Gesundheit heute

Polyglobulie und Polyzythämie

Polyglobulie (Blutverdickung): Überschießende Bildung roter Blutkörperchen, entweder als primäre, eigenständige Erkrankung (Polyzythämie, Polycythaemia vera; selten) oder als Folge einer anderen Krankheit (sekundäre Polyglobulie; häufig).

Leitbeschwerden

  • Gesichtsröte („blühende“ Hautfarbe)
  • Möglicherweise Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen
  • Juckreiz

Die Erkrankung

Die häufigste Ursache eines Zuviels an roten Blutkörperchen ist das Rauchen, gefolgt von Lungen- oder Herzerkrankungen, die einen Sauerstoffmangel in den Geweben auslösen. Um mehr Sauerstoff bereitzustellen, werden verstärkt rote Blutkörperchen gebildet, in der Folge dickt das Blut ein. Seltener kurbeln Nierentumoren durch Abgabe des Hormons Erythropoetin die Bildung roter Blutkörperchen zu stark an. Manche Sportler missbrauchen das Hormon als Dopingmittel.

Von diesen (sekundären) Polyglobulien mit feststellbarer Ursache abzugrenzen ist die Polyzythämie, bei der sich die Blutstammzellen im Knochenmark langsam, aber unkontrolliert vermehren. Die Polyzythämie gehört zu den myeloproliferativen Erkrankungen, sie betrifft v. a. Ältere.

Das macht der Arzt

Die Unterscheidung zwischen den beiden Polyglobulieformen fußt vor allem auf Blutuntersuchungen (z. B. sind bei einer Polyzythämie weiße Blutkörperchen und Blutplättchen ebenfalls erhöht) und Lungenfunktionsprüfungen (bei Polyzythämie normal). Die Diagnosesicherung erfordert bei der Polyzythämie eine Knochenmarkuntersuchung. Im Zweifel kann heute eine molekulargenetische Blutuntersuchung bei fast allen Polyzythämie-Patienten die JAK2-Mutation nachweisen.

Gefährlich werden alle Polyglobulien dadurch, dass die zu große Menge an roten Blutkörperchen das Blut zäh werden lässt, sodass es zu Durchblutungsstörungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt oder zu Thrombosen (Blutgerinnsel, die ein Gefäß verstopfen) kommen kann. Zur Blutverdünnung wird dem Patienten deshalb als „Erstmaßnahme“ bei einem Aderlass Blut entnommen und durch Flüssigkeit ersetzt. Bei sekundären Polyglobulien wird außerdem die Ursache des Sauerstoffmangels beseitigt. Bei der Polyzythämie vermögen Aderlässe und eine Behandlung mit Alpha-Interferon und/oder Hydroxyharnstoff (z. B. Litalir®) die Anzahl der Zellen meist über Jahre gut zu senken. Obwohl es sich bei letzterem um ein Zytostatikum handelt, ist die Behandlung in der Regel sehr gut verträglich. Litalir® erhöht aber langfristig das Leukämierisiko. Steigen insbesondere die Blutplättchen und damit die Thrombosegefahr bedrohlich an, können die Blutplättchen mit Anagrelid (Xagrid®) gesenkt werden.

Juckreiz kann mit Antihistaminika oder UV-Licht behandelt werden. Bei erhöhtem Harnsäurespiegel durch gesteigerten Zellumsatz wird Allopurinol (Zyloric®) eingesetzt.

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Wann Herpes gefährlich wird

Die Bläschen beim Lippenherpes stecken randvoll mit infektiösen Viren.

Wann Herpes gefährlich wird

Vor allem für Neugeborene

Herpes-simplex-Infektionen laufen meist glimpflich ab. In den meisten Fällen kommt es nur zu juckenden, nässenden Lippenbläschen, die vor allem ein kosmetisches Problem sind. Doch für Neugeborene können die Viren sehr gefährlich werden.

Einmal infiziert, immer infiziert

Wer sich einmal mit Herpes simplex infiziert hat, trägt das Virus sein Leben lang in sich. Denn einige Viren entkommen der körpereigenen Immunantwort und lassen sich in Nervenzellen nieder. Dort hält sie das Immunsystem in Schach. Sind die Abwehrkräfte durch Stress, Sonne oder eine akute Infektion vorübergehend geschwächt, wird das Virus reaktiviert und wandert zurück in die Hautzellen – am häufigsten im Bereich der Lippen.

Dort blüht dann der Lippenherpes auf. Der ist lästig, und leider auch hoch ansteckend. Denn in den Bläschen sind massenweise Viren, die durch Küssen oder nach dem Anfassen über die Finger auf andere übertragen werden können.

Neugeborene zweifach bedroht

Ganz besonders bedroht von Herpes-simplex-Viren sind Säuglinge. Sie infizieren sich über zwei Ansteckungswege: Bei einem Lippenherpes werden die Viren z.B. durch Küssen, Schmusen und Berühren übertragen. Leidet die Mutter an Herpes simplex Typ 2, dem Genitalherpes, kann das Virus unter der Geburt in den kindlichen Organismus gelangen.

Egal welcher Infektionsweg – Herpesinfektionen sind eine ernsthafte Gefahr für das Neugeborene. Das liegt daran, dass sein Immunsystem noch nicht ausreichend entwickelt ist und sich die Viren ungehindert im Körper ausbreiten können. Am gefährlichsten ist die Infektion in den ersten sechs Lebenswochen des Babys.

Zum Glück lässt sich einer Herpes-Infektion vorbeugen. Bei Genitalherpes raten die Ärzt*innen zum Kaiserschnitt, damit das Kind nicht mit den ansteckenden Bläschen im Vaginalbereich in Kontakt kommt. Nach der Geburt wird das Neugeborene im Krankenhaus überwacht und bei Zeichen einer Infektion antiviral behandelt.

Bei Lippenherpes Baby schützen

Leidet die Mutter unter einem frischen Lippenherpes, kann sie ihr Baby folgendermaßen schützen:

  • Lippenherpes frühzeitig wirksam behandeln, z.B. mit Aciclovir-Creme oder Spezialpflastern.
  • Beim Umgang mit dem Kind Mundschutz tragen.
  • Das Neugeborene nicht küssen.
  • Herpesbläschen nicht mit den Händen berühren.
  • Vor Kontakt mit dem Kind Hände desinfizieren.
  • Zeigt die Brust keine Herpesbläschen, ist Stillen erlaubt.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Tatyana Aksenova / Alamy / Alamy Stock Photos