Gesundheit heute

Blutungsneigung und Blutgerinnungsstörungen

Krankhafte Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese): Im Vergleich zur vorliegenden Verletzung zu starke oder zu lang anhaltende Blutung oder eine Spontanblutung ohne erkennbaren Anlass. Milde Formen sind relativ häufig und werden oft erst durch routinemäßige Blutuntersuchungen erkannt, schwere Formen sind insgesamt selten. Behandlung und Aussichten sind von Ursache und Ausprägung der Störung abhängig.

Leitbeschwerden

  • Gehäuft blaue Flecke ohne Grund
  • Nach Verletzungen oder einer Zahnentfernung zu starke oder zu lang anhaltende Blutungen oder erneut auftretende Blutungen nach bereits erfolgtem Stillstand
  • Haut(ein)blutungen verschiedener Größe: stecknadelkopfgroße (Petechien), viele kleine wie ein Ausschlag(Purpura), ungefähr münzgroße (Sugillationen) oder flächenhafte (Suffusionen).

Wann zum Arzt

In den nächsten 2 Wochen, wenn im Vergleich zu früher mehr blaue Flecke oder Hautblutungen (ohne vorherige Verletzung) auftreten

Heute oder am nächsten Tag, wenn

  • Sich auf einmal stecknadelkopfgroße Flecke auf der Haut bilden
  • Plötzlich auffällig viele blaue Flecke oder kleine Blutungen bei der Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamente auftreten

Sondertext: Gerinnungshemmende Medikamente

Sofort bei jeder Blutung, die sich nicht stillen lässt.

Stillung lebensbedrohlicher Blutungen

Ab einem Verlust von 1 Liter Blut besteht beim Erwachsenen Schockgefahr. Deshalb muss bei der Stillung größerer Blutungen schnell vorgegangen werden. Fast jede Blutung ist durch genügend starken Druck von außen auf die Blutungsquelle zum Stillstand zu bringen, am besten durch einen Druckverband und durch Hochlagern des betroffenen Körperteils.

Bei lebensbedrohlichen Blutungen reicht ein Druckverband allerdings nicht aus. Das Blutgefäß muss gezielt mit der Hand zusammengedrückt werden. Hierzu wird gegebenenfalls in die Wunde hineingedrückt. Dazu verwendet man eine sterile Mullkompresse oder notfalls saubere Tücher.

Die Erkrankungen

Plättchenbedingte Blutungsneigungen

Überwiegend sind die Blutplättchen (Thrombozyten) für eine krankhafte Blutungsneigung verantwortlich (plättchenbedingte Blutungsneigung). Typisch sind hierbei viele stecknadelkopfgroße Blutungen der Haut und der Schleimhäute (z. B. der Mundschleimhaut.

Am häufigsten sind zu wenige Blutplättchen vorhanden (Thrombozytopenie). Meist ist ihre Verminderung Folge einer immunologischen Reaktion gegen Medikamente (z. B. Schmerzmittel, Entzündungshemmer, Antibiotika) oder einer Autoimmunreaktion gegen die Blutplättchen selbst, was zu ihrem erhöhten Abbau führt. Ist für die Verminderung der Blutplättchen keine Ursache feststellbar, spricht der Arzt von idiopathischer thrombozytopenischer Purpura (also ursächlich unklar) oder Morbus Werlhof. Seltener werden im Knochenmark zu wenige Blutplättchen gebildet, z. B. nach Zytostatikabehandlung oder bei Leukämie.

Die zweite Möglichkeit der plättchenbedingten Blutungsneigung ist eine Funktionsstörung der Blutplättchen (Thrombozytopathie), die ebenfalls meist durch Medikamente bedingt ist (häufig durch Acetylsalicylsäure, z. B. Aspirin®). Die Zahl der Blutplättchen ist dabei normal.

Gerinnungsstörungen

Fehlen ein oder mehrere Gerinnungsfaktoren, so spricht der Mediziner von einer Gerinnungsstörung oder Koagulopathie. Für Gerinnungsstörungen typisch sind gehäufte blaue Flecke bis hin zu ausgedehnten Muskel- und Weichteilblutungen.

Auch wenn genaue Zahlen fehlen, sind die erworbenen Formen wahrscheinlich häufiger als die angeborenen. Mehrere Gerinnungsfaktoren werden in der Leber gebildet, weshalb jede ausgeprägte Leberfunktionsstörung zu Gerinnungsstörungen führt. Da die Leber hierzu Vitamin K benötigt, zieht auch ein Vitamin-K-Mangel Gerinnungsstörungen nach sich, wobei bei Erwachsenen der „künstliche“ Vitamin-K-Mangel durch eine Behandlung mit Cumarinen (hemmen die Blutgerinnung) am häufigsten ist. Eine rasch einsetzende Gerinnungsstörung ist die Verbrauchskoagulopathie, bei der im Rahmen lebensbedrohlicher Erkrankungen die Gerinnung zunächst krankhaft gesteigert ist und dann durch den erhöhten Verbrauch zusammenbricht. Gerinnungsfaktoren stehen dann praktisch nicht mehr zur Verfügung.

Bei den angeborenen Gerinnungsstörungen kommt das [von-] Willebrand-Jürgens-Syndrom am häufigsten vor, bei dem nicht ein Gerinnungsfaktor selbst, sondern ein unterstützendes Eiweiß fehlt. Schwere Formen sind selten. Weniger häufig, aber bekannter ist die Bluterkrankheit oder Hämophilie, bei der aufgrund eines genetischen Defekts der Gerinnungsfaktor VIII oder IX nicht gebildet werden kann (Hämophilie A bzw. Hämophilie B). Aufgrund des x-chromosomalen Erbgangs erkranken fast nur Jungen, beschwerdefreie Frauen können aber Überträgerinnen (Konduktorinnen) sein. Schwere Formen angeborener Gerinnungsstörungen treten meist schon im Kindesalter zutage. Leichte Ausbildungen bleiben oft ohne Beschwerden im Alltag und werden erst bei Zahnentfernungen oder Blutgerinnungstests vor Operationen entdeckt.

Gefäßbedingte Blutungsneigungen

Des Weiteren kann die Ursache einer Blutungsneigung auch in „undichten“ Gefäßen liegen (gefäßbedingte Blutungsneigung). Sie zeigt sich meist durch Hautblutungen unterschiedlicher Größe. Ernsthafte Blutungen sind selten.

Zu dieser Gruppe zählt z. B. der angeborene Morbus Osler (Rendu-Osler-Weber-Krankheit), der zur Bildung winziger, mit dem bloßen Auge gerade noch erkennbarer, rötlicher Gefäßerweiterungen v. a. in Haut und Schleimhäuten, aber auch in Leber und Nieren führt. Diese Gefäßerweiterungen neigen zu Blutungen; nur leichtes Berühren, etwa beim Rasieren, genügt, um eine Blutung auszulösen. Schleimhaut- und Nasenblutungen sowie Blut in Urin oder Stuhl sind weitere Symptome.

Bei älteren Menschen tritt häufig die harmlose senile Purpura auf. Infolge der normalen Hautalterung werden die kleinsten Gefäße in der Haut brüchig und lassen Blut hindurch, sodass sich vor allem an Handrücken, Unterarmen und Unterschenkelstreckseiten kleine Hautunterblutungen bilden, die von selbst wieder vergehen, aber möglicherweise dunkler pigmentierte Stellen hinterlassen. Ähnlich sehen die gefäßbedingten Blutungen bei Langzeitbehandlung mit Kortisonen aus, bei denen die Haut ebenfalls dünner und verletzlicher wird.

Auch immunologische Reaktionen auf Medikamente sowie autoimmune Gefäßentzündungen, z. B. die klassische Panarteriitis nodosa, können zu gefäßbedingten Blutungen führen. Seltener sind infektiös-allergische Gefäßentzündungen nach dem Kindesalter (Purpura Schoenlein-Henoch).

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Ein einfacher Test für Gerinnungsstörungen durch Gefäßschäden ist das Aufblasen einer Blutdruckmanschette am Arm etwas über den unteren Blutdruckwert: Zeigen sich nach fünf Minuten stecknadelkopfgroße Hautflecke, ist dies ein Zeichen für eine erhöhte Gefäßbrüchigkeit. Die Plättchenzählung aus dem Blutbild (wird bei jeder Blutbilduntersuchung durchgeführt) sowie die Gerinnungstests INR, PTT und PTZ sind in jedem Labor problemlos möglich und können meist zeigen, ob eine Gerinnungsstörung vorliegt. Insbesondere bei Funktionsstörungen der Blutplättchen oder einem Mangel einzelner Gerinnungsfaktoren sind aber Blutuntersuchungen in speziellen Gerinnungslabors nötig. Zudem können weitere Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Störung herauszufinden, etwa eine Knochenmarkuntersuchung bei Verdacht auf eine Blutplättchenbildungsstörung.

Therapie. Ist eine Ursache der Blutungsneigung feststellbar, wird diese beseitigt, also z. B. das auslösende Medikament abgesetzt oder die Autoimmunerkrankung behandelt. Bei Hämophilie wird der fehlende Gerinnungsfaktor regelmäßig in die Vene gespritzt. Nach entsprechender Schulung kann dies der Patient selbst ausführen. 2016 erhielten einige neue Medikamente die Zulassung: Albutrepenonacog alfa (Idelvion®), Nonacog gamma (Rixubis®) und Eftrenonacog alfa (Alprolix®) zur Behandlung von Hämophilie B, Efmoroctocog alfa (Elocta®) von Hämophilie A. Gemeinsam ist den neuen Präparaten eine längere Eliminationszeit als bei älteren Wirkstoffen. Daher ist im Vergleich zu älteren Präparaten eine seltenere Applikation erforderlich.

Milde Formen der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura sind nur kontrollbedürftig, sie verschwinden meist von selbst.

Weitergehende Maßnahmen sind nur bei bedrohlichen Blutungen, vor geplanten Operationen oder bei sehr niedriger Blutplättchenzahl bzw. sehr niedrigen Spiegeln der Gerinnungsfaktoren erforderlich. Blutplättchen können heute durch Blutplättchenkonzentrate ersetzt werden, für die verschiedenen Gerinnungsfaktormangelzustände stehen sowohl Einzelfaktorpräparate als auch Präparate mit mehreren Gerinnungsfaktoren zur Verfügung. Viele davon werden mittlerweile gentechnisch hergestellt, sodass ein Infektionsrisiko (z. B. mit Hepatitis C) nicht mehr besteht.

Selbsthilfe

Die meisten Blutungsneigungen bestehen nur zeitweilig. Die Betroffenen sollten sich bis zur Besserung vor Verletzungen schützen und auf Warnzeichen einer bedrohlichen Blutung achten.

Auch die meisten Patienten mit einem Willebrand-Jürgens-Syndrom sind im Alltag nicht beeinträchtigt. Sie müssen nur vor Operationen auf ihre Erkrankung hinweisen, damit vorbeugend Medikamente gegeben werden.

Anders verhält es sich bei der Bluterkrankheit: Hier ist die Blutungsneigung meist so hoch, dass schon bei kleineren Verletzungen oder sogar vorbeugend Gerinnungsfaktoren gespritzt werden müssen und lebenslang Rücksicht auf die Erkrankung genommen werden muss (z. B. Meiden bestimmter Sportarten). Die meisten Betroffenen haben sich seit ihrer Kindheit einen angepassten Lebensstil angewöhnt und schon früh das Spritzen erlernt. Zu den empfohlenen Maßnahmen im Umgang mit der Krankheit zählt die sorgfältige Zahnpflege, um z. B. umfangreichere Zahnsanierungen zu verhindern. Ein spezielles Geschicklichkeitstraining hilft oft, Verletzungen vorzubeugen. Rat und Hilfe bezüglich der vielen praktischen Fragen erhalten Sie z. B. bei Selbsthilfegruppen.

Weiterführende Informationen

  • www.dhg.de – Deutsche Hämophilie-Gesellschaft, Hamburg und
  • www.igh.info – Interessengemeinschaft Hämophiler e. V., Bonn: Beides sind Selbsthilfeorganisationen, vor allem für Menschen mit Bluterkrankheit und (ausgeprägtem) Willebrand-Jürgens-Syndrom. Wenig medizinische Texte auf den Internetseiten, aber Bestellmöglichkeiten für Broschüren, Bluterausweis und Dokumentationskalender.

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Juckreiz dank See und Weiher

Klares Wasser und keine Wasservögel: hier ist gut Baden.

Juckreiz dank See und Weiher

Gestörter Badespaß

Im Sommer locken nicht nur Nord- und Ostsee, sondern auch viele Seen, Weiher und Flüsse zum Baden. Doch nicht immer ist der Badespaß ungetrübt. Gerade in Naturgewässern kann man in unangenehmen Kontakt mit Zerkarien, Bakterien und anderen Erregern kommen.

Der Mensch als Fehlwirt

Zerkarien sind die Larven der Saugwürmer und gehören zu den häufigsten Spaßverderbern beim Badevergnügen in Naturgewässern. Sie gelangen durch Wasserschnecken ins Wasser und befallen dort eigentlich Enten und andere Wasservögel, um sich zu Würmern zu entwickeln. Manchmal dringen die Larven aber auch in die menschliche Haut ein. Dort sterben sie ab, was zunächst zu einem leichten Hautjucken, später zu starkem Juckreiz führt. Es entwickeln sich Papeln, die sich entzünden. Etwa drei Tage dauert der Spuk, bis die Badedermatitis innerhalb von zehn bis 20 Tagen wieder komplett abheilt.

Antihistaminika und vorbeugen

Gegen den Juckreiz helfen antihistaminhaltige Gele oder Salben aus der Apotheke. Auch niedrig dosierte Kortisonsalben können eingesetzt werden. Bei sehr starken Beschwerden sind manchmal auch Antihistaminika als Tabletten nötig. Wichtig: Nicht an den Papeln kratzen, um eine zusätzliche bakterielle Infektion zu vermeiden. Damit es gar nicht erst zu einer Badedermatitis kommt helfen folgende Tipps:

  • Flachwasser und dicht bewachsene Uferzonen meiden, da hier Wasserschnecken leben. Am besten in strömendem Wasser schwimmen.
  • Nicht an Badestellen mit vielen Wasservögeln ins Wasser gehen.
  • Lieber abends als morgens baden, da morgens die Zerkariendichte im Wasser am höchsten ist.
  • Nach dem Schwimmen sofort Badebekleidung wechseln und die Haut gründlich abrubbeln.
  • Wasserabweisende Sonnencreme benutzen, sie soll den Zerkarien das Eindringen in die Haut erschweren.

Krank durch Darmbakterien oder Algenblüte

Nicht nur Larven, auch pathogene Bakterien tummeln sich in manchen Gewässern. So drohen Infektionen mit krankmachenden Darmbakterien, wenn natürliche Gewässer mit Fäkalien verunreinigt sind. Normalerweise werden Badegewässer regelmäßig auf Darmbakterien wie Escherichia coli geprüft und bei zu hoher Keimzahl das Gewässer für das Baden gesperrt. Gerade nach Starkregen wird aber manchmal auch in sonst saubere Gewässer fäkale Verunreinigungen und Krankheitserreger aus Kläranlagen eingeschwemmt.

Im Gegensatz zu Darmbakterien sind Cyanobakterien im Wasser sehr gut erkennbar. Steigen die Temperaturen, vermehren sich diese Keime in nährstoffreichem Wasser massenhaft und bilden oft blaugrüne Teppiche. Eine solche Algenblüte kommt sowohl im Süßwasser als auch in der Ostsee vor. Dabei sind die schlierig-schmierigen Algenbeläge nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich. Denn die Cyanobakterien bilden Giftstoffe, die bei direktem Kontakt Haut und Schleimhäute reizen. Die Folge sind Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen. Wird das verseuchte Wasser verschluckt, drohen Übelkeit, Durchfall und allergische Reaktionen. Badestellen mit blaugrünen Schlieren und Algenbelag sollte man also besser meiden.

Vorsicht bei offenen Wunden

Viel seltener, aber umso gefährlicher sind Vibrionen. Bei Wassertemperaturen über 20° C vermehrt sich das im Salz- und Brackwasser der Nord- und Ostsee lebende Bakterium Vibrio vulnificus. Infektionsgefahr droht vor allem bei offenen Wunden. Wer offene oder schlecht heilende Wunde hat, sollte deshalb sommerwarmes Meerwasser lieber meiden.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Robert Kneschke/Shutterstock.com