Gesundheit heute

Halswirbelsäulensyndrom

Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom, Zervikalsyndrom): Sammelbezeichnung für uncharakteristische Beschwerden im Bereich von Halswirbelsäule und Nacken, z. B. durch verschleißbedingte Erkrankungen oder Fehlbelastungen wie etwa beim langen Sitzen. Häufig halten die Schmerzen und Steifigkeit im Nacken- und Schulterbereich über einen längeren Zeitraum an, dann spricht man von einem chronischen Halswirbelsäulensyndrom. Betroffen sind oft 30- bis 60-Jährige, die berufstätig sind. Strahlen die Schmerzen in Schulter und Arm aus, liegt ein Schulter-Arm-Syndrom (Cervicobrachialgie) vor. Heftige, akute Schmerzzustände mit Muskelhartspann und dadurch erzwungener Fehlhaltung werden als akuter Schiefhals bezeichnet.

Im Zentrum der Behandlung stehen physiotherapeutische Maßnahmen und die orale Einnahme von Schmerzmitteln. In hartnäckigen Fällen kann der Arzt auch mit dem lokalen Einspritzen von Mischungen aus örtlich betäubenden, antientzündlichen und schmerzstillenden Wirkstoffen helfen. Lässt sich die Ursache nicht beseitigen, kehren die Beschwerden oft wieder.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Steifigkeitsgefühl ("steifer Hals") und/oder Nackenschmerzen, oft mit Ausstrahlung in (Hinter-)Kopf, Schultern und Arme
  • Meist tastbare Verhärtung der Nackenmuskulatur, häufig mit einer schmerzhaft eingeschränkten Kopfbeweglichkeit und oft druckschmerzhaften Sehnenansätzen
  • Gelegentlich Schwindel, Ohrgeräusche oder Sehstörungen
  • Selten Gefühlsstörungen oder Lähmungserscheinungen an Schultern oder Armen.

Wann zum Arzt

Nach 1–2 Wochen bei

  • anhaltenden Schmerzen ohne vorangegangenen Unfall.

Innerhalb einiger Tage bei

  • anhaltenden Gefühlsstörungen an Schulter oder Arm, Schwindel, Ohrgeräuschen.

Die Erkrankung

Ursachen und Risikofaktoren

An der Entstehung eines Halswirbelsäulensyndroms sind zahlreiche Faktoren beteiligt, einzeln oder in Kombination:

  • Überspannung in Muskeln und Faszien durch Fehlhaltungen und einseitige Bewegungsmuster, wie z. B. langes Sitzen vor dem PC oder im Auto
  • Verschleißbedingte Abnutzung von Bandscheiben, Bändern und Gelenken der Halswirbelsäule, z. B. auch degenerative Wirbelsäulenerkrankungen wie Osteochondrose, Bandscheibenvorfall, Spinalstenose oder Arthrosen der Zwischenwirbelgelenke (Facettensyndrom)
  • Muskelverspannungen aufgrund oben genannter Erkrankungen, psychischer Anspannung oder "falscher" Bewegungen
  • Rheumatische Erkrankungen, z. B. Morbus Bechterew oder Fibromyalgie
  • Blockierungen an der Halswirbelsäule
  • Verletzungen wie Wirbelbruch oder Schleudertrauma.

Klinik

Typisch sind Nacken- und Schulterschmerzen, die oft in den Hinterkopf ausstrahlen. Als Reaktion auf die Schmerzen kommt es meistens zu starken muskulären Verspannungen und Einschränkungen der Beweglichkeit in der Halswirbelsäule, d. h. das Drehen und Wenden des Kopfes fällt den Betroffenen schwer. Treten zusätzlich Kribbeln, Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle auf, ist womöglich eine Nervenwurzel oder ein Nerv in Mitleidenschaft gezogen. Dann muss der Arzt abklären, ob ein Bandscheibenvorfall oder eine Spinalstenose der Halswirbelsäule vorliegt.

Ein akuter Schiefhals macht sich oft nach dem morgendlichen Aufwachen bemerkbar, möglicherweise als Folge einer ungünstigen Kopflage im Schlaf ("Verliegen"). Je nach Höhe des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts strahlen die Schmerzen in unterschiedliche Körperregionen aus, so von den ersten zwei Halswirbeln in den Kopf, vom 3. bis 5. Halswirbel in die Schulter, von den unteren Halswirbeln in Schulter und Arm bis zum Kleinfinger. In aller Regel verschwinden die Symptome innerhalb von 3 Tagen von selbst, nur in wenigen Fällen kommt es zudem zu Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen oder Sehstörungen. Dies sind Beschwerden, die eine rasche ärztliche Behandlung erfordern.

Diagnosesicherung

Je nach Ursache und Ausmaß der Beschwerden zeigt die körperliche Untersuchung eine verminderte oder (selten) erhöhte Beweglichkeit der Halswirbelsäule, neurologische Störungen, Klopfschmerz über den Dornfortsätzen und/oder Druckschmerzpunkte, die von Muskelverspannungen herrühren.

Zum Nachweis der verschleißbedingten Veränderungen oder zum Ausschluss eines Bandscheibenvorfalls oder einer Spinalstenose veranlasst der Arzt häufig ein Röntgenbild der Halswirbelsäule. In manchen Fällen sind allerdings trotz erheblicher Schmerzen und Beeinträchtigung des Patienten im Röntgenbild keine Veränderungen zu erkennen.

Behandlung

Orale Schmerzmittel. Starke Schmerzen erfordern anfangs eine Behandlung mit Schmerzmitteln, z. B. NSAR wie Diclofenac (z. B. Voltaren® oder Diclac®) oder Ibuprofen (z. B. Ibu® oder Brufen®) oder auch Paracetamol (z. B. ben-u-ron®), damit sich durch reflektorische Muskelverspannung der Schmerz nicht noch weiter verstärkt. Deswegen können auch muskelentspannende Medikamente sinnvoll sein, z. B. Tetrazepam.

Weiche Halskrause. Bei exzessiven Schmerzen verordnet der Arzt zur Schmerzlinderung Bettruhe und eine weiche Halskrause, mit der die schmerzende Halswirbelsäule ruhiggestellt wird. Liegt dem akuten HWS-Syndrom ein Schleudertrauma zugrunde, ist das Tragen einer Halskrause dagegen kontraproduktiv.

Infiltrationen und Nervenblockaden. Bei sehr starken Beschwerden ist es manchmal sinnvoll, ein Gemisch aus entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkstoffen direkt in die Nähe des betroffenen Gebietes zu spritzen (zervikale Triggerpunktinfiltration oder Quaddelung). Auch die die Facetteninfiltration ist hilfreich, also das Anspritzen der kleinen Zwischenwirbelgelenke mit einem Gemisch aus Kortison und einem Lokalanästhetikum.

Physiotherapie und physikalische Anwendungen. Bei Muskelverspannungen helfen physiotherapeutische Dehnungsgriffe, Blockierungen lassen sich oft durch Griffe der manuellen Therapie lösen. Zur Lockerung der Muskulatur und Verbesserung der Durchblutung haben sich verschiedene physikalische Verfahren bewährt. Dazu gehören neben Wärme (Rotlicht, Moorpackungen, Bäder) und anderen physikalischen Maßnahmen (siehe unter "Ihr Apotheker empfiehlt") auch die Behandlung mit TENS-Geräten zur Transkutanen Elektrischen Nervenstimulation. Langfristig ist es wichtig, mit spezieller Krankengymnastik die Muskulatur von Nacken und Halswirbelsäule zu stärken und die Koordination der verschiedenen Muskelgruppen zu verbessern.

Psychotherapie. Gelegentlich empfiehlt der Arzt eine psychotherapeutische Behandlung, wenn er psychische Ursachen (z. B. verdrängte Konflikte) vermutet.

Operative Verfahren. Sind für die Beschwerden behandelbare Erkrankungen der Halswirbelsäule verantwortlich, können beim Versagen konservativer Therapiemaßnahmen operative Verfahren helfen. Dies gilt z. B. für Spinalstenose, Osteochondrose oder Bandscheibenvorfall.

Prognose

Eine vollständige Heilung ist beim verschleißbedingten chronischen HWS-Syndrom nicht mehr möglich. Mit den genannten Maßnahmen lassen sich die Beschwerden jedoch meist lindern, in einigen Fällen kommt es sogar zu einer längerfristigen Beschwerdefreiheit.

Sind Haltungsfehler für die Beschwerden verantwortlich, hilft meist nur eine nachhaltige Änderung des Lebensstils, also z. B. mehr Bewegung und ein ergonomischeres Arbeitsumfeld.

Ein einfacher, akuter Schiefhals ohne Begleitbeschwerden heilt in der Regel von selbst nach etwa drei Tagen aus.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bei akuten Schmerzen hilft anfänglich oft Kühlung, z. B. mit feuchtkalten Tüchern oder Quarkwickeln, um den Schmerz zu lindern. Manche Betroffene profitieren eher von Wärme; sie empfinden es als angenehmer, den schmerzenden Nacken z. B. durch Schals, Rollkragenpullover, Kirschkernkissen oder Kartoffelwickel warmzuhalten. Besonders wirksam ist die heiße Rolle. Auch bei chronischen Schmerzen sind Wärmebehandlungen hilfreich, bei Bedarf täglich.

Starke Verspannungen der Nackenmuskulatur reagieren oft gut auf eine Übung, die nach dem Prinzip der Druckpunktbehandlung arbeitet. Legen Sie sich dazu in Rückenlage auf den Boden, den schmerzenden Nacken auf Tennisbälle gebettet. Der entstehende Druck ist zu Beginn ungewohnt und oft unangenehm, führt jedoch nach einiger Zeit zu einer deutlichen Entspannung der Muskulatur.

Prävention

Für die Vorbeugung chronischer Nackenbeschwerden hat insbesondere die Arbeitsplatzergonomie große Bedeutung. Aber auch andere Aspekte eines rückenschonenden Verhaltens sind zu beachten. Diese lassen sich in der Rückenschule erlernen, Tipps dafür finden Sie im Artikel Rückenschmerzen.

Komplementärmedizin

Akupunktur. Das Schulter-Arm-Syndrom gehört zu den Krankheitsbildern, für die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) explizit die Behandlung mit Akupunktur empfiehlt; positive Erfahrungsberichte liegen aber auch für alle anderen Beschwerdekomplexe des HWS-Syndroms vor.

Entspannungsverfahren. Ist es (auch) der Alltagsstress, der buchstäblich im Nacken sitzt, können Entspannungsübungen zum Abbau von permanenter Anspannung wertvolle Dienste leisten. Vor allem die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson hilft, den Wechsel von Anspannung und Entspannung bewusst zu erleben und das Erlernte dann bei Bedarf im stressbelasteten Alltag umzusetzen. Ebenso sind Yoga, andere fernöstliche Entspannungsmethoden oder Autogenes Training besonders empfehlenswert.

Kraniosakraltherapie. Ein chronisches Beschwerdebild, das vom Nacken- bzw. Halswirbelsäulenbereich ausgeht, ist die Domäne der Kraniosakraltherapie. Auch wenn bislang nicht endgültig geklärt ist, welcher Wirkmechanismus ursächlich für eine Linderung der Beschwerden verantwortlich ist, profitieren viele Patienten zweifellos schon allein vom tiefgreifenden entspannenden Effekt, den die feinen Manipulationen an Kopf und Schädelknochen in der Regel bewirken.

Biofeedback. Das in chronischen Fällen sinnvolle Verfahren visualisiert Anspannungs- und Entspannungszustände und versetzt so den Patienten mit HWS-Syndrom in die Lage, mit stress- bzw. schmerzauslösenden Situationen besser umzugehen.

Weiterführende Informationen

  • www.hws-syndrom.de – Ausführliche Beschreibung des Krankheitsbilds von der Schmerzklinik Bad Mergentheim.

Von: Dr. med. Sonja Kempinski unter Verwendung von Textauszügen aus: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Neben hornhautaufweichende Tinkturen und Pflaster gehört vor allem das Fußbad zu den Waffen gegen lästige Hühneraugen.

Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Schmerzhafte Wucherung

Hühneraugen sind lästig und schmerzhaft – aber zum Glück meistens harmlos. Deshalb kann man sie in der Regel gut selbst behandeln. Wirksame Methoden reichen von neuen (passenden) Schuhen bis zu speziellen Pflastern und Tinkturen aus der Apotheke. Und damit es nicht zu neuen Verhornungen kommt, lässt sich gegen Hühneraugen auch vorbeugen.

Wo kommt das Hühnerauge her?

Ein Hühnerauge ist eine punktuelle, verstärkte Verhornung der Haut (Hyperkeratose). Sie bildet sich kreis- oder linsenförmig aus. In der Mitte befindet sich eine kleine, oft glasige Kuppe, der sogenannte Hornkegel. Sein Inneres kann weit in die Tiefe reichen. Die Haut um den Kegel herum ist gelblich-beige. Insgesamt sieht das Ganze ein bisschen so aus wie ein rundes Hühnerauge – deshalb der volkstümliche Name. Medizinisch heißt das Hühnerauge Clavus, in der Mehrzahl Clavi.

Hühneraugen entstehen durch dauerhaften oder immer wiederkehrenden Druck. Betroffen sind insbesondere solche Hautbereiche, die dicht über dem Knochen liegen – also Füße und Hände. Auf Druck und Reibung reagiert die Haut mit einer Verdickung. Das Wachstum der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) in den unteren Schichten der Haut wird angeregt und es bilden sich immer mehr davon.

Normalerweise wandern diese Hautzellen von unten nach oben, verhornen immer mehr und werden dann an der Hautoberfläche abgeschilfert. Durch den Druck und die verstärkte Verhornung gelingt das den verhornten Hautzellen nicht mehr. Sie bilden im Inneren des Hühnerauges eine harte Hornmasse. Je länger dieser Zustand anhält, desto tiefer wächst der Hornkegel nach innen. Dort kann er auf Nervenenden treffen und starke Schmerzen auslösen.

Der schädliche Druck kann verschiedenen Ursachen haben. Neben Fußfehlstellungen zählt falsch sitzendes, drückendes Schuhwerk zu den Hauptauslösern von Hühneraugen. In diesen Fällen sind meist die Zehen betroffen. Dort sitzen sie gerne zwischen dem vierten und fünften Zeh oder an der Oberseite der zweiten Zehe.

Auch ein Hallux valgus (Ballenzeh) ändert die Druckverhältnisse und begünstigt an der betroffenen Großzehe die Bildung eines Hühnerauges. Beim Spreizfuß wiederum sind Ballen und Sohle besonders belastet, worauf die Haut ebenfalls mit Hyperkeratosen und Hühneraugen antwortet. Gleiches passiert, wenn durch Fußfehlstellungen Zehen aneinander oder gegen den Schuh drücken. Gefördert wird die Bildung von Hühneraugen zudem durch trockene Haut.

Manchmal entwickeln sich Hühneraugen sogar an den Händen. Auch dort ist dauerhafter Druck schuld, z.B. beim intensiven Hantieren mit Arbeits- oder Sportgeräten. Betroffen sind davon Tennisspieler*innen, Mechaniker*innen oder Musiker*innen.

Hinweis: Menschen mit einer diabetischen Polyneuropathie oder einer anderen Nervenerkrankungen bemerken schädlichen Druck an den Füßen häufig nicht. Sie sind deshalb besonders gefährdet, Hühneraugen zu entwickeln.

Hühnerauge ist nicht gleich Hühnerauge

Hühneraugen können in verschiedenen Formen auftreten. Manche sind hart, andere weich, in einige Hühneraugen wachsen mit der Zeit kleine Blutgefäße ein, andere werden von Nerven durchzogen. Expert*innen unterscheiden deshalb acht Typen:

  • Der Clavus durus ist das bekannteste und klassische Hühnerauge. Er ist hart und befindet sich vor allem unter den Zehengrundgelenken, manchmal auch am Zehenrücken. Der Kegel reicht oft stark in die Tiefe, wodurch sich das Hühnerauge bei Druck von oben äußerst schmerzhaft bemerkbar machen kann.
  • Bei einem Clavus molle handelt es sich um ein weiches Hühnerauge. Es sitzt zwischen den Zehen und bleibt wegen dem dort feuchten Klima weich.
  • Ein Clavus vascularis ist hart und enthält kleinste Blutgefäße. Deshalb kann er leicht bluten. Diese Hühneraugen entstehen bei besonders starker Belastung der Haut.
  • Der Clavus neurovascularis ist nicht nur von Blutgefäßen, sondern auch von Nervenenden durchzogen. Diese Hühneraugen sitzen meist an den Zehenkuppen, bluten leicht und schmerzen oft besonders stark.
  • Der großflächige und harte Clavus neurofibrosus befindet sich an der Fußsohle.
  • Ein Clavus papillaris zeichnet sich durch einen weichen Kern aus.
  • Clavi miliares kommen in großen Ansammlungen vor und schmerzen nicht. Bei ihnen handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Fehlverhornung.
  • Der Clavus subungualis sitzt unterhalb der Nagelplatte.

Nicht alle diese Hühneraugen darf man selbst behandeln. Möglich ist die Therapie in Eigenregie bei den häufigsten Formen, dem Clavus durus und dem Clavus molle. Hühneraugen, die bluten, in großen Ansammlungen vorkommen oder unter dem Nagel sitzen, schauen sich besser die Hausärzt*in oder Dermatolog*in an und entscheiden, wie man sie am besten angeht.

Hinweis: Hühneraugen und Warzen sehen auf den ersten Blick sehr ähnlich aus. Schaut man genauer hin, lassen sich Unterschiede erkennen: Bei Warzen fehlt der glasige Hornkern in der Mitte. Stattdessen findet sich unter einer oberflächlichen Verhornung warzenartiges Gewebe, das mit schwarzroten Pünktchen versetzt ist.

Weg mit Druck und Verhornung!

Um Hühneraugen zum Verschwinden zu bringen, muss der betroffene Bereich als erstes entlastet werden. Sind drückende Schuhe der Auslöser, sollten sie nicht mehr getragen werden. Stattdessen wählt man ausreichend weite und gut passende Schuhe. Schuhe kaufen sollte man übrigens am besten abends: Denn nach einem ganzen Tag auf den Beinen sind Füße oft angeschwollen und deshalb etwas größer als morgens.

Bei Fehlstellungen kann die Orthopäd*in helfen. Sie begutachtet den Fuß und verordnet wenn nötig Einlagen. Damit lassen sich Fehlstellungen korrigieren, die zu dem Druck geführt haben. Manche Betroffenen profitieren auch von speziellen ringförmigen Polstern. Sie klebt man so auf die Haut, dass eventueller Druck davon ferngehalten wird.

Allein die Entfernung des Drucks kann Hühneraugen zur Rückbildung bewegen. Das dauert allerdings eine Weile und funktioniert auch nicht immer zuverlässig. Besser ist es, gleichzeitig die Verhornung zu beseitigen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Zunächst nimmt man ein lauwarmes Fußbad, das die Haut aufweicht. Ein Teil der obersten Hautschicht löst sich dann und kann vorsichtig mit Bimsstein oder einem trockenen Frottee-Handtuch abgetragen werden. Fußhobel oder andere Werkzeuge sollten wegen der Verletzungsgefahr nicht dafür benutzt werden. Danach behandelt man das Hühnerauge mit Keratolytika (hornhautauflösenden Substanzen) wie Salicylsäure oder Milchsäure. Diese Wirkstoffe lockern die oberste Hautschicht. Dadurch weicht der Clavus weiter auf, sodass er beim nächsten Fußbad leichter entfernt werden kann. Die Wirkstoffe gibt es als Tinkturen und als Pflaster.

  • Tinkturen muss man mehrmals täglich auf das Hühnerauge auftragen. Die nicht verhornte Haut um den Clavus herum sollte vor dem Wirkstoff geschützt werden. Dafür cremt man sie vorsichtig mit Vaseline oder einer Fettsalbe ein. Die Salicyl- oder Milchsäure trocknet nach dem Auftragen und bildet einen Film auf dem Hühnerauge. Dieser Film muss vor dem nächsten Auftragen wieder entfernt werden. Wie häufig das Hühnerauge behandelt werden muss, richtet sich nach dem jeweiligen Produkt. Meist soll die Tinktur ein- bis zweimal täglich verwendet und nach drei bis vier Tagen die Hornhaut in einem Fußbad entfernt werden. Ganz wichtig: Nach dem Hantieren mit der Tinktur muss man sich die Hände waschen, damit die Säure nicht in die Augen oder auf andere empfindliche Hautstellen gerät. Die gesamte Prozedur ist recht aufwendig. Menschen, die nicht mehr gut sehen oder weniger beweglich sind, sollten sich dabei von Angehörigen helfen lassen oder eine Podolog*in aufsuchen.
  • Pflaster mit Salicylsäure oder Milchsäure sind etwas leichter zu handhaben. Sie werden so auf den Clavus geklebt, dass der wirkstoffhaltige Anteil genau auf dem Hornkegel zu liegen kommt. Zu beachten ist dabei, dass die Haut sauber und trocken ist. Manche Produkte haben zusätzlich zu ihrem Wirkstoffkern ein Druckschutzpolster, um beim Gehen die Schmerzen zu mindern. Je nach Produkt bleibt das wirkstoffhaltige Pflaster ein bis drei Tage kleben. Oft verschwindet das Hühnerauge dann schon beim Entfernen des Pflasters. Bei manchen Präparaten wird empfohlen, die aufgeweichte Haut nach einem Fußbad abzutragen, andere Pflaster sollen mehrmals ausgetauscht werden. Weil die Handhabung je nach Produkt stark variiert, ist es wichtig, vor Anwendung die Gebrauchsanweisung genau zu lesen.

Ob Tinkturen oder Pflaster: Die über die Haut aufgenommene Salicylsäure kann in das Blut gelangen und auch im Körper wirken. Deshalb sollten Tagesdosen von 2,0 g für Erwachsene und 0,2 g für Kinder nicht überschritten werden. Bei Kleinkindern und Schwangeren darf man zudem maximal eine Fläche von 5 cm2 behandeln. Wer unsicher ist, lässt sich dazu am besten in der Apotheke beraten.

Vorsicht geboten ist auch bei Patient*innen, die eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Bei ihnen können sich Wirkstoffe im Körper leicht anstauen. Sie sollten deshalb besser wirkstofffreie Hühneraugenpflaster verwenden. Diese bestehen aus einem Hydrokolloid und nehmen Flüssigkeit auf. Dadurch entsteht nicht nur ein schützendes Polster. Der Clavus wird aufgeweicht, sodass sich die verhornte Haut nach Abnahme des Pflasters meist gut abtragen lässt.

Hinweis: Diabetiker*innen haben eine besonders empfindliche Haut, und kleine Verletzungen heilen bei ihnen schlechter. Für sie ist es ratsam, Hühneraugen nicht in Eigenregie zu entfernen, sondern vor einer Behandlung immer ärztlichen Rat einzuholen.

So beugt man Hühneraugen vor

Hühneraugen beugt man vor, indem man Druck vermeidet. Dazu dienen die gleichen Maßnahmen wie bei der Behandlung eines Clavus. Am wichtigsten ist es, gut passende, nicht zu enge Schuhe zu tragen. Mancmhal ist es allerdings nicht möglich, dauerhaft drückendes Schuhwerk zu vermeiden, etwa im Beruf. Dann sollte man die Schuhe in den Pausen ausziehen und auf dem Weg zur Arbeit bequeme Schuhe tragen. Von der Orthopäd*in verschriebene Einlagen oder spezielles Schuhwerk wirkt zudem nur vorbeugend, wenn es auch benutzt wird.

Hühneraugen an den Händen lässt sich mit speziell gepolsterten Handschuhen oder Schaumstoffgriffen entgegenwirken. Treten sie bei der Arbeit auf, kann man den Arbeitgeber auf Schutzmaßnahmen ansprechen.

Die zweite Säule zur Vermeidung von Hühneraugen ist eine gute Fußpflege:

  • Regelmäßige Fußbäder, um die Haut weich zu halten.
  • Raue und verdickte Stellen vorsichtig mit Bimsstein oder einem Frotteehandtuch abreiben.
  • Füße zweimal täglich mit einer speziellen Pflegecreme massieren, vor allem an den verdickten Bereichen. Günstig für trockene, verdickte und verhornte Hautbereiche sind Cremes mit Harnstoff sowie Frucht- und Glykolsäuren, angereichert mit pflegenden Panthenol oder Ölen.

Manche Menschen sehen nicht gut oder haben Schwierigkeiten, ihre Füße zu erreichen. Dann ist für deren Pflege Hilfe nötig. Am besten ist es, dafür regelmäßig eine Fußpflege aufzusuchen. In manchen Fällen trägt die Gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Fußpflege. Dies ist z. B. bei krankhaften Veränderungen am Fuß der Fall, also bei einemr Diabetes oder eine Neuropathie.

Quelle: DAZ 2021, Nr. 20, S. 42

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ypps