Gesundheit heute

Autoimmunerkrankungen

Autoimmunerkrankungen (Autoaggressionskrankheiten): Sammelbegriff für alle Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Organe oder Gewebe richtet. Es können alle Organe betroffen sein. Frauen erkranken häufiger als Männer und ältere Menschen häufiger als jüngere. Autoimmunerkrankungen nehmen in den Industrieländern seit Jahren zu.

Leitbeschwerden

  • Unspezifische, allgemeine Symptome wie Müdigkeit, Schwächegefühl, Gewichtsverlust, Fieber
  • Spezifische Symptome je nach betroffenem Organ, z. B. Gelenkschmerzen, Bewegungsstörungen, Durchfall oder Juckreiz.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn die oben beschriebenen Beschwerden auftreten und nicht innerhalb weniger Tage wieder abklingen.

Am selben Tag, wenn plötzlich starkes Erbrechen, erhebliches Schwächegefühl, hohes Fieber, unstillbarer Durchfall, Atemschwierigkeiten, starke Schmerzen oder Sehstörungen auftreten.

Die Erkrankungen

Krankheitsentstehung

Das Immunsystem ist dafür zuständig, den Körper vor Krankheiten zu schützen. Dazu muss das Immunsystem genau erkennen, welche Zellen und Substanzen nicht zum Körper gehören oder krank sind und diesem deshalb vielleicht schaden. Ein Beispiel: Gelangen Bakterien in eine Wunde, erkennt der Körper diese als körperfremde Eindringlinge und sendet "Boten", um diese unschädlich zu machen. Dabei kann das Immunsystem sehr schnell auf Abwehrzellen zurückgreifen, die recht allgemein, aber nicht besonders effektiv unterschiedlichste Eindringlinge abwehren. Mit etwas Verzögerung kommen zusätzlich Antikörper zum Einsatz, die ganz genau auf den jeweiligen Erreger angepasst sind. Beim Gesunden sind nur solche Antikörper und Abwehrzellen "auf Patrouille", die sich gegen fremde Zellen und Substanzen sowie gegen kranke körpereigene Zellen richten. Gesunde körpereigene Zellen werden vom Immunsystem in Ruhe gelassen. Dieses Phänomen heißt Immuntoleranz.

Wie überall, so können auch bei der Immuntoleranz Fehler passieren: Der Körper bildet dann Antikörper oder Abwehrzellen gegen körpereigene Strukturen, die sogenannten Autoantikörper. Greifen diese Autoantikörper Gewebe und Organe an, spricht man von einer Autoimmunerkrankung.

Ursachen

Warum eine Autoimmunerkrankung entsteht, ist in aller Regel unklar. Manchmal hatte die Betroffene vorher eine Infektion mit einem Erreger, der der angegriffenen körpereigenen Struktur ähnelt. Auch die erbliche Veranlagung spielt eine Rolle. Dass Autoimmunerkrankungen immer öfter auftreten, erklären sich Mediziner*innen (ähnlich wie bei den Allergien) damit, dass die keimarme Umgebung das Immunsystem durch mangelndes "Training" anfälliger für Fehlprägungen macht. Zusätzlich scheinen auch Umweltbelastungen, z. B. durch Schadstoffe, und der Lebensstil an der Entstehung beteiligt zu sein. So können Rauchen, eine ungesunde Ernährung und chronische Stressbelastung Wegbereiter für eine Autoimmunerkrankung sein.

Formen

Manche Autoimmunerkrankungen betreffen nur ein einziges Organ, etwa bei Typ-1-Diabetes die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Andere Erkrankungen hingegen betreffen Gewebe, die überall im Köper vorkommen, z. B. die Bindegewebe der Blutgefäße.

Zu den häufigen Autoimmunerkrankungen zählen z. B.:

  • Hormonerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, Morbus Addison, Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow
  • Darmerkrankungen wieColitis ulcerosa, Morbus Crohn und Zöliakie
  • Rheumatische Erkrankungen, z. B. Gelenkerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis und Spondylitis ankylosans, Gefäßentzündungen wie Vaskulitiden (z. B. Klassische Panarteriitis nodosa) und Kollagenosen (z. B. Systemischer Lupus erythematodes)
  • Hauterkrankungen wie Psoriasis und Bullöses Pemphigoid
  • Nerven- und Muskelerkrankungen wie Multiple Sklerose und Myasthenia gravis.
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    Seltenere Autoimmunerkrankungen sind z. B.:

  • Glomerulonephritis
  • Autoimmungastritis
  • Autoimmunhepatitis
  • Nichteitrige chronisch-destruierende Cholangitis
  • Purpura Schoenlein-Henoch
  • [Akutes] rheumatisches Fieber, einhergehend mit einer Gelenk- und Herzinnenhautentzündung wie z. B. einer Endokarditis.

Das macht die Ärzt*in

Diagnosesicherung

Bei einigen Autoimmunkrankheiten kann die Ärzt*in die krank machenden Autoantikörper einfach durch eine Laboruntersuchung im Blut nachweisen, z. B. beim Diabetes mellitus Typ-1. Ist dies nicht möglich, kann die Entnahme einer Gewebeprobe nötig sein, z. B. bei Zöliakie. Bei einigen Erkrankungen sind auch weitere Spezialuntersuchungen erforderlich, z. B. eine MRT und Gehirnwasseruntersuchung bei Verdacht auf Multiple Sklerose, eine Szintigrafie bei Schilddrüsenerkrankungen oder hormonelle Stimulationstests bei Verdacht auf Morbus Addison.

Differenzialdiagnosen

Die Symptome einer Autoimmunerkrankung sind oft eher unspezifisch, weisen also nicht sehr deutlich auf eine bestimmte Erkrankung hin. Deshalb kommen immer zahlreiche mögliche Erkrankungen in Betracht. Manchmal steckt hinter wiederkehrendem Durchfall und Gewichtsverlust nur eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder hinter Müdigkeit, Abgeschlagenheit und erhöhter Körpertemperatur nur ein nicht ganz auskurierter Infekt. Bei einer Autoimmunerkrankung ist aber eine möglichst frühe Behandlung wichtig, um Folgeschäden entgegenzuwirken. Daher ist die Abklärung auch unspezifischer Symptome immer wichtig, wenn sie nicht nach kurzer Zeit von selbst wieder verschwinden.

Behandlung

Die Behandlung hängt vom befallenen Organ oder Gewebe ab. Bei einigen Erkrankungen kann z. B. das fehlende Hormon problemlos ersetzt werden, etwa beim Diabetes Typ-1 oder bei einer Schilddrüsen- oder Nebennierenunterfunktion. Je mehr Organe betroffen sind oder je schwerer deren Funktion zu ersetzen ist, desto eher ist eine medikamentöse Unterdrückung der Abwehr durch Medikamente angezeigt. Solche Medikamente heißen Immunsuppressiva. Dies ist zum Beispiel bei Multipler Sklerose und rheumatischen Erkrankungen meistens der Fall. Je nach Erkrankung können auch Lebensstil-Änderungen die Symptome einer Autoimmunerkrankung mildern, zum Beispiel eine Ernährungsumstellung oder der Versuch, Stress zu reduzieren.

Prognose

Autoimmunerkrankungen sind nicht heilbar. Die Prognose variiert bei den einzelnen Erkrankungen und auch je nach Beginn und Effektivität der Behandlung. Menschen mit Typ-1-Diabetes können heutzutage beispielsweise meist ohne große Beeinträchtigungen ihr Alltagsleben fortsetzen. Menschen mit schweren Formen von Multipler Sklerose und Myasthenia gravis hingegen müssen mit einem schnellen Voranschreiten der Erkrankung, zunehmenden Beeinträchtigungen und einer verkürzten Lebenserwartung rechnen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Immunbalance. Unterstützen Sie Ihr Immunsystem dabei, so weit wie möglich wieder ins Gleichgewicht zurückzufinden. Hilfreich dabei sind eine gesunde Lebensführung mit viel frischem Obst und Gemüse, ausreichend Schlaf und Bewegung sowie effektiven Methoden zur Stressbewältigung wie Progressiver Muskelentspannung oder MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction).

Nahrungsergänzungsmittel. Lassen Sie sich vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und freiverkäuflichen Arzneimitteln immer von Ihrer Ärzt*in oder Apotheker*in beraten. Während einige Vitamine und Mineralstoffe eine ausgewogene Ernährung und somit das Immunsystem sinnvoll unterstützen, besteht bei anderen Präparaten möglicherweise die Gefahr, dass die Erkrankung sich verschlimmert. So dürfen z. B. Echinacea-Präparate gegen Erkältungskrankheiten nicht bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, da sie das Immunsystem anregen.

Selbsthilfegruppen. Für fast jede Autoimmunerkrankung existieren regionale oder überregionale Selbsthilfegruppen, die es Betroffenen ermöglichen, sich untereinander auszutauschen sowie sozialen, psychischen und praktischen Beistand anbieten. Ihre Ärzt*in, Apotheker*in und Krankenkasse kann Ihnen helfen, eine für Sie passende Selbsthilfeorganisation zu finden.

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualsierung von Daniela Grimm
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Juckreiz dank See und Weiher

Klares Wasser und keine Wasservögel: hier ist gut Baden.

Juckreiz dank See und Weiher

Gestörter Badespaß

Im Sommer locken nicht nur Nord- und Ostsee, sondern auch viele Seen, Weiher und Flüsse zum Baden. Doch nicht immer ist der Badespaß ungetrübt. Gerade in Naturgewässern kann man in unangenehmen Kontakt mit Zerkarien, Bakterien und anderen Erregern kommen.

Der Mensch als Fehlwirt

Zerkarien sind die Larven der Saugwürmer und gehören zu den häufigsten Spaßverderbern beim Badevergnügen in Naturgewässern. Sie gelangen durch Wasserschnecken ins Wasser und befallen dort eigentlich Enten und andere Wasservögel, um sich zu Würmern zu entwickeln. Manchmal dringen die Larven aber auch in die menschliche Haut ein. Dort sterben sie ab, was zunächst zu einem leichten Hautjucken, später zu starkem Juckreiz führt. Es entwickeln sich Papeln, die sich entzünden. Etwa drei Tage dauert der Spuk, bis die Badedermatitis innerhalb von zehn bis 20 Tagen wieder komplett abheilt.

Antihistaminika und vorbeugen

Gegen den Juckreiz helfen antihistaminhaltige Gele oder Salben aus der Apotheke. Auch niedrig dosierte Kortisonsalben können eingesetzt werden. Bei sehr starken Beschwerden sind manchmal auch Antihistaminika als Tabletten nötig. Wichtig: Nicht an den Papeln kratzen, um eine zusätzliche bakterielle Infektion zu vermeiden. Damit es gar nicht erst zu einer Badedermatitis kommt helfen folgende Tipps:

  • Flachwasser und dicht bewachsene Uferzonen meiden, da hier Wasserschnecken leben. Am besten in strömendem Wasser schwimmen.
  • Nicht an Badestellen mit vielen Wasservögeln ins Wasser gehen.
  • Lieber abends als morgens baden, da morgens die Zerkariendichte im Wasser am höchsten ist.
  • Nach dem Schwimmen sofort Badebekleidung wechseln und die Haut gründlich abrubbeln.
  • Wasserabweisende Sonnencreme benutzen, sie soll den Zerkarien das Eindringen in die Haut erschweren.

Krank durch Darmbakterien oder Algenblüte

Nicht nur Larven, auch pathogene Bakterien tummeln sich in manchen Gewässern. So drohen Infektionen mit krankmachenden Darmbakterien, wenn natürliche Gewässer mit Fäkalien verunreinigt sind. Normalerweise werden Badegewässer regelmäßig auf Darmbakterien wie Escherichia coli geprüft und bei zu hoher Keimzahl das Gewässer für das Baden gesperrt. Gerade nach Starkregen wird aber manchmal auch in sonst saubere Gewässer fäkale Verunreinigungen und Krankheitserreger aus Kläranlagen eingeschwemmt.

Im Gegensatz zu Darmbakterien sind Cyanobakterien im Wasser sehr gut erkennbar. Steigen die Temperaturen, vermehren sich diese Keime in nährstoffreichem Wasser massenhaft und bilden oft blaugrüne Teppiche. Eine solche Algenblüte kommt sowohl im Süßwasser als auch in der Ostsee vor. Dabei sind die schlierig-schmierigen Algenbeläge nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich. Denn die Cyanobakterien bilden Giftstoffe, die bei direktem Kontakt Haut und Schleimhäute reizen. Die Folge sind Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen. Wird das verseuchte Wasser verschluckt, drohen Übelkeit, Durchfall und allergische Reaktionen. Badestellen mit blaugrünen Schlieren und Algenbelag sollte man also besser meiden.

Vorsicht bei offenen Wunden

Viel seltener, aber umso gefährlicher sind Vibrionen. Bei Wassertemperaturen über 20° C vermehrt sich das im Salz- und Brackwasser der Nord- und Ostsee lebende Bakterium Vibrio vulnificus. Infektionsgefahr droht vor allem bei offenen Wunden. Wer offene oder schlecht heilende Wunde hat, sollte deshalb sommerwarmes Meerwasser lieber meiden.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Robert Kneschke/Shutterstock.com