Gesundheit heute

Nebenwirkungen von Zytostatika

Kaum eine medikamentöse Behandlung macht Patienten so viel Angst wie die Chemotherapie mit Zytostatika. Nicht zu Unrecht: Nebenwirkungen treten zu 100 % auf. Sie sind unangenehm und teils auch gefährlich. Aber: Mittlerweile ist es möglich, die schlimmsten Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren.

Übelkeit, Erbrechen. Zu den am meisten gefürchteten Nebenwirkungen gehören Übelkeit und Erbrechen. Heute werden schon beim ersten Therapiezyklus vorbeugend Medikamente gegeben, deren Auswahl sowohl von den verabreichten Zytostatika als auch vom individuellen Risiko des Patienten abhängt. Durch eine Wirkstoffkombination gelingt es fast immer, Übelkeit zu minimieren und Erbrechen zu verhindern. Sehr wirksam sind die Setrone (wie Ondansetron, z. B. Zofran®, Granisetron, z.B. Kevatril®, Tropisetron, z. B. Navoban®) zusammen mit Kortison (vor allem Dexamethason, z. B. Fortecortin®). Zusätzlich zu chemischen Brechreizhemmern können Ingwer-Kapseln eingenommen werden, um die Übelkeit während der Chemotherapie zu reduzieren. Die Ingwerkapseln nimmt der Patient in einer Dosierung von täglich 0,5 bis 1 g ein, vom 3. Tag vor Beginn bis zum 3. Tag nach Ende der Chemotherapie.

Appetitlosigkeit. Um den Appetit anzuregen, eignen sich Galgant- oder Kalmuswurzelstock, da sie viele Bitterstoffe enthalten. Sie sind als Tinkturen erhältlich und vor den Mahlzeiten in Wasser gelöst einzunehmen. Verliert eine Tinktur ihre Wirkung beim Patienten, ist ein Wechsel auf den anderen Pflanzenwirkstoff angezeigt. 

Verdauungsprobleme. Als pflanzliche Prokinetika – Medikamente, die die Verdauung steigern – haben sich Kombinationspräparate wie Iberogast®, Carvomin® Verdauungstropfen, Carminativum Hetterich® oder Lomatol®-Tropfen bewährt. Von den Monopräparaten eignen sich Curcumen-Kapseln, Curcu-Truw® oder Harongan®-Tropfen. Da bei den pflanzlichen Arzneien nicht vorhersehbar ist, welches am besten wirkt, empfiehlt sich ein 14-tägiger Therapieversuch.

Hand-Fuß-Syndrom. Bestimmte Zytostatika verursachen vorübergehend Hautveränderungen an den Handinnenflächen und den Fußsohlen. Sie äußern sich als Schwellungen, schmerzhafte Rötungen, Blasenbildung, Hautablösung und Taubheitsgefühlen. Dadurch verändern sich auch die Fingerlinien und eine Identifizierung per Fingerabdruck ist vorübergehend nicht möglich. Innerhalb von zwei Wochen nach Therapieende bilden sich die Hautveränderungen aber vollständig zurück.

Schleimhautentzündung. Bei bestimmten Chemotherapeutika kann es zu einer Schleimhautentzündung (Mucositis) kommen, vor allem der Mundschleimhaut. Ein Beispiel hierfür ist die von Herpesviren verursachte Mundfäule. Daneben kann auch die Darmschleimhaut betroffen sein, was sich in Form von Durchfällen bemerkbar macht. Je nach Ausprägung der Entzündung reichen die Beschwerden bei einer Mundschleimhautentzündung von leichtem Brennen über starke Schmerzen bis hin zur Störung der Nahrungsaufnahme. Ein Zahnarztbesuch vor Beginn der Chemotherapie ist sinnvoll, um „Schwachstellen“ an Zähnen, Zahnfleisch und gegebenenfalls Prothesen sanieren zu lassen und das Entzündungsrisiko zu vermindern. Während der Chemotherapie soll die Mundpflege sorgfältig, aber gleichzeitig schonend sein, da Mundschleimhautgeschwüre z. B. durch eine zu harte Zahnbürste leicht bluten und durch die gleichzeitige Verminderung der Abwehrzellen zum Infektionsherd werden können. Also nach jedem Essen die Zähne mit einer weichen Zahnbürste putzen, wenn diese immer noch zu hart ist, auf eine Munddusche wechseln, gegebenenfalls Zahnpflegekaugummi benutzen. Medikamentös steht zwar Amifostin® als Schleimhautschutz zur Verfügung, wegen des Risikos von schweren Hauterscheinungen, Blutdruckabfall und Übelkeit ist sein Einsatz aber sehr begrenzt. Zur Behandlung empfiehlt sich, viel Flüssigkeit zu trinken, Speisen nur leicht zu würzen, Essig oder andere scharfe Ergänzungen zu vermeiden und mehrmals täglich Mundspülungen mit Chlorhexidin und Salbei durchzuführen. Harte, scharfkantige und säurehaltige Lebensmittel sind zu meiden. Reicht dies nicht, verordnet der Arzt „weiche“ Kost mit Toastbrot, Nudeln, Reis (kein Vollkornreis) und Pudding oder sogar passierte Speisen wie Suppen oder Brei (z. B. püriertes Gemüse). Salbei-, Kamillen- und Ringelblumentee können sowohl für Mundspülungen als auch zur Herstellung von Eiswürfeln oder -lutschern verwendet werden. Lutschen von Eiswürfeln lindert die Schmerzen. Schlimmstenfalls muss zeitweilig über eine Magensonde oder Vene künstlich ernährt werden.

Rauchen und Alkohol sind zwei der wenigen Tabus. Während einer Chemotherapie ist der Körper ohnehin schon stark belastet, und weitere Gifte (Alkohol, Nikotin) sollten unbedingt vermieden werden. Darüber hinaus können bei einigen Chemotherapeutika Unverträglichkeitserscheinungen bei gleichzeitigem Alkoholkonsum auftreten.

Venenreizung. Im Verlauf der Behandlung nehmen Venenreizungen und -entzündungen bis hin zum Venenverschluss (Venenverödung) durch die Zytostatikainfusionen zu, sodass es immer schwieriger wird, eine geeignete Vene für Blutentnahmen oder Infusionen zu finden. Daher bietet man Patienten mit voraussichtlich mehreren Chemotherapiezyklen meist das Einpflanzen eines Portsystems an. Ein kleines Kästchen mit einer Flüssigkeitskammer (von der Größe her vergleichbar mit einem Herzschrittmacher) wird in einer kleinen Operation in der Schlüsselbeingegend unter die Haut gepflanzt und mithilfe eines dünnen Schlauchs mit einer großen Vene im Brustkorb verbunden. Vor Beginn des Therapiezyklus wird nun nur noch die Kammer durch die Haut punktiert (die problemlos zu treffen ist) und ein spezielles Besteck angeschlossen, über das dann alle Infusionen gegeben werden können. Nach Beendigung des Zyklus wird das Besteck entfernt, sodass der Betroffene z. B. problemlos duschen kann. Richtige Handhabung vorausgesetzt, hält ein Port länger als ein Jahr und erspart den Betroffenen die zunehmend schwierigere Prozedur der Venensuche.

Haarausfall. Häufig nicht zu vermeiden ist der Haarausfall, der durch die Schädigung der Haarwurzelzellen bedingt ist. Je nach Art der verwendeten Zytostatika, aber auch individuell unterschiedlich, betrifft er nicht nur die Kopfhaare, sondern auch Augenbrauen, Wimpern und Schamhaare. Wenige Wochen nach Ende der Chemotherapie beginnen die Haare aber wieder nachzuwachsen, können allerdings etwas anders aussehen als vorher, z. B. lockiger. Es ist empfehlenswert, sich rechtzeitig eine Perücke anfertigen zu lassen (die Kosten für Kunsthaarperücken übernimmt die Krankenkasse), solange noch eigene Haare als „Muster“ vorhanden sind, egal ob man die Perücke später überwiegend tragen wird oder nicht. Denn die Betroffenen empfinden gerade den Haarausfall ganz unterschiedlich: Während die einen zum Wohlbefinden ein möglichst „normales“ Aussehen brauchen, deshalb die Augenbrauen nachschminken und auch im Haus eine Perücke tragen, finden die anderen ein weiches Kopftuch bequemer oder gehen am liebsten „oben ohne“, weil sie alles andere als „nicht zu sich gehörig“ empfinden. Glücklicherweise ist der Umgang mit dem behandlungsbedingten Haarausfall heute viel offener als früher. Richten Sie sich in der Frage „Perücke, Kopftuch oder gar nichts“ in erster Linie nach sich selbst! Nur bei starker Sonneneinstrahlung oder Kälte ist eine Kopfbedeckung zum Schutz wirklich erforderlich.

Mangel an Blutkörperchen. Vom Patienten zunächst nicht bemerkt, aber medizinisch relevant sind die Nebenwirkungen der Chemotherapie auf die Blutkörperchen. Am bedeutsamsten ist der Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) der zu einer erhöhten Infektionsgefährdung führt. Wie stark er ist, hängt vom Zytostatikum und von der verabreichten Dosis ab. Bei einem leichten Abfall, Leukozytopenie (kurz Leukopenie) genannt, reicht es meist aus, sich von Personen mit einer sichtbaren Infektionskrankheit fernzuhalten und Menschenmengen zu meiden. Zudem kann das Wachstum der weißen Blutkörperchen heute bei Bedarf medikamentös mit G-CSF (Neupogen®, Granocyte® ) angeregt werden. Ein starker Abfall der weißen Blutkörperchen (Agranulozytose) hingegen ist lebensbedrohlich, bei einer normal dosierten Chemotherapie aber eher selten. Auch die Zahl der für die Blutgerinnung zuständigen Blutplättchen sinkt – mit ein Grund für vorsichtige Mundpflege, um starke Zahnfleischblutungen zu vermeiden. Die durch die Zytostatikabehandlung entstehende Blutarmut (Anämie) stellt meist das geringste Problem dar und ist mit Transfusion von Erythrozytenkonzentraten zu beherrschen.

Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Viele Krebspatienten kämpfen nach der Chemotherapie mit Gedächtnisproblemen und eingeschränkter Feinmotorik. Mediziner sprechen auch von einem "Chemo-Brain", zu deutsch "Chemo-Gehirn". Bisher nahmen viele Ärzte an, dass sich die Patienten wieder rasch davon erholen. Das trifft jedoch nicht auf alle zu, wie Studien ergaben.

Psyche. Auch das psychische Befinden des Kranken leidet unter der Chemotherapie: Wer lässt sich schon gerne konzentrierte Zellgifte als Infusion verpassen! Andererseits: Wer seinen Ärzten und Pflegekräften vertrauen kann, seine Angehörigen um sich weiß und bewusst „Ja“ sagt zum Leben nach der Chemotherapie, verträgt auch die Infusionen besser und hat nachgewiesenermaßen weniger Nebenwirkungen. Wissen und Verständnis über den Krebs und seine Behandlung, eine positive Einstellung zur Therapie sowie eine gute Begleitung durch professionelle Helfer und Angehörige wirken sich definitiv günstig aus.

Um die Chemotherapie gut durchzustehen, hilft es, sich möglichst oft eine angenehme Atmosphäre zu schaffen (z. B. Musik hören, Bücher lesen) und zu entspannen, z. B. mithilfe von Entspannungsverfahren. Zusätzlich ist es sinnvoll, viele kleine Mahlzeiten einzunehmen und die Speisen nach Appetit und Verträglichkeit auszuwählen. Auch Kaugummikauen, Bonbonlutschen oder Aromen einatmen sind einen Versuch wert.

Späte Nebenwirkungen und Dauerfolgen

Fruchtbarkeit. Grundsätzlich beeinträchtigen Zytostatika die Fruchtbarkeit bis hin zur völligen Unfruchtbarkeit. Ob diese Veränderungen zeitweilig sind oder bleibend, hängt von Art, Dosis und Dauer der Chemotherapie ab. Jungen Männern wird daher die Tiefkühllagerung einer Samenspende empfohlen (Kryokonservierung). Bei Frauen können die Eierstöcke für die Dauer der Chemotherapie medikamentös „stillgelegt“ und dadurch geschont werden. Die Tiefkühllagerung von Eierstockgewebe oder Eizellen befindet sich (noch) im Versuchsstadium. Dauerhafte Hormonmangelbeschwerden im Sinne künstlich eingeleiteter Wechseljahre treten vor allem bei Frauen auf und können eine Hormongabe erforderlich machen. Zytostatika schädigen darüber hinaus das noch ungeborene Kind. Frauen wie Männer müssen daher während und in den ersten zwei Jahren nach einer Chemotherapie nach einer sicheren Methode verhüten.

Organschäden. Wie alle Medikamente können auch Zytostatika bestimmte Organe wie zum Beispiel das Herz schädigen. Um diese Schädigungen möglichst zu vermeiden, werden die gefährdeten Organe vor und während der Behandlung regelmäßig untersucht, wenn nötig wird das Zytostatikum gewechselt oder die Dosis reduziert.

Zweittumoren. Durch ihre mögliche, das Erbgut verändernde Wirkung erhöhen Zytostatika außerdem die Gefahr der Entstehung von Zweittumoren, vor allem von akuten Leukämien. Das Risiko steigt weiter, wenn Chemo- und Strahlentherapie kombiniert werden.

Von: Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Juckreiz dank See und Weiher

Klares Wasser und keine Wasservögel: hier ist gut Baden.

Juckreiz dank See und Weiher

Gestörter Badespaß

Im Sommer locken nicht nur Nord- und Ostsee, sondern auch viele Seen, Weiher und Flüsse zum Baden. Doch nicht immer ist der Badespaß ungetrübt. Gerade in Naturgewässern kann man in unangenehmen Kontakt mit Zerkarien, Bakterien und anderen Erregern kommen.

Der Mensch als Fehlwirt

Zerkarien sind die Larven der Saugwürmer und gehören zu den häufigsten Spaßverderbern beim Badevergnügen in Naturgewässern. Sie gelangen durch Wasserschnecken ins Wasser und befallen dort eigentlich Enten und andere Wasservögel, um sich zu Würmern zu entwickeln. Manchmal dringen die Larven aber auch in die menschliche Haut ein. Dort sterben sie ab, was zunächst zu einem leichten Hautjucken, später zu starkem Juckreiz führt. Es entwickeln sich Papeln, die sich entzünden. Etwa drei Tage dauert der Spuk, bis die Badedermatitis innerhalb von zehn bis 20 Tagen wieder komplett abheilt.

Antihistaminika und vorbeugen

Gegen den Juckreiz helfen antihistaminhaltige Gele oder Salben aus der Apotheke. Auch niedrig dosierte Kortisonsalben können eingesetzt werden. Bei sehr starken Beschwerden sind manchmal auch Antihistaminika als Tabletten nötig. Wichtig: Nicht an den Papeln kratzen, um eine zusätzliche bakterielle Infektion zu vermeiden. Damit es gar nicht erst zu einer Badedermatitis kommt helfen folgende Tipps:

  • Flachwasser und dicht bewachsene Uferzonen meiden, da hier Wasserschnecken leben. Am besten in strömendem Wasser schwimmen.
  • Nicht an Badestellen mit vielen Wasservögeln ins Wasser gehen.
  • Lieber abends als morgens baden, da morgens die Zerkariendichte im Wasser am höchsten ist.
  • Nach dem Schwimmen sofort Badebekleidung wechseln und die Haut gründlich abrubbeln.
  • Wasserabweisende Sonnencreme benutzen, sie soll den Zerkarien das Eindringen in die Haut erschweren.

Krank durch Darmbakterien oder Algenblüte

Nicht nur Larven, auch pathogene Bakterien tummeln sich in manchen Gewässern. So drohen Infektionen mit krankmachenden Darmbakterien, wenn natürliche Gewässer mit Fäkalien verunreinigt sind. Normalerweise werden Badegewässer regelmäßig auf Darmbakterien wie Escherichia coli geprüft und bei zu hoher Keimzahl das Gewässer für das Baden gesperrt. Gerade nach Starkregen wird aber manchmal auch in sonst saubere Gewässer fäkale Verunreinigungen und Krankheitserreger aus Kläranlagen eingeschwemmt.

Im Gegensatz zu Darmbakterien sind Cyanobakterien im Wasser sehr gut erkennbar. Steigen die Temperaturen, vermehren sich diese Keime in nährstoffreichem Wasser massenhaft und bilden oft blaugrüne Teppiche. Eine solche Algenblüte kommt sowohl im Süßwasser als auch in der Ostsee vor. Dabei sind die schlierig-schmierigen Algenbeläge nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich. Denn die Cyanobakterien bilden Giftstoffe, die bei direktem Kontakt Haut und Schleimhäute reizen. Die Folge sind Bindehautentzündungen und Ohrenschmerzen. Wird das verseuchte Wasser verschluckt, drohen Übelkeit, Durchfall und allergische Reaktionen. Badestellen mit blaugrünen Schlieren und Algenbelag sollte man also besser meiden.

Vorsicht bei offenen Wunden

Viel seltener, aber umso gefährlicher sind Vibrionen. Bei Wassertemperaturen über 20° C vermehrt sich das im Salz- und Brackwasser der Nord- und Ostsee lebende Bakterium Vibrio vulnificus. Infektionsgefahr droht vor allem bei offenen Wunden. Wer offene oder schlecht heilende Wunde hat, sollte deshalb sommerwarmes Meerwasser lieber meiden.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Robert Kneschke/Shutterstock.com