Gesundheit heute

Osteochondrose

Osteochondrose (Osteochondrosis intervertebralis): Verschleißerscheinungen von Bandscheiben und knöchernen Wirbelkörpern, die je nach Ausmaß zu oft schwer behandelbaren Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Ursache der Verschleißerscheinungen sind vor allem Alterungsprozesse, die durch Übergewicht und eine vorwiegend sitzende Lebensweise begünstigt werden. Als Komplikationen drohen Bandscheibenvorfall und Spinalstenose mit neurologischen Ausfällen wie Lähmungen oder Missempfindungen.

Therapiert wird mit Schmerzmitteln, Physiotherapie und gezielten Übungen für den Rücken. Bringen konservative Maßnahmen keinen Erfolg oder ist die Erkrankung sehr weit fortgeschritten, helfen operative Eingriffe wie z. B. der Ersatz der betroffenen Bandscheibe durch eine Bandscheibenprothese oder eine Versteifungsoperation der Wirbelsäule.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anhaltende Schmerzen im unteren Rücken (wenn die Lendenwirbelsäule betroffen ist)
  • Anhaltende Schmerzen im Nacken, eventuell Kopfschmerzen (wenn die Halswirbelsäule betroffen ist)
  • Bewegungseinschränkung, erschwertes Bücken, Drehen des Körpers oder des Kopfes
  • Schonhaltung, Schiefhals
  • Je nach Ausmaß der degenerativen Veränderungen ausstrahlende Schmerzen bis in die Zehen bzw. Finger.

Wann zum Arzt

Nach 1–2 Wochen bei

  • lokalen Schmerzen ohne Ausstrahlungen.

Innerhalb weniger Tage bei

  • leichter anhaltender Taubheit in Arm oder Bein.

Innerhalb eines Tages bei

  • Lähmungen oder ausgedehnter Taubheit in Arm oder Bein.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Wirbelsäule und Bandscheiben sind täglich großen Belastungen ausgesetzt, sodass ein gewisser Verschleiß im Alter normal ist. Die Bandscheibe ist davon in zweierlei Hinsicht betroffen: Zum einen nimmt der Wassergehalt ihres Gallertkerns, also des "Polsters" in der Mitte der Bandscheibe ab, zum anderen bilden sich Risse im darum liegenden Faserknorpelring. Die dadurch entstehende Höhenminderung der Bandscheibe stört die fein aufeinander abgestimmten Bewegungen zwischen zwei Wirbeln und führt im weiteren Verlauf zu zunehmenden Schädigungen an den angrenzenden Wirbelkörpern. Ähnlich wie bei der Arthrose entstehen zusätzlich knöcherne Auswüchse an den Wirbeln, die manchmal aneinander reiben und dadurch Schmerzen verursachen.

Begünstigt werden solche Verschleißerscheinungen durch eine Überlastung von Wirbelsäule und Bandscheiben. Normalerweise nehmen die tagsüber zusammengepressten Bandscheiben nachts Wasser auf, um am nächsten Tag ihre Stoßdämpferfunktion wieder ausüben zu können. Eine permanente Belastung stört diese Regeneration, wodurch die Bandscheibe zusammengepresst bleibt, ihre Höhe also vermindert ist.

Folgende Faktoren tragen zu einer übermäßigen Belastung der Wirbelsäule und ihrer Bandscheiben bei:

  • Bewegungsmangel führt zu einem Abbau der Rückenmuskulatur. Eine schwache Rückenmuskulatur kann die Wirbelsäule und ihre stoßdämpfenden Bandscheiben in ihrer tragenden Rolle nicht ausreichend unterstützen. In der Folge werden die Bandscheiben vermehrt belastet und abgenutzt.
  • Übergewicht belastet die Wirbelsäule schwer und fördert dadurch ebenfalls die Abnutzung der Bandscheiben.
  • Wirbelsäulenverkrümmungen wie die Skoliose führen zu einer einseitigen Belastung von Bandscheiben und Wirbelkörpern. Vor allem an den vermehrt belasteten Stellen kommt es dann zu einer schnelleren Abnutzung der Strukturen.
  • Bandscheibenoperationen und Bandscheibenentzündungen verändern häufig die Struktur von Bandscheibe und ihrer Umgebung. Dadurch schaden sie der Bandscheibe direkt oder indirekt, z. B. durch eine Fehlbelastung.

Klinik

Am häufigsten ist die Lendenwirbelsäule von der Ostechondrose betroffen. Hier zeigt sich die Erkrankung durch Schmerzen im unteren Rücken, die im Verlauf immer stärker werden und oft zu einer – zusätzlich schädlichen – Schonhaltung führen. Für die Osteochondrose der Halswirbelsäule sind Nackenschmerzen typisch. Durch eine Schon- oder Schiefhaltung des Kopfes kommt es zusätzlich zu Verspannungen und starken Kopfschmerzen. Im weiteren Verlauf einer Osteochondrose versteifen sich die betroffenen Bereiche, sodass Bewegungen erschwert werden. In diesem Stadium lassen die Schmerzen dann häufig nach, da die knöchernen Auswüchse ja nun verwachsen sind und weniger aneinander reiben können.

Komplikationen

Die Osteochondrose ist häufig Grundlage anderer Wirbelsäulenerkrankungen. So begünstigen etwa vorgeschädigte Bandscheiben das Auftreten von Bandscheibenvorfällen. Die knöchernen Auswüchse der Wirbelkörper können wiederum den Wirbelkanal einengen und damit eine Spinalstenose hervorrufen. Bei beiden Erkrankungen drohen durch den Druck auf das Nervengewebe Taubheitsgefühle, Missempfindungen und sogar Lähmungen.

Diagnosesicherung

Der Arzt befragt den Patienten genau, wann und wo die Schmerzen auftreten, ob sie bei Belastung stärker werden und in Ruhe nachlassen. Bei der körperlichen Untersuchung prüft er durch Abtasten des Rückens Schmerzen und Druckempfindlichkeit im Bereich der Wirbelsäule. Außerdem untersucht der Arzt die Beweglichkeit der Wirbelsäule, er lässt den Patienten sich strecken und beugen sowie den Kopf und Oberkörper drehen und zur Seite neigen.

Bei Verdacht auf eine Osteochondrose hilft ein Röntgenbild weiter. Darin lassen sich sowohl die Höhenminderung der Zwischenwirbelräume (als Anzeichen für die reduzierte Höhe der Bandscheiben) als auch die knöchernen Auswüchse der Wirbelkörper gut erkennen. Mithilfe des MRT ist es möglich, die krankhaften Formveränderungen der Bandscheiben direkt nachzuweisen.

Hinweis: Zahlreiche Forscher beschäftigten sich in den 1980er und 1990er Jahren mit Kernspinuntersuchungen von Lendenwirbelsäulen bei gesunden Menschen. Ungeachtet der Unterschiede im Detail zeigten alle Studien einen hohen Prozentsatz von (beschwerdelosen) Bandscheibenschäden aller Art. Entdeckt also der Arzt im CT oder Kernspin Bandscheibenschäden, wird er den Zusammenhang mit bestehenden Beschwerden kritisch prüfen. Was bei dem einen Patienten einen irrelevanten Befund darstellt, bedeutet bei einem anderen möglicherweise einen medizinischen Notfall. Umgekehrt findet der Arzt häufig auch bei stärksten Rückenschmerzen keine Entsprechung im CT oder Kernspin.

Differenzialdiagnosen. Andere Ursachen von Rückenschmerzen sind Wirbelkörperbrüche, Facettensyndrom, Tumoren, Metastasen oder entzündliche Veränderungen der Wirbelsäule.

Behandlung

Die Grundpfeiler der Behandlung sind wie bei fast allen verschleißbedingten Erkrankungen der Wirbelsäule die Bekämpfung der Schmerzen und – vor allem im Brust- und Lendenwirbelbereich – die langfristige Stabilisierung des Rückens durch den Aufbau einer stützenden Rumpfmuskulatur.

Konservative Therapie

Medikamente. Zur Behandlung der Schmerzen verordnet der Arzt Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente wie z. B. Diclofenac (z. B. Voltaren® oder Diclac®) oder Ibuprofen (z. B. Ibu® oder Brufen®). In hartnäckigen Fällen helfen kurzfristig Injektionen von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Wirkstoffen direkt in den betroffenen Bereich.

Physiotherapie. Ist die akute Schmerzphase mithilfe der Medikamente überwunden, beginnt die Physiotherapie. Dabei gilt es zunächst, die durch die Schmerzen reflexbedingte Muskelverspannung zu lösen. Eingesetzt werden dazu beispielsweise Wärme, Rotlicht, Fango oder Massagen.

Aktive Krankengymnastik. Sind die Muskeln entspannt, geht es mit der rückenstärkenden Krankengymnastik los. Gezielte Übungen helfen beim Aufbau stützender Muskelgruppen, die die Wirbelsäule stabilisieren. Sie dehnen verspannte und verkürzte Muskeln und verbessern damit die Rückenbeweglichkeit. Außerdem schulen sie Koordination und Körpergefühl, was langfristig zu rückenfreundlicheren und gesünderen Bewegungsmustern führt.

Rückenschule. Neben gymnastischen Übungen vermittelt die "Rückenschule" Wissen über rückenschonendes Verhalten. Krankenkassen, Krankengymnasten und Rehabilitationskliniken bieten hierzu Kurse an, deren Kosten häufig die Krankenkasse übernimmt. Die Rückenschule ist bei chronischen Rückenproblemen dann hilfreich, wenn der Betroffene die erlernten Techniken in Eigenregie in seinem Alltag einsetzt.

Hilfsmittel. In manchen Fällen verordnet der Orthopäde auch eine Art Stützkorsett oder Mieder, um die Wirbelsäule zu entlasten.

Operative Therapie

Eine Operation ist erforderlich, wenn die konservativen Maßnahmen keine Erleichterung bringen, die Krankheit sehr weit fortgeschritten ist oder sich Komplikationen einstellen.

Versteifungsoperation. Standardoperation ist die Versteifung von Teilen der Wirbelsäule (Versteifungsoperation). Dabei bringt der Operateur in die Wirbelkörper der betroffenen Region Schrauben ein und verbindet sie über Stäbe in Längs- und eventuell Querrichtung miteinander. Neben der Versteifung müssen einzelne Bereiche der Wirbelsäule manchmal auch geradegerichtet werden.

Bandscheibenprothesen. Eine weitere Therapieoption ist der Ersatz einer verschlissenen Bandscheibe durch eine Bandscheibenprothese aus Metall und Hartkunststoff. Das Verfahren hat sich als sicher und nachhaltig erwiesen, im Gegensatz zu Prothesen bei großen Körpergelenken kommt es kaum zu Lockerungen. Ob das Einpflanzen von Bandscheibenprothesen langfristig bessere Ergebnisse zeigt als die Versteifung, müssen weitere Studien zeigen. Zudem kommen Bandscheibenprothesen für manche Patienten gar nicht in Frage. Liegt beispielsweise neben der abgenutzten Bandscheibe auch eine Arthrose der Zwischenwirbelgelenke (wie z. B. beim Facettensyndrom) vor, bleibt die Versteifung dieses Segmentes Therapie der Wahl.

Hinweis: Weitere Informationen zur konservativen und operativen Behandlung von Rückenschmerzen finden Sie im Beitrag Rückenschmerzen.

Prognose

Die Prognose hängt entscheidend davon ab, in welchem Stadium mit einer Behandlung begonnen wird. Bei leichteren Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule bekommen die Patienten ihre Schmerzen oft mit Rückentraining und Schmerzmitteln gut in den Griff.

Bei Befall der Halswirbelsäule oder im fortgeschrittenen Stadium ist meist eine Operation erforderlich. Hier bleiben jedoch in vielen Fällen Einschränkungen zurück.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bei akuten Beschwerden ist es entscheidend, rasch wieder in Bewegung zu kommen und den Teufelskreis von Schmerz – Verspannung – mehr Schmerz zu durchbrechen. Zur Vorbeugung sind sämtliche Varianten rückenschonenden Verhaltens zu empfehlen. Wem es gelingt, die Wirbelsäule beweglich und die Muskelstütze funktionsfähig zu halten, hat schon halb gewonnen.

Bewegung. Wie bei der Therapie der meisten Rückenschmerzen heißt deshalb das Motto: mehr Bewegung. Allerdings führen die meisten Menschen längerfristig nur solche Bewegungsarten aus, die ihnen entweder Spaß machen oder sich leicht in ihren Alltag integrieren lassen.

  • Gehen Sie möglichst zu Fuß oder benutzen Sie das Fahrrad. Ziehen Sie die Treppe dem Lift oder der Rolltreppe vor.
  • Machen Sie Sport. Rückenschonende und die Rumpfmuskulatur trainierende Sportarten sind Schwimmen, Aquajogging, Radfahren, Nordic Walking, Skilanglauf. Achten Sie dabei auf eine gute Ausrüstung (Laufschuhe).
  • Beginnen Sie ein Krafttraining im Fitnessstudio, wenn Ihnen diese Art Sport liegt. Unter kompetenter Betreuung lässt sich damit gezielt Muskulatur aufbauen, die den Rücken stärkt.
  • Wenn Sie beruflich viel im Auto sitzen, leisten Sie sich einen guten Autositz und nutzen Sie die Pausen zum Umhergehen, zum Recken und Strecken.
  • Wenn Sie im Büro tätig sind, erledigen Sie möglichst viel im Stehen oder Gehen. Insbesondere bei Stress sind solche Bewegungspausen wichtig, um eine Anspannung der Nacken- und Rückenmuskulatur zu verhindern.
  • Ändern Sie beim Sitzen regelmäßig Ihre Position, abwechselnd leicht vorgeneigt, aufrecht und zurückgelehnt.

Arbeitsplatzergonomie. Arbeitsstühle mit der Funktion "dynamisches Sitzen" sind sinnvoll. Sie verfügen über eine Rückenlehne, die sich mitbewegt und gleichzeitig den Rücken stützt. Wenn Ihnen eine häufige Änderung der Sitzhaltung schwerfällt, wählen Sie eine dauerhafte Sitzposition, die zwischen Rücken und Oberschenkel einen Winkel von etwa 120° einschließt. Was früher als schlampige Haltung empfunden wurde, hat sich in neueren, wissenschaftlichen Studien als deutlich rückenfreundlicher erwiesen als eine "gerade" Sitzhaltung mit einem rechten Winkel in der Hüfte. Wichtig für die Arbeitsplatzergonomie ist auch die richtige Höhe von Tisch und Stuhl. Idealerweise bilden Ober- und Unterarme sowie Ober- und Unterschenkel mindestens einen rechten Winkel. Wenn die Arme locker auf den Armlehnen aufliegen, entlastet diese Position den Schulterbereich. Handballenauflagen vor der Tastatur entspannen beim Tippen ebenfalls die Schultern, tun aber auch dem Nacken gut.

Rückenschonend arbeiten. Wenn Sie körperlich arbeiten, vermeiden Sie möglichst Tätigkeiten, die den Rücken belasten. Gelingt dies nicht, führen Sie die erforderlichen Arbeiten rückenschonend aus. Heben und tragen Sie Gegenstände mit geradem Rücken und gleichmäßiger Verteilung auf beide Arme. Tragen Sie schwere Lasten dicht am Körper und vermeiden Sie dabei unbedingt, den Oberkörper im Stand zu drehen. Besser: In die Hocke gehen statt sich zu bücken, soweit es Ihre Kniegelenke erlauben.

Gewicht normalisieren. Bauen Sie vorhandenes Übergewicht ab. Sie entlasten damit nicht nur Ihren Rücken, sondern steigern zugleich auch die Bewegungs- und Lebensfreude.

Schmerzen lindern

Medikamente. Zögern Sie nicht, bei akuten Schmerzen Schmerzmittel einzunehmen. Wenn Sie sonst gesund sind, spricht nichts gegen eine kurzzeitige, maximal dreitägige Anwendung von rezeptfreien Schmerzmitteln, z. B. NSAR wie Diclofenac (z. B. Voltaren® oder Diclac®) oder Ibuprofen (z. B. Ibu® oder Brufen®) oder Paracetamol (z. B. ben-u-ron®). Sie helfen, den Teufelskreis von Schmerz und Verspannung zu durchbrechen.

Komplementärmedizin

Wärme. Wärme beruhigt und entspannt die Muskulatur und hilft dadurch, den Schmerz zu lindern. Bewährt haben sich warme Vollbäder (beruhigend: Melisse, Lavendel; anregend und durchblutungsfördernd: Rosmarin), warme Wickel (Heublume, Fango), Wärmflasche oder Wärmekissen im Bett, durchblutungsfördernde Pflaster (z. B. ABC-Wärmepflaster), Einreibungen z. B. mit Pferdesalbe, wärmende Unterwäsche aus Angorawolle, Wollschals oder auch ein Saunabesuch. Herzkranke Menschen müssen wegen der Kreislaufbelastung erst Rücksprache mit ihrem Arzt halten, bevor sie sich mit Vollbädern, Wickeln oder Saunabesuchen behandeln.

Besonders wirksam ist die heiße Rolle: Falten Sie ein Küchenhandtuch und zwei Frotteehandtücher der Länge nach. Wickeln Sie das Küchenhandtuch der Breite nach zu einer festen Rolle zusammen. Die beiden anderen Tücher werden schräg darum herumgewickelt, sodass das Ganze aussieht wie ein Trichter bzw. wie ein nur an einer Seite geöffnetes Bonbon. Gießen Sie nun etwa einen Dreiviertel Liter brühheißes Wasser in die Rolle (Vorsicht Verbrennung!) und wickeln Sie die Frotteehandtücher vollends um die jetzt nasse Innenrolle. Prüfen Sie die Wärme. Ist die Rolle zu heiß, so wickeln Sie ein weiteres Frotteetuch darum herum. Mit dieser heißen Rolle rollen, tupfen und massieren Sie über den Rücken. Wenn die Rolle kühler wird, nehmen Sie eine Frotteeschicht ab.

Kälte.Bei akuten Reizzuständen wirkt Kälte manchmal besser als Wärme. Bewährt haben sich Kühlpacks aus der Apotheke oder zerstoßene, in einem Waschlappen verpackte Eiswürfel, mehrmals täglich 1–5 Minuten lang auf die schmerzende Stelle aufgelegt. Um Erfrierungen vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Auflagen in ein Tuch einzuschlagen und direkten Kontakt mit der Haut zu vermeiden.

Manuelle Therapien. Insbesondere die Osteopathie und die Wirbelsäulentherapie nach Dorn geben Behandlungserfolge an, ebenso liegen Berichte vor, wonach die Akupunktur in vielen Fällen die Beschwerden lindert. Sanfte Bewegungstherapien wie Yoga, Thai Chi, Qigong und Feldenkrais sind bei wiederkehrenden Beschwerden empfehlenswert.

Bei lokal begrenzten Beschwerden ohne ausstrahlende Schmerzen in die Extremitäten kommen darüber hinaus die gleichen komplementärmedizinischen Methoden in Betracht wie die im Artikel Rückenschmerzen beschriebenen Maßnahmen.

Weiterführende Informationen

  • https://dgk.de/gesundheit/schmerzen/rueckenschmerzen/rueckenschmerzen.html Internetseite des Deutschen Grünen Kreuzes, Marburg: Gut besuchtes Patientenforum. Unter dem Suchbegriff Rückenschmerzen finden Sie umfassende Informationen.
  • www.mein-starker-ruecken.de. Eine Seite mit praktischen, gut bebilderten und erklärten Übungen für Rückengymnastik. Klären Sie jedoch vor jeglichem Turnen mit Ihrem Arzt ab, ob solche Übungen für Sie sinnvoll sind!

Von: Dr. med. Sonja Kempinski unter Verwendung von Textauszügen aus: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Neben hornhautaufweichende Tinkturen und Pflaster gehört vor allem das Fußbad zu den Waffen gegen lästige Hühneraugen.

Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Schmerzhafte Wucherung

Hühneraugen sind lästig und schmerzhaft – aber zum Glück meistens harmlos. Deshalb kann man sie in der Regel gut selbst behandeln. Wirksame Methoden reichen von neuen (passenden) Schuhen bis zu speziellen Pflastern und Tinkturen aus der Apotheke. Und damit es nicht zu neuen Verhornungen kommt, lässt sich gegen Hühneraugen auch vorbeugen.

Wo kommt das Hühnerauge her?

Ein Hühnerauge ist eine punktuelle, verstärkte Verhornung der Haut (Hyperkeratose). Sie bildet sich kreis- oder linsenförmig aus. In der Mitte befindet sich eine kleine, oft glasige Kuppe, der sogenannte Hornkegel. Sein Inneres kann weit in die Tiefe reichen. Die Haut um den Kegel herum ist gelblich-beige. Insgesamt sieht das Ganze ein bisschen so aus wie ein rundes Hühnerauge – deshalb der volkstümliche Name. Medizinisch heißt das Hühnerauge Clavus, in der Mehrzahl Clavi.

Hühneraugen entstehen durch dauerhaften oder immer wiederkehrenden Druck. Betroffen sind insbesondere solche Hautbereiche, die dicht über dem Knochen liegen – also Füße und Hände. Auf Druck und Reibung reagiert die Haut mit einer Verdickung. Das Wachstum der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) in den unteren Schichten der Haut wird angeregt und es bilden sich immer mehr davon.

Normalerweise wandern diese Hautzellen von unten nach oben, verhornen immer mehr und werden dann an der Hautoberfläche abgeschilfert. Durch den Druck und die verstärkte Verhornung gelingt das den verhornten Hautzellen nicht mehr. Sie bilden im Inneren des Hühnerauges eine harte Hornmasse. Je länger dieser Zustand anhält, desto tiefer wächst der Hornkegel nach innen. Dort kann er auf Nervenenden treffen und starke Schmerzen auslösen.

Der schädliche Druck kann verschiedenen Ursachen haben. Neben Fußfehlstellungen zählt falsch sitzendes, drückendes Schuhwerk zu den Hauptauslösern von Hühneraugen. In diesen Fällen sind meist die Zehen betroffen. Dort sitzen sie gerne zwischen dem vierten und fünften Zeh oder an der Oberseite der zweiten Zehe.

Auch ein Hallux valgus (Ballenzeh) ändert die Druckverhältnisse und begünstigt an der betroffenen Großzehe die Bildung eines Hühnerauges. Beim Spreizfuß wiederum sind Ballen und Sohle besonders belastet, worauf die Haut ebenfalls mit Hyperkeratosen und Hühneraugen antwortet. Gleiches passiert, wenn durch Fußfehlstellungen Zehen aneinander oder gegen den Schuh drücken. Gefördert wird die Bildung von Hühneraugen zudem durch trockene Haut.

Manchmal entwickeln sich Hühneraugen sogar an den Händen. Auch dort ist dauerhafter Druck schuld, z.B. beim intensiven Hantieren mit Arbeits- oder Sportgeräten. Betroffen sind davon Tennisspieler*innen, Mechaniker*innen oder Musiker*innen.

Hinweis: Menschen mit einer diabetischen Polyneuropathie oder einer anderen Nervenerkrankungen bemerken schädlichen Druck an den Füßen häufig nicht. Sie sind deshalb besonders gefährdet, Hühneraugen zu entwickeln.

Hühnerauge ist nicht gleich Hühnerauge

Hühneraugen können in verschiedenen Formen auftreten. Manche sind hart, andere weich, in einige Hühneraugen wachsen mit der Zeit kleine Blutgefäße ein, andere werden von Nerven durchzogen. Expert*innen unterscheiden deshalb acht Typen:

  • Der Clavus durus ist das bekannteste und klassische Hühnerauge. Er ist hart und befindet sich vor allem unter den Zehengrundgelenken, manchmal auch am Zehenrücken. Der Kegel reicht oft stark in die Tiefe, wodurch sich das Hühnerauge bei Druck von oben äußerst schmerzhaft bemerkbar machen kann.
  • Bei einem Clavus molle handelt es sich um ein weiches Hühnerauge. Es sitzt zwischen den Zehen und bleibt wegen dem dort feuchten Klima weich.
  • Ein Clavus vascularis ist hart und enthält kleinste Blutgefäße. Deshalb kann er leicht bluten. Diese Hühneraugen entstehen bei besonders starker Belastung der Haut.
  • Der Clavus neurovascularis ist nicht nur von Blutgefäßen, sondern auch von Nervenenden durchzogen. Diese Hühneraugen sitzen meist an den Zehenkuppen, bluten leicht und schmerzen oft besonders stark.
  • Der großflächige und harte Clavus neurofibrosus befindet sich an der Fußsohle.
  • Ein Clavus papillaris zeichnet sich durch einen weichen Kern aus.
  • Clavi miliares kommen in großen Ansammlungen vor und schmerzen nicht. Bei ihnen handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Fehlverhornung.
  • Der Clavus subungualis sitzt unterhalb der Nagelplatte.

Nicht alle diese Hühneraugen darf man selbst behandeln. Möglich ist die Therapie in Eigenregie bei den häufigsten Formen, dem Clavus durus und dem Clavus molle. Hühneraugen, die bluten, in großen Ansammlungen vorkommen oder unter dem Nagel sitzen, schauen sich besser die Hausärzt*in oder Dermatolog*in an und entscheiden, wie man sie am besten angeht.

Hinweis: Hühneraugen und Warzen sehen auf den ersten Blick sehr ähnlich aus. Schaut man genauer hin, lassen sich Unterschiede erkennen: Bei Warzen fehlt der glasige Hornkern in der Mitte. Stattdessen findet sich unter einer oberflächlichen Verhornung warzenartiges Gewebe, das mit schwarzroten Pünktchen versetzt ist.

Weg mit Druck und Verhornung!

Um Hühneraugen zum Verschwinden zu bringen, muss der betroffene Bereich als erstes entlastet werden. Sind drückende Schuhe der Auslöser, sollten sie nicht mehr getragen werden. Stattdessen wählt man ausreichend weite und gut passende Schuhe. Schuhe kaufen sollte man übrigens am besten abends: Denn nach einem ganzen Tag auf den Beinen sind Füße oft angeschwollen und deshalb etwas größer als morgens.

Bei Fehlstellungen kann die Orthopäd*in helfen. Sie begutachtet den Fuß und verordnet wenn nötig Einlagen. Damit lassen sich Fehlstellungen korrigieren, die zu dem Druck geführt haben. Manche Betroffenen profitieren auch von speziellen ringförmigen Polstern. Sie klebt man so auf die Haut, dass eventueller Druck davon ferngehalten wird.

Allein die Entfernung des Drucks kann Hühneraugen zur Rückbildung bewegen. Das dauert allerdings eine Weile und funktioniert auch nicht immer zuverlässig. Besser ist es, gleichzeitig die Verhornung zu beseitigen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Zunächst nimmt man ein lauwarmes Fußbad, das die Haut aufweicht. Ein Teil der obersten Hautschicht löst sich dann und kann vorsichtig mit Bimsstein oder einem trockenen Frottee-Handtuch abgetragen werden. Fußhobel oder andere Werkzeuge sollten wegen der Verletzungsgefahr nicht dafür benutzt werden. Danach behandelt man das Hühnerauge mit Keratolytika (hornhautauflösenden Substanzen) wie Salicylsäure oder Milchsäure. Diese Wirkstoffe lockern die oberste Hautschicht. Dadurch weicht der Clavus weiter auf, sodass er beim nächsten Fußbad leichter entfernt werden kann. Die Wirkstoffe gibt es als Tinkturen und als Pflaster.

  • Tinkturen muss man mehrmals täglich auf das Hühnerauge auftragen. Die nicht verhornte Haut um den Clavus herum sollte vor dem Wirkstoff geschützt werden. Dafür cremt man sie vorsichtig mit Vaseline oder einer Fettsalbe ein. Die Salicyl- oder Milchsäure trocknet nach dem Auftragen und bildet einen Film auf dem Hühnerauge. Dieser Film muss vor dem nächsten Auftragen wieder entfernt werden. Wie häufig das Hühnerauge behandelt werden muss, richtet sich nach dem jeweiligen Produkt. Meist soll die Tinktur ein- bis zweimal täglich verwendet und nach drei bis vier Tagen die Hornhaut in einem Fußbad entfernt werden. Ganz wichtig: Nach dem Hantieren mit der Tinktur muss man sich die Hände waschen, damit die Säure nicht in die Augen oder auf andere empfindliche Hautstellen gerät. Die gesamte Prozedur ist recht aufwendig. Menschen, die nicht mehr gut sehen oder weniger beweglich sind, sollten sich dabei von Angehörigen helfen lassen oder eine Podolog*in aufsuchen.
  • Pflaster mit Salicylsäure oder Milchsäure sind etwas leichter zu handhaben. Sie werden so auf den Clavus geklebt, dass der wirkstoffhaltige Anteil genau auf dem Hornkegel zu liegen kommt. Zu beachten ist dabei, dass die Haut sauber und trocken ist. Manche Produkte haben zusätzlich zu ihrem Wirkstoffkern ein Druckschutzpolster, um beim Gehen die Schmerzen zu mindern. Je nach Produkt bleibt das wirkstoffhaltige Pflaster ein bis drei Tage kleben. Oft verschwindet das Hühnerauge dann schon beim Entfernen des Pflasters. Bei manchen Präparaten wird empfohlen, die aufgeweichte Haut nach einem Fußbad abzutragen, andere Pflaster sollen mehrmals ausgetauscht werden. Weil die Handhabung je nach Produkt stark variiert, ist es wichtig, vor Anwendung die Gebrauchsanweisung genau zu lesen.

Ob Tinkturen oder Pflaster: Die über die Haut aufgenommene Salicylsäure kann in das Blut gelangen und auch im Körper wirken. Deshalb sollten Tagesdosen von 2,0 g für Erwachsene und 0,2 g für Kinder nicht überschritten werden. Bei Kleinkindern und Schwangeren darf man zudem maximal eine Fläche von 5 cm2 behandeln. Wer unsicher ist, lässt sich dazu am besten in der Apotheke beraten.

Vorsicht geboten ist auch bei Patient*innen, die eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Bei ihnen können sich Wirkstoffe im Körper leicht anstauen. Sie sollten deshalb besser wirkstofffreie Hühneraugenpflaster verwenden. Diese bestehen aus einem Hydrokolloid und nehmen Flüssigkeit auf. Dadurch entsteht nicht nur ein schützendes Polster. Der Clavus wird aufgeweicht, sodass sich die verhornte Haut nach Abnahme des Pflasters meist gut abtragen lässt.

Hinweis: Diabetiker*innen haben eine besonders empfindliche Haut, und kleine Verletzungen heilen bei ihnen schlechter. Für sie ist es ratsam, Hühneraugen nicht in Eigenregie zu entfernen, sondern vor einer Behandlung immer ärztlichen Rat einzuholen.

So beugt man Hühneraugen vor

Hühneraugen beugt man vor, indem man Druck vermeidet. Dazu dienen die gleichen Maßnahmen wie bei der Behandlung eines Clavus. Am wichtigsten ist es, gut passende, nicht zu enge Schuhe zu tragen. Mancmhal ist es allerdings nicht möglich, dauerhaft drückendes Schuhwerk zu vermeiden, etwa im Beruf. Dann sollte man die Schuhe in den Pausen ausziehen und auf dem Weg zur Arbeit bequeme Schuhe tragen. Von der Orthopäd*in verschriebene Einlagen oder spezielles Schuhwerk wirkt zudem nur vorbeugend, wenn es auch benutzt wird.

Hühneraugen an den Händen lässt sich mit speziell gepolsterten Handschuhen oder Schaumstoffgriffen entgegenwirken. Treten sie bei der Arbeit auf, kann man den Arbeitgeber auf Schutzmaßnahmen ansprechen.

Die zweite Säule zur Vermeidung von Hühneraugen ist eine gute Fußpflege:

  • Regelmäßige Fußbäder, um die Haut weich zu halten.
  • Raue und verdickte Stellen vorsichtig mit Bimsstein oder einem Frotteehandtuch abreiben.
  • Füße zweimal täglich mit einer speziellen Pflegecreme massieren, vor allem an den verdickten Bereichen. Günstig für trockene, verdickte und verhornte Hautbereiche sind Cremes mit Harnstoff sowie Frucht- und Glykolsäuren, angereichert mit pflegenden Panthenol oder Ölen.

Manche Menschen sehen nicht gut oder haben Schwierigkeiten, ihre Füße zu erreichen. Dann ist für deren Pflege Hilfe nötig. Am besten ist es, dafür regelmäßig eine Fußpflege aufzusuchen. In manchen Fällen trägt die Gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Fußpflege. Dies ist z. B. bei krankhaften Veränderungen am Fuß der Fall, also bei einemr Diabetes oder eine Neuropathie.

Quelle: DAZ 2021, Nr. 20, S. 42

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ypps