Gesundheit heute

Immuntherapien bei Krebs

Immuntherapien nutzen das körpereigene Immunsystem, um den Krebs zu bekämpfen. Schon vor über 100 Jahren wurde die erste Immuntherapie gegen Krebs gefunden. Dennoch haben wir erst in Anfängen die Komplexität der Immunreaktion auf Tumoren verstanden. In den nächsten Absätzen wird sowohl auf Immuntherapien der konventionellen Medizin als auch auf die bekanntesten alternativen Therapieansätze näher eingegangen.

Botenstoffe des Immunsystems sollen das Immunsystem durch Aktivierung natürlicher Killerzellen stärken. Bekannte Vertreter sind Interleukine oder Alpha-Interferon. Einige Interferone besitzen auch eine antitumorale Wirkung, die man sich bei der Behandlung der so genannten Haarzell-Leukämie oder der T-Zell-Lymphome zunutze macht. Alpha-Interferon wird außerdem bei bestimmten Formen der Leberentzündung (akute Virushepatitis und chronische Leberentzündung), Beta-Interferon bei der Multiplen Sklerose eingesetzt. Hauptnebenwirkung sind grippeähnliche Beschwerden, die in aller Regel aber durch Paracetamol (z. B. ben-u-ron®) gut in den Griff zu bekommen sind.

Monoklonale Antikörper gegen den Tumor: Bestimmte Tumoren tragen an ihrer Oberfläche Strukturen, die an gesunden Zellen weit seltener vorkommen. Im Labor werden monoklonale Antikörper (also genau gleiche) gegen genau diese Struktur hergestellt und dann dem Patienten gegeben. Die Antikörper heften sich (fast nur) an die Tumorzellen und schädigen diese direkt oder indirekt über eine Antwort des Immunsystems. Beispiel ist der gegen Brustkrebs eingesetzte Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) oder der CD20-Antikörper Rituximab (MabThera®) bei der Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphomen. Andere Antikörper wie Cetuximab (Erbitux®) oder Bevacizumab (Avastin®) hemmen die Gefäßneubildung innerhalb des Tumors, der dadurch von der Blut- und Nährstoffzufuhr abgeschnitten und in seinem Wachstum gehemmt wird. Übrigens: Alle Präparate enthalten die Silbe „mab“ (für monoclonal antibody; die Präparate werden meist als MABs bezeichnet). Manchmal werden Gifte oder radioaktive Stoffe an die Antikörper gebunden, um ganz gezielt die Tumorzellen zu schädigen (Radioimmuntherapie). Beispiele hierfür sind Mylotarg® bzw. Bexxar®. Die Kosten für monoklonale Antikörper sind sehr hoch, werden aber häufig von den Kassen übernommen.

Molekulare Tumortherapien sollen auf molekularer Ebene (Moleküle sind Zusammenschlüsse von Atomen, den kleinsten Bausteinen aller Materie) gezielt in Tumorwachstum, Tumorzellausbreitung und Tumorzelltod eingreifen. Derzeit wichtigster Ansatzpunkt dabei ist eine Gruppe von Eiweißen, die Tyrosinkinasen, die an der Wachstumssteuerung von Zellen beteiligt sind und deren Aktivität letztlich das Tumorwachstum fördert. Eine Möglichkeit, die Tyrosinkinasen zu beeinflussen, sind die monoklonalen Antikörper, die gegen Rezeptoren (Ankoppelungsstellen) auf der Oberfläche der Krebszellen gerichtet sind. Ein anderer Weg besteht im Einsatz künstlich hergestellter chemischer Substanzen, welche die Wirkung der Tyrosinkinasen in der Tumorzelle blockieren. Zu diesen Tyrosinkinasehemmern gehören Imatinib (Glivec®), Erlotinib (Tarceva®), Sunitinib (Sutent®) und Sorafenib (Nexavar®). Ihr Einsatzgebiet umfasst zurzeit bestimmte fortgeschrittene Krebserkrankungen, die auf Zytostatika nicht (mehr) ansprechen, vor allem Lungen-, Bauchspeicheldrüsen- und Nierenzellkrebs sowie die chronische myeloische Leukämie.

Tumorimpfungen werden dem Patienten als besonders aufbereitete Tumorzellstrukturen oder diesen ähnliche Strukturen gegeben. Das Immunsystem soll gegen diese künstlichen Zellstrukturen Antikörper bilden, die auch zu den Tumorzellen passen und diese angreifen. Studien zeigten einen leichten Überlebensvorteil für verschiedene Krebsarten, u. a. Darmkrebs und Nierenzellkrebs. Letzteres ist aber aufgrund methodischer Mängel der Studie umstritten [R05]. Nebenwirkungen sind Fieber und Schüttelfrost. Die Kosten werden meist nicht übernommen.

Mistelpräparate. Es gibt verschiedene Mistelpräparate (Mistelextrakte), die sich durch die Art der Mistel (welche Unterart von welchem Baum) und das Herstellungsverfahren (Auspressen, wässriger Auszug, Fermentation) unterscheiden. Bisher hat sich noch kein Präparat den übrigen überlegen gezeigt. Mehrere (teils methodisch kritisierte) Studien ergaben eine verbesserte Lebensqualität und eine Verlängerung der Überlebenszeit, andere Studien konnten keinen Effekt nachweisen. Außer der entzündlichen Reaktion der Einstichstelle – die Medikamente werden normalerweise gespritzt – treten Fieber, vorübergehende Lymphknotenschwellung, Aktivierung von Entzündungsherden und allergische Reaktionen als Hauptnebenwirkungen auf. Ob Mistelpräparate in Einzelfällen auch zu einer Stimulation von Tumorzellen führen können, ist nicht sicher bekannt. Ihr Einsatz bei akuten Leukämien kommt daher nicht infrage. Die Behandlung von chronischen Leukämien und Lymphomen mit Mistelextrakten sollte nur von erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden. Unsicherheiten bestehen ferner über die optimale Anwendung (wie oft, wie lange, wohin spritzen). Mistelpräparate sind verhältnismäßig preiswert (25 Ampullen, z. B. Lektinol®), wobei die Kosten bei fortgeschrittener Erkrankung üblicherweise von der Krankenkasse übernommen werden. Sie sind daher als Zusatztherapie weit verbreitet. Eine gleichzeitige Therapie während einer Strahlenbehandlung oder einer Chemotherapie sollte aber nicht ohne Rücksprache mit dem betreuenden Arzt durchgeführt werden.

Fiebertherapien werden mit verschiedenen bakteriellen Produkten durchgeführt. Studien zeigten eine gute Wirksamkeit der als Coley-Toxine bekannt gewordenen Mixed Bacterial Vaccine (MBV) bei Sarkomen (bösartige Tumoren des Binde- und Stützgewebes). Auch sind Spontanremissionen nach hohem Fieber bekannt. Später wurde vor allem auf die passive Erwärmung des Körpers (Ganzkörper- oder regionale Hyperthermie) gesetzt. Allerdings scheint eine Hyperthermie nicht so starke Effekte auf das Immunsystem zu haben wie eine aktive Fiebertherapie. Leider fehlen moderne, unabhängige Studien zur Wirksamkeit von Fiebertherapien. Die Nebenwirkungen sind Schüttelfrost, Fieber und Entzündungsreaktion an der Einstichstelle sowie gelegentlich Übelkeit, Kopf- und Gliederschmerzen.

BCG (Bacille Calmette Guerin, das Tuberkulose-Impfbakterium) wurde vielfach als unterstützender Faktor (Immunmodulator) zur Immunstimulation getestet. Letztlich bewährt hat sich lediglich die lokale Therapie von oberflächlichem Harnblasenkrebs mit BCG als Instillationstherapie. Vor Therapiebeginn muss eine aktive Tuberkulose ausgeschlossen werden.

Thymusextrakte (Thymuspeptide) gibt es schon seit 70 Jahren. Sie beeinflussen das Immunsystem und aktivieren unter anderem Abwehrzellen. Nebenwirkungen sind Durchfall, lokale entzündliche Reaktionen, Fieber, Schüttelfrost, Hemmung bestimmter weißer Blutkörperchen und möglicherweise die Übertragung von Infektionskrankheiten. Einzelne Studien deuten darauf hin, dass Thymusextrakte die Wirkung konventioneller Therapien verbessern oder Nebenwirkungen mildern können. Die einzelnen Präparate sind sehr unterschiedlich bezüglich der Herstellung und des Preises.

Die Issels Therapie nimmt für sich in Anspruch, ein ganzheitliches Behandlungskonzept mit Zahnsanierung, Entgiftung, Ernährungsumstellung, Sanierung der Darmflora und Sorge für das seelische Wohlbefinden des Patienten zu sein. Dazu werden die verschiedensten alternativen Therapien wie Fiebertherapie, Sauerstofftherapie, Enzympräparate, selbst hergestellte bakterienhaltige Impfstoffe (Vakzine, Vaccine) und andere kombiniert. Als Nebenwirkungen der Impfstoffe werden vor allem Temperaturerhöhung und Schmerzempfindlichkeit im Tumorbereich genannt.

Human-Eigenbluttherapien gibt es in vielen Varianten. Im Prinzip wird dem Patienten Blut entnommen, auf verschiedene Weise aufbereitet (z. B. mit Sauerstoff versetzt oder UV-bestrahlt) und wieder unter die Haut gespritzt. Die Wirksamkeit ist nicht in kontrollierten klinischen Studien überprüft worden. Dafür sind als Nebenwirkungen unter anderem Kreislaufreaktionen und bei chemotherapierten Patienten große Blutergüsse und Eiterherde beschrieben worden [R06].

Transfer-Factor nennt sich ein immunmodulierender Kuhmilchextrakt. Beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs konnte in Studien eine Lebensverlängerung durch dieses Präparat gezeigt werden. Nach Angabe der Hersteller sind keine Nebenwirkungen zu erwarten [R07].

Galavit® ist in der Sowjetunion entwickelt worden. Es soll an 50 000 Krebspatienten erfolgreich getestet worden sein. Die Tatsache, dass die Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz nicht einmal im Tierversuch belegt ist, spricht gegen eine Verwendung am Menschen.

Von: Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Kein Alkohol auf leeren Magen!

Prost – aber besser nicht auf leeren Magen. Denn dadurch erhöht sich die Gefahr für Magenkrebs.

Kein Alkohol auf leeren Magen!

Krebsgefahr zusätzlich erhöht

Keine Frage: Alkohol ist in vielerlei Hinsicht schädlich. Dabei kommt es allerdings nicht nur auf die Menge an. In puncto Krebsrisiko spielt es auch eine Rolle, wann der Alkohol getrunken wird.

Alkohol begünstigt viele Erkrankungen

Egal ob Wein, Schnaps oder Bier: Zu viel Alkohol ist für den Körper nicht gut. Zu den gesundheitlichen Folgen gehören Leberzirrhose und Bauchspeicheldrüsenentzündung, außerdem drohen Herzerkrankungen und schwere Folgen für das Gehirn. Doch das ist nicht alles: Alkohol begünstigt Krebs - ganz besonders gilt das für den Magen-Darm-Trakt.

Wissenschaftler*innen haben nun herausgefunden, dass das ohnehin erhöhte Risiko für Magen- oder Darmkrebs zusätzlich steigt, wenn der Alkoholkonsum nicht mit einer Mahlzeit verbunden ist. Besonders gefährlich für die Entwicklung von Tumoren vor dem 50. Lebensjahr scheint dabei das Trinken auf leeren Magen zu sein.

Magen und Leber besonders gefährdet

Eingeschlossen in die Studie waren fast 350 000 Männer und Frauen, deren Alkoholkonsum und Krankheitsdaten erfasst wurden. Während der Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich zehn Jahren entwickelten 6813 von ihnen einen Krebs im Magen-Darm-Trakt. Diejenigen, die Alkohol ohne gleichzeitiges Essen konsumierten, hatten ein um 10 Prozent höheres Krebsrisiko im Vergleich zu denjenigen, die nur beim Essen tranken. Dieses Ergebnis war unabhängig davon, wieviel Alkohol insgesamt konsumiert worden war oder ob die Proband*innen Begleiterkrankungen aufwiesen. Am stärksten wirkte sich der Alkohol auf Magen, Leber und Mastdarm aus. Dort war das Krebsrisiko sogar um 56, 42 bzw. 17 Prozent erhöht.

Das Autorenteam hat einige Erklärungen für die gesteigerte Krebsgefahr. Ohne gleichzeitige Nahrungsaufnahme entleert sich der Magen schneller und die Aufnahme von Alkohol wird beschleunigt. Außerdem ist im nüchternen Zustand der Abbau des Alkohols in der Leber verlangsamt, d.h. er wird langsamer verstoffwechselt.

Gefährlicher Trend: Alkohol statt Mahlzeit

Das Trinken von Alkohol ohne begleitende Mahlzeit erhöht die Krebsgefahr von Magen und Darm also deutlich. Das ist umso besorgniserregender, da es einen neuen Trend bei jungen Leuten gibt: Um Kalorien zu sparen, lassen heute viele eine Mahlzeit ausfallen, wenn sie ihre Drinks genießen wollen. Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen aber: Wenn schon Alkohol, dann nicht auf nüchternen Magen.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Maskot