Gesundheit heute

Fettstoffwechselstörungen

Fettstoffwechselstörungen (Dyslipoproteinämie, Hyperlipoproteinämie [HLP], Hyperlipidämie): Sehr häufige Erkrankung mit Erhöhung der Blutfette (Triglyzeride, Cholesterin) und Ablagerung von Blutfetten in Arterienwänden (Arteriosklerose). Bedrohlich durch Folgeerkrankungen wie koronare Herzerkrankung mit Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK).

Leitbeschwerden

keine

Die Erkrankung

Die Hauptvertreter der Blutfette (Serumlipide) sind Cholesterin und Triglyzeride (Neutralfette). Beide haben im Körper wichtige Aufgaben: Cholesterin ist Baustein für Gallensäure, Geschlechtshormone, Nebennierenrindenhormone, Vitamin D und sämtliche Zellwände im Organismus. Triglyzeride werden entweder direkt als Energielieferant für Muskelzellen verwendet oder gespeichert, um als Energiereserve zu dienen. Um vom Blut transportiert werden zu können, benötigen die wasserunlöslichen Fette Trägermoleküle in Form bestimmter Eiweiße, Lipoproteine genannt.

Differenzierung. Fettstoffwechselstörungen werden in primäre und sekundäre Fettstoffwechselstörungen eingeteilt, wobei die sehr seltenen primären genetischen Ursprungs, also vererbt sind. Sekundäre Fettstoffwechselstörungen werden durch Rauchen, erhöhten Blutdruck, einen niedrigen HDL-Cholsterinspiegel (< 40 mg/dl), familiär gehäufte koronare Herzkrankheiten sowie durch falsche Ernährung und Übergewicht begünstigt. Auch Diabetes, Nierenerkrankungen sowie Alkoholmissbrauch führen oft zu einer Fettstoffwechselstörung.

Erst Folgeerkrankungen führen zu Beschwerden, unabhängig davon, ob es sich um primäre oder sekundäre Fettstoffwechselstörungen handelt. Nur wenn der Blutfettspiegel sehr hoch ist, kommt es möglicherweise zu rötlich-gelben, erhabenen Ablagerungen auf der Haut (Xanthome) – z. B. im Bereich der Augenlider (Xanthelasmen), noch bevor sich Spätschäden einstellen.

Hypercholesterinämie. Ein Zuviel an Cholesterin wird als Hypercholesterinämie bezeichnet. Dieses Zuviel versucht der Körper loszuwerden, indem er einen Teil in der Leber abbaut und den Rest ablagert. Als Deponie werden Blutgefäßwände der Arterien verwendet. Hierdurch entsteht eine – zunächst kleine – Schädigung der Arterienwand, die im Laufe der Zeit weiter fortschreitet. Wird zu diesem Zeitpunkt der Hypercholesterinämie nicht begegnet, etwa durch Bewegung, Ernährungsumstellung, Rauchen aufgeben, wird die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigt. Lebensbedrohlich wird es, wenn die Arteriosklerose die Herzkranzgefäße schädigt und Angina-pectoris-Anfälle oder ein Herzinfarkt auftreten.

Wie viel Cholesterin in der Leber abgebaut und wie viel in den Arterien abgelagert wird, hängt mit den Lipoproteinen zusammen. Lipoproteine, die Cholesterin im Blut transportieren, werden als LDL-Cholesterin (low density lipoprotein) und HDL-Cholesterin (high density lipoprotein) bezeichnet. LDL-Cholesterin übernimmt die Funktion des „Müllwagens“, indem es Cholesterin im Gewebe ablagert – daher wird es „schlechtes“ Cholesterin genannt. HDL-Cholesterin transportiert Cholesterin vom Gewebe zur Leber, wo es abgebaut wird. Deshalb wird HDL-Cholesterin auch „Leber-Shuttle“ bzw. „gutes“ Cholesterin genannt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Arzt neben dem Wert des Gesamtcholesterins auch die Lipoproteinfraktionen LDL und HDL bestimmt. Generell gilt: Je mehr HDL-Cholesterin, umso besser und je mehr LDL-Cholesterin, umso schlechter. Der Gesundheitsstatus lässt sich aus dem Verhältnis LDL zu HDL abschätzen: Es sollte ~ 3 : 1 betragen.

Frauen vor den Wechseljahren haben meist ein erhöhtes Gesamtcholesterin, was jedoch auf einen erhöhten HDL-Spiegel zurückzuführen und deshalb nicht bedrohlich ist – eine Behandlung ist nicht erforderlich.

Hypertriglyzeridämie. Ein Zuviel an Triglyzeriden im Blut wird als Hypertriglyzeridämie bezeichnet. Sie entsteht meistens durch einen zu hohen Fettanteil in der Nahrung, seltener ist sie vererbt oder die Folge anderer Erkrankungen. Triglyzeride sind selbst nicht schädlich, aber sie schädigen Blutgefäße und innere Organe indirekt, indem sie die Produktion des „schlechten“ LDL-Cholesterins steigern.

Dementsprechend ist der Blutfettwert der Triglyzeride nur selten allein erhöht – und wenn – ist dies für den Arzt ein Hinweis auf erbliche Veranlagung, Alkoholmissbrauch oder Diabetes.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Zunächst bestimmt der Arzt die Fettwerte im „nüchternen Blut“: Neben dem Triglyzeridspiegel und dem Gesamtcholesterin sind vor allem die LDL- und HDL-Cholesterinwerte wichtig. Sollten sich hohe Cholesterin- und Triglyzeridwerte einstellen, wird die Blutentnahme wiederholt, bevor mit einer Therapie begonnen wird. Um eine familiäre Belastung zu klären, werden auch Blutproben der Familienangehörigen untersucht. Zusätzlich kontrolliert der Arzt den Blutdruck und den Nüchternblutzucker und bestimmt Gewicht und Körpergröße (Body-Mass-Index) des Patienten, um Risikofaktoren abschätzen zu können und darauf basierend ein für den Patienten zu erstellen (Risikoprofil).

Therapie. Ziel ist es, Folgeerkrankungen wie Herz- und Kreislauferkrankungen vorzubeugen – nicht jedoch, die erhöhten Blutfettwerte zu normalisieren. Deshalb hängt die Art der Behandlung vom individuellen Risikoprofil ab, nicht nur von den gemessenen Blutfettwerten. Wenn der Patient seine Gewohnheiten umstellt und sich an seinen Therapieplan hält, werden sich die Blutfettwerte mit der Zeit wieder bessern.

Ernährungsumstellung (wenig Alkohol, viele Ballaststoffe, fettarme Nahrungsmittel ohne gesättigte Fettsäuren), Rauchen aufgeben und regelmäßige körperliche Bewegung stehen an erster Stelle.

Diät bzw. Gewichtsabnahme senkt die Blutfettwerte um maximal 40 % des Ausgangswertes.

Erst wenn dies nicht ausreicht, wird medikamentös behandelt, wobei unterschiedliche Medikamente eventuell miteinander kombiniert werden (cholesterinsenkende Medikamente). Selten und auch nur in sehr schweren Fällen wird eine Lipid-Apherese (Entfernung von Fetten aus dem Blut) durchgeführt, ähnlich einer Dialysebehandlung.

Sondertext: Cholesterinsenkende Medikamente

Selbsthilfe und Vorsorge

Wenn Sie Ihre Gewohnheiten umstellen, beachten Sie die Tipps der mediterranen und der vollwertigen Ernährung. Insbesondere Hafer[kleie], Flohsamen und andere ballaststoffreiche Nahrungsmittel wirken sich positiv auf den Fettstoffwechsel aus – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig verzehrt.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Es gibt eine Reihe von pflanzlichen Heilmitteln, denen traditionell eine positive Wirkung auf den Fettstoffwechsel zugeschrieben wird. Für einige konnte ein blutfettsenkender Effekt inzwischen wissenschaftlich belegt werden. Wir empfehlen sie als begleitende Maßnahme, um leicht erhöhte Blutfettwerte zu senken, denn zunächst sollten Sie unbedingt ihre Ernährungsgewohnheiten ändern. Bei hohen Cholesterin- oder Triglyzeridspiegeln sind sie jedoch keine Alternative zu medikamentösen Lipidsenkern.

Standardisierte Fertigarzneien auf der Basis von Knoblauchpulver (z. B. Kwai forte®, Sapec Dragees®) wurden in den letzten Jahren am intensivsten erforscht und gehören heute zu den häufig eingenommenen pflanzlichen Heilmitteln zum Schutz vor Arteriosklerose, aber auch zur Senkung von erhöhtem Gesamt- und LDL-Cholesterin bzw. zur Steigerung des HDL-Cholesterins. Hierfür sind vor allem die schwefelhaltigen Verbindungen Allicin und Ajoene verantwortlich, die die Cholesterinproduktion in den Leberzellen hemmen. Eine ähnliche Wirkung ruft Artischockenblätter-Trockenextrakt (z. B. Hewechol®) hervor; außerdem senken beide Heilpflanzen mäßig erhöhte Triglyzeridspiegel.

Das aus Soja- oder Maismehl hergestellte Beta-Sitosterin (z. B. Sito-Lande®) vermindert aufgrund seiner cholesterinähnlichen Struktur die Cholesterinaufnahme im Darm und hat deshalb eine leicht senkende Wirkung auf LDL- und Gesamtcholesterin. Im Gegensatz zu Knoblauch oder Artischockenblätter hat es jedoch keinen Einfluss auf den Triglyzeridspiegel.

Rotes Reismehl (z. B. Monachol forte®) hemmt die Cholesterinproduktion in der Leber. Erste groß angelegte Studien bescheinigen dem roten Reismehl, bekannt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, eine gute Wirksamkeit zur Senkung des Gesamtcholesterins und LDL-Cholesterins sowie der Triglyzeride.

Ob auch standardisiertes Pulver aus Bockshornklee-Samen den Erwartungen als wirksamer Blutfettsenker gerecht wird, wird derzeit in verschiedenen Studien geprüft.

Orthomolekularmedizin. Es gibt Hinweise, dass die tägliche Einnahme von Coenzym Q10 den HDL-Cholesterinspiegel erhöht und erhöhte LDL-Cholesterinwerte leicht senkt; ob sich durch die Substanz auch der Gesamtcholesterinspiegel senken lässt, muss noch geklärt werden.

Prognose

Die Prognose ist eher schlecht, denn die Behandlung wird meist erst begonnen, wenn bereits Folgekrankheiten vorliegen – dann ist nur noch Schadensbegrenzung möglich. Werden hohe Blutfettwerte hingegen im Zuge einer Routineuntersuchung festgestellt und mit der Behandlung frühzeitig begonnen, ist die Prognose gut.

Von: Kristine Raether-Buscham, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter