Gesundheit heute

Chassaignac-Lähmung

Chassaignac-Lähmung (Pronation douloureuse, Radiusköpfchen-Subluxation, Kindermädchenellbogen): Vermeintliche Lähmung des Armes nach Teilausrenkung (Subluxation) des Ellenbogengelenks durch Herausrutschen des Speichenköpfchens (Radiusköpfchen) aus dem fixierenden Ringband. Danach wird der Arm leicht gebeugt und nach innen gedreht gehalten. Betroffen sind Kleinkinder nach einem starken Zug am gestreckten Arm. Mit einem einfachen Griff erreicht die Ärzt*in, dass das Speichenköpfchen wieder in seine normale Position zurückrutscht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schlaff herunterhängender, einwärts gedrehter Arm
  • Bewegungseinschränkung
  • Schmerzen am seitlichen Ellenbogen.

Wann zum Arzt

Sofort wenn

  • oben genannte Beschwerden auftauchen.

Die Erkrankung

Die Chassaignac-Lähmung kommt fast nur bei Kindern vor, am häufigsten handelt es sich um Kleinkinder unter 2 Jahren. Sie entsteht durch heftigen Zug oder Ruck am gestreckten Arm, der das Speichenköpfchen aus seiner Position unter dem Ringband rutschen lässt. Beim Nachlassen des Zugs klemmt sich das Band schmerzhaft zwischen Oberarmknochen und Speichenköpfchen ein. Da diese Verletzung meist eintritt, wenn das Kind an der Hand geführt und dann plötzlich am Arm (zurück)gezerrt wird oder stolpert, trägt sie auch den englischen Namen Nurse Elbow (Kindermädchen-Ellenbogen). Der Verlauf ist typisch: Das Kind beginnt plötzlich zu weinen, hält einen Arm gestreckt und benutzt ihn nicht mehr. Der Arm wirkt dadurch wie gelähmt, es bestehen oft heftige Schmerzen.

Eine weitere Ursache für eine Chassaignac-Lähmung sind Stürze. Auf diese Weise sind dann sehr selten auch einmal Erwachsene von einer Subluxation des Speichenköpfchens betroffen.

Hinweis: Chassaignac-Lähmungen kommen auch im Rahmen von Kindesmisshandlungen vor.

Diagnosesicherung

Meist ist die Chassaignac-Lähmung als typische Blickdiagnose für die Ärzt*in sofort erkennbar, hilfreich ist auch die Schilderung des Unfallhergangs. Typischerweise halten die Kinder den Ellenbogen in schwacher Beugestellung mit nach innen gedrehtem Arm, eine Streckung ist nicht möglich. Bei eindeutiger Diagnose ist eine Röntgenaufnahme nicht erforderlich, sie wird allerdings veranlasst, wenn ein Verdacht auf begleitende Knochenbrüche besteht.

Differenzialdiagnosen. Ähnliche Beschwerden bereiten die Ellenbogenverrenkung, Speichenköpfchenbruch, Brüche der Elle oder des unteren Oberarms sowie die Monteggia-Fraktur.

Behandlung

Es gibt verschiedene Methoden, um das aus dem Ellbogengelenk herausgerutschte Speichenköpfchen wieder zurück zu befördern. Meist sitzt das Kind auf dem Schoß der Begleitperson, die Ärzt*in unterstützt den Ellenbogen des Kindes und zieht an seinem Unterarm. Durch den Längszug löst sich das eingequetschte Ringband aus der Einklemmung, und das Speichenköpfchen gleitet anschließend unter sanftem Druck wieder in seine normale Position hinein. Dabei ist das Einschnappen des Speichenköpfchens in das Ringband für die Ärzt*in spür- und häufig auch hörbar.

Nach diesem Manöver kann das Kind den betroffenen Arm schnell wieder normal bewegen, auch wenn es sich meist nicht gleich wieder traut. Mit ein wenig Ablenkung wird es in der Regel dann doch nach einem begehrten Objekt (Schnuller, Lieblingskuscheltier) greifen, was den Erfolg des Einrichtens beweist. Eine Röntgenkontrolle ist nicht erforderlich, ebensowenig eine nachfolgende Ruhigstellung.

Geröntgt werden muss der Arm jedoch, wenn das Einrichten erfolglos war. Zeigen sich hier Begleitverletzungen oder Knochenbrüche, werden diese entsprechend versorgt. Liegt kein Bruch vor, stellt der Arzt den Arm in einer Oberarmgipsschiene für etwa 3 Tage ruhig. Häufig renkt sich das Speichenköpfchen in dieser Zeit von selbst wieder ein. Ist dies nicht der Fall, erfolgt ein erneuter Einrichtungsversuch.

Prognose

Wird der Unterarm frühzeitig wieder eingerenkt ist, die Prognose gut. Bei jedem 4. Kind kommt es zu einer erneuten Ausrenkung.

Ihre Apotheke empfiehlt

Prävention

Vermeiden Sie ruckartige Zugbewegungen am Kinderarm, wenn Sie ein Kleinkind an der Hand führen.

Von: Dr. med. Michael Bedall in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Knie-OP: Physio geht auch per Video

Mit einer genauen Anleitung lässt sich eine Physiotherapie auch per Video erfolgreich durchführen.

Knie-OP: Physio geht auch per Video

Nach der Knie-Prothesen-OP

Nach dem Einpflanzen einer Knieprothese ist erstmal die Rehabilitation angesagt. Ein wichtiger Teil davon ist die Physiotherapie. Die klappt auch gut mit virtueller Anleitung.

Ohne Reha geht es nicht

Damit ein künstliches Kniegelenk (Knie-TEP) gut einheilt und funktioniert, ist eine Rehabilitation nötig, also eine spezifische Anschlussheilbehandlung. Sie beginnt direkt nach der Operation und wird dann in Rehakliniken oder ambulant fortgesetzt. Neben Schmerzbehandlung und Beratung ist die Physiotherapie der wichtigste Bestandteil der Maßnahme. Durch spezielle Übungen wird dafür gesorgt, dass das Knie wieder gebeugt und gestreckt werden kann. Außerdem werden die Muskeln gestärkt. Das ist besonders wichtig, weil sie das Kniegelenk führen und stabilisieren sollen.

Normalerweise wird die Physiotherapie unter persönlicher Betreuung durchgeführt. Dass sie bei ausgewählten Patient*innen auch virtuell erfolgreich ist, haben jetzt kanadische Forschenden gezeigt. In ihrer Studie untersuchten sie die Reha-Ergebnisse von 275 Personen nach einer Knie-TEP. 100 von ihnen hatten ihre Physiotherapie zweimal wöchentlich per Video online erhalten. 175 Betroffene turnten zwei Mal die Woche in 5er-Gruppen unter persönlicher Anleitung einer Physiotherapeut*in.

Schmerzen in beiden Gruppen gleich

In der Videogruppe erreichten 85% der Betroffenen eine Kniebeugung von über 120°, und 96 Prozent ein Kniestreckungsdefizit von weniger als 5% (das bedeutet, dass sie das Knie fast komplett strecken konnten). Bei den persönlich Betreuten waren das zwar etwas mehr (91 und 98 Prozent), der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Die Schmerzen waren in beiden Gruppen vergleichbar.

Etwa 10% aus der Videogruppe kamen mit der Videoanleitung nicht zurecht und mussten auf die persönliche Betreuung wechseln. Dabei handelte es sich vor allem um Frauen über 65, deren Kniebeugung direkt nach Operation stark eingeschränkt war.

Physio per Video war beliebt

Das virtuelle Programm kann bei ausgewählten Patient*innen die persönliche Betreuung ersetzen, meinen die Forschenden. Die meisten Patient*innen, die bis zum Schluss per Video trainiert wurden, sahen dies genauso: 80 Prozent von ihnen würden sich wieder für eine virtuelle Physiotherapie entscheiden.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Giorgio Fochesato