben Entwarnung.

Über 1000 ADHS-Kinder beobachtet

Viele Eltern machen sich die Entscheidung nicht leicht, ihr Kind mit Methylphenidat (Ritalin) behandeln zu lassen. Ein Grund waren bisher unter anderem Hinweise, dass Kinder unter Ritalin langsamer wachsen könnten. Ob das stimmt, hat jetzt eine britische Arbeitsgruppe untersucht.

Sie sammelten über zwei Jahre lang europaweit die Daten von Kindern und Jugendlichen, die an ADHS litten. Von den insgesamt 1147 Patientinnen und Patienten im Alter von 6 bis 17 Jahren wurden 756 mit Methylphenidat behandelt. 391 erhielten gar keine medikamentöse Therapie.

Gewichtsverlust wird wieder aufgeholt

Beide Gruppen wurden mit gesunden Kontrollkindern verglichen, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu erkennen. Die Wachstumsgeschwindigkeit war über zwei Jahre hinweg in allen drei Gruppen gleich. Ein Unterschied zeigte sich allerdings in der Gewichtskurve: Im Vergleich zu den gesunden und den unbehandelten ADHS-Kindern nahmen die mit Methylphenidat therapierten Kinder in den ersten sechs Behandlungsmonaten ab. Diese Gewichtsabnahme kam jedoch während der nächsten Monate zum Stillstand, und bis zum Studienende holten die Methylphenidat-Kinder die anderen gewichtsmäßig wieder ein.

Blutdruck und Puls kontrollieren

Das Forscherteam verglich bei den ADHS-Kindern auch das Auftreten möglicher Nebenwirkungen. Psychosen und Depressionen kamen gleich häufig vor, egal ob die Patient*innen Methylphenidat einnahmen oder nicht. Das Gleiche galt für motorische Störungen und nervöse Tics. Blutdruck und Herzrate waren allerdings unter Methylphenidat etwas höher. Die unbehandelten ADHS-Kinder konsumierten wiederum mehr Nikotin und Marihuana, außerdem traten bei ihnen mehr suizidale Handlungen auf.

Insgesamt ist bei einer Therapie mit Methylphenidat nicht mit einer Reduktion des Längenwachstums zu rechnen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Sie raten jedoch dazu, bei den Kontrollbesuchen in der Arztpraxis regelmäßig Blutdruck und Herzfrequenz messen zu lassen.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Phillip Waterman