Gesundheit heute

Polyarteriitis nodosa

Polyarteriitis nodosa (PAN, Panarteriitis nodosa, Periarteriitis nodosa, cPAN): Entzündliche Erkrankung der mittelgroßen Arterien, bei der es zu Gefäßverschlüssen und dadurch zu Schäden an Organen und Nerven kommen kann. Außerdem leiden die Betroffenen oft unter Allgemeinbeschwerden wie Gelenk- und Muskelschmerzen, Fieber und Gewichtsverlust. Die Ursache der immunologisch bedingten Erkrankung ist unklar, diskutiert wird ein Zusammenhang mit Virusinfektionen. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen und bei Erkrankung meist zwischen 40 und 50 Jahre alt. Behandelt wird vor allem mit Kortison, manchmal kombiniert mit anderen Immunsuppressiva. Die Prognose hängt davon ab, welche Organe beteiligt sind. Mit der richtigen Therapie bekommen die meisten Betroffenen die Erkrankung gut in den Griff.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Fieber, Schwäche, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
  • Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen, Koliken
  • Gefühlsstörungen, Lähmungen
  • Hodenschmerzen
  • Hautveränderungen: Rötungen, Hautgeschwüre (Knötchen), baum- und rankenförmige Streifen infolge der Entzündung der kleinen Unterhautgefäße.

Wann zur Arztpraxis

Am gleichen Tag, wenn

  • Lähmungen oder Hodenschmerzen auftreten.

Demnächst, wenn

  • es zu ungewöhnlichen Hauterscheinungen oder den oben genannten Allgemeinbeschwerden kommt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die Polyarteriitis nodosa zählt als Vaskulitis (Gefäßentzündung) zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Betroffen sind vor allem die mittelgroßen Arterien, und dabei besonders die Abschnitte im Bereich von Gefäßgabelungen. Durch die unregelmäßigen entzündlichen Prozesse bilden sich im Verlauf der erkrankten Arterie Knötchen (deshalb der Name Polyarteriitis nodosa). Zerstört die Entzündung die Gefäßwand, können sich Blutgerinnsel bilden, die das Gefäß verstopfen – manchmal platzen die Gefäße aber auch, dann kommt es zu inneren Blutungen.

Ursachen und Risikofaktoren

Welche Ursachen der Gefäßzerstörung zugrunde liegen, ist unklar. Vermutet werden autoimmune Prozesse, also dass der Körper sein Immunsystem gegen sich selbst richtet. Bei vielen anderen rheumatischen Gefäßerkrankungen bildet das Immunsystem dann Antikörper gegen eigenes Gewebe. Das ist bei der Polyarteritis nodosa aber nicht der Fall. Es gibt Hinweise, dass Virusinfektionen beteiligt sind. Vor allem das Hepatitis-B-Virus scheint mit der Erkrankung in Zusammenhang zu stehen. Beobachtet wurde sie aber auch bei Infektionen mit dem HI-Virus und Hepatitis-C-Virus.

Klinik

Zu Beginn der Erkrankung dominieren oft Allgemeinbeschwerden wie Schwäche, Müdigkeit, Fieber und Gewichtsverlust. Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen kommen begleitend hinzu. Auch die typischen Hauterscheinungen treten meist früh auf.

Je nach Organbefall drohen im Verlauf weitere Beschwerden:

  • Bei etwa 80 % der Patient*innen sind die Herzkranzgefäße (Koronarien) beteiligt. Die Durchblutungsstörungen können einen Herzinfarkt auslösen.
  • Ein betroffener Darm macht sich mit Bauchschmerzen, Durchfall oder Koliken bemerkbar.
  • Häufig erkrankt auch das Nervensystem, die Folge sind Polyneuropathien mit Lähmungen oder Gefühlsstörungen sowie Schlaganfälle.
  • Sind Gefäße der Niere befallen, kommt es zu Bluthochdruck (weil die Nierengefäße bei der Blutdruckregulation eine Rolle spielen) und zur Nierenschädigung bis zum Nierenversagen.
  • Manchmal erkranken auch die Gefäße des Hodens, was sich mit starken Schmerzen bemerkbar macht.

Verlauf

Im Verlauf entzünden sich immer mehr Gefäße, wobei die Erkrankung sowohl hochakut, also sehr schnell, als auch langsam ablaufen kann. Unbehandelt endet die PAN meist tödlich, z. B. aufgrund von Herzinfarkt oder Nierenversagen. Mit einer ausreichenden Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppression) lässt sich die Entzündung eindämmen, häufig geht sie sogar komplett zurück.

Diagnosesicherung

Zunächst erhebt die Ärzt*in die Krankengeschichte und lässt sich die bisher aufgetretenen Beschwerden schildern. Bei der körperlichen Untersuchung achtet sie auf Hautveränderungen und misst den Blutdruck. Sie fragt nach Gelenk- und Muskelschmerzen sowie Bauchschmerzen. Bei der neurologischen Untersuchung prüft sie, ob Muskelschwächen oder Lähmungen erkennbar sind und testet die Hautempfindlichkeit.

Danach folgen die Labortests sowie, wenn nötig, genauere Untersuchungen von Herz, Darm oder Nervensystem. Zur endgültigen Sicherung der Diagnose sind jedoch bildgebende Verfahren und – in den meisten Fällen – Gewebeproben erforderlich.

  • Laboruntersuchungen. Wie bei vielen entzündlichen Erkrankungen ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht und es finden sich vermehrt weiße Blutkörperchen (Leukozyten) sowie Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut. Ein Teil der Patient*innen weist einen positiven Rheumafaktor auf, einige auch Antigene von Hepatitis-B-Virus, Hepatitis-C-Virus oder HIV. Ist die Niere betroffen, kann der Urin auffällig sein und z. B. rote Blutkörperchen oder Eiweiß enthalten
  • Organuntersuchungen. Entsprechene Untersuchungen werden eingeleitet, wenn die Patient*in Organbeschwerden wie Angina pectoris, wiederholte Koliken oder Nierenschmerzen hat. Diese reichen je nach Befund von EKG, Ultraschall und speziellen Laboruntersuchungen bis hin zur Darmspiegelung.
  • Angiografie. Auch die radiologische Untersuchung bestimmter Gefäße mit Kontrastmittel kann bei der Diagnose nützlich sein, vor allem, wenn die Niere oder der Darm betroffen sind. Dabei lassen sich die typischen Veränderungen der erkrankten Gefäße häufig sehr gut erkennen. In manchen Fällen sind die Beschwerden der Patient*in und die Angiografie zusammen so eindeutig, dass schon damit die Diagnose steht.
  • Biopsien. Meist muss die Diagnose allerdings mit Gewebeproben gesichert werden. Diese entnimmt man aus symptomatischen Organen, so z. B. aus veränderten Hautbereichen, der Niere oder aus einem schmerzenden Muskel. Die Schwierigkeit liegt darin, ein betroffenes Gefäßstück zu erwischen. Häufig muss deshalb mehrfach biopsiert werden. Das gewonnene Gewebe wird unter dem Mikroskop untersucht. Liegt eine PAN vor, ist das Bild mit den knötchenförmig abgestorbenen Gefäßabschnitten typisch.

Differenzialdiagnose. Ausgeschlossen werden müssen andere Gefäßentzündungen, vor allem das Kawasaki-Syndrom, das neben kleinen auch mittelgroße Arterien befällt.

Behandlung

Um die Entzündung einzudämmen, verabreicht die Ärzt*in zunächst hoch dosiert Kortison über die Vene. In schweren Fällen bekommt die Patient*in zusätzlich noch andere Wirkstoffe, die die Immunreaktion unterdrücken (sog. Immunsuppressiva). Bei der PAN verwendet man dafür oft das ebenfalls intravenös gegebene Cyclophosphamid.

Im weiteren Verlauf wird das Kortison reduziert und Cyclophosphamid durch ein besser verträgliches Immunsuppressivum (z. B. Azathioprin) ersetzt. Ziel ist die Remission, d. h. dass die Entzündung komplett verschwindet. Häufig ist dazu eine längere Gabe von Kortison/Azathioprin erforderlich. Wann sich die Medikamente ganz abgesetzten lassen, ist individuell sehr verschieden.

Ist die PAN im Rahmen einer Virusinfektion aufgetreten, bekommt die Patient*in zusätzlich eine antivirale Therapie.

Prognose

Unbehandelt ist die Prognose schlecht: Nur 10 bis 15 % der Patient*innen überleben die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung. Unter Behandlung mit Immunsuppressiva erhöht sich Chance, die nächsten fünf Jahre zu überleben, auf über 80 %. Prognostisch entscheidend ist vor allem der Befall von Niere und Herz.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Osteoporose. Kortison erhöht die Gefahr für eine Osteoporose. Deshalb wird bei einer langfristigen Verordnung meist zur Einnahme von Vitamin D und Kalzium geraten. Außerdem muss in regelmäßigen Abständen die Knochendichte geprüft werden.

Infektprophylaxe. Unter Kortison und Immunsuppressiva steigt die Gefahr für Infekte. Um sich nicht anzustecken, sollte man Orte meiden, an denen sich viele Menschen auf engem Raum aufhalten (öffentliche Verkehrsmittel, Massenveranstaltungen). Ist dies nicht möglich, kann man sich auch mit Mund-Nasen-Maske vor Infektionen schützen. Achten Sie außerdem darauf, alle empfohlenen Impfungen zu erhalten. Ob Lebendimpfungen gestattet sind, hängt davon ab, wie hoch die täglich eingenommene Kortisondosis ist. Im Zweifel sprechen Sie Ihre Ärzt*in darauf an.

Schulungen. In vielen Kliniken werden spezielle Schulungen für Vaskulitis-Patient*innen angeboten. Nehmen Sie daran teil, wenn Sie die Möglichkeit haben.

Weiterführende Informationen

Die Rheuma-Liga bietet sowohl Informationen als auch Kontaktmöglichkeiten für Menschen mit seltenen rheumatischen Erkrankungen an.

Von: Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Herzgefahr durch Gicht

Gichtanfälle treten besonders häufig im Großzehengrundgelenk auf.

Herzgefahr durch Gicht

Frauen besonders betroffen

Männer und Frauen mit Gicht leben gefährlich. Denn sie haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z.B. Schlaganfall, Thrombose oder Lungenembolie.

Gicht macht mehr als Gelenkkristalle

Die Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der die Harnsäurewerte im Blut erhöht sind. Ab einer bestimmten Konzentration lagert sich Harnsäure in Form von Kristallen in den Gelenken ab und es drohen schmerzhafte Entzündungen. Solche akuten Gichtanfälle sind aber nicht die einzigen Probleme, die die Erkrankung mit sich bringt. Patient*innen, die an der Gicht leiden, haben einer aktuellen Studie zufolge ein deutlich höheres Risiko für Erkrankungen von Herz und Gefäßen.

Mehr Schlaganfälle, Herzklappenerkrankungen und Herzrhythmusstörungen

In der Analyse wurden die Daten von über 150 000 Gichtpatient*innen mit mehr als 700 000 Gesunden verglichen. Im Laufe von sechseinhalb Jahren Beobachtungszeit entwickelten 20% der Personen aus der Gicht-Gruppe eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, in der Kontrollgruppe waren dies nur 15%.

Zu den Krankheiten, die Gichtpatient*innen häufiger erlitten, gehörten z.B.

  • koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK),
  • Thrombembolien, Lungenembolien, Herzklappenerkrankungen und Herzinsuffizienz,
  • Herzrhythmusstörungen,
  • Aortenaneurysma und
  • Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen.

Ein Teil des gesteigerten Risikos erklären die Wissenschaftler*innen dadurch, dass viele der Betroffenen übergewichtig waren, erhöhte Blutfette oder einen Hochdruck aufwiesen. Nach Ausschluss dieser Störfaktoren war das Herz-Kreislauf-Risiko durch Gicht aber immer noch erhöht. Das spricht dafür, dass die Krankheit einen direkten Einfluss auf Herz und Gefäße hat.

Das höchste Herzrisiko tragen die Frauen

Frauen haben viel seltener Gicht als Männer. Wenn sie daran erkranken, sind sie jedoch besonders gefährdet, einen Schlaganfall, eine Thrombose oder Ähnliches zu entwickeln, errechnete die Forschergruppe. Das gleiche gilt für jüngere Patient*innen. Es ist wichtig, die Stoffwechselkrankheit frühzeitig zu erkennen und - sofern sie vorliegt – das kardiovaskuläre Risiko der Betroffenen insgesamt zu reduzieren. Dazu gehört nicht nur eine erfolgreiche Harnsäuresenkung, sondern auch die Korrektur anderer herzgefährdender Faktoren wie Übergewicht, Rauchen und Bewegungsmangel.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Akhararat Wathanasing / Alamy / Alamy Stock Photos