Gesundheit heute

Pflanzliche Psychopharmaka

Es gibt viele Heilpflanzen, deren Inhaltsstoffe die Psyche und das Nervensystem beruhigen und ausgleichen. Neben den vier Hauptgruppen der klassischen Psychopharmaka (Neuroleptika, Antidepressiva, Tranquilizer, Lithium) haben pflanzliche Psychopharmaka eine große Bedeutung. Ihr Vorteil ist, dass sie gut vertragen werden und sanft wirken. Letzteres ist aber auch ihr Nachteil: Bei schweren psychischen Erkrankungen sind sie zu schwach, um wirklich helfen zu können.

Es lohnt sich aber immer der Versuch, leichtere Unruhezustände, Schlafstörungen und vorübergehende depressive Verstimmungen mit einem pflanzlichen Präparat zu behandeln, bevor der Arzt klassische Psychopharmaka einsetzt.

Pflanzliche Heilmittel sind in Tabletten- oder Tropfenform, aber auch als Tee oder als Badezusätze erhältlich.

Johanniskraut. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Johanniskraut (Inhaltsstoff Hypericin) bei hilfreich ist. Johanniskraut muss jedoch in relativ hoher Dosis in Tablettenform eingenommen werden, um die notwendige Dosis von 600 mg der Wirkstoffe (vor allem Hyperforin und Hypericin) zu erreichen. Mit nicht apothekenpflichtigen Tees und Kapseln aus Reformhäusern gelingt dies nicht. Auch tritt die stimmungsaufhellende Wirkung erst nach etwa zweiwöchiger, regelmäßiger Einnahme ein. Ein anderer Nachteil: Bei vielen freiverkäuflichen Johanniskrautpräparaten ist die Wirksamkeit und Verträglichkeit nicht belegt. Deshalb raten Experten vom Kauf solcher Präparate ab.

Johanniskraut erhöht die Lichtempfindlichkeit der Haut, deshalb sollten Sonnenbäder oder Solarienbesuche während der Einnahmezeit vermieden werden. Leider ist die Sicherheit der Pille bei Einnahme von Johanniskraut leicht vermindert, sodass zusätzlich mit anderen Methoden verhütet werden muss, will man keine Schwangerschaft riskieren. In seltenen Fällen kommt es im Behandlungsverlauf zu leichter Übelkeit, Müdigkeit oder Bauchschmerzen.

Baldrian, Hopfen, Melisse und Passionsblume. Auszüge (Extrakte) aus Baldrian, Hopfen, Melisse und Passionsblume werden traditionell zur Behandlung von Nervosität und angewendet (auch zur Behandlung von Schlafstörungen). Ihre Wirksamkeit ist bewiesen, aber nur für leichte Beschwerdeformen. Diese Mittel haben keine unerwünschten Nebenwirkungen, können jedoch die Fahrtüchtigkeit etwas herabsetzen.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Gisela Finke in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Methylphenidat stört Wachstum nicht

Wachstumsstörungen scheinen einer Studie zufolge unter Methylphenidat nicht aufzutreten.

Methylphenidat stört Wachstum nicht

Entwarnung für ADHS-Medikament

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhalten häufig Methylphenidat zur Therapie. Immer wieder wird angeführt, dass dieses Medikament das Wachstum hemmt. Neue Daten geben Entwarnung.

Über 1000 ADHS-Kinder beobachtet

Viele Eltern machen sich die Entscheidung nicht leicht, ihr Kind mit Methylphenidat (Ritalin) behandeln zu lassen. Ein Grund waren bisher unter anderem Hinweise, dass Kinder unter Ritalin langsamer wachsen könnten. Ob das stimmt, hat jetzt eine britische Arbeitsgruppe untersucht.

Sie sammelten über zwei Jahre lang europaweit die Daten von Kindern und Jugendlichen, die an ADHS litten. Von den insgesamt 1147 Patientinnen und Patienten im Alter von 6 bis 17 Jahren wurden 756 mit Methylphenidat behandelt. 391 erhielten gar keine medikamentöse Therapie.

Gewichtsverlust wird wieder aufgeholt

Beide Gruppen wurden mit gesunden Kontrollkindern verglichen, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu erkennen. Die Wachstumsgeschwindigkeit war über zwei Jahre hinweg in allen drei Gruppen gleich. Ein Unterschied zeigte sich allerdings in der Gewichtskurve: Im Vergleich zu den gesunden und den unbehandelten ADHS-Kindern nahmen die mit Methylphenidat therapierten Kinder in den ersten sechs Behandlungsmonaten ab. Diese Gewichtsabnahme kam jedoch während der nächsten Monate zum Stillstand, und bis zum Studienende holten die Methylphenidat-Kinder die anderen gewichtsmäßig wieder ein.

Blutdruck und Puls kontrollieren

Das Forscherteam verglich bei den ADHS-Kindern auch das Auftreten möglicher Nebenwirkungen. Psychosen und Depressionen kamen gleich häufig vor, egal ob die Patient*innen Methylphenidat einnahmen oder nicht. Das Gleiche galt für motorische Störungen und nervöse Tics. Blutdruck und Herzrate waren allerdings unter Methylphenidat etwas höher. Die unbehandelten ADHS-Kinder konsumierten wiederum mehr Nikotin und Marihuana, außerdem traten bei ihnen mehr suizidale Handlungen auf.

Insgesamt ist bei einer Therapie mit Methylphenidat nicht mit einer Reduktion des Längenwachstums zu rechnen, fassen die Studienautor*innen zusammen. Sie raten jedoch dazu, bei den Kontrollbesuchen in der Arztpraxis regelmäßig Blutdruck und Herzfrequenz messen zu lassen.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Phillip Waterman