Gesundheit heute

Fehlhaltung, Haltungsschwäche und Fehlstellung

Ausgleichbare Fehlhaltungen

Kaum jemand nimmt ständig eine gute und gesunde Körperhaltung ein. Langes, unbewegliches Sitzen auf ungeeigneten Sitzmöbeln, mangelnde Bewegung und eine schwache Rumpfmuskulatur verstärken die Neigung, sich gelegentlich „hängen“ zu lassen, einen Buckel oder ein Hohlkreuz zu machen. Werden solche Fehlhaltungen zur Gewohnheit, z. B. bei sitzenden Berufstätigen, führen sie längerfristig häufig zu Verspannungen, Rücken- oder Kopfschmerzen. Kinder leiden seltener unter derartigen Beschwerden, selbst wenn sie sich häufiger schlecht halten als Erwachsene.

Ständigen Fehlhaltungen liegt oft eine echte Haltungsschwäche zugrunde. Dieser Begriff ist genau definiert: Er bezeichnet die Unfähigkeit, die Wirbelsäule im Stand und mit horizontal vorgestreckten Armen länger als 30 Sekunden aufzurichten. Haltungsschwächen sind besonders während der Pubertät weit verbreitet, da das Längenwachstum und der Aufbau von Muskelmasse in dieser Lebensphase häufig zeitlich versetzt ablaufen. Zudem büßt die Hüft- und Brustmuskulatur bei vielen Jugendlichen einen Teil ihrer Kraft ein, weil sie sich durch häufiges Sitzen vor dem PC oder dem Fernsehgerät verkürzt. Eine kräftige und dehnbare Rumpfmuskulatur ist jedoch unabdingbar für eine ausreichende Stabilisierung der Wirbelsäule. Mit zunehmender Muskelmasse verschwindet die Haltungsschwäche der Jugendlichen in der Regel folgenlos.

Vorsorge gegen Fehlhaltungen

Was aber können Eltern tun, wenn sie bei ihren Kindern eine dauerhaft schlechte Haltung beobachten, wenn diese zu Beschwerden führt, z. B. Kopfweh, Rücken- oder Nackenschmerzen, oder wenn eine echte Haltungsschwäche besteht? Der erste Schritt heißt: gelassen bleiben und sich klarmachen, dass dieses Problem ebenso harmlos wie häufig ist. Der zweite Schritt besteht darin, die betroffenen Kinder oder Jugendlichen zu mehr körperlicher Aktivität und Sport anzuhalten. Die Art des Sports ist dabei weniger entscheidend als der damit verbundene Spaßfaktor, der die Kinder bei der Stange hält – die wenig beliebte Krankengymnastik bleibt deshalb den schweren Fällen vorbehalten. Zu beachten ist weiter auch eine gute Ergonomie der Sitz- und Schreibmöbel.

Nicht ausgleichbare Fehlhaltungen

Von den ausgleichbaren Fehlhaltungen abzugrenzen sind fixierte Fehlstellungen, die sich als Folge mancher Wirbelsäulenerkrankung entwickeln. Sie sind charakterisiert durch eine nicht korrigierbare Einschränkung in der Beweglichkeit einzelner Wirbelsäulenabschnitte. Jeder Versuch, eine normale Haltung einzunehmen, ist schmerzhaft und zum Scheitern verurteilt. Man unterscheidet verschiedene Formen von Fehlstellungen:

  • Der Flachrücken entspricht einer unterdurchschnittlich ausgeprägten Krümmung der Wirbelsäule, meist im Lendenbereich. Er wirkt oft wie eine besonders gerade Haltung. Durch die Fehlstellung nimmt jedoch die Elastizität der Wirbelsäule ab; die Anfälligkeit für Rückenschmerzen nimmt zu. Ursache ist gelegentlich ein Morbus Scheuermann der Lendenwirbelsäule.
  • Ist die Krümmung der Brustwirbelsäule zu stark ausgeprägt, nennt der Arzt dies einen Rundrücken oder Buckel; ist die Lendenwirbelsäule zu stark gekrümmt, spricht er vom Hohlkreuz, in Kombination von beidem auch vom Hohlrundrücken. Unter der Belastung des Körpers entstehen dabei starke Biegekräfte, die einen vorzeitigen Verschleiß der zugehörigen Abschnitte begünstigen und dadurch langfristig oft Rückenschmerzen verursachen. Morbus Scheuermann, Morbus Bechterew und eine starke Osteoporose sind Erkrankungen, die oft zu einem fixierten Rundrücken führen. Die Spondylolisthese an der Lendenwirbelsäule ist eine typische Ursache für ein fixiertes Hohlkreuz.

Die wirksamste Behandlung besteht im konsequenten Training des Muskel-Band-Apparats, üblicherweise durch dauerhafte Krankengymnastik. Nur so ist es möglich, ein Fortschreiten zu verlangsamen und Rückenschmerzen zu vermeiden oder zu lindern.

Von: Dr. med. Siegfried Locher, Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Hilfe fürs Arthroseknie

Wenn das Arthroseknie schmerzt kann man sich auch äußerlich behelfen.

Hilfe fürs Arthroseknie

Schmerzgele und -pflaster

Kniearthrose ist schmerzhaft – doch nicht immer ist der Griff zur Tablette nötig. Denn schmerzende Kniegelenke lassen sich auch von außen effektiv behandeln. Und zwar mit Schmerzpflastern und Schmerzgelen.

Von außen ins Gelenk

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Piroxicam hemmen Entzündungen und lindern Schmerzen. Doch müssen die Wirkstoffe immer auch geschluckt werden? Wahrscheinlich nicht, ergab nun eine neue Meta-Analyse. Diese zeigte, dass äußerlich aufgetragene NSAR ebenso bis in das Gelenk eindringen. Sie reichern sich dort z. B. in den Menisken und in der Gelenkflüssigkeit an und lindern vermutlich dadurch den Arthroseschmerz.

Am stärksten wirksam erwies sich der Wirkstoff Diclofenac als Pflaster, gefolgt von Ibuprofen, Piroxicam, Diclofenac-Gel und Ketoprofen. Auch die Gelenkfunktion wurde durch die lokal aufgetragenen NSAR verbessert. Hier war Piroxicam Spitzenreiter, gefolgt von Ibuprofen, Diclofenac-Pflaster und Ketotifen. Wer sich nicht sicher ist, welcher Wirkstoff für ihn geeignet ist, bespricht das am besten mit seiner Apotheker*in oder Ärzt*in.

Nebenwirkungen an der Haut möglich

Der große Vorteil der Pflaster und Gele: Häufige Nebenwirkungen von NSAR in Tablettenform wie Sodbrennen und Magenschmerzen lassen sich wahrscheinlich vermeiden. Und während die Tabletten auf Dauer das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können, ist dieser Effekt bei Gelen oder Pflastern nicht zu erwarten. Da die analysierten Studien jedoch nicht länger als 12 Wochen dauerten, ist eine Aussage zur Sicherheit bei längerfristiger Anwendung noch nicht möglich.

Ganz ohne Nachteil sind aber auch die äußerlichen Präparate nicht. Manche Patient*innen zeigten Hautirritationen wie Trockenheit, Juckreiz oder allergische Reaktionen. Vor allem beim Wirkstoff Ketoprofen sollte man darauf achten, die behandelten Hautpartien keiner UV-Bestrahlung auszusetzen. Das eingeschmierte Knie sollte also bedeckt werden. Denn sonst droht schlimmstenfalls eine Fotodermatitis.

Quelle: Arzneiverordnung in der Praxis

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: agefotostock/imago-images.de