Gesundheit heute

Raynaud-Syndrom

Raynaud-Syndrom (Raynaud-Phänomen, Morbus Raynaud, Raynaud-Krankheit): Gefäßerkrankung mit anfallsartigen, schmerzhaften Gefäßkrämpfen (Vasospasmen) in den Fingern, seltener auch in den Zehen. Oft sind Kälte oder emotionaler Stress der Auslöser.

Beim primären Raynaud-Syndrom (vasospastisches Raynaud-Syndrom) treten diese Fehlregulationen der Gefäße auf, ohne dass an den Gefäßen selbst krankhafte Veränderungen festzustellen sind. Die Erkrankung ist unangenehm, aber nicht gefährlich. Bis zu 12 % der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung, betroffen sind vor allem junge Frauen.

Das seltenere sekundäre Raynaud-Syndrom ist Folge einer zugrundeliegenden Erkrankung oder unerwünschte Wirkung von gefäßverengenden Medikamenten. Es kann zu Dauerschäden kommen, zum Beispiel zu Geschwüren oder absterbendem Gewebe an den Fingerspitzen.

Für beide Formen sind der Schutz der Hände vor Kälte und Nässe wichtig, außerdem sollten die Betroffenen auf das Rauchen verzichten. In schweren Fällen kommen gefäßerweiternde Medikamente zum Einsatz, beim sekundären Raynaud-Syndrom ist zudem die adäquate Behandlung der Grunderkrankung essenziell.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfallartiges Abblassen, Weißwerden und anschließende Blaufärbung, manchmal noch überschießende schmerzhafte Rötung der Finger
  • Symptome an einzelnen oder mehreren Finger (fast nie der Daumen) beider Hände, seltener Zehen, selten Ohrmuscheln, Nase, Gesicht, Knie oder Brustwarzen
  • Schmerzen, Taubheitsgefühl und Kribbeln.

Wann zur Arztpraxis

Demnächst,

  • wenn die Beschwerden erstmalig auftreten.

Die Erkrankung

Epidemiologie

3 bis 16 % der Bevölkerung leiden unter einem primären oder sekundären Raynaud-Syndrom. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Das primäre Raynaud-Syndrom macht sich meist im Alter zwischen 14 und 40 Jahren bemerkbar. Treten Raynaud-Anfälle erst nach dem 40. Lebensjahr auf, ist dies ein Hinweis auf eine zugrundeliegende Erkrankung, also auf ein sekundäres Raynaud-Syndrom.

Klinik und Verlauf

Es ist normal, dass sich bei Kälte die kleinen Gefäße der Finger, Zehen und Haut verengen. Damit wird die Durchblutung gedrosselt und der Körper verliert weniger Wärme. Beim Raynaud-Syndrom reagieren die Arterien aber krampfartig, die Durchblutung wird zu stark und zu lange gedrosselt.

Die Anfälle dauern gewöhnlich wenige Minuten, selten bis zu einer Stunde. Sie verlaufen in drei Phasen, bei der sich die Haut von weiß über blau nach rot verfärbt (sog. Trikolore-Phänomen):

  • Die weiße Farbe entsteht durch die krampfbedingte Mangeldurchblutung. Parallel sind Missempfindungen und Taubheitsgefühl möglich.

  • Danach färben sich die betroffenen Finger aufgrund des Sauerstoffmangels blau.

  • Durch die Mangeldurchblutung häufen sich Abfallprodukte des Stoffwechsels in den Gefäßen. Sie führen dazu, dass sich der Gefäßkrampf wieder löst und die Arterien wieder durchblutet werden. Dann röten sich die betroffenen Finger meist stark und oft juckt, brennt oder sticht es. Lange oder häufige Attacken schädigen das Gewebe, insbesondere an den Fingerkuppen (Rattenbissnekrosen). In schweren Fällen sterben die Fingerkuppen, Endglieder oder gar ganze Finger ab, sodass amputiert werden muss. Das ist jedoch fast ausschließlich beim sekundären Raynaud-Syndrom der Fall.

Auslöser

Der wichtigste Auslöser für die Gefäßkrämpfe ist Kälte. Schon bei Temperaturen knapp unter 10° C kann es zu einem Anfall kommen – vor allem in Verbindung mit Nässe. Deshalb ist Händewaschen mit kaltem Wasser auch ein typischer Reiz. Betroffene berichten zudem, dass Temperaturwechsel Anfälle triggern.

Auch Stress steht oft am Anfang eines Anfalls. Das liegt daran, dass unter Stress das vegetative Nervensystem – genaugenommen der Sympathikusnerv – aktiviert wird. Über den Botenstoff Noradrenalin verengt es die Gefäße in den Außengebieten des Körpers, d. h. in den Fingern und Zehen. Vermutlich reagieren Raynaud-Patient*innen auf diese Signale stärker als andere und es kommt zu dem beschriebenen Gefäßkrampf.

Ursachen

Beim primären Raynaud-Syndroms gehen Expert*innen von Störungen der Temperaturregulation und einer erhöhten Empfindlichkeit der Gefäßmuskulatur auf Nervenreize aus. Die Ursache dafür ist jedoch nicht bekannt. Hinter einem sekundären Raynaud-Syndrom stecken dagegen nachweisbare Veränderungen in den Gefäßen der betroffenen Finger. Sie beruhen auf Erkrankungen oder entstehen durch äußere Einwirkungen oder als Nebenwirkungen von Medikamenten:

Entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankungen. Bei diesen Erkrankungen bildet der Körper Antikörper gegen das eigene Bindegewebe, zu dem auch die Wände der Gefäße gehören. Es kommt zu Entzündungen, Ablagerungen und Gefäßverengungen, die die Fingerarterien empfindlicher für Kälte und Stress machen. Am häufigsten entwickelt sich ein sekundäres Raynaud-Syndrom bei der systemischen Sklerose. Es kommt aber auch beim Lupus erythematodes, beim Sharp-Syndrom, bei Vaskulitiden oder der rheumatoiden Arthritis vor.

Medikamente. Zu den auslösenden Medikamenten gehören in erster Linie gefäßverengende Substanzen wie manche Betablocker und das Kopfschmerzmedikament Ergotamin. Aber auch Cabergolin (wird gegen Morbus Parkinson und zum Abstillen eingesetzt) und manche Antidepressiva und Amphetamine können Gefäßkrämpfe hervorrufen. Außerdem wird das Krebsmedikament Bleomycin mit Raynaud-Anfällen in Verbindung gebracht.

Äußere mechanische Einwirkungen. Starke und regelmäßige Vibrationen können ein traumatisches Raynaud-Syndrom hervorrufen. Besonders betroffen sind Menschen, die in ihrem Beruf mit Pressluft- oder Bohrhämmern sowie Kettensägen arbeiten. In diesen Fällen wird das sekundäre Raynaud-Syndrom als Berufskrankheit anerkannt. Ebenfalls als Berufskrankheit anerkannt wird ein sekundäres Raynaud-Syndrom, wenn es aufgrund kalter Umgebung auftritt, z. B. in einem Kühlhaus oder einer Fleischerei.

Bluterkrankungen. Bei manchen Erkrankungen ist das Blut zu dick, und es kommt dadurch zu Störungen der Durchblutung und einem sekundären Raynaud-Syndrom. Beispiele sind die Polyzythämie, die Thrombozytose, die Kryoglobulinämie oder Tumorerkrankungen, bei denen bestimmte "falsche" Proteine gebildet werden (Plasmozytom, Morbus Waldenström).

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Diese Gefäßerkrankung führt zu Gefäßverengungen, die Raynaud-Anfällen Vorschub leisten können.

Komplikationen

Vor allem beim sekundären Raynaud-Syndrom kommt es zu Komplikationen. Die verminderte Durchblutung kann zu Störungen der Schweißsekretion, der Verhornung und der Wundheilung führen. Das Gewebe wird nicht ausreichend ernährt, es droht das Absterben von Bereichen an den Finger- oder Zehenspitzen, sogenannte akrale Nekrosen.

Diagnosesicherung

Oft genügt der Ärzt*in eine ausführliche Beschreibung der Beschwerden zur Diagnose eines Raynaud-Syndroms. In zweifelhaften Fällen provoziert die Ärzt*in einen Anfall durch Eintauchen der Hand in Eiswasser. Daneben gibt es noch weitere klinische Untersuchungen zur Diagnosesicherung

  • Faustschluss-Probe: Die Ärzt*in umfasst das Handgelenk der Patient*in und blockiert dabei die zuführenden Arterien. Dann hebt die Patient*in den Arm und schließt die Faust kräftig 20 Mal. Danach wird der Druck auf das Handgelenk gelockert und geprüft, wie schnell sich die Blutgefäße wieder füllen. Bei Raynaud-Symptomatik blassen einzelne Finger ab, und die Wiederdurchblutung ist verzögert.

  • Allen-Test: Hierbei drückt die Ärzt*in nacheinander auf die daumenseitige bzw. kleinfingerseitige zuführende Handarterie (Arteria radialis und Arteria ulnaris). Danach wird jeweils geprüft, wie schnell sich die Durchblutung der Finger erholt.

Liegt ein Raynaud-Syndrom vor, ist die Unterscheidung zwischen primärer oder sekundärer Form wichtig. Dazu sind weitere Untersuchungen nötig:

Klinik. Ein primäres Raynaud-Syndrom tritt meist symmetrisch, d. h. an beiden Händen oder Füßen auf. Die sekundäre Form zeigt sich oft asymmetrisch an nur einer Hand oder einem Fuß. Außerdem kommt es bei der sekundären Form häufiger zu Geschwüren und Nekrosen an den Fingerspitzen.

Labor. Mit dem Labor lässt sich den verschiedenen möglichen Grunderkrankungen auf die Spur kommen. Das Blutbild zeigt Bluterkrankungen, z. B. mit einer erhöhten Anzahl von Thrombozyten oder Erythrozyten. Der Anstieg der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und anderer Entzündungswerte ist ein Hinweis auf entzündlich-rheumatische Erkrankungen. Diese lassen sich weiter durch den Nachweis spezieller Antikörper einkreisen.

Nagelfalz-Kapillarmikroskopie: Hierbei untersucht die Ärzt*in mithilfe eines Mikroskops die kleinen Gefäße im Nagelbett mit einer bis zu 100-fachen Vergrößerung. Während die Kapillaren beim primären Raynaud-Syndrom unauffällig sind, finden sich bei den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (vor allem bei der systemischen Sklerose!) typische Veränderungen an den Gefäßen.

Bildgebende Verfahren wie die Darstellung der Gefäße mittels Angiografie oder spezielle Ultraschalluntersuchungen setzen die Ärzt*innen vor allem bei unklaren Fällen oder dem Verdacht auf Gefäßverschlüsse ein.

Differenzialdiagnosen. Wichtig ist, gefährliche Durchblutungsstörungen wie den akuten Verschluss einer Arterie abzugrenzen. Weitere Differenzialdiagnosen sind die Akrozyanose, bei der es nur zu einer Blaufärbung, und die Erythromelalgie, bei der es nur zur Rotfärbung der Finger kommt.

Behandlung

Zunächst sollten die Patient*innen versuchen, die Anfälle ohne Medikamente in den Griff zu bekommen. Insbesondere beim primären Raynaud-Syndrom reicht das oft aus. Geeignete Tipps finden sich unter "Ihre Apotheke empfiehlt".

Genügen diese Maßnahmen nicht, stehen verschiedene medikamentöse Therapien zur Wahl

Medikamentöse Therapie

Kalziumantagonisten. Diese gefäßerweiternden Medikamente sind erste Wahl beim Raynaud-Syndrom. Sie senken allerdings den Blutdruck und können deshalb Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen auslösen.

Nitrate. Auch Nitrate erweitern die Gefäße. Sie werden als durchblutungsfördernde Salben verabreicht. In Deutschland steht kein Fertigpräparat zur Verfügung, eine entsprechende Salbe kann allerdings auf ärztliches Rezept in der Apotheke angemischt werden.

Für schwere Verläufe gibt es weitere gefäßerweiternde Optionen, z. B. die PDE-5-Hemmstoffe wie Sildenafil oder den Endothelinantagonisten Bosentan. Nur in Ausnahmefällen werden gefäßerweiternde Medikamente (Prostaglandine) wiederholt per Infusion verabreicht.

Behandlung der Grunderkrankung

Beim sekundären Raynaud-Syndrom stehen die Behandlung der auslösenden Grunderkrankung oder das Weglassen gefäßverengender Substanzen im Vordergrund. Ist die Arbeit der Auslöser, ist eine Umschulung zu erwägen.

Prognose

Schützen sich Betroffene mit primärem Raynaud-Syndrom ausreichend vor Kälte und Nässe, ist die Prognose gut. Beim sekundären Raynaud-Syndrom ist die Behandlung der Grunderkrankung bzw. das Vermeiden der Auslöser essenziell.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Akute Hilfe. Bei einem Anfall gehen Sie am besten in die Wärme, lassen sich warmes (nicht heißes) Wasser über die Hände fließen, massieren oder bewegen die Hände oder stecken Sie sie unter die Achseln.

Vor Kälte schützen.Schützen Sie den Körper vor Kälte, z. B. durch warme Kleidung. Zu empfehlen sind Handwärmer, die in jeder Jackentasche Platz finden. Solche Handwärmer gibt es in unterschiedlichen Ausführungen: Bei Gelkissen wird durch Druck auf eine Metallscheibe im Kissen ein Kristallisationsprozess in Gang gesetzt, der über mehrere Stunden hinweg Wärme freisetzt. Sie werden durch Kochen im Wasserbad wieder „aufgeladen“. Taschenöfen aus Edelstahl werden mit Feuerzeugbenzin betrieben, sie haben eine Brenndauer von bis zu 15 Stunden. Andere Handwärmer sind luftdicht einzeln verpackt, sie enthalten eine Mischung natürlicher Mineralien, die beim Kontakt mit Sauerstoff bis zu 6 Stunden lang Wärme abgeben.

Rauchen abgewöhnen. Da Rauchen weitere Durchblutungsstörungen verursacht, sollten Sie es unbedingt unterlassen.

Vorsicht mit Kopfschmerz- oder Erkältungsmitteln. Diese Wirkstoffe enthalten häufig Substanzen, die die Gefäße verengen. Halten Sie deshalb Rücksprache mit Ihrem Arzt, welche Medikamente bei Kopfschmerzen oder Schnupfen für Sie geeignet sind.

Fingertraining. Muskelkräftigende Übungen mit sog. Griptrainern können die Durchblutung der Fingermuskulatur verbessern.

Kneippsche Güsse. Wechselbäder zielen auf eine Verbesserung des Blutflusses in den Gefäßen. Infrage kommen z. B. ansteigende Fußbäder, heiß-kalte Wechselduschen und warme Teilbäder mit Kohlensäure oder Pflanzenzusätzen (z. B. Rosmarin, Wacholder). Vorsicht geboten ist bei Kneippschen Güssen, weil diese oft Gefäßkrämpfe auslösen.

Entspannung. Häufig werden beim primären Raynaud-Syndrom Entspannungsübungen und Biofeedback empfohlen. Die Studienlage dazu ist dürftig, sodass die Leitlinien weder eine Empfehlung dafür noch dagegen abgeben.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Was Männerknochen stabil hält

Die Milch macht`s - auch im Kampf gegen die männliche Osteoporose.

Was Männerknochen stabil hält

Osteoporose vorbeugen

Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch Männerknochen werden mürbe – und das meist mit drastischeren Folgen als bei Frauen. Lesen Sie hier, wann auch Männer an eine Osteoporose denken sollten und wie das Vorbeugen gelingt.

Später Bruch mit schweren Folgen

Eigentlich sind Männer in Sachen Knochenstabilität klar im Vorteil: Denn bei Ihnen ist die sogenannte „Knochenmasse“ in aller Regel prinzipiell höher als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Männer keine Menopause durchmachen – also die Phase, in der Frauen hormonell bedingt am schnellsten und am meisten Knochenmasse verlieren. Doch auch bei Männern gilt: Nach dem dritten Lebensjahrzehnt nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab. Und zwar so stark, dasswahrscheinlich jeder zehnte Mann über 65 von Osteoporose betroffen ist.

Bei Männern reduziert sich die Knochenmasse allerdings eher schleichend. Deshalb kommt es bei im Vergleich zu Frauen meist erst viel später zu osteoporotischen Knochenbrüchen. Weil die betroffenen Männer dann aber schon sehr alt sind, stecken sie den Bruch deutlich schlechter weg als die vergleichsweise früher betroffenen Frauen. So zeigen Studien, dass über ein Drittel der Männer mit Hüftfraktur im ersten Jahr nach dem Trauma verstirbt. Und diejenigen, die überleben, kommen oft nicht mehr richtig auf die Beine.

Warum Männerknochen brechen

Und noch einen weiteren Unterschied zur „weiblichen“ Osteoporose gibt es. Frauen leiden in den meisten Fällen unter einer primären Osteoporose. Dazu zählt die Osteoporose auf Grund des altersbedingten Knochenabbaus und die postmenopausale Osteoporose. Die primäre Osteoporose wird begünstigt durch falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.

Bei Männern hingegen ist die Osteoporose meist – in zwei Drittel der Fälle -sekundär, d.h., der Auslöser sind andere Erkrankungen wie z. B.

  • Hormonstörungen wie Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperparathareoidismus
  • rheumatische Erkrankungen
  • Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • alkoholische Lebererkankung, Alkoholismus.

Auch die Einnahme von Medikamenten kann zu einer sekundären Osteoporose führen. Besonders häufig ist dies bei Glukokortikoiden der Fall. Hier kommt es manchmal schon nach drei Monaten Glukokortikoidtherapie zu einer verringerten Knochendichte. Ebenfalls begünstigt wird die Osteoporose durch Arzneimittel gegen männliche Geschlechtshormone, die beim Prostatakrebs verschrieben werden. Weitere knochengefährdende Arzneimittel sind Protonenpumpeninhibitoren zur Behandlung von Magengeschwüren, bestimmte Antidepressiva (SSRI), Insulinsensitizer zur Behandlung des Diabetes mellitus oder Antiepileptika und Immunsuppressiva.

Tipp: Mit Hilfe eines Online-Tests kann man das eigene Osteoporose-Risiko abschätzen. Wer dabei mehr als fünf Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte das Thema Osteoporose bei der behandelnden Ärzt*in ansprechen.

Obacht bei Rückenschmerzen im Alter!

Leider ist es für Männer oft gar nicht so leicht, eine Osteoporose zu erkennen. Erst spät stellen sich Rückenschmerzen ein, z. B., wenn es durch den Knochenschwund zu Wirbelkörperbrüchen gekommen ist. Häufig wird eine Osteoporose auch dann entdeckt, wenn sich der Betroffene bei einem leichten Sturz Arm, Bein oder Hüfte bricht.

b aufgrund von Rückenschmerzen oder zur Abklärung eines verdächtigen Knochenbruchs: Diagnostiziert wird die Osteoporose mit bildgebenden Verfahren. Die Knochendichtemessung (Dual X-ray-Absorptiometry, kurz DEXA) gibt Auskunft über die Qualität des Knochens. Gemessen wird an der Lendenwirbelsäule, am Oberschenkelhals und am Oberschenkelknochen. Das Ergebnis ist der T-Wert, der die sogenannte Knochenmineraldichte widerspiegelt. Ausschlaggebend für die Diagnose ist der niedrigste der drei ermittelten Werte. Ein T-Wert ≤2,5 gilt nach Vorgaben der WHO als Osteoporose. Bei Werten zwischen -1 und -2,5 handelt es sich um eine Osteopenie, die Vorstufe der Osteoporose.

Neben der Knochendichtemessung helfen beim Verdacht auf Osteoporose auch konventionelle Röntgenaufnahmen. Sie zeigen auf, ob es schon zu osteoporotischen Veränderungen oder unbemerkten Brüchen an den Wirbelkörpern gekommen ist. Im Zweifel wird auch eine Kernspinuntersuchung herangezogen, da diese Veränderungen im Knochen noch deutlicher darstellt.

Blutuntersuchungen gehören beim Abklären einer Osteoporose ebenfalls dazu. Sie geben nicht nur Aufschluss darüber, wie es mit dem Kalzium- und dem Vitamin-D-Haushalt aussieht. Die Bestimmung von Hormonen, Nieren- und Leberwerten lässt zwischen einer primären und einer sekundären Osteoporose unterscheiden und die Ursache für eine zugrundeliegende Erkrankung erkennen.

Kalzium, Vitamin D und Osteoporosemedikamente

Basis für die Knochengesundheit ist seine ausreichende Versorgung mit Kalzium (siehe unten). Ob neben der Ernährung eine zusätzliche Kalziumgabe in Form von Tabletten erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in. Das gleiche gilt für Vitamin D. Je nachdem wie hoch die Vitamin-D-Werte im Blut sind sind, rät die Ärzt*in zur Einnahme von Vitamin-D-Tabletten. Empfohlen wird dabei meist eine Tagesdosis von 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten).

Spezielle Osteoporosemedikamente verbessern die Knochendichte und beugen damit Knochenbrüchen vor. Es gibt zwei Wirkansätze: Antiresorptive Substanzen wie Bisphosphonate oder Denosumab hemmen den Knochenabbau. Osteoanabole Wirkstoffe wie das Parathormon-Analogon Teriparatid fördern den Knochenaufbau Ihr Einsatz hängt von der gemessenen Knochendichte und dem Alter ab. Je älter der Patient ist, desto früher sollte damit begonnen werden. Nach den Leitlinien sollen Männer unter 50 Jahren bei einem T-Wert ≤ -4,0 spezifische Osteoporosemedikamente erhalten, 75-jährige Männern dagegen schon bei einem T-Wert ≤ -2,0.

  • Bisphosphonate wie Alendronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen und beugen nachgewiesenermaßen Knochenbrüchen vor. Ist noch kein osteoporotischer Knochenbruch aufgetreten, empfehlen Expert*innen die Einnahme für drei Jahre. Nach dem Absetzen geht man davon aus, dass der Knochen eine geraume Zeit stabil bleibt. Um dies zu überwachen sind regelmäßige Knochendichtemessungen erforderlich. Bisphoshonate können zu Magen-Darm-Unverträglichkeiten bis hin zu Magen- und Speiseröhrengeschwüren führen. Damit es dazu nicht kommt gelten folgende Einnahmeregeln:
    • Tabletten immer morgens auf nüchternem Magen und in aufrechter Position einnehmen.
    • Dazu ein großes Glas Leitungswasser trinken.
    • Das Frühstück frühestens eine halbe Stunde später einnehmen (bei anderen Bisphosphonaten wie Etidronat muss man sogar zwei Stunden nüchtern bleiben).
    • Frühestens 30 Minuten nach Einnahme des Wirkstoffs wieder hinlegen.
    • Um die Aufnahme der Wirkstoffe zu gewährleisten sind andere Medikamente nur mit größerem zeitlichen Abstand einzunehmen. Entscheidend dafür sind die Hinweise im Beipackzettel des jeweiligen Bisphosphonats.

  • Denosumab. Ein weiterer Hemmstoff des Knochenabbaus ist der Antikörper Denosumab. Er ist speziell zugelassen für Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Hormonablationstherapie unterziehen (also künstlich den Testosteronspiegel gesenkt bekommen) und dadurch ein erhöhtes Osteoporose- und Knochenbruchrisiko haben. Er wird alle sechs Monate unter die Haut gespritzt.
  • Teriparatid. Für Männer mit besonders ausgeprägter Osteoporose und hohem Knochenbruchrisiko steht auch noch ein knochenaufbauender Wirkstoff zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Analogon des körpereigenen Parathormons mit Namen Teriparatid. Es darf 24 Monate lang verabreicht werden, danach wird eine Therapie mit knochenabbauhemmenden Substanzen angeschlossen.

Insgesamt haben spezifische Osteoporosemedikamente eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, weshalb sie meist nur für einen gewissen Zeitraum eingesetzt werden.

Hinweis: Bei der sekundären Osteoporose ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung essenziell, damit sich der Knochen erholen kann. Ist die Ursache des Knochenabbaus ein Medikament, muss die Ärzt*in prüfen, ob man dieses vielleicht absetzen oder austauschen kann.

Gezielt turnen und ins Korsett

Zum Behandlungskonzept bei Osteoporose gehören auch physiotherapeutische Maßnahmen. Denn nur durch gezielte Übungen lässt sich die Beweglichkeit erhalten oder wiederherzustellen. Durch die Belastung bessern sich auch der Knochenstoffwechsel und der Aufbau von Knochensubstanz. Ein spezielles Gang- und Standtraining soll zudem Stürzen vorbeugen.

Vor allem nach osteoporosebedingten Wirbelkörperbrüchen bekommt die Patient*in häufig ein modernes Stützkorsett verschrieben. Je nach Variante richten sie den Körper auf, geben Halt und fördern die aktive Korrektur der Wirbelsäule. Dadurch werden nicht nur die Schmerzen gelindert. Das Korsett ermöglicht auch, die Mobilität zu erhalten und Stürze zu verhindern.

Hinweis: Männer sind im Alter häufig weniger autark als Frauen. Für sie sind daher Rehabilitationsmaßnahmen besonders wichtig, um ein ausreichendes Maß an Selbstständigkeit zu gewinnen oder bewahren.

Gesunder Lebensstil beugt vor

Vor einer Osteoporose ist niemand gefeit, denn älter wird jeder und weitere Risikofaktoren dafür gibt es viele. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber zumindest der primären Osteoporose vorbeugen:

  • Körperlich aktiv bleiben. Bewegung hält nicht nur den Knochen stark, sondern auch die ihn stützenden und führenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Am besten ist es, täglich zu trainieren. Schon dreißig Minuten flottes Spazierengehen, Joggen oder Walken bringen den Stoffwechsel auf Trab und fördern damit auch die Versorgung des Knochens mit den nötigen aufbauenden Substanzen. Wer zusätzlich Muskelkraft und Koordination trainiert, beugt zudem Stürzen und damit Knochenbrüchen vor. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Programme gegen Osteoporose an. Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Kosten oder zumindest einen Teil davon übernimmt.
  • Knochenfreundlich ernähren. Eine gesunde Ernährung ist das A und O für den Knochenaufbau. Empfohlen wird die Aufnahme von 1000 bis 1500 mg Kalzium pro Tag. Gut geeignet sind Milch, Käse und Joghurt, aber auch Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Eine Scheibe Emmentaler (30 g) enthält beispielsweise etwa 330 mg Kalzium, ein Glas Milch oder Kefir 240 mg. Spitzenreiter bei den Gemüsen sind gegarter Blattspinat (310 mg Kalzium pro 210-g-Portion) und gegarter Grünkohl (280 mg/160 g). Andere wichtige Substanzen wie Folsäure, Kalium und Vitamin B12 sind in einer gesunden Mischkost meist ohnehin ausreichend erhalten.
  • Untergewicht vermeiden. Untergewicht ist ein Risikofaktor für die Osteoporose. Außerdem ist eine Gewichtsabnahme im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden. Der ideale Body Mass Index liegt zwischen 20 und 25.
  • Raus an die frische Luft! Sonnenlicht fördert die Bildung von Vitamin D, das im Körper zu Calcitriol umgebaut wird. Calcitriol ist wiederum notwendig, damit Kalzium über den Darm aufgenommen und in den Knochen eingebaut wird. Liegt ein Vitamin-D-Mangel vor, ist nach ärztlichem Rat die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten zu erwägen.
  • Rauchen und Alkohol vermeiden. Rauchen verengt die Blutgefäße und verschlechtert dadurch die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen. In der Folge ist der Knochenaufbau gestört und es entwickelt sich leichter eine Osteoporose. Auch übermäßiger Alkoholkonsum reduziert die Knochendichte: Alkohol hemmt die knochenaufbauenden Zellen und hat negative Wirkungen auf den Vitamin-D-Stoffwechsel.

Hinweis: Kalzium ist essenziell für die Knochen. Zuviel Kalzium ist aber auch nicht gesund. Bei einer täglichen Zufuhr über 1500 mg wird das Mineral über die Niere wieder ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, lagert sich das im Organismus angesammelte Kalzium in Gefäßen und Geweben ab und trägt zur Verkalkung bei.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 35, S. 4, RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Maples Images/Shutterstock.com