Gesundheit heute

Cannabisabhängigkeit

Cannabisabhängigkeit: Übermäßiger Konsum von Cannabis (Haschisch, Marihuana, „Gras“, „Shit“), der zu psychischen aber auch zu körperlichen Schädigungen führt. Bedrohlich sind die sozialen Folgen, während die medizinischen Folgen der Cannabisabhängigkeit meist moderat und umkehrbar sind. Völliger Kontrollverlust und sozialer Abstieg treten seltener auf als beim Alkohol oder bei harten Drogen wie Heroin.

Wirkung und Beschwerden

Der Cannabisrausch dauert 3—5 Stunden und zeichnet sich aus durch:

  • Psychische Wirkung: euphorische („high“, „breit“), aber auch unerklärlich depressive Grundstimmung, Entspannung und psychomotorische Verlangsamung, Konzentrationsstörungen, Hin- und Herspringen der Gedanken und Ideen (Ideenflucht) und gesteigerter Appetit
  • Körperliche Beschwerden: Mundtrockenheit, Bindehautrötung, Tachykardie (schnelle Herzrhythmusstörungen) Störungen der Feinmotorik und Bronchitis
  • Bei längerem regelmäßigem Konsum kann es (etwa zehn Stunden nach dem letzten Konsum) zu Cannabisentzug mit milden Entzugserscheinungen kommen wie Reizbarkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen und Angstzustände.

Die Erkrankung

Vor allem junge Menschen, die unsicher und ängstlich sind, sich zu Hause vernachlässigt oder den Leistungsanforderungen nicht gewachsen fühlen, neigen zur Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit. Man nimmt an, dass die euphorisierende und – nach Ende des Rauschs – dämpfende Wirkung des THC hilft, innere Spannungen und Konflikte mit der Umwelt zeitweilig auszublenden. Fast alle Cannabiskonsumenten sind auch nikotinabhängig. Cannabis ist in Deutschland die am häufigsten konsumierte illegale Droge: Über ein Viertel der 12- bis 25-Jährigen haben bereits Cannabis probiert und das durchschnittliche Einstiegsalter ist auf 16,4 Jahre gesunken. Etwa 20 % der 16- bis 19-Jährigen konsumieren regelmäßig Cannabis, davon wiederum 20 % fast täglich.

Bei steigendem Cannabiskonsum fällt Eltern als erstes ein Nachlassen der Schulleistungen auf: Motivationsverlust, Ziellosigkeit, Lern-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Passivität und allgemeine Lethargie nehmen zu. Bei dauerhaftem Konsum kann eine chronische Bronchitis entstehen, auch Krebs der Atemwege wurde schon festgestellt. Bei Männern lässt die Produktion von Spermien nach.

Nach plötzlichem Absetzen kommt es – wie auch bei anderen Drogen – zu einem Entzugssyndrom, Appetitmangel, Schwitzen, Unruhe, Schlafstörungen sowie psychischen Beschwerden. Etwa 1 % der Cannabiskonsumenten leidet unter vorübergehenden psychotischen Symptomen wie Wahn oder Halluzinationen im Sinn einer akuten organischen Psychose. Hieraus kann sich eine Cannabispsychose entwickeln, die einer Schizophrenie sehr ähnlich ist.

Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Kommt es nach jahrelangem beschwerdefreiem Cannabiskonsum widerholt zu cannabisinduzierter Übelkeit und Erbrechen, sprechen Mediziner vom Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind unklar, vermutet werden Veränderungen im Zentralnervensystem infolge des jahrelangen Konsums. Die Frühphase ist gekennzeichnet durch leichte Bauch- oder Magenschmerzen sowie morgendliches Erbrechen. Diese Phase kann über Jahre andauern. Ist das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom voll entwickelt, kommt es zu 30 bis 40 Brechattacken innerhalb weniger Tage. Die Folge sind Austrocknung, Elektrolytstörungen und Gewichtsverlust. In schweren Fällen droht Nierenversagen. Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) sind wirkungslos oder verstärken sogar die Beschwerden. Einzige nachhaltige Maßnahme ist die Abstinenz. Heißes Duschen lindert die Beschwerden vorübergehend. Der Wirkmechanismus ist unklar.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Nur bei schwerer Cannabisabhängigkeit (hoch dosierter Langzeitkonsum) ist ein stationärer Entzug – ähnlich wie beim Alkoholmissbrauch – erforderlich. Meist genügt eine ambulante psychotherapeutische Behandlung bei einem dafür spezialisierten Therapeuten. Dies gilt nicht bei Jugendlichen, die immer stationär behandelt werden müssen.

Unterstützung durch Angehörige

Wenn Eltern den Verdacht haben, dass ihr Kind Cannabis konsumiert, sollten sie das Problem offen ansprechen. Da THC im Urin, aber auch in den Haaren nachweisbar ist, schafft eine Laboruntersuchung beim Hausarzt schnell Klarheit. Vor allem aber hilft es dem Konsumenten, mit den Eltern oder einer anderen Vertrauensperson darüber zu sprechen, was ihn belastet und was schiefläuft in seinem Leben. Alternativ können Eltern auch darauf drängen, dass ihr Kind sich an eine Beratungsstelle wendet. Die meisten Drogenberatungsstellen sind als offene Angebote konzipiert, wo die Betroffenen anonym bleiben können.

Weiterführende Informationen

  • www.drugcom.de – Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA, Köln): Kostenfreie und der Schweigepflicht unterliegende persönliche Beratung. Mit Link zu Quit the Shit, einem Ausstiegsprogramm für Jugendliche und junge Erwachsene mit anonymen Informations- und Beratungsmöglichkeiten.
  • L. Lindberg; C. Haasen: Wenn Cannabis der Seele schadet. Hilfe bei Sucht und psychischen Störungen. Walter, 2005. Die Autoren stellen den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und psychischen Erkrankungen dar, zeigen die Gefahren an Fallbeispielen auf.
  • A. Barth: Breit. Mein Leben als Kiffer. Rowohlt Taschenbuch, 2005. Der 20-jährige Autor hat vier Jahre lang keinen Tag ohne Kiffen verbracht. Er beschreibt seinen allmählichen Absturz und den Verlust seiner Jugend.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Yoga und Joggen gegen Depressionen

Yoga kann Depressionen lindern - vorausgesetzt, man betreibt es intensiv.

Yoga und Joggen gegen Depressionen

Sport als Stimmungsmacher

Sport hilft gegen Depressionen. Am meisten trifft das offenbar für Joggen, Kraftsport und Yoga zu. Dabei gilt: Je intensiver trainiert wird, desto besser.

Rund 4 Millionen Deutsche erkrankt

Depressionen sind weit verbreitet und werden offenbar immer häufiger: Für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit der Erkrankung auf über vier Millionen. Weltweit sollen etwa 322 Millionen Menschen unter Depressionen leiden. Das sind etwa 4,4% der Weltbevölkerung und 18% mehr als noch vor zehn Jahren.

Zur Behandlung von Depressionen werden vor allem Medikamente und Psychotherapien eingesetzt. Ergänzend zur klassischen Therapie raten die Leitlinien zu Lebensstiländerungen, allen voran zu mehr Bewegung. Welcher Sport am besten gegen Depressionen hilft, wird jedoch unterschiedlich bewertet.

5 Sportarten mit antidepressiven Effekten

Ein Forscherteam ging jetzt dieser Frage nach und untersuchte den Effekt von Bewegung bei schweren Depressionen. Eingeschlossen in ihre Meta-Analyse wurden 218 Studien mit über 14.000 Teilnehmenden. Dabei kam heraus, dass fünf Sportarten schwere Depressionen moderat besserten.

Die stärkste antidepressive Wirkung hatten Joggen oder Gehen, gefolgt von Yoga, Krafttraining, Ausdauerübungen und Tai Chi oder Qigong. Außerdem zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Kurve: Je intensiver eine Sportart ausgeübt wurde, desto besser wirkte sie. Der Effekt war zudem unabhängig von der Ausprägung der Depression und davon, ob die Patient*innen unter weiteren Erkrankungen litten.

Yoga und Krafttraining waren bei den Studienteilnehmer*innen am beliebtesten, sie wurden am seltensten wieder abgebrochen. Tanzen führte sogar zu einer starken Linderung der Depressionen. Allerdings war die Anzahl der Tanzenden nur gering und es handelte sich ausschließlich um Frauen – was keinen eindeutigen Schluss auf die Wirkung des Tanzsports auf Depressionen zulässt.

Neben klassischer Therapie Sport treiben

Bewegung ist eine wirksame Waffe gegen Depressionen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Vor allem gilt dies für intensiv ausgeübtes Joggen und Gehen, Krafttraining und Yoga. Sie raten depressiven Menschen, neben der klassischen antidepressiven Therapie eine der genannten Sportarten auszuüben.

Quelle: British Medical Journal

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Alla Azarnikova