Gesundheit heute

Nierenversagen, akutes

Akutes Nierenversagen (akute Niereninsuffizienz, Schockniere, ANV): Plötzlicher Funktionsverlust beider Nieren bei vorher Nierengesunden. Durch das Nierenversagen wird zu wenig Flüssigkeit ausgeschieden und es sammeln sich harnpflichtige Abfallprodukte im Körper an. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von schwerem Schock über Nierenerkrankungen bis zu akuten Abflussstörungen in den Harnwegen.

Wird die Ursache des akuten Nierenversagens sofort beseitigt und der Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stabilisiert, erholen sich die Nieren rasch wieder. Bleibt das akute Nierenversagen unbehandelt, droht die Zerstörung der Nieren mit Dialysepflicht. Gefährlich ist das akute Nierenversagen für Patient*innen, die bereits schwer krank sind: Von ihnen überlebt nur die Hälfte.

Symptome und Leitbeschwerden

Frühsymptome:

  • Häufig verminderte Harnausscheidung (unter 500 ml Urin pro Tag)
  • Selten vermehrte Harnausscheidung (über 2500 ml pro Tag).

Spätsymptome:

  • Starke Müdigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Juckreiz
  • Herzstolpern
  • Wassereinlagerungen im Körpergewebe (Ödeme)
  • Atemnot durch Flüssigkeit in den Lungen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • trotz normaler Trinkmengen von Woche zu Woche weniger Urin ausgeschieden wird und sich gleichzeitig Flüssigkeit im Körpergewebe einlagert.

In den nächsten Stunden, wenn

  • trotz genügender Flüssigkeitszufuhr die Urinmenge stark absinkt.
  • angstauslösendes Herzstolpern oder Atemnot auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Einteilung

Wird die Niere so stark geschädigt, dass es zu Oligurie oder Anurie kommt, wird der Körper in der Folge mit schädlichen Substanzen überschwemmt. Je nachdem, wo die Ursache für die Schädigung der Nieren liegt, wird das akute Nierenversagen unterteilt in prärenal (vor der Niere), renal (in der Niere) oder postrenal (nach der Niere).

Das prärenale akute Nierenversagen ist die häufigste Form. Alle massiven Störungen der Blutzirkulation (wie z. B. starker Blutverlust oder schwere Herzinsuffizienz) führen im Körper zum gleichen Ergebnis: Obwohl die Nieren und andere Organe bereits nicht mehr ausreichend durchblutet werden, verengen sie ihre zuführenden Gefäße, um das verbleibende Blut für die wichtigsten Körperorgane zu reservieren, also für Herz, Lunge und Gehirn. Wenn also starker Blutverlust, mangelnde Flüssigkeitsaufnahme, Blutvergiftung (Sepsis) oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz) die Nierendurchblutung unter den kritischen Blutdruckwert von 80 mmHg senken, bilden die Nieren kaum oder keinen Urin mehr, was zur Oligurie oder Anurie führt. Begünstigt wird diese Form des akuten Nierenversagens durch eine Arteriosklerose der Nierenarterien (besonders bei älteren Menschen) sowie durch die Einnahme bestimmter Schmerzmittel und Medikamente wie ACE-Hemmer.

Wird das Nierengewebe direkt geschädigt, liegt ein renales akutes Nierenversagen vor. Häufige Ursachen sind bereits bestehende Nierenkrankheiten wie die tubulo-interstitielle Nierenerkrankung, Glomerulonephritis, Gefäßentzündungen und der Verschluss von Nierenarterien oder -venen. Auch Medikamente und Chemikalien können das Nierengewebe direkt schädigen, so einige Antibiotika, Schmerzmittel (NSAR), Medikamente zur Krebsbehandlung (Zytostatika) und Röntgenkontrastmittel.

Wird der Abfluss der ableitenden Harnwege auf beiden Seiten plötzlich behindert oder unterbunden, führt das zu dem eher seltenen postrenalen akuten Nierenversagen. Bei chronischer Harnstauung in einem Nierenbecken erweitert sich dieses durch den nicht mehr abfließenden Urin und erdrückt förmlich das umgebende Nierengewebe, das dadurch abstirbt. Weitere Ursachen eines postrenalen Nierenversagens sind eine Prostatavergrößerung, Tumoren, die sich im Becken ausbreiten (z. B. beim Eierstockkrebs), oder beidseitige Nierensteine.

Diagnosesicherung

Bei der körperlichen Untersuchung fallen dem Arzt häufig niedrige Blutdruckwerte, Schwäche, Atemnot und Wassereinlagerungen auf. Blut- und Urinuntersuchungen geben ihm Hinweise auf die Restleistung der Nieren. Untersucht werden insbesondere

  • Urinsediment und Urinkultur
  • 24-Stunden-Sammelurin
  • Kreatinin, Elektrolyte und Eiweiß im Urin
  • Labor: u. a. Blutbild, Elektrolyte, Cystatin C, Harnsäure, Eiweiß, CRP, Gerinnungsstatus

Da beim akuten Nierenversagen die Nieren oft vergrößert sind, untersucht sie die Ärzt*in per Ultraschall. Auch Nierensteine und andere Behinderungen des Urinabflusses kann er dabei gut erkennen. Bei speziellen Fragen veranlasst die Ärzt*in manchmal eine CT, eine MRT und evtl. auch eine Biopsie.

Bei Patient*innen, die während eines Krankenhausaufenthalts ein akutes Nierenversagen entwickeln, fahndet die Ärzt*in nach möglichen Ursachen des Nierenversagens wie z. B.

  • Blutdruckabfälle während einer Vollnarkose oder einem kardiogenem Schock
  • Kontrastmittelgaben
  • Antibiotikatherapie.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt im Krankenhaus. Dort wird die Ursache festgestellt und möglichst beseitigt, etwa durch

  • Das Entfernen von Nierensteinen
  • Das Legen eines Blasenkatheters
  • Bluttransfusionen
  • Das Absetzen verdächtiger Medikamente
  • Immunsuppression (z. B. bei Glomerulonephritis)
  • Revaskularisation einer Nierenarterienstenose.

Parallel werden Blutdruck sowie Wasser- und Elektrolythaushalt des Patienten stabilisiert und engmaschig überwacht. Je nach Ursache setzen die Ärzt*innen beim akuten Nierenversagen auch Diuretika ein, z. B. bei starker Überwässerung der Patient*in im Fall eines Lungenödems oder einer Herzinsuffizienz.

Weitere Maßnahmen

  • Kontrollierte Flüssigkeitszufuhr. Solange die Urinausscheidung nicht ausreichend ist, muss die Flüssigkeitszufuhr (Trinkmenge) reduziert werden. Zur Kontrolle wird die Patient*in täglich gewogen und sein Blutdruck überwacht. Die starke Einschränkung der Trinkmenge führt beim Patient*in zu großem Durst – hier bringt eine sorgfältige Mundhygiene mit häufigem Ausspülen Erleichterung.
  • Kontrollierte Ernährung. Eine kohlenhydratreiche, eiweiß- und salzarme Ernährung entlastet die Nieren und damit den ganzen Körper von harnpflichtigen Stoffen (Substanzen, die über den Urin ausgeschieden werden). In schweren Fällen des akuten Nierenversagens erfolgt die Ernährung parenteral, also über eine Infusion.
  • Blutwäsche. Verschlechtert sich die Nierenfunktion trotz der Behandlung, muss sich die Patient*in einer Dialyse unterziehen.

Diuretika

Hoch dosierte Diuretika (harntreibende Mittel, Medikamente zur Entwässerung) kurbeln die Urinproduktion an. Diese Arzneimittelgruppe entfaltet ihre Wirkung in den Nieren und befördert über verschiedene Mechanismen Salz und Wasser aus dem Körper. Diuretika werden bei Herzkrankheiten, insbesondere Herzinsuffizienz, bei Bluthochdruck, Ödemen, Leber- und Nierenkrankheiten eingesetzt.

Hinweis: Diuretika erhöhen zwar die Urinausscheidung, sie können aber nicht die Nierenfunktionen verbessern oder ein fortschreitendes Nierenversagen aufhalten.

Diuretika bringen die körpereigene Feinjustierung der Ausscheidung von Mineralien durcheinander. Deshalb kontrolliert die Ärzt*in je nach Art und Dosierung des verordneten Diuretikums die Mineralkonzentration im Blut täglich, wöchentlich oder monatlich, um frühzeitig einen Mangel oder Überschuss im Blut zu erkennen. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Kalium. Je nach Präparat und Begleiterkrankungen werden zusätzlich die Natrium- und Kalziumspiegel überwacht.

Abhängig von ihrer Wirkung werden Diuretika in drei Gruppen eingeordnet:

  • Thiazide hemmen die Rückresorption von Natrium und Chlor aus dem Primärharn in den Körper, sodass diese in Form von Salzen vermehrt über den Urin ausgeschwemmt werden. Diese Salze "ziehen" Wasser mit sich, sodass sich sowohl Blutdruck als auch eventuell vorhandene Ödeme verringern. Die Urinmenge steigt nur mäßig. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Magnesium- und Kaliummangel, Anstieg von Blutzucker, Harnsäure und Blutfetten. Thiazide kommen vor allem bei der Behandlung von Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz zum Einsatz, oft in Kombination mit anderen Wirkstoffen.
    • Beispiele: Hydrochlorothiazid (z. B. HCT beta®, Esidrix®, HCT-Hexal®), Xipamid (z. B. Xipamid-ratiopharm®, Aquaphor®).
  • Schleifendiuretika wirken ähnlich wie die Thiazide, jedoch viel stärker, sodass sie auch bei fortgeschrittenem Nierenversagen eingesetzt werden. Schleifendiuretika dienen dazu, schnell viel Wasser aus dem Körper zu schwemmen, z. B. beim Lungenödem. Die Nebenwirkungen ähneln denen der Thiazide. In der Praxis ist vor allem der oft starke Kaliumverlust nachteilig. Zusätzlich sind Kalziummangel und vorübergehende Hörminderungen möglich.
    • Beispiele: Furosemid (Furosemid-ratiopharm®, Furesis® comp, Furobeta®, Furogamma®, Lasix®); Piretanid (z. B. Piretanid Hexal®, Arelix®); Torasemid (z. B. Torem®, Unat®); Thiazide und Schleifendiuretika werden manchmal gemeinsam eingesetzt.
  • Kaliumsparende Diuretika: Wie der Name bereits sagt, vermindern diese Diuretika den Kaliumverlust. Bei vielen Patient*innen kommt es sogar zu einem Kaliumüberschuss. Da sie alleine nur schwach wirken, kombiniert man sie meist mit anderen Diuretika. Nebenwirkungen sind Brustvergrößerung beim Mann (Gynäkomastie), Übelkeit, erektile Dysfunktion und die Anreicherung von Kalium. Deshalb werden sie beim fortgeschrittenen akuten bzw. chronischen Nierenversagen nicht mehr eingesetzt. Die klassische Indikation der kaliumsparenden Diuretika ist die chronische Herzinsuffizienz. Hier werden sie oft gemeinsam mit Thiaziden verwendet.

  • Beispiele: Spironolacton (z. B. Aldactone®, Spirobeta®); Triamteren (z. B. Neotri®, Dytide® H); Amilorid (z. B. Amilorid HCT AL®, Amilorid comp.-ratiopharm®).

Prognose

50 % der betroffenen Patient*innen versterben, zumeist an der auslösenden Grunderkrankung wie Schock oder Sepsis. Bei den überlebenden Patient*innen erholt sich die Nierenfunktion innerhalb von 2 bis 3 Wochen, bei jedem 2. bleiben Nierenschäden zurück. Bis zu 10 % der Patient*innen, die ein akutes Nierenversagen überleben, entwickeln eine chronische Niereninsuffizienz oder werden dialysepflichtig.

Ihr Apotheker empfiehlt

Das akute Nierenversagen muss immer ärztlich behandelt werden.

Von: Dr. André Lauber, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Tipps gegen Blasenentzündung

Bei Blasenentzündungen helfen oft auch pflanzliche Produkte.

Tipps gegen Blasenentzündung

Von Abwischen bis Teetrinken

Brennen beim Wasserlassen, Schmerzen im Unterleib - Blasenentzündungen sind schmerzhaft und lästig. Antibiotika helfen dann zuverlässig gegen die Infektion. Inzwischen gibt es aber auch eine Vielzahl pflanzlicher Präparate und Schleimhautprotektoren, die die Behandlung unterstützen oder sogar vorbeugend wirken.

Koli-Bakterien haben es bei Frauen leichter

Die meisten Blasenentzündungen entstehen durch E.coli-Bakterien aus dem eigenen Darm, wobei die Keime durch Schmierinfektionen übertragen werden. Bei Frauen passiert das viel häufiger als bei Männern: Die enge Nachbarschaft von Darmausgang und Harnröhrenöffnung lässt Bakterien aus dem Darm leicht in die Harnwege gelangen. Zudem ist die weibliche Harnröhre viel kürzer als die der Männer, weshalb die Keime die Blase viel schneller erreichen. Dort angekommen, vermehren sie sich und lösen eine Entzündung aus.

Typische Beschwerden sind häufiger Harndrang, Brennen beim Wasserlassen und Schmerzen im Unterleib. Behandelt werden Blasenentzündungen mit Antibiotika. Begleitend dazu können die Beschwerden aber auch mit pflanzlichen Präparaten oder Schleimhautprotektoren gelindert werden. Bei unkomplizierter Blasenentzündung mit geringfügigen Beschwerden ist nach Rücksprache mit der behandelnden Ärzt*in auch deren alleinige Gabe möglich.

Mit Gelatine gegen die Keime

Empfohlen werden beispielsweise Bärentraubenblätter. Diese wirken antientzündlich und antibakteriell und können, frühzeitig angewendet, eine Antibiotikabehandlung vermeiden. Schleimhautprotektoren setzen an anderer Stelle an: Xyloglukan-Gelatine kleidet die Darmschleimhaut aus und verhindert damit Anhaften, Vermehrung und Übertragung von Coli-Bakterien. Hibiskus und Propolis sorgen für ein saures Milieu in der Blase und erschweren Bakterien, sich dort zu vermehren. Schleimhautprotektoren mit allen drei Komponenten können bei täglicher Anwendung an 15 Tagen/Monat sogar vor wiederkehrenden Blasenentzündungen schützen.

Vorbeugen ist besser als heilen

Daneben lässt sich noch einiges tun, um Blasenentzündungen vorzubeugen:

  • Viel trinken, damit die Harnwege gut gespült werden. Am besten eignet sich Wasser oder Tee.
  • Unterkühlungen vermeiden, damit der Unterleib immer gut durchblutet ist. Also z. B. nasse Badekleidung rasch wechseln und nicht auf kalten Steinen sitzen.
  • Beim Säubern nach dem Toilettengang immer von vorne nach hinten wischen, damit keine Bakterien aus dem Darm in die Harnröhre gelangen.
  • Auf übertriebene Intimhygiene verzichten, damit die empfindlichen Schleimhäute nicht gereizt und damit durchlässiger für Erreger werden.
  • Sich beim Wasserlassen Zeit nehmen und die Blase immer vollständig entleeren. Nach dem Geschlechtsverkehr Wasser lassen, um die Harnwege gut zu spülen.
  • Tampons und Binden häufig wechseln.
  • Diaphragmen oder Spermizide begünstigen Harnwegsinfektionen. Zur Verhütung besser auf andere Mittel zurückgreifen.
  • Unterwäsche aus Baumwolle tragen, enge Kleidung meiden.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Yuttana Jaowattana/Shutterstock.com