Gesundheit heute

Antiphospholipid-Syndrom

Antiphospholipidsyndrom (APS, Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom): Autoimmunerkrankung mit erhöhter Gerinnungsneigung, die zu wiederkehrenden Thrombosen und Embolien führt, bei Schwangeren auch zu Fehlgeburten. Auslöser sind die im Blut nachweisbaren Antiphospholipid-Antikörper. Frauen erkranken fünfmal häufiger als Männer, oft im mittleren Lebensalter. Der Verlauf der Erkrankung ist variabel, angefangen von einer einmaligen geringfügigen Venenthrombose bis hin zu tödlichen Lungenembolien oder Schlaganfällen. Behandelt wird das APS vor allem mit gerinnungshemmenden Medikamenten. Unter einer gut eingestellten Therapie ist die Lebenserwartung annähernd normal.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schwellung eines Beins mit ziehendem Schmerz (tiefe Beinvenenthrombose)
  • Plötzliche Atemnot mit stechendem atemabhängigem Schmerz in der Brust (Lungenembolie)
  • Plötzliche Lähmung einer Körperseite oder Sprachstörungen bei jungen Menschen (Schlaganfall)
  • Baumartig verzweigte bläuliche Hautzeichnung, kleine Einblutungen unter den Finger- oder Zehennägeln
  • Wiederholte Spontanaborte vor der 12. Schwangerschaftswoche oder Fehlgeburten in den letzten beiden Dritteln der Schwangerschaft.

Wann in die Arztpraxis

Sofort den Notdienst rufen bei

  • plötzlicher Lähmung, Sprachstörungen, plötzlicher Atemnot mit stechenden Brustschmerzen.

Am gleichen Tag bei

  • Schwellung eines Beines mit ziehenden Schmerzen.

Demnächst, wenn

  • ein Kinderwunsch besteht und es zu einer oder mehreren Fehlgeburten gekommen ist
  • bläuliche Gefäßzeichnungen auf der Haut auftreten.

Die Erkrankung

Beim Antiphospholipid-Syndrom handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das heißt, dass der Körper Antikörper gegen eigene Strukturen bildet. Im Fall des APS sind dies Antikörper gegen Phospholipide.

Noch unklar ist, warum diese Antikörper zur Bildung von Blutgerinnseln führen. Man vermutet, dass sie u. a. mit einem Eiweiß reagieren, das an der Blutgerinnung beteiligt ist. Wenn die Gerinnsel Blutgefäße verschließen, kommt es zu Thrombosen und Embolien. Ist eine Frau schwanger, können die Gerinnsel die Blutversorgung der Plazenta stören und so eine Fehlgeburt auslösen.

Ursachen und Formen

Auch die Frage, warum und wie sich die Antiphospholipid-Antikörper im Körper bilden, ist noch nicht geklärt. In manchen Fällen scheint eine andere Krankheit der Auslöser dafür zu sein, dann handelt es sich um ein sekundäres APS. Am häufigsten ist das beim systemischen Lupus erythematodes der Fall. Aber auch Patient*innen mit einer rheumatoiden Arthritis, Krebserkrankung oder einer Infektion wie Hepatitis B oder AIDS können ein sekundäres APS entwickeln. Manchmal lösen Medikamente die Antikörperbildung aus, Beispiele sind Östrogene und Chlopromazin.

Bei der Hälfte aller Patient*innen lässt sich keine zugrundeliegende Erkrankung finden. Dann spricht man von einem primären, idiopathischen APS.

Klinik

Thrombosen können beim APS sowohl in Venen als auch in Arterien auftreten. Am häufigsten sind Beinvenenthrombosen und Lungenembolien, seltener bilden sich Venenthrombosen in Armen, Nieren, Leber und den Augenvenen. Durch die Thrombosen werden die Organe in ihrer Funktion eingeschränkt, es kommt zum Beispiel zu Nieren- oder Leberversagen, im Fall des Auges zu Sehstörungen bis hin zur Blindheit.

Arterielle Thrombosen entstehen vor allem in den Arterien des Gehirns und führen zu Schlaganfällen, selten auch zu Krampfanfällen, Migräne oder Demenz.

Eine weitere schwerwiegende Folge der erhöhten Thromboseneigung ist die Verstopfung der Gefäße, die in der Schwangerschaft die Plazenta versorgen. Dadurch kommt es vermehrt zu Schwangerschaftskomplikationen wie Fehlgeburten, Frühgeburten und Präeklampsie.

Komplikationen

Eine besonders gefährliche Komplikation ist das katastrophale APS, kurz CAPS genannt. Es tritt bei etwa 1 % der APS-Patient*innen auf und ist lebensbedrohlich. Dabei entstehen innerhalb kürzester Zeit massenhaft Thrombosen in mehreren Organsystemen (vor allem Lunge, Herz und Niere). Die betroffenen Organe werden nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt und arbeiten nicht mehr richtig. Weil sich an den falschen Stellen Blutgerinnsel bilden, erschöpft sich außerdem das Gerinnungssystem. Es hat nicht mehr genug Kapazität für die physiologische Blutgerinnung und es drohen innere Blutungen. Dies und das Multiorganversagen führen trotz Intensivtherapie in jedem dritten Fall zum Tod.

Diagnosesicherung

Wenn aufgrund von Thrombosen oder Schwangerschaftskomplikationen der Verdacht auf ein APS besteht, lässt die Ärzt*in im Labor verschiedene Blutgerinnungswerte und das Blutbild untersuchen. Verdächtig sind eine Thrombozytopenie (also wenige Blutplättchen) und, als Hinweis auf die gestörte Blutgerinnung, ein verminderter Quick-Wert und eine verlängerte PTT (partielle Thromboplastinzeit).

Beweisend für das APS ist der Nachweis mindestens eines der drei im Blut vorkommenden Antiphospholipid-Antikörper:

  • Lupus-Antikoagulans
  • Anti-Cardiolipin-Antikörper
  • Anti-β2-Glykoprotein-I-Antikörper.

Weil deren Bestimmung störanfällig ist, gibt es für die Diagnose strenge Kriterien. So müssen die Antikörper im Abstand von zwölf Wochen mindestens zwei Mal positiv sein. Außerdem sollen verschiedene Testsysteme verwendet werden.

Differenzialdiagnose. Auszuschließen sind bei der Diagnose alle anderen Krankheitsbilder, die mit einer vermehrten Gerinnung verbunden sind. Dazu gehören der Mangel an Faktor II, Antithrombin III oder Protein S. Auch Krebs- und Nierenerkrankungen oder die Homocysteinämie können mit einer vermehrten Gerinnung einhergehen. Thrombosefördernd sind zudem Hormoneinnahmen (z. B. im Rahmen der Verhütung) oder das Rauchen.

Behandlung

Bei der Behandlung muss zwischen einem akuten Ereignis und der Vorbeugung von Thrombosen und Schwangerschaftskomplikationen unterschieden werden. Akute Beinvenenthrombosen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte werden entsprechend therapiert (siehe dort).

Ob und welche gerinnungshemmende Therapie APS-Patient*innen vorbeugend benötigen, hängt nicht nur von den Antikörperwerten ab. Ein wichtiges Kriterium ist auch, ob schon eine arterielle oder venöse Thrombose stattgefunden hat oder ob es zu Schwangerschaftskomplikationen gekommen ist.

Primärprophylaxe. Bei manchen Patient*innen werden im Rahmen anderer Blutuntersuchungen zufällig Antiphospholipid-Antikörper gefunden, klinische Ereignisse wie Thrombose oder Fehlgeburt haben sie jedoch (noch) nicht erlebt. Ob diese Antikörperträger*innen eine vorbeugende gerinnungshemmende Therapie benötigen, ist umstritten. Wenn, dann verordnen die Ärzt*innen meist niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS). Zusätzlich hilft ein gesunder Lebensstil, um weitere thrombosefördernde Risikofaktoren zu reduzieren (siehe unten, Ihre Apotheke empfiehlt).

Sekundärprophylaxe. Nach jedem APS-bedingten Ereignis empfehlen die Leitlinien eine Sekundärprophylaxe mit einer gerinnungshemmenden Therapie. Sekundärprophylaxe bedeutet, nach einem stattgehabten Ereignis das nächste zu verhüten. Diese Vorbeugung wird an das Rezidivrisiko und die jeweilige Thrombose angepasst. Ein besonders hohes Risiko für ein erneutes Ereignis haben z. B. triple-positive Patient*innen. Das sind diejenigen, die alle drei Antiphospholipid-Antikörper im Blut aufweisen.

Nach einer Thrombose kommt meist eine dauerhafte Blutgerinnungshemmung mit einem Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon oder Warfarin) zum Einsatz. Ob der Gerinnungshemmer abgesetzt werden kann, wenn im Blut keine Antiphospholipid-Antikörper mehr nachweisbar sind, ist umstritten. Im Zweifel entscheidet die Ärzt*in dies gemeinsam mit der Patient*in nach dem individuellen Risikoprofil.

Im Spezialfall einer arteriellen Thrombose verordnen die Ärzt*innen häufig zusätzlich ASS.

Hinweis: Die zur Gerinnungshemmung ebenfalls eingesetzten direkten Antikoagulantien (DOAK, z. B. Dabigatran) sollen bei APS-Patient*innen nicht verwendet werden. Sie scheinen das Auftreten von thromboembolischen Ereignissen zu begünstigen.

Prophylaxe in der Schwangerschaft

Schwangere APS-Patientinnen haben ein hohes Risiko, Fehlgeburten oder eine Präeklampsie zu erleiden. Um diesen Schwangerschaftskomplikationen vorzubeugen, benötigen sie eine zuverlässige Blutgerinnungshemmung.

Vitamin-K-Antagonisten sind dafür nicht geeignet. Weil sie teratogen sind, also dem ungeborenen Kind schaden, dürfen sie weder kurz vor noch während einer Schwangerschaft verabreicht werden. Stattdessen empfiehlt man APS-Patientinnen mit Kinderwunsch zunächst ASS. Kommt es zu einer Schwangerschaft, erhält die werdende Mutter zusätzlich Heparin. Der Gerinnungshemmer muss bis zur sechsten Woche nach der Geburt täglich unter die Haut gespritzt werden.

APS-Expert*innen empfehlen ihren schwangeren Patientinnen meist, zusätzlich zur Vorbeugung mit Heparin auch ASS weiter einzunehmen. Allerdings nur über die ersten zwei Schwangerschaftsdrittel hinweg. Danach muss der Wirkstoff abgesetzt werden, weil er zum vorzeitigen Verschluss einer wichtigen Gefäßverbindung zwischen Aorta und Lungenschlagader des ungeborenen Kindes (Ductus botalli) führen kann.

Prognose

Unter Behandlung ist die Prognose gut und die Lebenserwartung des primären APS kaum verkürzt. Bei den sekundären Formen kommt es darauf an, welche Grunderkrankung vorliegt.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Gerinnungshemmer richtig einsetzen. Damit die Blutgerinnung zuverlässig gehemmt wird, müssen die Vitamin-K-Antagonisten täglich zur gleichen Zeit eingenommen werden. Auch die wöchentliche Kontrolle des Gerinnungswertes ist wichtig. Den sog. INR (International Normalized Ratio)-Wert kann man mit einem kleinen Messgerät und etwas Blut aus der Fingerbeere gut selbst bestimmen. Liegt er außerhalb des therapeutischen Bereichs, nimmt man Kontakt mit der Hausärzt*in auf, um die Dosierung gegebenenfalls anzupassen.

Ernährung beachten. Viele Nahrungsmittel enthalten Vitamin K und können deshalb die Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten abschwächen. Dazu gehören z. B. Spinat, Brokkoli, Kichererbsen, Fenchel, Schnittlauch und Erbsen. Verzichten muss man deshalb auf das Gemüse nicht – man sollte jedoch jede Woche ungefähr die gleiche Menge davon zu sich nehmen. Bedacht werden muss zudem, dass die Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten von Alkohol verstärkt und von Grapefruitsaft geschwächt werden kann.

Bewegen und Gewicht kontrollieren. Es gibt einige Maßnahmen, mit denen man selbst Thrombosen vorbeugen kann. Zur Sicherheit bespricht man sich jedoch vorher mit seiner Hausärzt*in, denn nicht alle sind für jede geeignet. Bewegung ist wichtig, um das Blut in Schwung zu bringen, günstig sind vor allem Radfahren, Schwimmen und Spazierengehen. Auch Treppensteigen statt Liftfahren freut die Beinvenen. Außerdem sollte man Übergewicht vermeiden bzw. reduzieren und ausreichend trinken. Wer im Beruf viel stehen muss, dem helfen oft Thrombosestrümpfe.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was Männerknochen stabil hält

Die Milch macht`s - auch im Kampf gegen die männliche Osteoporose.

Was Männerknochen stabil hält

Osteoporose vorbeugen

Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch Männerknochen werden mürbe – und das meist mit drastischeren Folgen als bei Frauen. Lesen Sie hier, wann auch Männer an eine Osteoporose denken sollten und wie das Vorbeugen gelingt.

Später Bruch mit schweren Folgen

Eigentlich sind Männer in Sachen Knochenstabilität klar im Vorteil: Denn bei Ihnen ist die sogenannte „Knochenmasse“ in aller Regel prinzipiell höher als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Männer keine Menopause durchmachen – also die Phase, in der Frauen hormonell bedingt am schnellsten und am meisten Knochenmasse verlieren. Doch auch bei Männern gilt: Nach dem dritten Lebensjahrzehnt nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab. Und zwar so stark, dasswahrscheinlich jeder zehnte Mann über 65 von Osteoporose betroffen ist.

Bei Männern reduziert sich die Knochenmasse allerdings eher schleichend. Deshalb kommt es bei im Vergleich zu Frauen meist erst viel später zu osteoporotischen Knochenbrüchen. Weil die betroffenen Männer dann aber schon sehr alt sind, stecken sie den Bruch deutlich schlechter weg als die vergleichsweise früher betroffenen Frauen. So zeigen Studien, dass über ein Drittel der Männer mit Hüftfraktur im ersten Jahr nach dem Trauma verstirbt. Und diejenigen, die überleben, kommen oft nicht mehr richtig auf die Beine.

Warum Männerknochen brechen

Und noch einen weiteren Unterschied zur „weiblichen“ Osteoporose gibt es. Frauen leiden in den meisten Fällen unter einer primären Osteoporose. Dazu zählt die Osteoporose auf Grund des altersbedingten Knochenabbaus und die postmenopausale Osteoporose. Die primäre Osteoporose wird begünstigt durch falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.

Bei Männern hingegen ist die Osteoporose meist – in zwei Drittel der Fälle -sekundär, d.h., der Auslöser sind andere Erkrankungen wie z. B.

  • Hormonstörungen wie Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperparathareoidismus
  • rheumatische Erkrankungen
  • Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • alkoholische Lebererkankung, Alkoholismus.

Auch die Einnahme von Medikamenten kann zu einer sekundären Osteoporose führen. Besonders häufig ist dies bei Glukokortikoiden der Fall. Hier kommt es manchmal schon nach drei Monaten Glukokortikoidtherapie zu einer verringerten Knochendichte. Ebenfalls begünstigt wird die Osteoporose durch Arzneimittel gegen männliche Geschlechtshormone, die beim Prostatakrebs verschrieben werden. Weitere knochengefährdende Arzneimittel sind Protonenpumpeninhibitoren zur Behandlung von Magengeschwüren, bestimmte Antidepressiva (SSRI), Insulinsensitizer zur Behandlung des Diabetes mellitus oder Antiepileptika und Immunsuppressiva.

Tipp: Mit Hilfe eines Online-Tests kann man das eigene Osteoporose-Risiko abschätzen. Wer dabei mehr als fünf Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte das Thema Osteoporose bei der behandelnden Ärzt*in ansprechen.

Obacht bei Rückenschmerzen im Alter!

Leider ist es für Männer oft gar nicht so leicht, eine Osteoporose zu erkennen. Erst spät stellen sich Rückenschmerzen ein, z. B., wenn es durch den Knochenschwund zu Wirbelkörperbrüchen gekommen ist. Häufig wird eine Osteoporose auch dann entdeckt, wenn sich der Betroffene bei einem leichten Sturz Arm, Bein oder Hüfte bricht.

b aufgrund von Rückenschmerzen oder zur Abklärung eines verdächtigen Knochenbruchs: Diagnostiziert wird die Osteoporose mit bildgebenden Verfahren. Die Knochendichtemessung (Dual X-ray-Absorptiometry, kurz DEXA) gibt Auskunft über die Qualität des Knochens. Gemessen wird an der Lendenwirbelsäule, am Oberschenkelhals und am Oberschenkelknochen. Das Ergebnis ist der T-Wert, der die sogenannte Knochenmineraldichte widerspiegelt. Ausschlaggebend für die Diagnose ist der niedrigste der drei ermittelten Werte. Ein T-Wert ≤2,5 gilt nach Vorgaben der WHO als Osteoporose. Bei Werten zwischen -1 und -2,5 handelt es sich um eine Osteopenie, die Vorstufe der Osteoporose.

Neben der Knochendichtemessung helfen beim Verdacht auf Osteoporose auch konventionelle Röntgenaufnahmen. Sie zeigen auf, ob es schon zu osteoporotischen Veränderungen oder unbemerkten Brüchen an den Wirbelkörpern gekommen ist. Im Zweifel wird auch eine Kernspinuntersuchung herangezogen, da diese Veränderungen im Knochen noch deutlicher darstellt.

Blutuntersuchungen gehören beim Abklären einer Osteoporose ebenfalls dazu. Sie geben nicht nur Aufschluss darüber, wie es mit dem Kalzium- und dem Vitamin-D-Haushalt aussieht. Die Bestimmung von Hormonen, Nieren- und Leberwerten lässt zwischen einer primären und einer sekundären Osteoporose unterscheiden und die Ursache für eine zugrundeliegende Erkrankung erkennen.

Kalzium, Vitamin D und Osteoporosemedikamente

Basis für die Knochengesundheit ist seine ausreichende Versorgung mit Kalzium (siehe unten). Ob neben der Ernährung eine zusätzliche Kalziumgabe in Form von Tabletten erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in. Das gleiche gilt für Vitamin D. Je nachdem wie hoch die Vitamin-D-Werte im Blut sind sind, rät die Ärzt*in zur Einnahme von Vitamin-D-Tabletten. Empfohlen wird dabei meist eine Tagesdosis von 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten).

Spezielle Osteoporosemedikamente verbessern die Knochendichte und beugen damit Knochenbrüchen vor. Es gibt zwei Wirkansätze: Antiresorptive Substanzen wie Bisphosphonate oder Denosumab hemmen den Knochenabbau. Osteoanabole Wirkstoffe wie das Parathormon-Analogon Teriparatid fördern den Knochenaufbau Ihr Einsatz hängt von der gemessenen Knochendichte und dem Alter ab. Je älter der Patient ist, desto früher sollte damit begonnen werden. Nach den Leitlinien sollen Männer unter 50 Jahren bei einem T-Wert ≤ -4,0 spezifische Osteoporosemedikamente erhalten, 75-jährige Männern dagegen schon bei einem T-Wert ≤ -2,0.

  • Bisphosphonate wie Alendronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen und beugen nachgewiesenermaßen Knochenbrüchen vor. Ist noch kein osteoporotischer Knochenbruch aufgetreten, empfehlen Expert*innen die Einnahme für drei Jahre. Nach dem Absetzen geht man davon aus, dass der Knochen eine geraume Zeit stabil bleibt. Um dies zu überwachen sind regelmäßige Knochendichtemessungen erforderlich. Bisphoshonate können zu Magen-Darm-Unverträglichkeiten bis hin zu Magen- und Speiseröhrengeschwüren führen. Damit es dazu nicht kommt gelten folgende Einnahmeregeln:
    • Tabletten immer morgens auf nüchternem Magen und in aufrechter Position einnehmen.
    • Dazu ein großes Glas Leitungswasser trinken.
    • Das Frühstück frühestens eine halbe Stunde später einnehmen (bei anderen Bisphosphonaten wie Etidronat muss man sogar zwei Stunden nüchtern bleiben).
    • Frühestens 30 Minuten nach Einnahme des Wirkstoffs wieder hinlegen.
    • Um die Aufnahme der Wirkstoffe zu gewährleisten sind andere Medikamente nur mit größerem zeitlichen Abstand einzunehmen. Entscheidend dafür sind die Hinweise im Beipackzettel des jeweiligen Bisphosphonats.

  • Denosumab. Ein weiterer Hemmstoff des Knochenabbaus ist der Antikörper Denosumab. Er ist speziell zugelassen für Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Hormonablationstherapie unterziehen (also künstlich den Testosteronspiegel gesenkt bekommen) und dadurch ein erhöhtes Osteoporose- und Knochenbruchrisiko haben. Er wird alle sechs Monate unter die Haut gespritzt.
  • Teriparatid. Für Männer mit besonders ausgeprägter Osteoporose und hohem Knochenbruchrisiko steht auch noch ein knochenaufbauender Wirkstoff zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Analogon des körpereigenen Parathormons mit Namen Teriparatid. Es darf 24 Monate lang verabreicht werden, danach wird eine Therapie mit knochenabbauhemmenden Substanzen angeschlossen.

Insgesamt haben spezifische Osteoporosemedikamente eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, weshalb sie meist nur für einen gewissen Zeitraum eingesetzt werden.

Hinweis: Bei der sekundären Osteoporose ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung essenziell, damit sich der Knochen erholen kann. Ist die Ursache des Knochenabbaus ein Medikament, muss die Ärzt*in prüfen, ob man dieses vielleicht absetzen oder austauschen kann.

Gezielt turnen und ins Korsett

Zum Behandlungskonzept bei Osteoporose gehören auch physiotherapeutische Maßnahmen. Denn nur durch gezielte Übungen lässt sich die Beweglichkeit erhalten oder wiederherzustellen. Durch die Belastung bessern sich auch der Knochenstoffwechsel und der Aufbau von Knochensubstanz. Ein spezielles Gang- und Standtraining soll zudem Stürzen vorbeugen.

Vor allem nach osteoporosebedingten Wirbelkörperbrüchen bekommt die Patient*in häufig ein modernes Stützkorsett verschrieben. Je nach Variante richten sie den Körper auf, geben Halt und fördern die aktive Korrektur der Wirbelsäule. Dadurch werden nicht nur die Schmerzen gelindert. Das Korsett ermöglicht auch, die Mobilität zu erhalten und Stürze zu verhindern.

Hinweis: Männer sind im Alter häufig weniger autark als Frauen. Für sie sind daher Rehabilitationsmaßnahmen besonders wichtig, um ein ausreichendes Maß an Selbstständigkeit zu gewinnen oder bewahren.

Gesunder Lebensstil beugt vor

Vor einer Osteoporose ist niemand gefeit, denn älter wird jeder und weitere Risikofaktoren dafür gibt es viele. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber zumindest der primären Osteoporose vorbeugen:

  • Körperlich aktiv bleiben. Bewegung hält nicht nur den Knochen stark, sondern auch die ihn stützenden und führenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Am besten ist es, täglich zu trainieren. Schon dreißig Minuten flottes Spazierengehen, Joggen oder Walken bringen den Stoffwechsel auf Trab und fördern damit auch die Versorgung des Knochens mit den nötigen aufbauenden Substanzen. Wer zusätzlich Muskelkraft und Koordination trainiert, beugt zudem Stürzen und damit Knochenbrüchen vor. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Programme gegen Osteoporose an. Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Kosten oder zumindest einen Teil davon übernimmt.
  • Knochenfreundlich ernähren. Eine gesunde Ernährung ist das A und O für den Knochenaufbau. Empfohlen wird die Aufnahme von 1000 bis 1500 mg Kalzium pro Tag. Gut geeignet sind Milch, Käse und Joghurt, aber auch Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Eine Scheibe Emmentaler (30 g) enthält beispielsweise etwa 330 mg Kalzium, ein Glas Milch oder Kefir 240 mg. Spitzenreiter bei den Gemüsen sind gegarter Blattspinat (310 mg Kalzium pro 210-g-Portion) und gegarter Grünkohl (280 mg/160 g). Andere wichtige Substanzen wie Folsäure, Kalium und Vitamin B12 sind in einer gesunden Mischkost meist ohnehin ausreichend erhalten.
  • Untergewicht vermeiden. Untergewicht ist ein Risikofaktor für die Osteoporose. Außerdem ist eine Gewichtsabnahme im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden. Der ideale Body Mass Index liegt zwischen 20 und 25.
  • Raus an die frische Luft! Sonnenlicht fördert die Bildung von Vitamin D, das im Körper zu Calcitriol umgebaut wird. Calcitriol ist wiederum notwendig, damit Kalzium über den Darm aufgenommen und in den Knochen eingebaut wird. Liegt ein Vitamin-D-Mangel vor, ist nach ärztlichem Rat die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten zu erwägen.
  • Rauchen und Alkohol vermeiden. Rauchen verengt die Blutgefäße und verschlechtert dadurch die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen. In der Folge ist der Knochenaufbau gestört und es entwickelt sich leichter eine Osteoporose. Auch übermäßiger Alkoholkonsum reduziert die Knochendichte: Alkohol hemmt die knochenaufbauenden Zellen und hat negative Wirkungen auf den Vitamin-D-Stoffwechsel.

Hinweis: Kalzium ist essenziell für die Knochen. Zuviel Kalzium ist aber auch nicht gesund. Bei einer täglichen Zufuhr über 1500 mg wird das Mineral über die Niere wieder ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, lagert sich das im Organismus angesammelte Kalzium in Gefäßen und Geweben ab und trägt zur Verkalkung bei.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 35, S. 4, RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Maples Images/Shutterstock.com