Gesundheit heute

Skoliose

Skoliose (idiopathische Skoliose): Fixierte Seitverbiegung der Wirbelsäule, meist kombiniert mit einer Verdrehung um die Längsachse. In etwa 85 % der Fälle ist die Ursache unbekannt (idiopathisch), 15 % sind Folgen von Lähmungen, Muskel- und Nervenerkrankungen oder Unfällen. Skoliosen treten bei Mädchen viermal häufiger auf als bei Jungen. Die Therapieempfehlungen sind abhängig vom Ausmaß der Verbiegung und der Geschwindigkeit der Zunahme. Sie reichen von bloßer Beobachtung über Korsettbehandlung bis zur Operation.

Wenn die Verbiegung nach dem Wachstumsabschluss zum Stillstand kommt, ist der Langzeitverlauf meist sehr gut. Nimmt die Verbiegung weiter zu, entwickeln sich eventuell schwere Verformungen von Wirbelsäule und Brustkorb, im Extremfall mit Beeinträchtigung innerer Organe.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfangs oft keine Beschwerden, selten Rückenschmerzen
  • Veränderung der Körperformen wie Höherstehen einer Schulter, einseitiges Vorstehen des Beckens, selten sichtbare Rückenkrümmung; meist zufällig von Beobachtern bemerkt (z. B. beim Umziehen oder Duschen)
  • Einseitiges Vorspringen des Brustkorbs (Rippenbuckel) oder der Lendenmuskulatur (Lendenwulst) beim Vornüberbeugen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • eine Veränderung der Körpersymmetrie auffällt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Ursachen

Bei der idiopathischen Skoliose kommt es durch Wachstumsstörungen einzelner Wirbelabschnitte zur typischen Verbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule. Je nachdem, wann die Wirbelsäulendeformität auffällig wird, spricht man von angeborener (infantiler), frühkindlicher (juveniler) oder adoleszenter Skoliose. Letztere tritt im Alter von 10–14 Jahren auf und ist mit Abstand die häufigste Form der idiopathischen Skoliosen.

Warum sich eine idiopathische Skoliose entwickelt ist unklar. Dass in bestimmten Familien Skoliosen vermehrt vorkommen, spricht für eine erbliche Komponente. Oft finden sich die Krümmungsscheitel bei verwandten Betroffenen an den gleichen Stellen der Wirbelsäule.

Erworbene Skoliosen. Bis zu 15 % der Skoliosen beruhen auf anderen Erkrankungen oder Störungen, die zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule führen. Dazu gehören beispielsweise

  • Stoffwechselerkrankungen wie die Rachitis (Osteomalazie im Kindesalter), die Osteoporose oder die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta)
  • Nerven- oder Gehirnerkrankungen wie die Kinderlähmung (Poliomyelitis), spinale Muskelatrophie oder Zerebralparese
  • Folgen einer Strahlentherapie (z. B. bei Krebserkrankungen)
  • Angeborene Bindegewebsstörungen wie das Ehlers-Danlos-Syndrom
  • Neurofibromatose
  • Schwere degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, häufig begleitend mit einer Spinalstenose
  • Fehlhaltungen aufgrund chronischer Reizungen wie z. B. bei Wirbelsäulentumoren, Wirbelsäuleninfektionen oder chronischen Bandscheibenvorfällen
  • Verletzungen mit Wirbelbrüchen.

Klinik und Verlauf

Bei der idiopathischen Skoliose nimmt die Fehlstellung während des Wachstums meist zu, später verlangsamt sich diese Zunahme oder kommt sogar zum Stillstand. Beträgt allerdings der Verbiegungswinkel mehr als 40°, ist auch im höheren Lebensalter mit einem Fortschreiten der Skoliose zu rechnen, im Einzelfall bis zu 3° pro Jahr. In unbehandelten Fällen entwickeln sich dadurch im Erwachsenenalter manchmal schwere Verformungen von Wirbelsäule und Brustkorb, die zunehmend Nerven und Wirbelkanal einengen und in ausgeprägten Fällen sogar die Funktion von Herz und Lunge, selten sogar die von Nieren, Magen und Darm stören.

Während des Wachstums treten Rückenschmerzen bei Skoliosepatienten nicht häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Die betroffenen Kinder leiden aber unter der veränderten Körpersymmetrie, die besonders in der sensiblen Phase der Pubertät als Entstellung wahrgenommen wird. Wenn zusätzlich eine Korsettbehandlung nötig ist, nimmt die psychische Belastung zu, weil das Korsett die Bewegungsfreiheit einschränkt und sich meist nicht durch Kleidung kaschieren lässt.

Je nach Ausprägung der Skoliose drohen im Erwachsenenalter Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen. Hintergrund sind die vorzeitigen Verschleißerscheinungen, die sich aufgrund der verkrümmungsbedingten Fehlbelastung der Wirbelsäulenstrukturen entwickeln. Durch Fehlhaltungen kommt es oft noch zusätzlich zu ausgeprägten Schmerzen durch starke Muskelverspannungen.

Entwickelt sich eine Skoliose aufgrund einer anderen Erkrankung oder Störung, hängen Beschwerden und Verlauf von der jeweiligen Grunderkrankung ab.

Hinweis: Korrigierbare Verbiegungen, z. B. durch eine unterschiedliche Beinlänge, werden nicht als Skoliose bezeichnet; sie sind meist harmlos und leicht durch eine orthopädische Schuhzurichtung korrigierbar.

Diagnosesicherung

Im Gespräch fragt der Arzt nach Skoliosen in der Familie, bestimmten Entwicklungsschritten (erste Periode, Wachstum) und eventuellen Beschwerden. Danach untersucht er die Wirbelsäule auf Skoliose-typische Merkmale:

  • Skoliosen im Halsbereich zeigen sich durch Schräghaltung des Kopfes und Verspannungen in der Nacken- und Schultermuskulatur.
  • Ist die Brustwirbelsäule verkrümmt, stehen meist die Schultern oder Schulterblätter verschieden hoch. Beugt sich der Patient vor, werden im Bereich der verdrehten Wirbelsäule die Rippen nach oben gedrückt und der sogenannte Rippenbuckel erkennbar.
  • Eine Skoliose im Lendenwirbelbereich führt auf der gegenüberliegenden Seite zu einem Lendenwulst, oft steht auch das Becken schief.

Durch das Röntgen von Brust- und Lendenwirbelsäule lässt sich die Verbiegung genau messen (z. B. durch das Verfahren nach Cobb). Neben diesem Messwert fließen in die Therapieentscheidung noch weitere Kriterien ein, insbesondere die Geschwindigkeit der Skoliosezunahme und das noch zu erwartende Wachstum.

Bei einer Skoliose, die auf degenerative Veränderungen der Wirbelsäule beruht, veranlasst der Arzt meist auch eine MRT der Wirbelsäule und/oder eine Myelografie, um die häufig begleitende Spinalstenose nicht zu übersehen.

Differenzialdiagnosen. Beim Vorliegen einer Skoliose muss die idiopathische Skoliose von Skoliosen aufgrund anderer Erkrankungen unterschieden werden. Vor allem im Erwachsenenalter ist dabei auf degenerative Ursachen oder chronische Reizungen durch Tumoren oder Bandscheibenvorfälle zu achten.

Behandlung

Für die Behandlung gelten folgende Richtlinien:

  • Bei der Säuglingsskoliose wird neben der physiotherapeutischen Behandlung die Bauchlagerung des Kindes empfohlen.
  • Bei Skoliosen mit einer Verbiegung von weniger als 20° genügen regelmäßige Kontrollen, konsequenter Sport und eine spezielle Rückengymnastik.
  • Skoliosen mit einer Verbiegung von mehr als 20° bis etwa 45° erfordern das Tragen eines Korsetts; zusätzlich verordnet der Arzt Krankengymnastik. Bei dem Korsett handelt es sich um eine individuell angepasste feste Orthese, die die Wirbelsäule von außen stützt. Die ist Erfolg versprechend, bedeutet aber für junge Menschen in der Pubertät eine starke psychische Belastung und körperliche Einschränkung. Die Jugendlichen benötigen deshalb eine einfühlsame Motivation durch Familie und Freunde, um die erforderliche Tragedauer von mindestens 22 Stunden pro Tag einzuhalten.
  • Bei Skoliosen mit einer Verbiegung von mehr als 45–50° empfiehlt sich eine operative Behandlung. Sie hat zum Ziel, die Wirbelsäule möglichst gerade aufzurichten und in einer günstigen Stellung mit Stäben zu versteifen. Skolioseoperationen dauern mehrere Stunden und gehören zu den anspruchsvollsten Operationen im Bereich der Orthopädie. Die postoperative Rehabilitation nimmt etwa ein halbes Jahr in Anspruch.

Bei allen Behandlungsverfahren sind zur Verlaufskontrolle wiederholte Röntgenuntersuchungen erforderlich, während des Wachstums in Abständen von 8–12 Monaten, später in deutlich größeren Zeitintervallen.

Prognose

Die nicht-operative Behandlung verlangsamt oder verhindert ein Fortschreiten der Skoliose, eine Besserung des Ausgangsbefunds wird dadurch nicht erreicht. Je kleiner die Verbiegung zum Wachstumsabschluss ist, umso wahrscheinlicher kommt die Skoliose im Erwachsenenalter dauerhaft zum Stillstand. Menschen mit leichter Skoliose leiden nicht häufiger an Rückenschmerzen wie normal gewachsene Menschen.

Große Verbiegungen schreiten meist auch nach Wachstumsabschluss weiter fort und erfordern deshalb eine rechtzeitige Operation. Eine dauerhaft verbesserte Stellung und Statik sind dann aber mit einer bleibend eingeschränkten Beweglichkeit der Wirbelsäule verbunden. Wird ein günstiger Operationszeitpunkt verpasst, führt die zunehmende Skoliose manchmal zu schweren Störungen der Herz- und Lungenfunktion.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Sport und Bewegung. Bei Skoliosen bis 40 Grad gibt es hinsichtlich der Sportart keinerlei Einschränkungen. Ganz im Gegenteil: Vor allem Sportarten, die Rücken und Rumpf stärken, wirken sich positiv aus. Dazu zählen beispielsweise Schwimmen, Radfahren in aufrechter Sitzposition und Klettern. Auch die Teilnahme am Schulsport ist unbedenklich. Vor allem Kinder profitieren zusätzlich vom Training in der Gemeinschaft, da es das Selbstbewusstsein stärkt.

Konsequente Krankengymnastik. Die Asymmetrie der Skoliose erfordert oft zusätzlich krankengymnastische Spezialübungen, deren Erfolg von einer konsequenten Durchführung abhängt. Dabei werden z. B. die Beweglichkeit der Wirbelsäule trainiert, Muskeln gestärkt und gedehnt und Atemübungen ausgeführt.

Korsett tragen. Falls ein Korsett verordnet wurde, muss dieses konsequent mindestens 22 Stunden am Tag getragen werden, im Idealfall wird es nur zur Körperpflege abgelegt. Das erfordert von den Betroffenen viel Durchhaltevermögen, ist aber für den gewünschten Behandlungserfolg entscheidend. Neben dem lobenden Zuspruch ist oft entscheidend, dass das Korsett richtig sitzt – nehmen Sie es nicht auf die leichte Schulter, wenn ihr Kind sich beschwert und lassen Sie den Sitz lieber beim Korsettbauer nochmal überprüfen.

Motivation. Die Motivation durch die Eltern ist sowohl für die regelmäßige Krankengymnastik als auch in puncto Korsett-Tragen wichtig. Familie und Freunde haben oft großen Einfluss auf die Betroffenen und können die unter den Einschränkungen leidenden Kinder und Jugendlichen ermutigen und in ihrem Selbstwertgefühl stärken.

Weiterführende Informationen

  • www.skoliose.com – Informative Internetseite der Katharina Schroth Klinik, Bad Sobernheim, die auf die Behandlung von Skoliose spezialisiert ist.
  • www.skoliose-info-forum.de – Privat geführte Internetseite einer Online-Selbsthilfegruppe für Patienten mit Wirbelsäulendeformitäten und deren Angehörige. Informativ, interaktiv und mit Forum.
  • www.bundesverband-skoliose.de – Internetseite des Bundesverbands Skoliose-Selbsthilfe e. V., Limbach: Seit 1971 bestehende Selbsthilfevereinigung mit rund 1700 Mitgliedern, mit Selbsthilfegruppen in allen Bundesländern.

Von: Dr. med. Siegfried Locher, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Zwei neue Hüften auf einen Streich

Nach der Implanatation einer neuen Hüfte stehen drei Monate Rehabilitation an.

Zwei neue Hüften auf einen Streich

Eine rechts, eine links

Bei starker Arthrose müssen oft beide Hüftgelenke ersetzt werden. Bisher riet man eher dazu, das nacheinander zu tun. Doch offenbar lassen sich auch zwei Gelenke in einer Sitzung austauschen. Patient*innen und OP-Team müssen dafür jedoch einige Voraussetzungen erfüllen.

Zwei Mal Narkose, zwei Mal Reha

Der natürliche Gelenkverschleiß bleibt meist nicht auf eine Hüfte beschränkt. Im Gegenteil: Viele Betroffene klagen schon frühzeitig über Schmerzen auf beiden Seiten. Wird eine Endoprothese angeraten, wurde bisher meist in Reihe operiert. Erst die eine Seite und danach drei Monate zur Rehabilitation, dann die andere Seite und erneut zur Reha.

Könnte man beide Hüften auf einen Streich austauschen, blieben den Patient*innen eine Vollnarkose und drei Monate Reha erspart. Das klingt verlockend – aber ist das auch machbar? Dieser Frage wurde in einer aktuellen Studie nachgegangen. Darin verglich man Patient*innen mit beidseitiger Hüftarthrose, die entweder gleichzeitig oder nacheinander ihre beiden Hüftendoprothesen erhalten hatten. Die Ergebnisse sind vielversprechend:

  • Der insgesamte Klinikaufenthalt war bei den gleichzeitig Operierten kürzer als bei denjenigen, die ihre beiden TEPs in zwei Sitzung bekamen.
  • Die Operation dauerte bei beidseitigem Hüftaustausch nur wenig länger als die beiden Einzeloperationen zusammen (61 Minuten versus 58 Minunten).
  • Die simultan Operierten verloren insgesamt weniger Blut als die zweimal Operierten.

Genauso beweglich wie mit nur einer neuen Hüfte

Hinsichtlich der Komplikationsraten unterschieden sich die beiden OP-Strategien nicht. Die Reha verlief ebenfalls vergleichbar. In beiden Gruppen konnten die frisch Operierten nach gut zwei Tagen frei auf der Station herumgehen. Und nach knapp vier Tagen klappte bei allen das Treppensteigen wieder.

Auch die Sorge um eine schlechtere Beweglichkeit durch zwei gleichzeitig ausgetauschte Hüftgelenke ist unbegründet. Schon am dritten bis vierten Tag schnitten die doppelt Operierten bei den Alltagsaktivitäten kaum schlechter ab als die einseitig operierten. Und das galt sowohl für den Toilettengang als auch für das Ein- und Aussteigen aus dem Auto.

75 Jahre als Grenze

Damit ist die simultane beidseitige Hüftendoprothetik genauso sicher wie das traditionelle Vorgehen mit zwei OP-Terminen. Allerdings müssen dafür einige Kriterien erfüllt sein, betonen Expert*innen. Zunächst muss die Operationsindikation eindeutig sein. Außerdem sollten die Patient*innen jünger als 75 Jahre sein und nicht unter starkem Übergewicht leiden. Auch schwere Begleiterkrankungen sprechen dagegen, zwei Hüften auf einen Streich auszutauschen.

Eine weitere unabdingbare Voraussetzung: Das Operationsteam muss die nötige Expertise für einen solchen Doppeleingriff haben. Und das ist am ehesten in spezialisierten Kliniken der Fall.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja kempinski; Bild: mauritius images / TPG RF / Kzenon