Gesundheit heute

Depressive Verstimmung

Depressive Verstimmung: Zeitlich begrenzte Phase schlechten Allgemeinbefindens. „Stimmungstiefs“ im Rahmen des normalen, menschlichen Erlebens und Fühlens sind meist nachvollziehbare, natürliche Reaktionen auf Belastungen, selbst auf positive Ereignisse wie eine Geburt (Baby-Blues). Auch in der Pubertät und in den Wechseljahren gehören sie zu den „normalen“ Reaktionen des Körpers auf die sich verändernde Hormonsituation. Depressive Verstimmungen sind definitionsgemäß selbstlimitierend, das heißt sie bedürfen nicht zwingend der ärztlichen Intervention. Trotzdem profitieren viele Betroffene davon. Zum anderen ist die ärztliche Konsultation deshalb notwendig, weil die Abgrenzung zur behandlungsbedürftigen, reaktiven Depression schwierig ist und vom Betroffenen nicht geleistet werden kann.

Der Begriff der depressiven Verstimmung wird in der Medizin sehr uneinheitlich gebraucht. Er ist vor allem in der Psychiatrie gängig, weil Psychiater täglich mit Patienten mit schwersten Depressionen zu tun haben, und deshalb die etwas weniger schwer depressiv Erkrankten dadurch unterscheiden wollen, indem sie bei ihnen statt von der Depression von der depressiven „Verstimmung“ reden. In der übrigen Medizin wird aber, wenn von den gleichen Patienten die Rede ist, statt von depressiver Verstimmung eher von „depressiver Störung“ oder auch nur von „Depression“ („abnorme Trauer“ oder „reaktive Depression“) gesprochen.

Leitbeschwerden

Worin unterscheiden sich depressive Verstimmungen von einer behandlungsbedürftigen Depression? Hier ein paar Anhaltspunkte zur Abgrenzung:

Bei einer depressiven Verstimmung

  • Wird die Symptomatik meist durch einschneidende Ereignisse wie Trennungen, Todesfälle, Arbeitsplatzverlust, aber auch durch Krankheiten, z. B. durch Schilddrüsen- oder Krebserkrankungen, die Alzheimerkrankheit oder Abhängigkeitsprobleme ausgelöst.
  • Sind die Beschwerden leichter ausgeprägt, d.h. die Betroffenen empfinden z. B. noch Freude oder Hoffnung.
  • Sind die Personen in der Lage, die alltäglichen Anforderungen – trotz niedergeschlagener Stimmung – zu bewältigen.
  • Klingen die melancholischen Phasen – auch ohne psychotherapeutische oder medikamentöse Behandlung – wieder ab.

Selbsthilfe

Darüber reden. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ – deshalb sollten Betroffene so oft wie möglich mit Menschen ihres Vertrauens über ihre Ängste und Gedanken sprechen. Unsere heutige Leistungsgesellschaft fordert ein tägliches Funktionieren. Wer dagegen sich selbst oder anderen gegenüber eingesteht, dass es auch Phasen im eigenen Leben gibt, in denen es einem nicht „so gut“ geht, der braucht viel Mut. Die Sorgen und Probleme einfach „hinunterzuschlucken“, hilft weder dem Betroffenen selbst, noch kann es dem Umfeld ermöglichen, sich mit den seelischen Wunden des Erkrankten auseinanderzusetzen.

Rhythmus beachten. Betroffene sollten vor allem lernen, stärker auf ihren eigenen Rhythmus zu achten und sich selbst und anderen gegenüber öfter auch mal Grenzen zu setzen. Das berühmte „Neinsagen-Lernen“ hilft, sich wieder eigene Freiräume und dringend nötige Ruhephasen im anstrengenden Alltag zu schaffen. Besonders geeignet sind auch Entspannungsverfahren.

Sich Freude verordnen. Eine hilfreiche, alltagstaugliche Methode gegen Depressionen! Listen Sie Alltagsaktivitäten auf, die Ihnen Spaß machen: ein entspannendes Bad, Spazierengehen, Kinobesuch, Lesen, Malen, Handarbeiten – es kommt allein auf Ihre Vorlieben an. Planen Sie schon am Abend, welche dieser Aktivitäten Sie am kommenden Tag machen werden. Versuchen Sie auch wenn es schwerfällt, die Pläne umzusetzen. So werden Sie zu Ihrem eigenen „Antidepressivum“.

Licht ins Leben lassen. Die Lichttherapie ist vor allem ein geeignetes und effektives Verfahren zur Behandlung der Winterdepression. Dabei schaut der Patient – am besten gleich nach dem Erwachen – in eine spezielle Lampe, deren Helligkeit das 200-fache einer üblichen Zimmerbeleuchtung beträgt und die nicht weiter als 40 cm entfernt sein sollte. Entscheidend ist, dass das Licht direkt auf die Netzhaut fällt. Diese „therapeutische Lichtdusche“ baut Melatonin ab, ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert und depressionsfördernd wirkt.

Pflanzliche Psychopharmaka. Geeignet ist das stimmungsaufhellende Johanniskraut. Wie bei schulmedizinischen Antidepressiva setzt auch bei Johanniskraut die Wirkung erst nach Wochen ein.

Für die begleitenden Schlafstörungen sind Extrakte aus Baldrian oder Hopfen ein sinnvolles Mittel.

Homöopathie. Die Homöopathie nennt u. a. Aurum, Cimicifuga, Ginseng, Hypericum, Opium, Sulfur und Thuja als wirksame Mittel. Bei anhaltender oder wiederkehrender depressiver Verstimmung bietet sich eine individuell abgestimmte Konstitutionsbehandlung an.

Akupunktur. Es liegen einige positive Erfahrungsberichte vor, wonach Akupunktur zur Stimmungsaufhellung beitragen kann. Besonders Erfolg versprechend scheint eine Kombination von Akupunktur und der Einnahme von pflanzlichen bzw. homöopathischen Arzneien zu sein.

Zuweilen geht eine depressive Verstimmung in eine „echte“ Depression über: Suchen Sie daher unbedingt einen Arzt auf, wenn Ihre depressive Stimmung über Wochen oder Monate anhält oder Ihre Leistungsfähigkeit durch die Symptomatik dauerhaft beeinträchtigt ist.

Von: Gisela Finke, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Yoga und Joggen gegen Depressionen

Yoga kann Depressionen lindern - vorausgesetzt, man betreibt es intensiv.

Yoga und Joggen gegen Depressionen

Sport als Stimmungsmacher

Sport hilft gegen Depressionen. Am meisten trifft das offenbar für Joggen, Kraftsport und Yoga zu. Dabei gilt: Je intensiver trainiert wird, desto besser.

Rund 4 Millionen Deutsche erkrankt

Depressionen sind weit verbreitet und werden offenbar immer häufiger: Für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit der Erkrankung auf über vier Millionen. Weltweit sollen etwa 322 Millionen Menschen unter Depressionen leiden. Das sind etwa 4,4% der Weltbevölkerung und 18% mehr als noch vor zehn Jahren.

Zur Behandlung von Depressionen werden vor allem Medikamente und Psychotherapien eingesetzt. Ergänzend zur klassischen Therapie raten die Leitlinien zu Lebensstiländerungen, allen voran zu mehr Bewegung. Welcher Sport am besten gegen Depressionen hilft, wird jedoch unterschiedlich bewertet.

5 Sportarten mit antidepressiven Effekten

Ein Forscherteam ging jetzt dieser Frage nach und untersuchte den Effekt von Bewegung bei schweren Depressionen. Eingeschlossen in ihre Meta-Analyse wurden 218 Studien mit über 14.000 Teilnehmenden. Dabei kam heraus, dass fünf Sportarten schwere Depressionen moderat besserten.

Die stärkste antidepressive Wirkung hatten Joggen oder Gehen, gefolgt von Yoga, Krafttraining, Ausdauerübungen und Tai Chi oder Qigong. Außerdem zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Kurve: Je intensiver eine Sportart ausgeübt wurde, desto besser wirkte sie. Der Effekt war zudem unabhängig von der Ausprägung der Depression und davon, ob die Patient*innen unter weiteren Erkrankungen litten.

Yoga und Krafttraining waren bei den Studienteilnehmer*innen am beliebtesten, sie wurden am seltensten wieder abgebrochen. Tanzen führte sogar zu einer starken Linderung der Depressionen. Allerdings war die Anzahl der Tanzenden nur gering und es handelte sich ausschließlich um Frauen – was keinen eindeutigen Schluss auf die Wirkung des Tanzsports auf Depressionen zulässt.

Neben klassischer Therapie Sport treiben

Bewegung ist eine wirksame Waffe gegen Depressionen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Vor allem gilt dies für intensiv ausgeübtes Joggen und Gehen, Krafttraining und Yoga. Sie raten depressiven Menschen, neben der klassischen antidepressiven Therapie eine der genannten Sportarten auszuüben.

Quelle: British Medical Journal

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Alla Azarnikova