Gesundheit heute

Ambulante Behandlungseinrichtungen für psychisch Kranke

Bei der Versorgung von psychisch Kranken gilt: „ambulant vor stationär“. Dies bedeutet, dass man die Patienten möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung belässt, nach Möglichkeit auch in ihrem beruflichen Umfeld. Erst bei schwereren psychiatrischen Erkrankungen oder bei Verschlechterung des Gesundheitszustands stellt der Hausarzt oder der niedergelassene Psychiater oder Psychotherapeut eine Einweisung in die Klinik aus.

Die folgenden ambulanten Einrichtungen unterstützen psychisch Kranke und auch Angehörige auf dem Weg zur Besserung und sozialen Reintegration:

Ambulante Praxen. Der größte Teil der Patienten wird von niedergelassenen Psychiatern und ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten in freier Praxis behandelt.

Institutsambulanzen. Bei diesen Einrichtungen handelt es sich um psychiatrische Kliniken, d. h. die Behandlung ist einer Institution angegliedert. Institutsambulanzen sind vor allem für die Nachbehandlung der entlassenen Patienten zuständig, bieten aber auch spezielle Therapien an, z. B. Schmerzambulanzen oder Traumasprechstunden.

Beratungsstellen. Sie werden durch die Kommunen, die Wohlfahrtsverbände und andere freie Träger angeboten. Ihre Mitarbeiter führen selbst Beratungen und Therapien durch oder sie vermitteln Ratsuchende an entsprechende Stellen.

Sozialpsychiatrische Dienste. Sie sind meist den Gesundheitsämtern angegliedert und häufig mit einem Psychiater, einem Sozialpädagogen und einem Psychologen besetzt. Sozialpsychiatrische Dienste arbeiten in der Nachbetreuung entlassener Patienten, vermitteln in stationäre oder teilstationäre Einrichtungen und koordinieren in der betreffenden Region (Stadt, Landkreis) die Arbeit von anderen psychosozialen Einrichtungen und Praxen.

Teilstationäre Einrichtungen. Neben den ambulanten Behandlungsmöglichkeiten gibt es ein abgestuftes Netz von teilstationären Einrichtungen und Fördereinheiten. Diese dienen der Rehabilitation nach einer stationären Behandlung und dem Übergang in ein selbstständiges Leben. Hier bekommt der psychisch Kranke zusätzliche Hilfe und Unterstützung bei

  • Der Tagesstrukturierung, Freizeitgestaltung und sozialen Kontaktfähigkeit
  • Finanziellen Fragen oder Problemen (z. B. Schuldenregulierung)
  • Fragen der Arbeitsfähigkeit oder Arbeitssuche
  • Der Wiedergewinnung einer selbstständigen Lebensweise wie z. B. Einkaufen, Kochen und Hygiene.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Methylphenidat stört Wachstum nicht

Wachstumsstörungen scheinen einer Studie zufolge unter Methylphenidat nicht aufzutreten.

Methylphenidat stört Wachstum nicht

Entwarnung für ADHS-Medikament

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhalten häufig Methylphenidat zur Therapie. Immer wieder wird angeführt, dass dieses Medikament das Wachstum hemmt. Neue Daten geben Entwarnung.

Über 1000 ADHS-Kinder beobachtet

Viele Eltern machen sich die Entscheidung nicht leicht, ihr Kind mit Methylphenidat (Ritalin) behandeln zu lassen. Ein Grund waren bisher unter anderem Hinweise, dass Kinder unter Ritalin langsamer wachsen könnten. Ob das stimmt, hat jetzt eine britische Arbeitsgruppe untersucht.

Sie sammelten über zwei Jahre lang europaweit die Daten von Kindern und Jugendlichen, die an ADHS litten. Von den insgesamt 1147 Patientinnen und Patienten im Alter von 6 bis 17 Jahren wurden 756 mit Methylphenidat behandelt. 391 erhielten gar keine medikamentöse Therapie.

Gewichtsverlust wird wieder aufgeholt

Beide Gruppen wurden mit gesunden Kontrollkindern verglichen, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu erkennen. Die Wachstumsgeschwindigkeit war über zwei Jahre hinweg in allen drei Gruppen gleich. Ein Unterschied zeigte sich allerdings in der Gewichtskurve: Im Vergleich zu den gesunden und den unbehandelten ADHS-Kindern nahmen die mit Methylphenidat therapierten Kinder in den ersten sechs Behandlungsmonaten ab. Diese Gewichtsabnahme kam jedoch während der nächsten Monate zum Stillstand, und bis zum Studienende holten die Methylphenidat-Kinder die anderen gewichtsmäßig wieder ein.

Blutdruck und Puls kontrollieren

Das Forscherteam verglich bei den ADHS-Kindern auch das Auftreten möglicher Nebenwirkungen. Psychosen und Depressionen kamen gleich häufig vor, egal ob die Patient*innen Methylphenidat einnahmen oder nicht. Das Gleiche galt für motorische Störungen und nervöse Tics. Blutdruck und Herzrate waren allerdings unter Methylphenidat etwas höher. Die unbehandelten ADHS-Kinder konsumierten wiederum mehr Nikotin und Marihuana, außerdem traten bei ihnen mehr suizidale Handlungen auf.

Insgesamt ist bei einer Therapie mit Methylphenidat nicht mit einer Reduktion des Längenwachstums zu rechnen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Sie raten jedoch dazu, bei den Kontrollbesuchen in der Arztpraxis regelmäßig Blutdruck und Herzfrequenz messen zu lassen.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Phillip Waterman