Gesundheit heute

Chronisch venöse Insuffizienz und offenes Bein

Chronisch venöse-Insuffizienz (CVI, chronisch venöses Stauungssyndrom): Haut- und Bindegewebsveränderungen an den Beinen, vor allem den Unterschenkeln, als Folge einer anhaltenden Blutstauung bei Störung des venösen Blutrückflusses. Hauptursache ist der Funktionsverlust von Venenklappen im tiefen Venensystem.

Die chronisch-venöse Insuffizienz ist entweder Spätfolge einer tiefen Beinvenenthrombose und wird dann auch postthrombotisches Syndrom (PTS) genannt, oder sie beruht auf einer anlagebedingten Krampfaderbildung, einer primären Varikose. In seltenen Fällen sind Kurzschlussverbindungen zwischen Venen und Arterien (AV-Fisteln) Ausgangspunkt einer chronisch-venösen Insuffizienz.

Betroffen sind vor allem ältere Menschen. Die chronisch-venöse Insuffizienz führt selten zu akuten Komplikationen, erfordert aber oft lange und aufwendige Pflege des betroffenen Beins bis hin zur chirurgischen Behandlung schlecht heilender Geschwüre. Der zugrundeliegende Blutstau wird vor allem mit Kompressionsstrümpfen, manchmal auch operativ behandelt, z. B. durch die Verödung von Krampfadern.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Besenreiser an den Fußrändern und oberhalb der Fußknöchel in Verbindung mit abendlichen Knöchelödemen
  • Dumpfe Schmerzen und unerträgliches Spannungsgefühl im Bein, vor allem nach längerem Stehen
  • Im unteren Unterschenkel rotbraune Flecken und weißliche Hautverfärbungen
  • Oft gerötete, nässende und schuppende Haut am gestauten Unterschenkel, verbunden mit brennendem Juckreiz
  • Extreme Verletzungsanfälligkeit: Selbst kleinste Wunden heilen über viele Tage nicht zu oder entwickeln sich zum chronischen Geschwür
  • In fortgeschrittenen Stadien: Haut nicht mehr in Falten abhebbar, umfasst oft gamaschenartig das gesamte untere Unterschenkeldrittel und wird derb, hart und fest.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich die genannten Beschwerden verschlimmern oder neu auftreten.

Am nächsten Tag, wenn

  • sich am Unterschenkel eine offene Hautstelle bildet.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Eine andauernde, mangelhafte venöse Abflussstörung der Beine (der Arzt sagt dazu auch mangelhafte Entstauung) führt zu einem erhöhten Druck in den Venen und damit zum Austritt von Flüssigkeit und Blutbestandteilen in das Bindegewebe (Ödeme). Ursache solcher Abflussstörungen sind

  • Thrombosen der Beinvenen (tiefe Venenthrombose)
  • Krampfadern
  • Beschädigte Venenklappen
  • AV-Fisteln.

Als Risikofaktoren für eine chronisch-venöse Insuffizienz gelten die gleichen wie für das Krampfaderleiden, also langes Stehen, Bewegungsmangel, angeborene Bindegewebsschwäche und Schwangerschaft.

Durch den permanenten Stau in den Beinvenen kommt es dort über Monate und Jahre hinweg zu chronischen Entzündungen, wodurch Haut und Unterhautgewebe verdicken und verhärten. Schließlich greifen diese Prozesse auch auf die unter der Haut liegende bindegewebige Muskelhülle (Muskelbinde oder Faszie) über. All diese Verhärtungen und Verdickungen des Gewebes behindern den Stoffwechsel zwischen Haut und arterieller Blutversorgung.

Verlauf

Durch die entzündlichen Vorgänge an der Muskelfaszie werden die darin eingeschlossenen Muskeln bindegewebig abgeschnürt und die Arterien abgedrückt, wodurch es zu einer weiteren Abnahme der arteriellen Blutversorgung kommt. Die schlechtere Versorgung der Haut mit Sauerstoff und Nährstoffen und der verminderte Abtransport von Stoffwechselprodukten führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der natürlichen Aufbau- und Reparaturvorgänge. Außerdem wird die Haut empfindlicher, durchlässiger für schädigende Substanzen und anfälliger für die Entwicklung von allergischen sowie infektiösen Reaktionen. Zudem wird sie derb und verletzungsempfindlich, es kommt zu Ekzemen und schließlich offenen Stellen, die der Mediziner Ulcus cruris oder ulcus venosum (offenes Bein) nennt. Diese offenen Stellen heilen ohne fachkundige und wochenlange geduldige Pflege nicht mehr ab.

Ein offenes Bein entwickelt sich bevorzugt über Perforansvenen mit undichten Venenklappen und über Krampfadern im unteren Unterschenkeldrittel (meist am Innenknöchel). Der Wundschmerz in dieser Region wird durch die Fußbewegungen noch verstärkt. Dies führt dazu, dass Betroffene das obere Sprunggelenk schonen und es mit der Zeit versteift. Die Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk vermindert die Wirksamkeit der Muskelvenenpumpe und verstärkt wiederum die chronisch-venöse Insuffizienz.

Schweregrade

Der Arzt unterscheidet drei Schweregrade der CVI:

  • CVI Grad I: Kleine erweiterte Venen an den Fußrändern, verbunden mit abendlichen Knöchelödemen
  • CVI Grad II: Zunehmende ödematöse Unterschenkelschwellungen mit fortschreitenden Hautschäden und vermehrtem Juckreiz
  • CVI Grad III: Ausbildung eines offenen Beins.

Diagnosesicherung

Die chronisch-venöse Insuffizienz erkennt der Arzt meist schon per Blickdiagnose – vor allem dann, wenn gleichzeitig Krampfadern vorliegen oder der Patient bereits eine tiefe Beinvenenthrombose hatte. Die Funktion der Venenklappen und die Durchgängigkeit der tiefen Beinvenen lassen sich zwar mit verschiedenen Funktionstests bei der körperlichen Untersuchung prüfen (Trendelenburg-Test, Perthes-Test) – Goldstandard ist heute aber die Farbduplexsonografie, mit der der Arzt sowohl die Venen als auch die Flussverhältnisse ausgezeichnet darstellen kann.

Die früher notwendige Phlebografie haben Farbduplexsonografie und Doppleruntersuchung ebenfalls weitgehend abgelöst. Die Phlebografie kommt nur noch zum Einsatz, wenn der Arzt den Verdacht auf eine tiefe Beinvenenthrombose hat.

Differenzialdiagnosen. Wundheilungsstörungen sind auch typisch für die arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, Raucherbein) und den diabetischen Fuß. Schmerzhafte Hautveränderungen an den Unterschenkeln entwickeln sich zudem beim Pyoderma gangraenosum im Rahmen chronisch entzündlicher Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Rheumatoide Arthritis.

Behandlung

Mit Kompression, Bewegung und Operation werden die beiden wichtigsten Ziele zur Verbesserung der chronisch-venösen Insuffizienz in Angriff genommen. Diese sind:

  • Blutabfluss verbessern und Stauung reduzieren
  • Beingeschwüre zum Abheilen bringen bzw. verhindern.

Verbesserung des Blutabflusses

Um den venösen Blutstau im Bein zu beenden und den Blutabfluss so weit wie möglich zu verbessern, stehen dem Arzt vor allem die Kompressionsbehandlung und je nach Ursache auch operative Verfahren zur Verfügung.

  • Krampfadern. Sind ausschließlich Aussackungen und funktionslose Klappen des oberflächlichen Venensystems und der Perforansvenen Ursache der Erkrankung, so ist durch konsequentes Tragen von Kompressionsstrümpfen oder durch eine Operation der Krampfadern eine vollständige Normalisierung des venösen Blutflusses zum Herzen möglich. Mehr zur operativen Therapie siehe im Artikel Krampfadern.
  • Postthrombotisches Syndrom. Liegt der chronisch-venösen Insuffizienz ein postthrombotisches Syndrom mit Zerstörung von Venenklappen der tiefen Beinvenen zugrunde, so trägt die Operation oberflächlicher Krampfadern nicht wesentlich zur Entstauung des Beins bei. Hier bleibt nur die lebenslange Kompressionsbehandlung, um bleibende Hautschäden zu verhindern.
  • AV-Fisteln. Kurzschlussverbindungen zwischen Arterien und Venen, die zu einer chronisch-venösen Insuffizienz oder anderen Kreislaufstörung führen, schalten die Ärzte in der Regel operativ aus. Mehr zu AV-Fisteln und ihrer Behandlung unter Angiodysplasien und AV-Fisteln.

Kompressionsbehandlung

Der durch Kompression der Beine erreichte höhere Gewebedruck fördert die Aufnahme der Gewebsflüssigkeit in die Venen und drückt die erweiterten tiefen Beinvenen so zusammen, dass auch ihre Venenklappen teilweise wieder funktionstüchtig schließen. Die Wirkung einer Kompressionsbehandlung wird stark verbessert, wenn die Muskelvenenpumpe aktiviert wird. Daher ist die gleichzeitige tägliche Bewegung wichtig, bei der vor allem die maximale Beweglichkeit im Sprunggelenk ausgeschöpft werden muss (siehe unten, "Ihr Apotheker empfiehlt").

Als Zusatztherapie zum Kompressionsverband gibt es die Möglichkeit einer pneumatischen Kompressionstherapie (intermittierende apparative Kompression), bei der am liegenden Patienten durch abwechselnd aufgepumpte Luftkammern die Muskelpumpe der Beine nachgeahmt und damit der venöse Abfluss verbessert wird. Eine solche maschinelle Kompression, die im Rahmen eines Verbandswechsels mehrmals pro Woche zusätzlich angewendet werden kann, trägt zur schnelleren Heilung bei. Auch regelmäßige Lymphdrainagemassagen durch Physiotherapeuten fördern die Entstauung des Beins.

Behandlung der Beingeschwüre

Pharmakotherapie. Wenn ein offenes Bein mit erheblichen Schmerzen einhergeht, ist eine abgestufte Schmerztherapie zur Verbesserung der Lebensqualität wichtig. Sie soll aber auch die Bewegung im betroffenen Bein ermöglichen, was wiederum die Heilung positiv beeinflusst. Der Arzt verordnet zunächst ein entzündungshemmendes Schmerzmittel (z. B. Ibuprofen oder ein anderes NSAR) und kombiniert dieses bei Bedarf mit Opioiden und gegebenenfalls auch mit Antidepressiva. Einer ergänzenden Therapie mit gerinnungshemmenden Medikamenten sowie der Einnahme von Zinksulfat bei Zinkmangel und Vitamin C wurden ebenfalls günstige Einflüsse auf den Wundheilungsverlauf zugesprochen.

Feuchte Wundauflagen. Zur lokalen Ulkustherapie hat sich die feuchte Wundbehandlung bewährt, z. B. mit Hydrokolloid- oder Polyurethanverbänden. Sie müssen nicht täglich gewechselt werden und beschleunigen den Wundheilungsverlauf, verglichen zur trockenen Wundauflage, beträchtlich. Leider handelt es sich um eine sehr teure Therapieform, die deshalb aus Budgetgründen von einigen niedergelassenen Ärzten nicht durchgeführt wird.

Operative Ulkustherapie. Bei ausgedehnten Beingeschwüren ohne erkennbare Heilungstendenz gibt es folgende chirurgische Eingriffsmöglichkeiten:

  • Bei der Shave-Therapie trägt der Arzt das Ulkus operativ ab und verschließt die Wunde anschließend mit einem Hauttransplantat vom Oberschenkel des Patienten.
  • Bei der Faszienchirurgie werden zusätzlich noch die verdickten Anteile der Muskelbinde, die die Beinmuskulatur und ihre Arterien einschnüren, gespalten oder entfernt. Dadurch wird der auf die Muskelfasern und Arterien einwirkende Druck verringert und die Durchblutung des Wundgebiets erleichtert. Das Hauttransplantat wächst besser an und die Wunde heilt schneller ab.

Auch lange bestehende offene Beine sind unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten heilbar. Oft bringt allerdings erst die Verödung oder die operative Entfernung von Krampfadern bzw. die Unterbindung der Perforansvenen zum tiefen Venensystem im Ulkusbereich die erwünschte Heilung. Ohne das lebenslange Tragen eines Kompressionsstrumpfes Klasse II lässt sich allerdings das erneute Aufbrechen des Ulkus nicht verhindern.

Prognose

Auch bei konsequenter Hautpflege und Kompression kommt das Ulcus cruris nach dem Abheilen oft wieder: Die Rezidivrate beträgt etwa 70 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Beim Leben mit chronisch-venöser Insuffizienz hilft geduldige Selbstbeobachtung und die Bereitschaft, konsequent Situationen zu meiden, die zu geschwollenen Beinen und entsprechenden Schmerzen führen.

Kompressionstherapie. Auch wenn Stützstrümpfe nicht gut für die Eitelkeit sind, im Winter tolerieren sie fast alle Menschen (auch die Männer) und im Sommer sollten sie zumindest bei längerem Stehen nicht fehlen. Quälen sie an heißen Sommertagen, kann man sie zwischendurch nass machen – das kühlt nachhaltig für Stunden und ist in jedem Fall besser, als sie auszuziehen. Auf Maß angefertigte Kompressionstrümpfe der Kompressionsklassen II und III verbessern die Drainage der Beine gegenüber Stützstrümpfen (Klasse I wird nicht von den Krankenkassen übernommen) erheblich, auch wenn das An- und Ausziehen mühsam ist. Das Anziehen geht einfacher, wenn Sie den Kompressionsstrumpf noch vor dem Aufstehen anlegen, also wenn das Bein noch schlanker ist. Auch das Anpassen der Strümpfe sollte möglichst am Vormittag erfolgen. Neue Schuhe hingegen probieren Sie besser am Abend an, wenn die Füße schon etwas geschwollen sind.

Ein Kompressionsstrumpf bleibt bei täglichem Tragen 6 Monate voll funktionsfähig, dann lässt die Wirkung nach. In der Regel zahlen Krankenkassen zwei Paar Kompressionsstrümpfe pro Jahr (mit geringer Zuzahlung), die Anfertigung nach Maß ist kostenlos. Gegen einen Aufpreis kann der Träger sein Paar Strümpfe in der Wunschfarbe einfärben lassen.

Alltag und Beruf. An welchen Tagen werden die Beine bzw. das Bein besonders dick? Sind es heiße Tage? Oder dann, wenn die Sonne direkt auf die Beine scheint? Oder sind es bestimmte Situationen, z. B. beim Einkaufen?

Schlecht sind stehende Berufstätigkeiten wie der Verkauf im Einzelhandel. In diesem Fall sollte rechtzeitig ein Berufswechsel erwogen werden. Benutzen Sie bei längerem Sitzen in der Freizeit einen Sitzball (z. B. Pezziball®) statt eines Stuhls.

Schlafen. Viele Menschen mit chronischen Venenproblemen haben auch Schlafprobleme. Sie wachen irgendwann in der Nacht mit heißen oder schmerzenden Waden oder Füßen auf. Auch hier bringt Kühlung oft mehr Erleichterung als Salben. Entweder die Beine nachts einfach unbedeckt lassen oder, wenn das nicht reicht, die Beine auf ein feuchtes Handtuch legen. Stellen Sie das Fußende ihres Bettes etwas hoch, das entlastet die Beine.

Bewegung. Gut ist bewusstes Gehen von täglich einer halben Stunde in bequemem Schuhwerk, dies gilt auch für Patienten mit offenem Bein. Die Kompressionstherapie erfolgt mit Kompressionsbinden oder speziellen Ulkus-Strumpfsystemen, mit denen der erhöhte Venendruck vom Ulkus weggenommen wird. Bei gut trainierter Beinmuskulatur mit optimaler Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk trägt die Muskelvenenpumpe viel zur Heilung bei. Haben langanhaltende Wundschmerzen bereits zu einer Einschränkung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk geführt, ist es daher wichtig, mit krankengymnastischer Unterstützung die optimale Beweglichkeit wieder zu verbessern.

Kleine Hautverletzungen. Auch bei größter Behutsamkeit beim An- und Ausziehen von Strumpf- und Schuhwerk und beim Spazierengehen lassen sich kleinste Kratzverletzungen oder Hautschürfungen nicht vermeiden. In fortgeschrittenen Fällen erfordern selbst kleinste Verletzungen wochenlange Pflegeaktionen, z. B. mit antiseptischen Jodsalben. Moderne Hydrokolloid-Verbände erleichtern nicht nur die Pflege, sondern beschleunigen auch das Zuheilen. Der geringe Mehrpreis kann sich lohnen. Im Zweifelsfall lieber den Hausarzt aufsuchen und um Rat bitten.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Eine Reihe von Studien belegen, dass Rosskastaniensamenextrakt zur Behandlung von chronischer Veneninsuffizienz effektiv ist, vor allem wenn die Anwendung über mehrere Monate erfolgt. Verfügbar sind standardisierte Fertigpräparate zur Einnahme (z. B. Aescorinforte® Kapseln, Aescusan® Filmtabletten, Perivar® Rosskaven Retardtabletten). Für Patienten, die Rosskastaniensamen nicht vertragen, sind eventuell Fertigarzneien auf der Basis von Mäusedornwurzel (z. B. Phlebodril mono® Kapseln) eine Alternative.

Auch Buchweizen- oder Steinkleekraut wird ein therapeutischer Effekt bei chronischer Veneninsuffizienz zugeschrieben. Wegen der geringeren Wirkstoffkonzentration sind Teezubereitungen mit diesen Heilpflanzen jedoch weniger wirksam.

Zur Behandlung von kleineren lokalen Gewebedefekten stehen ebenfalls einige Phytopharmaka zur Verfügung, z. B. Kamillenblütenextrakt (z. B. Kamillosan® Konzentrat Lösung für Umschläge) und/oder Fertigarzneien aus Hamamelis (z. B. Hametum®-Creme) oder Ringelblumenblüten (z. B. Calendumed®-Creme). Bei nässenden Ekzemen können Umschläge mit Eichenrindenextrakt (z. B. Eichenrinden-Extrakt®) versucht werden.

Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt zur Linderung der Beschwerden eine individuell abgestimmte Konstitutionsbehandlung. Homöopathische Mittel mit Bezug zur chronisch-venösen Insuffizienz sind z. B. Carbo vegetabilis oder Sulfur.

Weiterführende Informationen

  • www.phlebology.de – Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie e. V. (DGP, Freiburg): Leitlinien zur Diagnostik und Therapie des offenen Beins (Ulcus cruris) und des Krampfaderleidens.

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter