Gesundheit heute

Polymyositis und Dermatomyositis

Polymyositis (PM): Seltene entzündliche Autoimmunerkrankung der Muskulatur. Sie zeigt sich vor allem an Oberarmen, Schultergürtel, Hüfte und Oberschenkeln mit fortschreitender Muskelschwäche und muskelkaterartigen Schmerzen. Oft kommt es zu Abgeschlagenheit und Fieber, zusätzlich können auch Herz, Lunge und Gelenke beteiligt sein.

Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr und betrifft Frauen häufiger als Männer. Behandelt wird zunächst mit Kortison, im weiteren Verlauf kommen antirheumatische Wirkstoffe dazu. Die Prognose ist individuell sehr unterschiedlich und hängt auch davon ab, ob innere Organe betroffen sind.

Dermatomyositis (DM): Polymyositis mit Beteiligung der Haut an lichtexponierten Körperstellen. Die Hautveränderungen erscheinen oft lila, weshalb die Erkrankung auch Lilakrankheit genannt wird. Im Alter ist die Dermatomyositis häufig mit einer Tumorerkrankung assoziiert.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Muskelkaterartige Schmerzen
  • Schwierigkeiten beim Aufstehen, Hinsetzen und beim Treppensteigen
  • Probleme beim Armheben, Kämmen, Zähneputzen
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Fieber, Gewichtsverlust
  • Schwierigkeiten beim Schlucken.

Bei Dermatomyositis zusätzlich:

  • Rötliche Schwellung der Oberlider
  • Schuppende, entzündliche Hautrötungen, typischerweise von violetter Farbe, in Gesicht oder Ausschnitt
  • Schuppende Hautrötungen über den Streckseiten der Fingergrund- und Mittelgelenke, an Ellenbogen, Knie und Knöchel (Gottron-Papeln)
  • Hautverhärtungen, Pigmentstörungen und Schleimhautentzündungen.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • oben genannte Beschwerden oder Hautveränderungen auftreten.

Die Erkrankung

Poly- und Dermatomyositis sind Autoimmunerkrankungen, bei denen der Körper aufgrund eines fehlgesteuerten Immunsystems körpereigene Strukturen angreift. Dadurch kommt es bei beiden Erkrankungen zur großflächigen Entzündung und dann zum Zerfall von Muskelfasern. Je nach Ausmaß sind weitere Gewebe wie Gelenke und innere Organe betroffen, bei der Dermatomyositis im Besonderen die Haut.

Die Ursache dieser Autoimmunkrankheiten ist unbekannt. Diskutiert werden eine genetische Veranlagung und verschiedene Viren. Bei manchen Betroffenen löst ein völlig anderer Mechanismus, nämlich Krebs (als paraneoplastische Symptome) die Krankheit aus. Bei der Dermatomyositis ist dies häufiger der Fall als bei der Polymyositis.

Klinik

Oft beginnen sowohl Poly- als auch Dermatomyositis schleichend mit unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Fieber oder Gewichtsverlust. Nach drei bis sechs Monaten machen sich zunehmend Muskelschmerzen bemerkbar, später auch Muskelschwäche und schließlich Lähmungen. Die Erkrankten haben z. B. Probleme, die Arme zu heben und sich die Haare zu kämmen. Oft fallen das Treppensteigen und das Aufstehen von einem Stuhl schwer. Bei Beteiligung der Speiseröhrenmuskulatur kommt es zu Schluckstörungen.

Bei der Dermatomyositis entwickeln sich um die Augenlider herum die typischen, lilafarbenen Hautveränderungen , auch heliotropes Erythem genannt. An den Streckseiten der Finger finden sich die ebenfalls typischen Gottron-Papeln. Dabei handelt es sich um lila-rötliche, flache Hautknötchen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Hautveränderungen, wie z. B.

  • Gebiete mit verstärkter oder abgeschwächter Pigmentierung
  • derbe, verkalkte Hautareale
  • erweiterte Hautgefäße
  • flächige rote Erytheme um den Hals herum und im oberen Brustbereich
  • pistolenholsterförmige rot-violette Bereiche am seitlichen Oberschenkel.

In unterschiedlichem Ausmaß sind auch die Gelenke und innere Organe von der Autoimmunerkrankung betroffen:

  • Vor allem an Händen oder Knien sind die Gelenke geschwollen und schmerzen.
  • Am Herzen kann es zu Herzschwäche, Rhythmusstörungen und Entzündungen der Herzkranzgefäße kommen.
  • Bei jeder zehnten Patient*in ist auch die Lunge betroffen, meist in Form einer Lungenfibrose. Die Beschwerden sind trockener Husten und Luftnot.

Verlauf

Der Verlauf der Erkrankung lässt sich nicht vorhersagen. Bei manchen Patient*innen bessern sich die Beschwerden unter den Medikamenten oder die Krankheitsaktivität kommt immerhin zu einem Stillstand. Bei anderen schreitet die Myositis schubweise fort. Sind Herz oder Lunge beteiligt, führt häufig das Organversagen zum Tod.

Bei der Dermatomyositis sind Risikofaktoren für einen schweren Verlauf bekannt. Dazu gehören männliches Geschlecht, hohes Alter und eine Tumorerkrankung.

Komplikationen

Komplikationen ergeben sich z. B. dann, wenn die die Speiseröhre oder andere wichtige Organe betroffen sind. Schluckstörungen können so ausgeprägt sein, dass die Betroffenen mit einer Sonde ernährt werden müssen. Durch die muskuläre Schwäche der Speiseröhrensphinkter können Speiseteile in die Luftröhre und die Lunge gelangen (Aspiration). Befällt die Erkrankung die Atemmuskulatur, drohen Atemstörungen.

Eine Herzbeteiligung kann zu Herzversagen, die Lungenbeteiligung zum Versagen der Lungenfunktion führen.

Diagnosesicherung

Meist suchen die Betroffenen die Arztpraxis aufgrund der Muskelschwäche auf. Bei der klinischen Untersuchung stellt die Ärzt*in dann eine symmetrische Schwächung der Schulter und/oder Beckengürtelmuskulatur fest. Handelt es sich um eine Dermatomyositis, fallen die entsprechenden Hautveränderungen auf. Zum Nachweis der Diagnose dienen verschiedene Untersuchungsmethoden:

Blutuntersuchungen

Muskelenzyme. Durch den Zerfall der Muskulatur sind die Muskelenzyme im Blut erhöht, allen voran die Kreatinkinase. Weiterhin steigen im Blut die Werte von Myoglobin, Aspartat-Aminotransferase und Laktatdehydrogenase an.

Entzündungswerte. Als Zeichen der entzündlichen Vorgänge sind Blutsenkungsgeschwindigkeit und CRP erhöht, meist auch die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozytose).

Autoantikörper. Etwa die Hälfte der Patient*innen weist erhöhte antinukleäre Antikörper (ANA) auf. Diese kommen allerdings auch bei anderen Autoimmunerkrankungen vor. Spezifisch für Polymyositis und Dermatomyositis sind dagegen Mi-2-Antikörper und Anti-Jo-1-Antikörper. Nachweisbar sind diese beiden Autoantikörper allerdings nur bei bis zu 30 % der Betroffenen.

Technische Verfahren

Bildgebung. Mit dem Ultraschall und der Kernspintomografie lassen sich Muskelschwellungen und Unregelmäßigkeiten der Muskelfasern gut erkennen.

Elektromyografie. Die Aktivität eines Muskels überprüft die Ärzt*in mithilfe der Elektromyografie (EMG). Betroffene Muskeln weisen darin eine veränderte elektrische Aktivität als Zeichen der Entzündung auf.

Muskelbiopsie. Entscheidend für die Diagnose ist die Muskelbiopsie. Darin finden sich abgestorbene Muskelfasern und eine hohe Anzahl von Immunzellen (T-Lymphozyten).

Spezialuntersuchungen zum Nachweis von Organmanifestationen. Mit Röntgen und Lungenfunktionsprüfungen weist die Ärzt*in eine Lungenbeteiligung nach. Bei Schluckproblemen kommen Ösophagus-Breischluck und Ösophagus-Manometrie zum Einsatz. Das Herz wird in der Regel mit EKG und Herzecho kontrolliert.

Tumorsuche

Weil die Polymyositis und im Besonderen die Dermatomyositis bei älteren Patient*innen oft mit Tumoren vergesellschaftet sind, muss die Ärzt*in bei bestätigter Diagnose nach einem bösartigen Tumor fahnden. Dazu gehören neben der gründlichen körperlichen Untersuchung u. a. das Röntgen von Lunge und Brustkorb, eine Koloskopie und die Ultraschalluntersuchung der inneren Organe. Bei Frauen kommen noch eine Mammografie und eine gynäkologische Untersuchung dazu.

Differenzialdiagnosen. Muskelschwäche und -schmerzen sind auch die Hauptbeschwerden bei zahlreichen anderen muskulären Erkrankungen. Dazu gehören die Polymyalgia rheumatica, die Myasthenie und medikamenteninduzierte Muskelerkrankungen, z. B. durch die Einnahme von Statinen. Eine weitere wichtige Differenzialdiagnose ist die Einschlusskörpermyositis.

Behandlung

Ziel der Behandlung ist die Verbesserung der Muskelkraft, die Verminderung der entzündlichen Vorgänge und die Vermeidung von Komplikationen.

Akuttherapie. Basis der medikamentösen Behandlung ist Kortison (z. B. Prednisolon), das zunächst hochdosiert verabreicht wird. Bessern sich die Beschwerden, reduziert die Ärzt*in die Kortisondosis schrittweise. Dabei orientiert man sich an den Muskelenzymen, die die Aktivität der Krankheit gut widerspiegeln. Ist die Erkrankung schon im Akutstadium schwer oder sind Organe beteiligt, kommen gleich Immunglobuline oder Immunsuppressiva zum Einsatz.

Langzeittherapie. Die Langzeittherapie besteht aus einer niedrig dosierten Kortisondosis und einem Immunsuppressivum (z. B. Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Methotrexat) für den Zeitraum von ein bis drei Jahren.

Spricht die Erkrankung auf die Behandlung nicht an, empfehlen die Leitlinien Wirkstoffe wie Rituximab, Tacrolimus (vor allem bei Lungenbeteiligung) und Cyclophosphamid. Eine weitere Therapieoption bei Therapieresistenz sind intravenös verabreichte, hoch dosierte Immunglobuline (IVIG).

Operation. Ist die Erkrankung mit einem Tumor assoziiert, führt häufig dessen Entfernung zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden.

Behandlung von Schluckstörungen

Schluckstörungen sind bei Poly- und Dermatomyositis häufig und schränken die Lebensqualität der Betroffenen stark ein. Zur Behandlung gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Logopädie. Dabei stärkt man die Sprech- und Schluckmuskulatur mithilfe bestimmter Übungen.
  • IVIG. Intravenös verabreichte Immunglobuline haben einen positiven Einfluss auf die Speiseröhrenmuskulatur.
  • Botulinumtoxin-Injektionen. Mit der Injektion von Botulinumtoxin (Botox, bekannt zur Behandlung von Mimikfalten) lässt sich die Muskulatur der Speiseröhre entspannen und das Schlucken erleichtern.
  • Myotomie und Ballondilatation. Bei diesen Verfahren wird die Speiseröhre von innen durch einen Schlauch behandelt (Endoskopie). Mithilfe der Ballondilatation dehnt man sie vorsichtig auf, bei der Myotomie durchtrennt die Chirurg*in gezielt bestimmte Muskelschichten.

Lassen sich die Schluckstörungen mit keiner der Methoden beherrschen, legen die Ärzt*innen eine Magensonde durch die Bauchwand (PEG-Sonde).

Physiotherapie

In der Akutphase ist körperliche Anstrengung verboten, häufig ist sogar Bettruhe erforderlich. Um die Gelenke beweglich zu halten, werden zunächst nur passive Übungen durch die Krankengymnast*in durchgeführt. Ist die Krankheitsaktivität unter Kontrolle, stehen aktive Übungen an. Sie dienen dazu, die Kraft der betroffenen Muskeln zu erhalten bzw. zu verbessern.

Prognose

Der Verlauf der Polymyositis ist sehr variabel, die Erkrankung kann unter Therapie sowohl zum Stillstand kommen als auch weiter fortschreiten.

Bei der Dermatomyositis ist die Prognose eher schlecht. Etwa ein Viertel der Betroffenen leidet langfristig unter Muskelschwäche und einer daraus folgenden Behinderung. In den ersten zwei Jahren nach Diagnose versterben etwa 30 % der Patient*innen, vor allem an den häufig zugrundeliegenden Tumorerkrankungen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Körperlich schonen. In der akuten Phase der Erkrankung belastet körperliche Aktivität die Muskulatur zusätzlich. Deshalb sollte man sich während akuter Schübe schonen und eine verordnete Bettruhe unbedingt einhalten.

Muskelkraft trainieren. Außerhalb der akuten Phasen gilt es, die verbleibende Muskelkraft zu erhalten oder sogar zu verbessern. Mithilfe der Physiotherapie sollten entsprechende Übungen erlernt und regelmäßig durchgeführt werden.

Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Bei chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankungen ist es wichtig, dass die Ärzt*in die Medikamente regelmäßig an die Krankheitsaktivität anpasst. Außerdem müssen bei einigen der verordneten Wirkstoffe immer wieder das Blutbild und andere Laborwerte kontrolliert werden.

Vor UV-Strahlung schützen. Sonnenlicht verschlimmert die Hautveränderungen bei Dermatomyositis. Deshalb sollten Betroffene starke Sonneneinstrahlung unbedingt meiden und sich im Freien durch entsprechende Kleidung und Sonnencreme vor UV-Strahlung schützen.

Weiterführende Informationen

Die Myositis-Gruppe der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. bietet auf ihrer Webseite Informationen, Veranstaltungstipps und Hilfe zur Selbsthilfe für Betroffene. 

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was Männerknochen stabil hält

Die Milch macht`s - auch im Kampf gegen die männliche Osteoporose.

Was Männerknochen stabil hält

Osteoporose vorbeugen

Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch Männerknochen werden mürbe – und das meist mit drastischeren Folgen als bei Frauen. Lesen Sie hier, wann auch Männer an eine Osteoporose denken sollten und wie das Vorbeugen gelingt.

Später Bruch mit schweren Folgen

Eigentlich sind Männer in Sachen Knochenstabilität klar im Vorteil: Denn bei Ihnen ist die sogenannte „Knochenmasse“ in aller Regel prinzipiell höher als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Männer keine Menopause durchmachen – also die Phase, in der Frauen hormonell bedingt am schnellsten und am meisten Knochenmasse verlieren. Doch auch bei Männern gilt: Nach dem dritten Lebensjahrzehnt nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab. Und zwar so stark, dasswahrscheinlich jeder zehnte Mann über 65 von Osteoporose betroffen ist.

Bei Männern reduziert sich die Knochenmasse allerdings eher schleichend. Deshalb kommt es bei im Vergleich zu Frauen meist erst viel später zu osteoporotischen Knochenbrüchen. Weil die betroffenen Männer dann aber schon sehr alt sind, stecken sie den Bruch deutlich schlechter weg als die vergleichsweise früher betroffenen Frauen. So zeigen Studien, dass über ein Drittel der Männer mit Hüftfraktur im ersten Jahr nach dem Trauma verstirbt. Und diejenigen, die überleben, kommen oft nicht mehr richtig auf die Beine.

Warum Männerknochen brechen

Und noch einen weiteren Unterschied zur „weiblichen“ Osteoporose gibt es. Frauen leiden in den meisten Fällen unter einer primären Osteoporose. Dazu zählt die Osteoporose auf Grund des altersbedingten Knochenabbaus und die postmenopausale Osteoporose. Die primäre Osteoporose wird begünstigt durch falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.

Bei Männern hingegen ist die Osteoporose meist – in zwei Drittel der Fälle -sekundär, d.h., der Auslöser sind andere Erkrankungen wie z. B.

  • Hormonstörungen wie Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperparathareoidismus
  • rheumatische Erkrankungen
  • Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • alkoholische Lebererkankung, Alkoholismus.

Auch die Einnahme von Medikamenten kann zu einer sekundären Osteoporose führen. Besonders häufig ist dies bei Glukokortikoiden der Fall. Hier kommt es manchmal schon nach drei Monaten Glukokortikoidtherapie zu einer verringerten Knochendichte. Ebenfalls begünstigt wird die Osteoporose durch Arzneimittel gegen männliche Geschlechtshormone, die beim Prostatakrebs verschrieben werden. Weitere knochengefährdende Arzneimittel sind Protonenpumpeninhibitoren zur Behandlung von Magengeschwüren, bestimmte Antidepressiva (SSRI), Insulinsensitizer zur Behandlung des Diabetes mellitus oder Antiepileptika und Immunsuppressiva.

Tipp: Mit Hilfe eines Online-Tests kann man das eigene Osteoporose-Risiko abschätzen. Wer dabei mehr als fünf Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte das Thema Osteoporose bei der behandelnden Ärzt*in ansprechen.

Obacht bei Rückenschmerzen im Alter!

Leider ist es für Männer oft gar nicht so leicht, eine Osteoporose zu erkennen. Erst spät stellen sich Rückenschmerzen ein, z. B., wenn es durch den Knochenschwund zu Wirbelkörperbrüchen gekommen ist. Häufig wird eine Osteoporose auch dann entdeckt, wenn sich der Betroffene bei einem leichten Sturz Arm, Bein oder Hüfte bricht.

b aufgrund von Rückenschmerzen oder zur Abklärung eines verdächtigen Knochenbruchs: Diagnostiziert wird die Osteoporose mit bildgebenden Verfahren. Die Knochendichtemessung (Dual X-ray-Absorptiometry, kurz DEXA) gibt Auskunft über die Qualität des Knochens. Gemessen wird an der Lendenwirbelsäule, am Oberschenkelhals und am Oberschenkelknochen. Das Ergebnis ist der T-Wert, der die sogenannte Knochenmineraldichte widerspiegelt. Ausschlaggebend für die Diagnose ist der niedrigste der drei ermittelten Werte. Ein T-Wert ≤2,5 gilt nach Vorgaben der WHO als Osteoporose. Bei Werten zwischen -1 und -2,5 handelt es sich um eine Osteopenie, die Vorstufe der Osteoporose.

Neben der Knochendichtemessung helfen beim Verdacht auf Osteoporose auch konventionelle Röntgenaufnahmen. Sie zeigen auf, ob es schon zu osteoporotischen Veränderungen oder unbemerkten Brüchen an den Wirbelkörpern gekommen ist. Im Zweifel wird auch eine Kernspinuntersuchung herangezogen, da diese Veränderungen im Knochen noch deutlicher darstellt.

Blutuntersuchungen gehören beim Abklären einer Osteoporose ebenfalls dazu. Sie geben nicht nur Aufschluss darüber, wie es mit dem Kalzium- und dem Vitamin-D-Haushalt aussieht. Die Bestimmung von Hormonen, Nieren- und Leberwerten lässt zwischen einer primären und einer sekundären Osteoporose unterscheiden und die Ursache für eine zugrundeliegende Erkrankung erkennen.

Kalzium, Vitamin D und Osteoporosemedikamente

Basis für die Knochengesundheit ist seine ausreichende Versorgung mit Kalzium (siehe unten). Ob neben der Ernährung eine zusätzliche Kalziumgabe in Form von Tabletten erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in. Das gleiche gilt für Vitamin D. Je nachdem wie hoch die Vitamin-D-Werte im Blut sind sind, rät die Ärzt*in zur Einnahme von Vitamin-D-Tabletten. Empfohlen wird dabei meist eine Tagesdosis von 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten).

Spezielle Osteoporosemedikamente verbessern die Knochendichte und beugen damit Knochenbrüchen vor. Es gibt zwei Wirkansätze: Antiresorptive Substanzen wie Bisphosphonate oder Denosumab hemmen den Knochenabbau. Osteoanabole Wirkstoffe wie das Parathormon-Analogon Teriparatid fördern den Knochenaufbau Ihr Einsatz hängt von der gemessenen Knochendichte und dem Alter ab. Je älter der Patient ist, desto früher sollte damit begonnen werden. Nach den Leitlinien sollen Männer unter 50 Jahren bei einem T-Wert ≤ -4,0 spezifische Osteoporosemedikamente erhalten, 75-jährige Männern dagegen schon bei einem T-Wert ≤ -2,0.

  • Bisphosphonate wie Alendronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen und beugen nachgewiesenermaßen Knochenbrüchen vor. Ist noch kein osteoporotischer Knochenbruch aufgetreten, empfehlen Expert*innen die Einnahme für drei Jahre. Nach dem Absetzen geht man davon aus, dass der Knochen eine geraume Zeit stabil bleibt. Um dies zu überwachen sind regelmäßige Knochendichtemessungen erforderlich. Bisphoshonate können zu Magen-Darm-Unverträglichkeiten bis hin zu Magen- und Speiseröhrengeschwüren führen. Damit es dazu nicht kommt gelten folgende Einnahmeregeln:
    • Tabletten immer morgens auf nüchternem Magen und in aufrechter Position einnehmen.
    • Dazu ein großes Glas Leitungswasser trinken.
    • Das Frühstück frühestens eine halbe Stunde später einnehmen (bei anderen Bisphosphonaten wie Etidronat muss man sogar zwei Stunden nüchtern bleiben).
    • Frühestens 30 Minuten nach Einnahme des Wirkstoffs wieder hinlegen.
    • Um die Aufnahme der Wirkstoffe zu gewährleisten sind andere Medikamente nur mit größerem zeitlichen Abstand einzunehmen. Entscheidend dafür sind die Hinweise im Beipackzettel des jeweiligen Bisphosphonats.

  • Denosumab. Ein weiterer Hemmstoff des Knochenabbaus ist der Antikörper Denosumab. Er ist speziell zugelassen für Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Hormonablationstherapie unterziehen (also künstlich den Testosteronspiegel gesenkt bekommen) und dadurch ein erhöhtes Osteoporose- und Knochenbruchrisiko haben. Er wird alle sechs Monate unter die Haut gespritzt.
  • Teriparatid. Für Männer mit besonders ausgeprägter Osteoporose und hohem Knochenbruchrisiko steht auch noch ein knochenaufbauender Wirkstoff zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Analogon des körpereigenen Parathormons mit Namen Teriparatid. Es darf 24 Monate lang verabreicht werden, danach wird eine Therapie mit knochenabbauhemmenden Substanzen angeschlossen.

Insgesamt haben spezifische Osteoporosemedikamente eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, weshalb sie meist nur für einen gewissen Zeitraum eingesetzt werden.

Hinweis: Bei der sekundären Osteoporose ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung essenziell, damit sich der Knochen erholen kann. Ist die Ursache des Knochenabbaus ein Medikament, muss die Ärzt*in prüfen, ob man dieses vielleicht absetzen oder austauschen kann.

Gezielt turnen und ins Korsett

Zum Behandlungskonzept bei Osteoporose gehören auch physiotherapeutische Maßnahmen. Denn nur durch gezielte Übungen lässt sich die Beweglichkeit erhalten oder wiederherzustellen. Durch die Belastung bessern sich auch der Knochenstoffwechsel und der Aufbau von Knochensubstanz. Ein spezielles Gang- und Standtraining soll zudem Stürzen vorbeugen.

Vor allem nach osteoporosebedingten Wirbelkörperbrüchen bekommt die Patient*in häufig ein modernes Stützkorsett verschrieben. Je nach Variante richten sie den Körper auf, geben Halt und fördern die aktive Korrektur der Wirbelsäule. Dadurch werden nicht nur die Schmerzen gelindert. Das Korsett ermöglicht auch, die Mobilität zu erhalten und Stürze zu verhindern.

Hinweis: Männer sind im Alter häufig weniger autark als Frauen. Für sie sind daher Rehabilitationsmaßnahmen besonders wichtig, um ein ausreichendes Maß an Selbstständigkeit zu gewinnen oder bewahren.

Gesunder Lebensstil beugt vor

Vor einer Osteoporose ist niemand gefeit, denn älter wird jeder und weitere Risikofaktoren dafür gibt es viele. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber zumindest der primären Osteoporose vorbeugen:

  • Körperlich aktiv bleiben. Bewegung hält nicht nur den Knochen stark, sondern auch die ihn stützenden und führenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Am besten ist es, täglich zu trainieren. Schon dreißig Minuten flottes Spazierengehen, Joggen oder Walken bringen den Stoffwechsel auf Trab und fördern damit auch die Versorgung des Knochens mit den nötigen aufbauenden Substanzen. Wer zusätzlich Muskelkraft und Koordination trainiert, beugt zudem Stürzen und damit Knochenbrüchen vor. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Programme gegen Osteoporose an. Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Kosten oder zumindest einen Teil davon übernimmt.
  • Knochenfreundlich ernähren. Eine gesunde Ernährung ist das A und O für den Knochenaufbau. Empfohlen wird die Aufnahme von 1000 bis 1500 mg Kalzium pro Tag. Gut geeignet sind Milch, Käse und Joghurt, aber auch Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Eine Scheibe Emmentaler (30 g) enthält beispielsweise etwa 330 mg Kalzium, ein Glas Milch oder Kefir 240 mg. Spitzenreiter bei den Gemüsen sind gegarter Blattspinat (310 mg Kalzium pro 210-g-Portion) und gegarter Grünkohl (280 mg/160 g). Andere wichtige Substanzen wie Folsäure, Kalium und Vitamin B12 sind in einer gesunden Mischkost meist ohnehin ausreichend erhalten.
  • Untergewicht vermeiden. Untergewicht ist ein Risikofaktor für die Osteoporose. Außerdem ist eine Gewichtsabnahme im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden. Der ideale Body Mass Index liegt zwischen 20 und 25.
  • Raus an die frische Luft! Sonnenlicht fördert die Bildung von Vitamin D, das im Körper zu Calcitriol umgebaut wird. Calcitriol ist wiederum notwendig, damit Kalzium über den Darm aufgenommen und in den Knochen eingebaut wird. Liegt ein Vitamin-D-Mangel vor, ist nach ärztlichem Rat die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten zu erwägen.
  • Rauchen und Alkohol vermeiden. Rauchen verengt die Blutgefäße und verschlechtert dadurch die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen. In der Folge ist der Knochenaufbau gestört und es entwickelt sich leichter eine Osteoporose. Auch übermäßiger Alkoholkonsum reduziert die Knochendichte: Alkohol hemmt die knochenaufbauenden Zellen und hat negative Wirkungen auf den Vitamin-D-Stoffwechsel.

Hinweis: Kalzium ist essenziell für die Knochen. Zuviel Kalzium ist aber auch nicht gesund. Bei einer täglichen Zufuhr über 1500 mg wird das Mineral über die Niere wieder ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, lagert sich das im Organismus angesammelte Kalzium in Gefäßen und Geweben ab und trägt zur Verkalkung bei.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 35, S. 4, RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Maples Images/Shutterstock.com