Gesundheit heute

Hüftdysplasie

Hüftdysplasie (Hüftgelenksdysplasie, angeborene Hüftluxation): Fehlanlage oder Reifestörung des Hüftgelenks, bei der die Hüftgelenkspfanne den Hüftkopf nicht vollständig überdacht. In der Folge sitzt der Hüftkopf nicht fest genug, es droht die Ausrenkung (Luxation). Die Hüftdysplasie ist die häufigste angeborene Skelettfehlentwicklung, wobei deutlich mehr Mädchen betroffen sind als Jungen. Unbehandelt führt die Hüftdysplasie zu Gehstörungen, starken Schmerzen und einer vorzeitigen Hüftgelenksarthrose.

Auffällig werden die Kinder manchmal erst, wenn sie bei ihren ersten Gehversuchen hinken – dann ist jedoch die optimale Zeitspanne für eine Erfolg versprechende Frühbehandlung bereits verpasst. Deshalb werden Säuglingshüften routinemäßig mit Ultraschall im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen kontrolliert. Findet sich dabei eine Hüftdysplasie oder -luxation, lässt sich die Fehlbildung durch frühzeitige Therapie meist innerhalb weniger Monate vollständig heilen. Bleibt die Erkrankung jedoch unerkannt, sind die Spätfolgen oft nur durch eine komplizierte Operation oder einen Gelenkersatz zu behandeln.

Hinweis: Erworbene Hüftgelenksausrenkungen aufgrund von Verletzungen oder neuromuskulären Erkrankungen werden unter Hüftgelenksluxation behandelt.

Symptome und Leitbeschwerden

Beim Neugeborenen oder Säugling:

  • Schwierigkeiten beim Abspreizen des Beinchens beim Wickeln, oft vor allem im Vergleich zur Gegenseite erkennbar
  • Unsymmetrische Falten an Oberschenkel und Po des Säuglings.

Beim Kind oder jungen Erwachsenen:

  • Eingeschränkte Beweglichkeit in der Hüfte
  • Deutlich sichtbares Hinken oder "Watschelgang" (wenn beide Hüften betroffen sind)
  • Manchmal Schmerzen in Leiste oder Knie
  • (Scheinbar) kürzeres Bein auf der betroffenen Seite (wenn der Hüftkopf nach oben ausgerenkt ist).

Wann in die Arztpraxis

Sofort, wenn

  • bei Kindern Schmerzen in Gesäß oder Leiste auftreten
  • Säuglinge die oben genannten Auffälligkeiten zeigen.

In den nächsten Wochen, wenn

  • Schmerzen in der Leiste länger als 3 Tage anhalten oder Hinken auffällt.

Die Erkrankung

Das Hüftgelenk wird aus der im Hüftbein liegenden Gelenkpfanne und dem oberen Ende des Oberschenkelknochens, dem Hüftkopf, gebildet. Normalerweise umschließt die Gelenkpfanne etwa die Hälfte des Hüftkopfes. Bei der Hüftdysplasie ist die Gelenkpfanne zu steil oder zu klein und überdeckt den Hüftkopf nur unzureichend. So droht er bei Belastung teilweise (Subluxation) oder vollständig (Luxation) aus dem Gelenkbett zu gleiten. Dies geschieht in den meisten Fällen nach oben-hinten.

Häufigkeit

Die Hüftdysplasie ist relativ häufig, sie betrifft in Mitteleuropa zwei bis drei Kinder auf 100 Geburten, Mädchen fünfmal so oft wie Jungen. Eine regionale Ansammlung (sogenannte "Luxationsnester") besteht in Tschechien, Sachsen und Thüringen.

Ursachen

Die Hüftdysplasie kann genetisch bedingt sein. Dafür sprechen die oben genannten "Luxationsnester" sowie das erhöhte Risiko, wenn die Mutter ebenfalls von einer Hüftdysplasie betroffen war. Sicher belegt sind auch schwangerschaftsbedingte Auslöser bzw. Risikofaktoren. So führt Platzmangel in der Gebärmutter dazu, dass sich das Kind nicht ausreichend bewegen kann und so die Ausreifung der Hüfte gestört wird. Das ist zum Beispiel der Fall bei Zwillingsschwangerschaften oder Fruchtwassermangel. Auch Lageanomalien des Ungeborenen können die Hüftreifung stören: Die starke Beugung der Hüfte bei Steißlage erhöht beispielsweise das Risiko für eine Hüftdysplasie um das 25-Fache.

Manche Hüftdysplasien sind mit Chromosomenanomalien verbunden (Ulrich-Turner-Syndrom, Trisomie 18). Hier finden sich dann häufig noch andere Fehlbildungen wie Klumpfüße oder Knick-Platt-Füße.

Verlauf

Neugeborene und Säuglinge haben bei einer Hüftdysplasie meist keine Beschwerden. Unbemerkt und unbehandelt führt die Hüftdysplasie dann aber dazu, dass sich der Hüftkopf immer weiter verschiebt – im schlimmsten Fall bis zur Ausrenkung. Zum Ausgleich der gestörten mechanischen und statischen Verhältnisse am Hüftgelenk kippt das Becken zur gesunden Seite und die Wirbelsäule verkrümmt sich nach vorn und/oder zur Seite, es drohen Hohlkreuz und Skoliose. Im Verlauf kommt es deshalb im Kindes-, manchmal auch erst im jungen Erwachsenenalter zu belastungsabhängigen Schmerzen in Leiste, Hüfte und/oder Knie sowie zu Gehbehinderungen. Durch die Fehlbelastung verschleißen Pfanne und Hüftkopf schneller, es droht eine Hüftgelenksarthrose. So sollen die Hälfte aller Hüftgelenksarthrosen und jede zehnte der heute eingesetzten Hüftgelenksprothesen (H-TEP) auf eine unbehandelte Hüftdysplasie zurückgehen.

Diagnosesicherung

Neugeborene und Säuglinge. Die allermeisten Fälle werden heute im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen in den ersten Lebenswochen diagnostiziert. Bei der körperlichen Untersuchung ist manchmal eine Abspreizhemmung, d. h. eine Hemmung beim Auseinanderfalten der in Knie und Hüfte gebeugten Oberschenkel erkennbar. Gesichert wird die Diagnose schnell und einfach mit einer Ultraschalluntersuchung. Ultraschall ist deshalb besonders geeignet, weil die Hüftpfanne noch nicht verknöchert und die knorpeligen Strukturen im Ultraschall gut sichtbar sind. In seltenen Fällen ist eine Röntgenaufnahme nötig, die aber erst nach dem 3. Lebensmonat Veränderungen zeigt. Um die Varianten der Hüftdysplasie richtig einordnen zu können, wird der Ultraschall in einer vorgegebenen, standardisierten Art vorgenommen. Damit bestimmt die Ärzt*in den Hüft-Typ des Neugeborenen und misst zwei wichtige Winkel. Der Knochenwinkel Alpha steht für die knöcherne Formgebung, der Knorpelwinkel Beta für die knorpelige Überdachung.

  • Typ I: Voll ausgereifte Hüfte und das Pfannendach liegt über dem Hüftkopf. Alpha-Winkel > 60°, Beta-Winkel < 55°.
  • Typ II: Reifungsverzögerung mit einem unausgewogenen Verhältnis der knöchernen zur knorpeligen Struktur der Pfanne. Bei Typ A und B beträgt der Alpha-Winkel 50–59°, der Beta Winkel ist normal. Wird der Alpha-Winkel kleiner (zwischen 43 und 49°) und der Beta-Winkel größer (bis zu < 77°), ist das Luxationsrisiko erhöht (Typ C). Beim Typ II D ist der Alpha-Winkel zwar noch > 43°, der Hüftkopf jedoch verschoben.
  • Typ III: Die Hüftpfanne ist schlecht verknöchert, wodurch sie sehr flach ist und keinen Halt gibt. Der Alpha-Winkel ist kleiner als 43°, der Beta-Winkel > 77°. Der Hüftkopf ist verschoben, liegt aber noch unter der Gelenklippe.
  • Typ IV: Der Hüftkopf ist komplett ausgerenkt und liegt oberhalb der Gelenklippe. Das Hüftgelenk ist komplett instabil.

Bei Kindern oder jungen Erwachsenen lenken Hinken und Schmerzen in Knie oder Leiste den Verdacht auf die Hüfte. Bei der körperlichen Untersuchung untersucht die Ärzt*in Wirbelsäule, Hüfte und Beine im Stehen und beim Gehen und achtet z. B. darauf, ob die Beine unterschiedlich lang erscheinen und wie der Gang aussieht. In der körperlichen Untersuchung im Liegen lässt sich das Bein des Kindes meist nicht abspreizen. Bei Kindern und Erwachsenen wird die Hüftdysplasie mittels Röntgenbildern abgeklärt und beurteilt. Auch hier sind neben Form und Lage der Gelenkstrukturen verschiedene Winkel von Bedeutung, um die korrigierenden Eingriffe zu planen. Die Aussagekraft der Ultraschalldiagnostik nimmt mit zunehmenden Alter des Kindes ab, da die Hüftpfanne ab dem 1. Lebensjahr verknöchert und Knochen im Ultraschall nicht dargestellt werden.

Differenzialdiagnosen. Hinken und/oder Knieschmerzen finden sich beim Kind auch aufgrund von Morbus Perthes oder einer Epiphyseolysis capitis femoris.

Behandlung

Konservative Therapie beim Säugling

Das Behandlungsprinzip besteht darin, den Hüftkopf mittig in der Pfanne zu platzieren und dort zu halten, damit die Pfanne ordnungsgemäß nachreift und verknöchert. Das ist allerdings nur vor der Verknöcherung des Hüftgelenks, also innerhalb der ersten beiden Lebensjahre möglich.

Die Therapie der leichten Hüftdysplasie (Typen II A bis C) ist beim kleinen Säugling gleichermaßen einfach wie effektiv: Durch mehrmonatiges Tragen einer Spreizhose oder "Breites Wickeln" (siehe unten) wird der Hüftkopf mittig in die Pfanne gedrückt und das Gelenk dadurch zum korrekten Nachreifen gebracht. Reichen Spreizhose und breites Wickeln nicht aus, kommt manchmal auch eine etwas stabilere Hüftbeugeschiene zum Einsatz.

Bei allen weiter fortgeschrittenen Hüft-Typen (II D bis IV) reicht eine alleinige Abspreizbehandlung nicht mehr aus. In diesen Fällen wird das Gelenk erst eingerenkt, entweder rasch in Kurznarkose oder über 3 Wochen in einem Streckverband (Overheadextension). Anschließend wird das Hüftgelenk in Sitz-Hock-Position (Froschstellung) mit einem speziellen Gips oder einer Bandage 24 Stunden täglich für mindestens 8 Wochen ruhiggestellt, damit es ausreifen kann. Danach muss das Kind noch für einige Zeit eine Hüftbeuge- oder Spreizschiene tragen, damit die Hüfte auch langfristig korrekt ausheilt.

Ob die Therapie greift, kontrolliert die Ärzt*in alle 4 Wochen mit einer Ultraschalluntersuchung. Den langfristigen Erfolg prüft man mit Röntgenuntersuchungen zu Beginn des Laufenlernens, im 5. Lebensjahr sowie in der Pubertät zum Wachstumsabschluss.

Therapie bei älteren Kindern und Erwachsenen

In seltenen Fällen reichen die konservativen Maßnahmen zur Ausheilung nicht aus und es muss operativ eingegriffen werden. Das gilt auch für die Patient*innen, bei denen die Hüftdysplasie mangels Vorsorgeuntersuchung überhaupt erst im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter entdeckt wird.

Alle Verfahren haben das Ziel, die Überdeckung des Hüftkopfs zu verbessern und dadurch die Schmerzen zu lindern und das Gangbild zu verbessern. Nur bei völligem Verschleiß ist ein Gelenkersatz (künstliche Hüfte) erforderlich.

Bei jüngeren Kindern gilt die Beckenosteotomie nach Salter als Standard. Hier wird das Darmbein über der Gelenkpfanne durchtrennt und so nach unten und vorn gekippt, dass die Pfanne über dem Hüftkopf steht. In den entstandenen Spalt schlägt die Chirurg*in dann einen Knochenkeil ein, der bei Kindern meist aus einem Spenderknochen zurechtgesägt wird.

Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind häufig noch umfangreichere operative Maßnahmen nötig. Ein neueres Verfahren ist die Triple-Ostetomie, bei der alle drei die Hüftpfanne bildenden Anteile des Hüftbeins (Schambein, Sitzbein und Darmbein) durchtrennt und die Überdachung der Pfanne neu rekonstruiert wird.

Prognose

Wird eine Hüftdysplasie in den ersten Lebenswochen erkannt, heilt sie bei fachgerechter Behandlung meist folgenlos aus. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, drohen Spätschäden wie Gehstörungen und Hüftgelenksarthrose.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Breites Wickeln. Breites Wickeln fördert die Froschposition und damit die Platzierung des Hüftkopfes mittig in der Pfanne. Benutzt man Wegwerfwindeln, legt man am besten ein auf 15 cm Breite gefaltetes Moltontuch über die Windel zwischen die Beinchen und verschließt dann den Babybody (oft ist eine Kleidergröße mehr erforderlich). Man kann auch eine zweite Windel verkehrt herum über die erste ziehen, um die Beine zu spreizen. Bei Stoffwindeln reicht es aus, einfach eine extra breite Einlage zu nehmen und darüber die Überhose anzuziehen.

Strampeln lassen. Babys sollen im Bettchen viel frei strampeln, weil die Bewegungen die gesunde Entwicklung der Hüftgelenke fördern. Fest einpacken oder gar "pucken" (das ist eine spezielle Technik, bei der das Baby von Kopf bis Fuß sehr fest in ein Tuch gewickelt wird) ist für Kinder mitHüftdysplasie gänzlich ungeeignet.

Tragetuch statt Streckstellung. Die positive auf die Ausreifung der Hüfte wirkende Froschstellung nimmt das Kind auch ein, wenn es im Tragetuch transportiert wird. Das gleiche gilt für ergonomisch gefertigte Babytragen, auch sie sind gut für die Hüfte.

Rückenlage statt Bauchlage. Die Bauchlage scheint die Entwicklung des Hüftgelenks zu stören. Besser liegt das Kind auf dem Rücken, so kann es auch leichter strampeln.

Prävention

Der einzig sinnvolle Weg, die Zahl der Krankheitsfälle zu reduzieren, ist die konsequente Untersuchung der Neugeborenen, wie es in der U3 in der 4. bis 6. Woche vorgeschrieben ist. Viele Ärzt*innen propagieren eine Vorverlegung der Untersuchung in die ersten Lebenstage, da die Behandlungszeit umso kürzer und die Heilungschancen umso höher sind, je früher die Therapie beginnt. Inzwischen wird – vor allem bei Risikofaktoren – auch bei Säuglingen im Rahmen der U2 innerhalb der 1. Lebenswoche noch in der Entbindungsklinik eine Hüftsonografie durchgeführt.

Sport

Bei einer Hüftdysplasie im Erwachsenenalter sind hüftschonende Sportarten wichtig. Dazu gehören beispielsweise Radfahren, Schwimmen, Wassergymnastik und Inline Skaten. Joggen ist aufgrund der hohen Gelenkbelastungen schädlich für Patient*innen mit einer Hüftdysplasie.

Von: Dr. med. Martin Schäfer in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Neben hornhautaufweichende Tinkturen und Pflaster gehört vor allem das Fußbad zu den Waffen gegen lästige Hühneraugen.

Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Schmerzhafte Wucherung

Hühneraugen sind lästig und schmerzhaft – aber zum Glück meistens harmlos. Deshalb kann man sie in der Regel gut selbst behandeln. Wirksame Methoden reichen von neuen (passenden) Schuhen bis zu speziellen Pflastern und Tinkturen aus der Apotheke. Und damit es nicht zu neuen Verhornungen kommt, lässt sich gegen Hühneraugen auch vorbeugen.

Wo kommt das Hühnerauge her?

Ein Hühnerauge ist eine punktuelle, verstärkte Verhornung der Haut (Hyperkeratose). Sie bildet sich kreis- oder linsenförmig aus. In der Mitte befindet sich eine kleine, oft glasige Kuppe, der sogenannte Hornkegel. Sein Inneres kann weit in die Tiefe reichen. Die Haut um den Kegel herum ist gelblich-beige. Insgesamt sieht das Ganze ein bisschen so aus wie ein rundes Hühnerauge – deshalb der volkstümliche Name. Medizinisch heißt das Hühnerauge Clavus, in der Mehrzahl Clavi.

Hühneraugen entstehen durch dauerhaften oder immer wiederkehrenden Druck. Betroffen sind insbesondere solche Hautbereiche, die dicht über dem Knochen liegen – also Füße und Hände. Auf Druck und Reibung reagiert die Haut mit einer Verdickung. Das Wachstum der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) in den unteren Schichten der Haut wird angeregt und es bilden sich immer mehr davon.

Normalerweise wandern diese Hautzellen von unten nach oben, verhornen immer mehr und werden dann an der Hautoberfläche abgeschilfert. Durch den Druck und die verstärkte Verhornung gelingt das den verhornten Hautzellen nicht mehr. Sie bilden im Inneren des Hühnerauges eine harte Hornmasse. Je länger dieser Zustand anhält, desto tiefer wächst der Hornkegel nach innen. Dort kann er auf Nervenenden treffen und starke Schmerzen auslösen.

Der schädliche Druck kann verschiedenen Ursachen haben. Neben Fußfehlstellungen zählt falsch sitzendes, drückendes Schuhwerk zu den Hauptauslösern von Hühneraugen. In diesen Fällen sind meist die Zehen betroffen. Dort sitzen sie gerne zwischen dem vierten und fünften Zeh oder an der Oberseite der zweiten Zehe.

Auch ein Hallux valgus (Ballenzeh) ändert die Druckverhältnisse und begünstigt an der betroffenen Großzehe die Bildung eines Hühnerauges. Beim Spreizfuß wiederum sind Ballen und Sohle besonders belastet, worauf die Haut ebenfalls mit Hyperkeratosen und Hühneraugen antwortet. Gleiches passiert, wenn durch Fußfehlstellungen Zehen aneinander oder gegen den Schuh drücken. Gefördert wird die Bildung von Hühneraugen zudem durch trockene Haut.

Manchmal entwickeln sich Hühneraugen sogar an den Händen. Auch dort ist dauerhafter Druck schuld, z.B. beim intensiven Hantieren mit Arbeits- oder Sportgeräten. Betroffen sind davon Tennisspieler*innen, Mechaniker*innen oder Musiker*innen.

Hinweis: Menschen mit einer diabetischen Polyneuropathie oder einer anderen Nervenerkrankungen bemerken schädlichen Druck an den Füßen häufig nicht. Sie sind deshalb besonders gefährdet, Hühneraugen zu entwickeln.

Hühnerauge ist nicht gleich Hühnerauge

Hühneraugen können in verschiedenen Formen auftreten. Manche sind hart, andere weich, in einige Hühneraugen wachsen mit der Zeit kleine Blutgefäße ein, andere werden von Nerven durchzogen. Expert*innen unterscheiden deshalb acht Typen:

  • Der Clavus durus ist das bekannteste und klassische Hühnerauge. Er ist hart und befindet sich vor allem unter den Zehengrundgelenken, manchmal auch am Zehenrücken. Der Kegel reicht oft stark in die Tiefe, wodurch sich das Hühnerauge bei Druck von oben äußerst schmerzhaft bemerkbar machen kann.
  • Bei einem Clavus molle handelt es sich um ein weiches Hühnerauge. Es sitzt zwischen den Zehen und bleibt wegen dem dort feuchten Klima weich.
  • Ein Clavus vascularis ist hart und enthält kleinste Blutgefäße. Deshalb kann er leicht bluten. Diese Hühneraugen entstehen bei besonders starker Belastung der Haut.
  • Der Clavus neurovascularis ist nicht nur von Blutgefäßen, sondern auch von Nervenenden durchzogen. Diese Hühneraugen sitzen meist an den Zehenkuppen, bluten leicht und schmerzen oft besonders stark.
  • Der großflächige und harte Clavus neurofibrosus befindet sich an der Fußsohle.
  • Ein Clavus papillaris zeichnet sich durch einen weichen Kern aus.
  • Clavi miliares kommen in großen Ansammlungen vor und schmerzen nicht. Bei ihnen handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Fehlverhornung.
  • Der Clavus subungualis sitzt unterhalb der Nagelplatte.

Nicht alle diese Hühneraugen darf man selbst behandeln. Möglich ist die Therapie in Eigenregie bei den häufigsten Formen, dem Clavus durus und dem Clavus molle. Hühneraugen, die bluten, in großen Ansammlungen vorkommen oder unter dem Nagel sitzen, schauen sich besser die Hausärzt*in oder Dermatolog*in an und entscheiden, wie man sie am besten angeht.

Hinweis: Hühneraugen und Warzen sehen auf den ersten Blick sehr ähnlich aus. Schaut man genauer hin, lassen sich Unterschiede erkennen: Bei Warzen fehlt der glasige Hornkern in der Mitte. Stattdessen findet sich unter einer oberflächlichen Verhornung warzenartiges Gewebe, das mit schwarzroten Pünktchen versetzt ist.

Weg mit Druck und Verhornung!

Um Hühneraugen zum Verschwinden zu bringen, muss der betroffene Bereich als erstes entlastet werden. Sind drückende Schuhe der Auslöser, sollten sie nicht mehr getragen werden. Stattdessen wählt man ausreichend weite und gut passende Schuhe. Schuhe kaufen sollte man übrigens am besten abends: Denn nach einem ganzen Tag auf den Beinen sind Füße oft angeschwollen und deshalb etwas größer als morgens.

Bei Fehlstellungen kann die Orthopäd*in helfen. Sie begutachtet den Fuß und verordnet wenn nötig Einlagen. Damit lassen sich Fehlstellungen korrigieren, die zu dem Druck geführt haben. Manche Betroffenen profitieren auch von speziellen ringförmigen Polstern. Sie klebt man so auf die Haut, dass eventueller Druck davon ferngehalten wird.

Allein die Entfernung des Drucks kann Hühneraugen zur Rückbildung bewegen. Das dauert allerdings eine Weile und funktioniert auch nicht immer zuverlässig. Besser ist es, gleichzeitig die Verhornung zu beseitigen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Zunächst nimmt man ein lauwarmes Fußbad, das die Haut aufweicht. Ein Teil der obersten Hautschicht löst sich dann und kann vorsichtig mit Bimsstein oder einem trockenen Frottee-Handtuch abgetragen werden. Fußhobel oder andere Werkzeuge sollten wegen der Verletzungsgefahr nicht dafür benutzt werden. Danach behandelt man das Hühnerauge mit Keratolytika (hornhautauflösenden Substanzen) wie Salicylsäure oder Milchsäure. Diese Wirkstoffe lockern die oberste Hautschicht. Dadurch weicht der Clavus weiter auf, sodass er beim nächsten Fußbad leichter entfernt werden kann. Die Wirkstoffe gibt es als Tinkturen und als Pflaster.

  • Tinkturen muss man mehrmals täglich auf das Hühnerauge auftragen. Die nicht verhornte Haut um den Clavus herum sollte vor dem Wirkstoff geschützt werden. Dafür cremt man sie vorsichtig mit Vaseline oder einer Fettsalbe ein. Die Salicyl- oder Milchsäure trocknet nach dem Auftragen und bildet einen Film auf dem Hühnerauge. Dieser Film muss vor dem nächsten Auftragen wieder entfernt werden. Wie häufig das Hühnerauge behandelt werden muss, richtet sich nach dem jeweiligen Produkt. Meist soll die Tinktur ein- bis zweimal täglich verwendet und nach drei bis vier Tagen die Hornhaut in einem Fußbad entfernt werden. Ganz wichtig: Nach dem Hantieren mit der Tinktur muss man sich die Hände waschen, damit die Säure nicht in die Augen oder auf andere empfindliche Hautstellen gerät. Die gesamte Prozedur ist recht aufwendig. Menschen, die nicht mehr gut sehen oder weniger beweglich sind, sollten sich dabei von Angehörigen helfen lassen oder eine Podolog*in aufsuchen.
  • Pflaster mit Salicylsäure oder Milchsäure sind etwas leichter zu handhaben. Sie werden so auf den Clavus geklebt, dass der wirkstoffhaltige Anteil genau auf dem Hornkegel zu liegen kommt. Zu beachten ist dabei, dass die Haut sauber und trocken ist. Manche Produkte haben zusätzlich zu ihrem Wirkstoffkern ein Druckschutzpolster, um beim Gehen die Schmerzen zu mindern. Je nach Produkt bleibt das wirkstoffhaltige Pflaster ein bis drei Tage kleben. Oft verschwindet das Hühnerauge dann schon beim Entfernen des Pflasters. Bei manchen Präparaten wird empfohlen, die aufgeweichte Haut nach einem Fußbad abzutragen, andere Pflaster sollen mehrmals ausgetauscht werden. Weil die Handhabung je nach Produkt stark variiert, ist es wichtig, vor Anwendung die Gebrauchsanweisung genau zu lesen.

Ob Tinkturen oder Pflaster: Die über die Haut aufgenommene Salicylsäure kann in das Blut gelangen und auch im Körper wirken. Deshalb sollten Tagesdosen von 2,0 g für Erwachsene und 0,2 g für Kinder nicht überschritten werden. Bei Kleinkindern und Schwangeren darf man zudem maximal eine Fläche von 5 cm2 behandeln. Wer unsicher ist, lässt sich dazu am besten in der Apotheke beraten.

Vorsicht geboten ist auch bei Patient*innen, die eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Bei ihnen können sich Wirkstoffe im Körper leicht anstauen. Sie sollten deshalb besser wirkstofffreie Hühneraugenpflaster verwenden. Diese bestehen aus einem Hydrokolloid und nehmen Flüssigkeit auf. Dadurch entsteht nicht nur ein schützendes Polster. Der Clavus wird aufgeweicht, sodass sich die verhornte Haut nach Abnahme des Pflasters meist gut abtragen lässt.

Hinweis: Diabetiker*innen haben eine besonders empfindliche Haut, und kleine Verletzungen heilen bei ihnen schlechter. Für sie ist es ratsam, Hühneraugen nicht in Eigenregie zu entfernen, sondern vor einer Behandlung immer ärztlichen Rat einzuholen.

So beugt man Hühneraugen vor

Hühneraugen beugt man vor, indem man Druck vermeidet. Dazu dienen die gleichen Maßnahmen wie bei der Behandlung eines Clavus. Am wichtigsten ist es, gut passende, nicht zu enge Schuhe zu tragen. Mancmhal ist es allerdings nicht möglich, dauerhaft drückendes Schuhwerk zu vermeiden, etwa im Beruf. Dann sollte man die Schuhe in den Pausen ausziehen und auf dem Weg zur Arbeit bequeme Schuhe tragen. Von der Orthopäd*in verschriebene Einlagen oder spezielles Schuhwerk wirkt zudem nur vorbeugend, wenn es auch benutzt wird.

Hühneraugen an den Händen lässt sich mit speziell gepolsterten Handschuhen oder Schaumstoffgriffen entgegenwirken. Treten sie bei der Arbeit auf, kann man den Arbeitgeber auf Schutzmaßnahmen ansprechen.

Die zweite Säule zur Vermeidung von Hühneraugen ist eine gute Fußpflege:

  • Regelmäßige Fußbäder, um die Haut weich zu halten.
  • Raue und verdickte Stellen vorsichtig mit Bimsstein oder einem Frotteehandtuch abreiben.
  • Füße zweimal täglich mit einer speziellen Pflegecreme massieren, vor allem an den verdickten Bereichen. Günstig für trockene, verdickte und verhornte Hautbereiche sind Cremes mit Harnstoff sowie Frucht- und Glykolsäuren, angereichert mit pflegenden Panthenol oder Ölen.

Manche Menschen sehen nicht gut oder haben Schwierigkeiten, ihre Füße zu erreichen. Dann ist für deren Pflege Hilfe nötig. Am besten ist es, dafür regelmäßig eine Fußpflege aufzusuchen. In manchen Fällen trägt die Gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Fußpflege. Dies ist z. B. bei krankhaften Veränderungen am Fuß der Fall, also bei einemr Diabetes oder eine Neuropathie.

Quelle: DAZ 2021, Nr. 20, S. 42

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ypps