Gesundheit heute

Harnröhrenklappen

Harnröhrenklappen (Urethralklappen): Angeborene Schleimhautfalten im oberen Anteil der Harnröhre, die den Harnabfluss aus der Harnblase behindern. Sie treten ausschließlich bei Jungen auf. Harnröhrenklappen müssen immer operativ beseitigt werden. Zum Schutz der Niere legen die Ärzte bis zur Operation einen suprapubischen Dauerkatheter, der den Urin unter Umgehung der Harnröhre durch die Bauchdecke ableitet.

Die Prognose hängt u. a. davon ab, wie sehr die Harnabflussstörung die kindlichen Nieren schon im Mutterleib geschädigt haben. In manchen Fällen kann auch die Beseitigung der Harnröhrenklappen die Nierenfunktion nicht retten, und Dialyse oder Nierentransplantation werden notwendig.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Tröpfelnder Harnstrahl
  • Wiederkehrende Harnwegsinfekte
  • Nächtliche Inkontinenz, Bettnässen
  • Später Zeichen des Nierenversagens mit Müdigkeit, Blässe, Leistungsminderung.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • oben genannten Symptomen.

Die Erkrankung

Harnröhrenklappen sind segelförmige Reste der embryonalen Entwicklung und sitzen am häufigsten in dem Bereich der Harnröhre, der durch die Prostata läuft. Da der Harn nicht richtig abfließt, kommt es zu tröpfelndem Harnstrahl, häufigem Wasserlassen und Einnässen sowie zu häufigen Harnwegsinfekten. 30 bis 50 % der Kinder entwickeln einen vesiko-ureteralen Reflux. Reflux und wiederholte Infekte schädigen die Niere, es drohen Folgeschäden wie Stauungsniere und Nierenversagen.

Komplikationen

Eine gefürchtete Komplikation, die schon im Mutterleib auftritt, ist die reflux-bedingte schwere Nierenschädigung. Dadurch entsteht ein ausgeprägter Fruchtwassermangel, in dessen Folge die fetale Lunge nicht reift. Nach der Geburt drohen somit Atemnot und Erstickungstod des Neugeborenen.

Diagnosesicherung

Bei ausgeprägten Formen mit Rückstau des Urins bis in die Nieren erkennt der Arzt Hinweise wie z. B. eine beidseitige Erweiterung der Harnleiter bereits im Rahmen der vorgeburtlichen Ultraschalluntersuchungen.

Nach der Geburt sind die Anzeichen oft uncharakteristisch (abgeschwächter Harnstrahl, Nachtröpfeln, Einnässen), lenken die Aufmerksamkeit des Arztes aber auf eine Störung im Urogenitalbereich. Mit folgenden Untersuchungen sichert er die Diagnose:

  • Ultraschall von Nieren und Harnblase: typische Zeichen sind eine verdickte Blasenwand, Restharn nach dem Wasserlassen, evtl. eine Erweiterung der Harnleiter, Hydronephrose oder Veränderungen im Nierengewebe
  • Miktionszysto-Urethrogramm: Erweiterung und Veränderungen der Harnröhre und/oder Nachweis eines vesiko-ureteralen Refluxes
  • Funktionsszintigrafie der Niere zur Messung der Nierenleistung anhand der glomerulären Filtrationsrate GFR .

Behandlung

Als Erstmaßnahme legen die Ärzte einen suprapubischen Dauerkatheter, um die Niere zu entlasten und ihre Funktion zu sichern. Dafür führen sie den Blasenkatheter über dem Schambein durch die Bauchwand in die Harnblase ein und verbinden ihn mit einem Urinbeutel. Die operative Entfernung der Harnröhrenklappen ist immer erforderlich, um weitere Schädigungen der Nieren zu verhindern. Bei ausgeprägten Formen sollte der Eingriff (endoskopische Klappenschlitzung) nach Stabilisierung der Nierenfunktion möglichst innerhalb des 4.–6. Lebensmonats erfolgen.

Endoskopische Klappenschlitzung. Im Rahmen einer Harnblasenspiegelung schneidet der Arzt die Harnröhrenklappen mit dünnen Instrumenten (Messer, Laser) an mehreren Stellen ein. Der Erfolg der Therapie wird 2 Monate nach dem Eingriff mit dem Miktionszysto-Urethrogramm geprüft. Bei vesiko-renalem Reflux verordnet der Arzt in der Regel eine Langzeitprophylaxe mit Antibiotika.

Prognose

Je stärker sich der Harn staut, umso mehr werden Nieren und ableitende Harnwege durch Ausweitung des Gewebes und aufsteigende Bakterien geschädigt. Ist die Erkrankung so stark ausgeprägt, dass sie sich schon in den ersten beiden Lebensmonaten bemerkbar macht, versterben bis zu 10 % der Kinder daran. Bei einer späteren Diagnose im 1. Lebensjahr beträgt die Sterblichkeit immer noch 1 %.

Liegt die Nierenfunktion zum Zeitpunkt der Diagnose unter 30 %, kommt es meist nach 5–10 Jahren zum endgültigen Nierenversagen. Hier helfen dann nur noch Dialyse oder, wenn möglich, eine Nierentransplantation.

Weiterführende Informationen

www.luto-kinder.de

Von: Dr. med. Martina Sticker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Gesundes Essen für kranke Nieren

Obst und Gemüse sind aufgrund der Ballaststoffe wichtig für Nierenkranke. Kaliumarme Sorten wie z.B. Äpfel sind kaliumreichen jedoch vorzuziehen.

Gesundes Essen für kranke Nieren

Apfel statt Sternfrucht

Wer unter einer chronischen Nierenerkrankung leidet, sollte gut auf seine Ernährung achten. Denn die Auswahl der Lebensmittel kann den Krankheitsverlauf enorm beeinflussen.

Ballaststoffe schützen die Niere

Zuerst einmal müssen auch Nierenkranke aufpassen, dass sie mit ihrer Ernährung ihre Gefäße nicht in Not bringen. Denn eine Arteriosklerose verstärkt eine Nierenschwäche (Niereninsuffizienz). Deswegen heißt es für Nierenkranke genauso wie für Herzkranke: Finger weg von gefäßschädigendem Fett und Zucker! Stattdessen sollte eine pflanzenbasierte Kost auf den Teller, die zu einem Drittel mit Fisch und Fleisch ergänzt wird.

Ganz besonders wichtig für kranke Nieren ist ein hoher Ballaststoffanteil. Denn wenn man zu wenig Fasern aufnimmt, vermehren sich im Darm die eiweißzersetzenden Bakterien. Das führt dazu, dass mehr Eiweiß aufgespalten wird und dadurch große Mengen an giftigen Eiweißabbauprodukten entstehen. Die kranke Niere kann diese Gifte nicht ausscheiden. Sie sammeln sich im Blut an und schädigen Gefäße und das zentrale Nervensystem.

Gefahr durch Phosphat in Fertiggerichten

Aufpassen müssen Nierenkranke auch bei Fertiggerichten. Sie sind doppelt schädlich: Zum einen enthalten sie häufig sehr viel Salz. Davon sollte ein Mensch mit Nierenschwäche jedoch nicht mehr als 5 g täglich aufnehmen. Gefährlich ist allerdings auch der hohe Gehalt an geschmacksverstärkendem Phosphat in Fertiggerichten. Denn Phosphat in hohen Dosen fördert die Gefäßverkalkung. Zur Sicherheit sollten Nierenkranke deshalb auf Fertigprodukte weitgehend verzichten.

Augen auf bei Obst und Gemüse

Früher wurden Nierenpatient*innen Obst und Gemüse verboten, weil darin Kalium enthalten ist. Heute sieht man das nicht mehr so streng - unter anderem auch deshalb, weil Obst und Gemüse eine wichtige Ballaststoffquelle darstellen. Empfohlen wird allerdings, kaliumarme und ballaststoffreiche Sorten auszuwählen, Beispiele sind Äpfel und Birnen oder Sellerie und Paprika.

Für Nierenkranke ganz verboten sind allerdings Sternfrüchte: Sie enthalten Caramboxin. Gesunde Nieren können dieses Nervengift einfach ausscheiden. Bei kranken Nieren reichert sich das Gift im Körper an, es drohen Unruhe und epileptische Anfälle bis hin zu Koma oder Tod.

Eiweiß in Maßen erlaubt

Auch beim Eiweißkonsum ist man heute großzügiger. Zwar kann Eiweiß die Filtrationsrate der Niere etwas senken. Durch die modernen Medikamente wird dies heute aber gut ausgeglichen. Inzwischen weiß man zudem, wie wichtig eine ausreichende Eiweißzufuhr für Muskel und Knochen ist. Um diese nicht zu schwächen, benötigt man etwa 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Erfreulich für Vegetarier*innen: Ob das Eiweiß aus pflanzlicher oder tierischer Quelle stammt, ist dabei egal.

Quellen: Pharmazeutische Zeitung, Fleig S, Nierenarzt/Nierenärztin 2023; 5: 36-42

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Natalia Deriabina