Gesundheit heute

Pseudogicht

Pseudogicht (Chondrokalzinose, Gelenkverkalkung): Durch Ablagerung von Kalziumsalzkristallen ausgelöste Gelenkerkrankung, die zu Schmerzen und Gelenkzerstörung führen kann. Die akute Form ähnelt einem Gichtanfall. Betroffen sind vor allem das Kniegelenk und Fingergelenke. Bei der chronischen Form kommt es entweder in Schüben oder dauerhaft zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen großer und kleiner Gelenke. Bei rund 1 % der Bevölkerung liegt eine Pseudogicht vor, wobei die Häufigkeit mit dem Alter stark zunimmt: 6 % der 60- bis 70-Jährigen und 30 % der über 80-Jährigen sind betroffen. Behandelt wird die Erkrankung mit physikalischen Maßnahmen und entzündungshemmenden Medikamenten. In schweren Fällen helfen Gelenkspritzen mit Kortison oder die chirurgische Entfernung der chronisch entzündeten Gelenkinnenhaut.

Hinweis: Die Pseudogicht und die Gicht unterscheiden sich durch die Ablagerungen, die in den Gelenken zur Entzündung führen. Bei der Gicht sind dies Uratkristalle, bei der Pseudogicht Kalziumsalzkristalle.

Symptome und Leitbeschwerden

·         Beim akuten Anfall: plötzlich einsetzende Schmerzen mit deutlicher Schwellung in großen Gelenken

·         Beim chronischen Verlauf: Gelenkbeschwerden mit Anlauf-, Bewegungs- und Ruheschmerz

  • Plötzlich auftretende Schmerzattacken an den Gelenken, begleitet von Schwellungen und Rötungen (akute Pseudogicht), am häufigsten betroffen ist dabei das Knie

  • Immer wieder auftretende Schmerzschübe

  • Dauerhafte Gelenkschmerzen, z. T. mit Fieber und Krankheitsgefühl (chronische Pseudogicht)

  • Möglich sind auch radiologische Zufallsbefunde bei völliger Beschwerdefreiheit.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, bei

  • Schmerzen in den Gelenken.

Die Erkrankung

Bei der Pseudogicht kommt es durch die Verkalkungen von Gelenken zu ähnlichen Beschwerden wie bei der "echten" Gicht. Bei Letzterer werden Harnsäurekristalle (Uratkristalle) in den Gelenken abgelagert, im Fall der Pseudogicht dagegen kristallines Kalziumsalz (Kalziumpyrophosphatdihydrat, CAPPD).

Kristallines Kalziumsalz entsteht aus Hydroxylapatit, einer Verbindung aus Kalzium und Phosphaten. Hydroxylapatit kommt im Körper häufig vor, weil es etwa 40 % der Hartsubstanz aller Knochen ausmacht und ihnen Stabilität und Festigkeit verleiht. Aus noch unklaren Gründen kommt es bei der Pseudogicht zu einer vermehrten Bildung oder einem verminderten Abbau bestimmter Knochen- und Knorpelzellen. In der Folge reichert sich das Kalziumsalz in den Gelenken an. Ab einer bestimmten Sättigung wird das Salz dann als Kristalle ausgefällt, die im Gelenk wie Schmirgelpapier wirken. Der Spiegel von Kalziumpyrophosphatdihydrat im Blut ist bei den Betroffenen nicht erhöht. Auch dies unterscheidet sich von der Gicht, die auf einem Anstieg von Harnsäure im Blut beruht.

Ursachen

Die Pseudogicht kommt in zwei Varianten vor. Bei der häufigeren primären oder idiopathischen Form lässt sich kein Auslöser erkennen, sie tritt vor allem im Alter auf. Ein Teil davon könnte auf einer angeborenen Störung beruhen. Dafür spricht, dass die Pseudogicht in manchen Familien gehäuft vorkommt.

Die sekundäre Pseudogicht entsteht im Rahmen anderer Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise bei der Hämochromatose, dem Hyperparathyreoidismus, der Hypophosphatasie und sogar im Rahmen einer echten Gicht.

Sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Form können die Anfälle durch äußere Einflüsse wie Gelenkverletzungen, Operationen und Infektionen ausgelöst werden.

Klinik

Die Gelenkentzündungen und -verkalkungen machen sich akut als schmerzende Pseudogichtanfälle bemerkbar. Häufig betroffen ist das Kniegelenk, etwas seltener Hand-, Ellenbogen-, Sprung-, Hüft- und Schultergelenk sowie die Wirbelsäule. Die Anfälle dauern Tage bis Wochen und treten oft schubweise mit beschwerdefreien Intervallen dazwischen auf.

Bei der chronischen Form kommt es zu einer dauerhaften Gelenkentzündung mit Gelenkschmerzen, ähnlich wie bei einer rheumatoiden Arthritis. Auch sie kann in Schüben aufflackern. Dann werden die Schmerzen stärker, bei manchen Patient*innen entwickeln sich vorübergehend auch Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl.

Diagnosesicherung

Erfahrene Ärzt*innen können die Kalziumkristalle schon bei der Ultraschalluntersuchung des schmerzenden Gelenks ausfindig machen. Das Röntgenbild bestätigt dann die Diagnose. Darin sind die Kalkeinlagerungen im Gelenkknorpel meist gut zu sehen.

Auch mithilfe einer Gelenkpunktion lässt sich die Pseudogicht nachweisen. In der dadurch gewonnenen Flüssigkeit (dem Punktat) finden sich unter dem Mikroskop die typischen Kristalle.

Im Rahmen der Diagnose muss immer geklärt werden, ob es sich um eine primäre oder eine sekundäre Pseudogicht handelt. Um zugrundeliegende Stoffwechselerkrankungen auszuschließen, helfen vor allem Laboruntersuchungen weiter.

Differenzialdiagnosen. Am häufigsten wird die Pseudogicht mit einer echten Gicht und der rheumatoiden Arthritis verwechselt. Aber auch die Arthrose und andere rheumatische Erkrankungen wie z.B. die reaktive Arthritis können sich in ähnlicher Weise zeigen.

Behandlung

Im Unterschied zur Gicht gibt es bei der Pseudogicht keine ursächliche Behandlung, d. h. die Bildung der Kalziumkristalle im Gelenk lässt sich nicht verhindern. Stattdessen bekämpft man Entzündung und Schmerzen und versucht, eine drohende Gelenkschädigung aufzuhalten.

  • Kühlen und Schmerzmittel. Im akuten Anfall soll das Gelenk geschont und mit Umschlägen oder Kühlpacks gekühlt werden. Meist verordnet die Ärzt*in außerdem entzündungshemmende Schmerzmittel wie NSAR.

  • Kortison. Bei ausgeprägten Gelenkschmerzen spritzt die Ärzt*in auch Kortison in das betreffende Gelenk, um Schmerzen und Entzündung einzudämmen. Manchmal bekommt die Patient*in auch für einige Tage Kortison in Tablettenform verschrieben.

  • Gelenkpunktion. Ein größerer Gelenkerguss wird punktiert, um die störende Flüssigkeit daraus abzuziehen. Das Punktat lässt sich dann auch diagnostisch nutzen.

  • Colchizin. Leidet die Patient*in immer wieder unter akuten Anfällen, kann vorbeugend das klassische Gichtmedikament Colchicin versucht werden – es hilft allerdings nicht in allen Fällen. Manche Ärzt*innen verordnen auch Magnesium. Das Spurenelement soll die Häufigkeit der Schübe reduzieren.

Handelt es sich um eine sekundäre Pseudogicht, muss neben den akuten Schmerzattacken auch die zugrundeliegende Erkrankung behandelt werden.

Operative Verfahren

Chronische Verlaufsformen machen mitunter Operationen notwendig. Lässt sich die Entzündung im Gelenk gar nicht beeinflussen, kann man z. B. im Rahmen einer Gelenkspiegelung die entzündete und verkalkte Gelenkinnenhaut entfernen (Synovektomie). Bei stark angegriffenen oder zerstörten Gelenken ist auch ein Gelenkersatz, d. h. eine Gelenkprothese, zu erwägen.

Prognose

Die Prognose variiert bei der Pseudogicht sehr. Beschwerdefreie Verläufe sind ebenso möglich wie die Entwicklung von Gelenkschäden und damit einer Arthrose bei chronischem Verlauf.

Ihre Apotheke empfiehlt

Kälte. Bei akuten Schmerzen hilft Kälte – entweder als Kühlpack oder als kühlender Umschlag auf dem betroffenen Gelenk. Kühlpacks nie direkt auf die Haut legen, sondern immer in ein Tuch einschlagen. Sonst kann es zu Erfrierungen der Haut kommen.

Wärme. Im chronischen Stadium hilft es oft, das Gelenk mit Rotlicht oder einem Wärmekissen zu wärmen. Dadurch verbessert sich die Durchblutung und die Muskulatur entspannt. Nehmen die Schmerzen dabei zu, sollte die Behandlung unterbrochen werden.

Ernährung. Spezielle Ernährungsempfehlungen gibt es für die Pseudogicht nicht. Insgesamt empfehlen die Ärzt*innen, wie bei rheumatischen Erkrankungen, häufig die Mittelmeerdiät. Sie soll durch die verminderte Aufnahme von Zucker und Salz sowie Zurückhaltung bei Alkohol und tierischen Fetten antientzündlich wirken und damit die Beschwerden lindern.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schuhwerk für den Rheumafuß

Ob hier passende Schuhe für Rheumafüße dabei sind?

Schuhwerk für den Rheumafuß

Damit nichts drückt

Schuhe müssen passen, damit der Fuß nicht leidet. Das gilt besonders für Füße, die von einer rheumatoiden Arthritis geplagt werden. Doch worauf müssen Rheumapatient*innen beim Schuhkauf achten?

Vom Druck zum Geschwür

Rheuma geht in vielen Fällen auf die Füße: Im Verlauf der Erkrankung kommt es durch die entzündlichen Prozesse zu Knochenanbauten und Gelenkzerstörungen. Da sind deformierte Füße und Druckstellen vorprogrammiert, erklärt Rheumatologe Ralph Gaulke.

Druckstellen am Fuß sind aber nicht nur unangenehm. Durch die langfristige punktuelle Drucküberlastung entwickeln sich leicht Geschwüre. Diese werden zusätzlich durch die häufig eingesetzten Antirheumatika begünstigt. Methotrexat führt beispielsweise dazu, dass die Haut dünner und empfindlicher wird. Außerdem greift es die Nervenbahnen an, wodurch ein warnender Druckschmerz manchmal gar nicht wahrgenommen wird. Die Betroffenen merken dann gar nicht, wenn sie sich wund laufen.

Fußvisite und passende Schuhe

Alarmzeichen für drohende Geschwüre sind Druckstellen und Rötungen. Um diese nicht zu übersehen, sollten Rheumapatient*innen täglich ihre Füße inspizieren. Und zwar von oben und von unten, am besten mit einem Spiegel. Zeigen sich dabei verdächtige Hautareale, ist der Rat einer Ärzt*in gefragt.

Um Druckstellen überhaupt zu vermeiden, müssen die Schuhe passen. Ob orthopädisches Schuhwerk oder normale Treter, auf diese Aspekte kommt es besonders an:

  • Das Obermaterial sollte immer weich und ohne drückende oder reibende Nähte sein.
  • Länge und Weite des Schuhs müssen ausreichend sein, es darf nirgendwo drücken und es sollte zwischen den Zehen und Schuhvorderkante sollte noch etwas Platz sein.
  • Um so wenig Gewicht wie möglich auf den Vorfuß zu bringen, sollte auf Absätze verzichtet werden.
  • Der Schuh sollte wenig wiegen, denn viele Rheumapatient*innen haben es auch mit Arthrose in Knie- und Hüftgelenk zu tun.
  • Klettverschlüsse sind ideal für Patienten, die aufgrund von Rheuma auch Probleme mit den Händen haben.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Westend61/imago-images.de