Gesundheit heute

Ballenzehe, Hammerzehe und Krallenzehe

Ballenzehe (Hallux valgus): Heraustreten des Großzehengrundgelenks zur Seite, oft mit Druckstellen und Schmerzen verbunden. Betroffen sind v. a. ältere Frauen mit Spreizfuß. Zu den Ursachen zählen erbliche Anlagen und ungeeignetes Schuhwerk. Als Spätfolge entsteht oft eine Arthrose im Großzehengrundgelenk (Hallux rigidus). Bei ungenügender Wirkung entlastender Maßnahmen ist manchmal eine Operation erforderlich.

Hammerzehe und Krallenzehe: Schmerzhafte Fehlstellung der Zehen II bis V zum Fußrücken hin mit gleicher Ursache wie beim Ballenzeh. Der Hammerzeh ist charakterisiert durch eine fixierte Beugung des Zehenendgelenks, der Krallenzeh durch eine Überstreckung des Grundgelenks mit gebeugtem Mittelgelenk. Wenn entlastende Therapiemaßnahmen nicht ausreichen, hilft eine operative Verkürzung der betroffenen Zehen.

Leitbeschwerden

Ballenzehe:

  • Fehlstellung der großen Zehe
  • Schmerzen besonders beim Gehen
  • Rötung des Großzehengrundgelenks.

Hammer- und Krallenzehen:

  • Herausstehen der kleinen Zehengelenke nach oben
  • Schmerzen und Hautverdickung an der Oberseite der Zehen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei allen schmerzhaften Fehlstellungen der Zehen.

Die Erkrankung

Ursache der Ballenzehe ist ein Absinken des Fußquergewölbes (Spreizfuß) bedingt durch erbliche Veranlagung und äußere Faktoren, z. B. häufiges Stehen oder falsches Schuhwerk mit hohem Absatz und engem Zehenbereich. Die Spreizung der Mittelfußknochen führt zum seitlichen Heraustreten des Großzehengrundgelenks. Ein Ballenzeh macht zunächst nur geringe Beschwerden. Die Fehlstellung belastet jedoch das Gelenk und verursacht häufig eine Arthrose mit nachfolgender Versteifung, den Hallux rigidus. Außerdem kommt es längerfristig oft zu knöchernen Anbauten (Exophyten) am Köpfchen des ersten Mittelfußknochens und begleitend zur Bildung von Hornhautschwielen und häufig entzündeten Schleimbeuteln. Da das Abrollen des Fußes beim Gehen über das Großzehengrundgelenk erfolgt, sind diese Umbauvorgänge stets schmerzhaft und mit einer Einschränkung der Gehstrecke verbunden.

Ein Absinken des Längs- und/oder Quergewölbes beim Spreizfuß oder Plattfuß verkürzt die Beugesehnen der zweiten bis fünften Zehe. Als Folge weichen die Zehen in Hammer- oder Krallenstellung nach oben aus. Im Frühstadium lassen sie sich häufig noch passiv in ihre normale Position zurückführen; im weiteren Verlauf versteifen sie zunehmend und wirken schließlich oft verkrüppelt. Die Fehlstellung führt manchmal dazu, dass benachbarte Zehen übereinanderliegen. In Einzelfällen rutschen die Zehen sogar vollständig aus dem Grundgelenk heraus. Die Fehlstellungen bereiten oft keine Schmerzen, sie verursachen jedoch in ungeeigneten, zu engen Schuhen schmerzhafte Druckstellen und Schwielen, typischerweise an der Oberseite der Mittelgelenke und an den Zehenbeeren (Unterseite der Zehenspitzen).

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Die Diagnose stellt der Arzt mit einem Blick auf den Fuß. Vor geplanten Operationen sind Röntgenaufnahmen beider Füße im Stehen erforderlich, um die Verhältnisse bei Belastung wiederzugeben. Besonders bei Ballenzehen ist der Winkel der Abweichung ausschlaggebend für die Wahl des Operationsverfahrens. Die veränderten Belastungsverhältnisse bei begleitenden Fußdeformitäten lassen sich durch Fußabdrücke auf Blaupapier, Podografie oder Podoskopie nachweisen.

Therapie. Bei mäßig schmerzenden Ballenzehen helfen oft weite Schuhe mit einer vorderen Abrollhilfe, einer Verstärkung der Sohle im Vorfußbereich. Auch Einlagen und druckentlastende Schaumstoffpolster bringen manchmal Erleichterung. Gelegentlich verordnet der Arzt sogar auf Maß gefertigte orthopädische Schuhe. Sind diese Maßnahmen nicht ausreichend, um Schmerzen und wiederkehrende Ballenentzündungen zu verhindern, bleibt nur eine operative Behandlung. Sie hat zum Ziel, das Köpfchen des Gelenks wieder in eine gerade Linie zwischen Mittelfuß und Großzehe zu bringen. Hierzu durchtrennt der Operateur den ersten Mittelfußknochen, stellt ihn um und verschraubt oder verplattet ihn anschließend wieder. Besteht bereits eine Arthrose, sind andere Operationsmethoden erforderlich, z. B. eine Versteifung oder der Einsatz eines künstlichen Gelenks (Endoprothese).

Hammer- und Krallenzehen behandelt der Arzt mit konservativen Maßnahmen, solange die Fehlstellung noch passiv ausgleichbar ist. Zum Therapierepertoire gehören Spreizfußeinlagen, Nachtschienen und Zügelverbände; Letztere haben geringe Erfolgsaussichten. Fixierte Fehlstellungen, die starke Beschwerden verursachen, erfordern eine Operation. Bei der gängigsten Methode nach Hohmann entnimmt der Operateur einen kleinen Knochenanteil aus dem Zehengrundglied und verkürzt dadurch die betroffene Zehe. Diese Maßnahme bewirkt eine relative Verlängerung der Beugesehne und erlaubt damit wieder eine normale Streckung in den Zehengelenken. Der Eingriff ist meist ambulant in örtlicher Betäubung durchführbar.

Nach den meisten Vorfußoperationen verordnet der Arzt für mehrere Wochen einen Entlastungsschuh. Anschließend empfiehlt er das dauerhafte Tragen von Einlagen, die das abgesunkene Längs- und Quergewölbe des Fußes unterstützen. Nur auf diese Weise lässt sich das Operationsergebnis langfristig sichern.

Selbsthilfe

Das Tragen von bequemen, weichen Schuhen oder Sandalen hilft, schmerzhafte Druckstellen, Schwielen und Hühneraugen zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Stark druckbelastete Stellen können oft durch eine zusätzliche Polsterung mit Filzringen oder Gummikissen geschützt werden. Sind bereits Schwielen oder Hühneraugen entstanden, können diese nach vorherigem Einweichen schrittweise abgetragen werden.

Komplementärmedizin

Auch wenn sie keinen Einfluss auf die Zehfehlstellung selbst haben, scheinen begleitend eingesetzte komplementärmedizinische Methoden wie Magnettherapie, Akupunktur und Homöopathie in einigen Fällen die durch die Fehlbelastung hervorgerufenen Schmerzen zu lindern.

Von: Dr. med. Martin Schäfer und Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Knie-OP: Physio geht auch per Video

Mit einer genauen Anleitung lässt sich eine Physiotherapie auch per Video erfolgreich durchführen.

Knie-OP: Physio geht auch per Video

Nach der Knie-Prothesen-OP

Nach dem Einpflanzen einer Knieprothese ist erstmal die Rehabilitation angesagt. Ein wichtiger Teil davon ist die Physiotherapie. Die klappt auch gut mit virtueller Anleitung.

Ohne Reha geht es nicht

Damit ein künstliches Kniegelenk (Knie-TEP) gut einheilt und funktioniert, ist eine Rehabilitation nötig, also eine spezifische Anschlussheilbehandlung. Sie beginnt direkt nach der Operation und wird dann in Rehakliniken oder ambulant fortgesetzt. Neben Schmerzbehandlung und Beratung ist die Physiotherapie der wichtigste Bestandteil der Maßnahme. Durch spezielle Übungen wird dafür gesorgt, dass das Knie wieder gebeugt und gestreckt werden kann. Außerdem werden die Muskeln gestärkt. Das ist besonders wichtig, weil sie das Kniegelenk führen und stabilisieren sollen.

Normalerweise wird die Physiotherapie unter persönlicher Betreuung durchgeführt. Dass sie bei ausgewählten Patient*innen auch virtuell erfolgreich ist, haben jetzt kanadische Forschenden gezeigt. In ihrer Studie untersuchten sie die Reha-Ergebnisse von 275 Personen nach einer Knie-TEP. 100 von ihnen hatten ihre Physiotherapie zweimal wöchentlich per Video online erhalten. 175 Betroffene turnten zwei Mal die Woche in 5er-Gruppen unter persönlicher Anleitung einer Physiotherapeut*in.

Schmerzen in beiden Gruppen gleich

In der Videogruppe erreichten 85% der Betroffenen eine Kniebeugung von über 120°, und 96 Prozent ein Kniestreckungsdefizit von weniger als 5% (das bedeutet, dass sie das Knie fast komplett strecken konnten). Bei den persönlich Betreuten waren das zwar etwas mehr (91 und 98 Prozent), der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Die Schmerzen waren in beiden Gruppen vergleichbar.

Etwa 10% aus der Videogruppe kamen mit der Videoanleitung nicht zurecht und mussten auf die persönliche Betreuung wechseln. Dabei handelte es sich vor allem um Frauen über 65, deren Kniebeugung direkt nach Operation stark eingeschränkt war.

Physio per Video war beliebt

Das virtuelle Programm kann bei ausgewählten Patient*innen die persönliche Betreuung ersetzen, meinen die Forschenden. Die meisten Patient*innen, die bis zum Schluss per Video trainiert wurden, sahen dies genauso: 80 Prozent von ihnen würden sich wieder für eine virtuelle Physiotherapie entscheiden.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Giorgio Fochesato