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Grundlagen der Psychotherapie

Grundlagen der Psychotherapie
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Psychotherapie (psychotherapeutische Behandlung) bedeutet den gezielten Einsatz von psychologischen, meist kommunikativen Techniken. Von der Psychotherapie kann man aber eigentlich nicht reden – es gibt aktuell rund 250 verschiedene psychotherapeutische Behandlungsverfahren, die sich im Hinblick auf die kommunikativen Mittel vom Gespräch auf der Therapeutencouch bis hin zum provozierten „Urschrei“, aber auch in den dahinter stehenden Gedankengebäuden unterscheiden. Psychotherapie kann in Form von Einzel-, Paar- oder Familientherapie stattfinden, sie kann ambulant, teilstationär oder stationär in der Klinik erfolgen.

Ziele. So verschieden die Methoden sind, bei den Zielen sind sich die Psychotherapien wieder einig: In den meisten Fällen geht es um die Veränderung gestörter oder (falsch) „erlernter“ Einstellungen oder Verhaltensweisen, um die Unterstützung bei der Alltagsbewältigung, um Hilfe bei Familien- und Beziehungsproblemen, um das Erlernen von Bewältigungsstrategien in Konfliktsituationen sowie um die Stärkung des Selbstwertgefühls.

Die „Chemie“. Grundvoraussetzung für das Gelingen psychotherapeutischer Intervention ist, dass die Chemie zwischen Therapeut und Patient stimmt, sodass sich eine tragfähige, vertrauensvolle Beziehung entwickeln und eine Art „Arbeitsbündnis“ hergestellt werden kann: Der Therapeut nimmt hierbei eine verständnisvolle, einfühlsame, wohlwollende und gefühlsechte (authentische) Grundhaltung ein. Psychotherapie bedeutet nicht, dass ein Therapeut die Probleme des Patienten löst. Die Rolle des Psychotherapeuten kann vielmehr mit der eines Spiegels verglichen werden, in dem der Patient sich selbst neu findet und so sein gestörtes Gleichgewicht wiedererlangt. Die meisten Psychotherapieformen sehen den Patienten nicht als Behandelten, sondern als Handelnden.

Therapeutischer Prozess. Auch wenn viel und scheinbar spontan geredet wird – es gibt ein klares Konzept, in welcher Folge der therapeutische Prozess ablaufen muss, damit die Therapieziele erreicht werden:

  • Problemanalyse und der Gewinn von Einsicht
  • Entwicklung und Festlegung realistischer Therapieziele
  • Bestimmung der Vorgehensweise zur Zielerreichung
  • Stabilisierung der therapeutisch erwünschten Reaktionen durch Training.

Was wirkt in der Psychotherapie? Ein wissenschaftlich gesicherter Wirksamkeitsnachweis ist bisher für die drei Hauptströmungen erbracht, also für tiefenpsychologische Verfahren, Gesprächstherapie und Verhaltenstherapie, neuerdings gilt auch die Wirksamkeit der Interpersonellen Psychotherapie als empirisch abgesichert. Bei allen Unterschieden der einzelnen psychotherapeutischen Verfahren gibt es übergreifende Faktoren, die für den Erfolg der Psychotherapie von großer Bedeutung sind, die:

  • Qualität der therapeutischen Beziehung. Der Patient sollte sich während der Therapie respektiert und aufgehoben fühlen. Er sollte das Vertrauen entwickeln, dass der Therapeut ihm helfen möchte und dass er helfen kann.
  • Motivation des Patienten. Psychotherapie kann nur wirken, wenn der Patient dazu selbst motiviert ist und sich freiwillig in die Behandlung begibt.
  • Ausbildung, Qualifikation und Berufserfahrung des Therapeuten sind entscheidend für den Erfolg der Behandlung.

Anerkennung psychotherapeutischer Verfahren. Das Psychotherapeutengesetz regelt, dass (nur) verhaltenstherapeutische und psychoanalytische Methoden von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt und die Kosten hierfür nach einem entsprechenden Gutachten des Therapeuten übernommen werden. Die Kosten anderer Therapieansätze werden bisher von den gesetzlichen Krankenkassen nicht getragen. Dies wird von vielen Experten als willkürlich kritisiert und deshalb auch von vielen Therapeuten umgangen. Völlig willkürlich ist diese Regelung aber auch deshalb, weil sie nur für den ambulanten Bereich gilt, Kliniken haben im Rahmen ihrer Therapiepläne mehr Freiheiten.

Wie finde ich einen geeigneten Psychotherapeuten? Bei der Suche nach einem Psychotherapeuten ist in erster Linie der behandelnde Arzt, also Haus- oder Nervenarzt, der wichtigste Ratgeber: Er kennt seine Patienten, aber auch die psychotherapeutischen Fachkollegen im Umkreis und hat im Idealfall ein klares Bild, bei wem der Patient am besten aufgehoben wäre.

Welche Psychotherapie bei welcher Erkrankung?

Wie aber findet man die für sich geeignete Therapie? Und welche Methode ist die richtige? Wissenschaftliche Untersuchungen und Erfahrungswerte können lediglich Empfehlungen geben: So eignen sich z. B. die Gesprächstherapie oder das Psychodrama gut zur Langzeitbehandlung von Schizophrenien, während tiefenpsychologische Verfahren eher bei neurotischen Depressionen wirksam sind. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden sind bei fast allen psychischen Erkrankungen Erfolg versprechend, insbesondere bei Angst- und Zwangspatienten.

Die Praxis zeigt aber: Die Erfahrung des Therapeuten und seine Zuwendungsfähigkeit zu dem Patienten ist wichtiger als die psychotherapeutische Methode, die er anwendet.

Weiterführende Informationen

  • www.therapeuten.de – Kommerzielle Website einer Medienagentur aus Meerbusch: Mit über 2 200 gelisteten Therapeuten, auch nach Postleitzahlen geordnet. Mit Therapielexikon, Links zu den Berufsverbänden und Volltextsuche.
  • www.therapie.de – Website des Vereins Pro Psychotherapie e. V., München: Mit komfortabler Suchfunktion zur Therapeutensuche inkl. Abrechnungsmodus, Arbeitsschwerpunkten und Ausrichtung sowie einem hilfreichen Therapie-Glossar.
  • www.psychiatrie.de – Website des Psychiatrienetzes, Bonn: Zur Orientierung in den klassischen Therapieformen. Das Psychiatrienetz wird u. a. von folgenden Verbänden und Organisationen getragen: Aktion Psychisch Kranke e. V., Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e. V., Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V., Psychiatrie-Verlag GmbH.
  • H. Morschitzky: Psychotherapie-Ratgeber: Ein Wegweiser zur seelischen Gesundheit. Springer, 2006. Der Autor ist selbst Psychotherapeut und führt durch den Dschungel der Psychotherapie.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Methylphenidat stört Wachstum nicht

Wachstumsstörungen scheinen einer Studie zufolge unter Methylphenidat nicht aufzutreten.

Methylphenidat stört Wachstum nicht

Entwarnung für ADHS-Medikament

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhalten häufig Methylphenidat zur Therapie. Immer wieder wird angeführt, dass dieses Medikament das Wachstum hemmt. Neue Daten geben Entwarnung.

Über 1000 ADHS-Kinder beobachtet

Viele Eltern machen sich die Entscheidung nicht leicht, ihr Kind mit Methylphenidat (Ritalin) behandeln zu lassen. Ein Grund waren bisher unter anderem Hinweise, dass Kinder unter Ritalin langsamer wachsen könnten. Ob das stimmt, hat jetzt eine britische Arbeitsgruppe untersucht.

Sie sammelten über zwei Jahre lang europaweit die Daten von Kindern und Jugendlichen, die an ADHS litten. Von den insgesamt 1147 Patientinnen und Patienten im Alter von 6 bis 17 Jahren wurden 756 mit Methylphenidat behandelt. 391 erhielten gar keine medikamentöse Therapie.

Gewichtsverlust wird wieder aufgeholt

Beide Gruppen wurden mit gesunden Kontrollkindern verglichen, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu erkennen. Die Wachstumsgeschwindigkeit war über zwei Jahre hinweg in allen drei Gruppen gleich. Ein Unterschied zeigte sich allerdings in der Gewichtskurve: Im Vergleich zu den gesunden und den unbehandelten ADHS-Kindern nahmen die mit Methylphenidat therapierten Kinder in den ersten sechs Behandlungsmonaten ab. Diese Gewichtsabnahme kam jedoch während der nächsten Monate zum Stillstand, und bis zum Studienende holten die Methylphenidat-Kinder die anderen gewichtsmäßig wieder ein.

Blutdruck und Puls kontrollieren

Das Forscherteam verglich bei den ADHS-Kindern auch das Auftreten möglicher Nebenwirkungen. Psychosen und Depressionen kamen gleich häufig vor, egal ob die Patient*innen Methylphenidat einnahmen oder nicht. Das Gleiche galt für motorische Störungen und nervöse Tics. Blutdruck und Herzrate waren allerdings unter Methylphenidat etwas höher. Die unbehandelten ADHS-Kinder konsumierten wiederum mehr Nikotin und Marihuana, außerdem traten bei ihnen mehr suizidale Handlungen auf.

Insgesamt ist bei einer Therapie mit Methylphenidat nicht mit einer Reduktion des Längenwachstums zu rechnen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Sie raten jedoch dazu, bei den Kontrollbesuchen in der Arztpraxis regelmäßig Blutdruck und Herzfrequenz messen zu lassen.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Phillip Waterman