Gesundheit heute

Thrombose in den Beinvenen (tiefe Beinvenenthrombose, TVB)

Venenthrombosen: Blutgerinnsel in venösen Gefäßen, die zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss der betroffenen Vene führen. Am häufigsten kommt die Tiefe Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) vor.

Manchmal geht die tiefe Venenthrombose unbemerkt vorüber, weil der Thrombus durch körpereigene Substanzen wieder aufgelöst wird oder das venöse Blut über andere Venen aus dem Bein abfließen kann. Funktioniert der venöse Abfluss über andere Venen nicht, schwillt das betroffene Bein stark an, wird heiß und schmerzt.

Bleiben Venenklappen der thrombosierten tiefen Venen zerstört, droht später ein postthrombotisches Syndrom (PTS) mit chronisch venöser Insuffizienz bis hin zum offenen Bein. Eine andere Komplikation ist die Verschleppung von Teilen des Blutgerinnsels, z. B. als lebensbedrohliche Lungenembolie.

Behandelt wird die tiefe Venenthrombose vor allem mit gerinnungshemmenden Medikamenten und Kompressionstherapie; in speziellen Fällen ist es auch möglich, den Thrombus operativ oder mithilfe eines Katheters zu entfernen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schweregefühl, Umfangsvermehrung, Schwellung des betroffenen Beins
  • Bläulich glänzende Haut
  • Leichtes bis mittelstarkes Spannungsgefühl
  • Druckschmerz im Verlauf der betroffenen Venen (z. B. Wadendruckschmerz)
  • Schmerzen beim Gehen, Husten und beim Herabhängen lassen des Beins
  • In seltenen Fällen kann eine Lungenembolie das Symptom sein.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn

  • ein Bein an Umfang zunimmt. Kritisch ist eine Differenz von über 2 cm zwischen beiden Beinen, gemessen 10 cm oberhalb der Kniescheibe – wenn nur der untere Beinbereich befallen ist, wird natürlich unterhalb der Kniescheibe gemessen.

Sofort ins Krankenhaus, wenn

  • eine einseitige Beinschwellung mit neu auftretender Atemnot verbunden ist.

Die Erkrankung

Bei einer Thrombose setzen sich an der Venenwand Blutgerinnsel (Thromben) fest, die nach und nach an Größe zunehmen und vor allem bei fehlender Bewegung das Veneninnere irgendwann vollständig verschließen. Das Blut staut sich, das Bein schwillt an und schmerzt. Manchmal schafft es auch das körpereigene Gerinnungssystem, die Vene in den nächsten Tagen und Wochen wieder durchgängig zu machen (Rekanalisation).

Ursachen und Risikofaktoren

Tiefe Beinvenenthrombosen entstehen durch einen verlangsamten Blutfluss, durch eine ungünstige, zur überschießenden Gerinnung neigende Blutzusammensetzung oder – selten – nach Schädigungen der Veneninnenwand. Manchmal kommt es auch durch eine Polyglobulie (zu viele rote Blutkörperchen, "zu dickes" Blut) zur tiefen Beinvenenthrombose.

Eine erhöhte Thromboseneigung besteht:

  • Bei jeder Bettlägerigkeit über 3 Tage, nach Operationen, in einem Gipsverband und bei Reisen mit langem, ununterbrochenem Sitzen (Langstreckenflug)
  • In der Schwangerschaft und im Wochenbett
  • Bei Einnahme der "Pille" (besonders gefährdet sind Raucherinnen über 35 Jahre)
  • Bei starkem Übergewicht
  • Bei Krebs (eher im fortgeschrittenen Stadium, also bei Metastasen)
  • Bei ausgeprägten Krampfadern und nach früheren Thrombosen
  • Bei familiär gehäuften Thrombosen
  • Bei Blutgerinnungsstörungen, Erkrankungen mit Bluteindickung
  • Bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr über längere Zeit
  • Bei Nierenerkrankungen mit hohen Eiweißverlusten über den Urin
  • Bei Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz).

Angeborene Thromboseneigung. Wenn eine familiäre Häufung für tiefe Venenthrombosen bekannt ist oder wenn ohne wesentliche Risikofaktoren bereits vor dem 45. Lebensjahr eine Thrombose auftritt muss nach einer genetisch bedingten Thromboseneigung gesucht werden. Typischerweise sind dabei ein oder mehrere Blutgerinnungsfaktoren erhöht oder erniedrigt. Je nach betroffenem Faktor führt dann ein Zuviel oder Zuwenig desselben zu einer erhöhten Thromboseneigung. Blutuntersuchungen können diese vererbbaren Blutgerinnungsstörungen aufdecken. Beispiele für angeborene Gerinnungsstörungen, die das Thromboserisiko erhöhen sind:

  • APC-Resistenz (auch Faktor-V-Leiden-Mutation genannt)
  • Faktor-VIII-Erhöhung
  • Prothrombin-Mutation
  • Sehr selten: Protein-S-Mangel, Protein-C-Mangel, Antithrombin-Mangel

Lokalisation

Die tiefe Venenthrombose betrifft vor allem die Beinvenen (Beinvenenthrombose). Oft unterscheidet der Arzt auch noch die vergleichsweise harmlose Unterschenkelthrombose von der gefährlichen Oberschenkelthrombose und der weniger häufigen Beckenvenenthrombose. Ganz selten entwickeln sich Thrombosen in Venen der oberen Extremitäten oder in Organen (z. B. Lebervenenthrombose).

Selten sind tiefe Venenthrombosen der Schulter (Paget-von-Schroetter-Syndrom), die v. a. bei anhaltend ungewohnter Kraftanstrengung oder Einengung eines Armes auftreten. Aus der venösen Abflussstörung entwickelt sich eine schmerzhafte Armschwellung mit bläulicher Hautverfärbung. Die Behandlung besteht in der Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten über mehrere Monate und einer vorübergehenden Hochlagerung und Ruhigstellung des Armes sowie entzündungshemmenden Medikamenten.

Komplikationen

Oft ist das Blutgerinnsel nicht mit der Venenwand verbacken, sondern sitzt nur locker auf. Der Blutstrom reißt das Gerinnsel oder einen Teil davon ab und transportiert es Richtung (rechtes) Herz und weiter über die Lungenarterie direkt in die Lunge (Lungenembolie). Manchmal macht sogar erst eine Lungenembolie auf die zugrunde liegende tiefe Beinvenenthrombose aufmerksam. Bis zu 10 % der schweren Lungenembolien führen zu einem Lungeninfarkt. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass Lungengewebe abstirbt, da es nicht mehr durchblutet wird. In diesem Fall entwickelt sich als Komplikation häufig eine Infarktpneumonie, eine Form der Lungenentzündung.

Eine dramatische Situation entsteht, wenn sich alle Venen einer Extremität gleichzeitig verschließen und kein Blut mehr abfließt. Bei dieser als Phlegmasia coerulea dolens bezeichneten Thromboseform führt die zunehmende Schwellung der Extremität dazu, dass auch die Arterien abgedrückt werden und die Blutversorgung damit vollständig zum Erliegen kommt. Pulse sind nicht mehr tastbar. Hier ist ein sofortiger chirurgischer Eingriff zur Eröffnung der verschlossenen Venen und Muskelhautspaltung notwendig, um die Extremität zu retten.

Langzeitproblem postthrombotisches Syndrom (PTS)

Häufig kommt es durch die Thrombose zu einer chronischen Rückflussstauung in den Beinvenen. Ursächlich sind Schäden an den Venenklappen, die mit verantwortlich dafür sind, dass das Blut nicht in den Füßen versackt, sondern nach oben in Richtung Hohlvene und Herz transportiert wird. Je nach Lage der defekten Klappen ist der regelrechte Abfluss des venösen Blutes aus dem Bein (der Arzt sagt dazu auch "Entstauung des Beins") mehr oder minder beeinträchtigt und es droht eine anhaltende Schwellneigung des Beins. Weitere Symptome sind

  • Schweregefühl
  • Spannungsschmerzen
  • Ödeme
  • Dünne Haut, vermehrte Pigmentierung
  • Wundheilungsstörungen, im schlimmsten Fall sogar chronische Geschwüre (offenes Bein).

Bei einem postthrombotischen Syndrom muss der venöse Abfluss des betroffenen Beins lebenslang durch eine Kompressionsbehandlung unterstützt werden. Zum Einsatz kommen Unterschenkelstrümpfe, Oberschenkelstrümpfe oder Kompressionsstrumpfhosen in vier verschiedenen Klassen (I leichte Kompression bis IV starke Kompression). Kompressionsstrümpfe sind in unterschiedlichen Farben erhältlich, wahlweise blickdicht oder leicht transparent. Das konsequente Tragen der Strümpfe ist für den Therapieerfolg entscheidend.

Diagnosesicherung

Die körperliche Untersuchung ist oft nicht sehr aussagefähig, weil die typischen Leitbeschwerden fehlen können. Auch die Beinumfangsdifferenz ist kein sicheres Zeichen. Zum sicheren Nachweis bzw. Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose muss der Arzt mit einer Farbduplexsonografie oder einer Phlebografie gezielt danach suchen.

Differenzialdiagnosen. Ein Muskelfaserriss mit Hämatom und das Kompartmentsyndrom sind Erkrankungen, die ein schmerzhaft geschwollenes Bein verursachen können. Das Lymphödem führt zu Schwellungen, ist aber selten schmerzhaft. Sonstige Ödeme kommen meist beidseits vor.

Behandlung

Basismaßnahmen

Bei einer tiefen Beinvenenthrombose wird das Bein anfangs mit straffen elastischen Binden, später mit einem Kompressionsstrumpf von außen zusammengedrückt. Dies reduziert die Schwellung und die Schmerzen im Bein und senkt das Risiko für Embolien und ein späteres postthrombotisches Syndrom. Auch erhöht die Kompression die Blutströmungsgeschwindigkeit im tiefen Venensystem und verhindert damit ein weiteres Thrombosewachstum.

Im Gegensatz zu früher verzichten Ärzte darauf, bei Lungenembolien Bettruhe zu verordnen.

Pharmakotherapie

Jede tiefe Beinvenenthrombose wird mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt. Diese Therapie ist von höchster Wichtigkeit, um die Blutgerinnsel aufzulösen und Lungenembolien zu verhindern.

  • Initiale Antikoagulation. Die ersten 5 Tage bekommt der Patient in der Regel eine gerinnungshemmende Therapie, und zwar entweder als venöse Dauerinfusion über einen sogenannten Perfusor (Heparin) oder täglich unter die Haut gespritzt (z. B. Dalteparin, Enoxaparin oder Fondaparinux).
    • Alternative zur initialen Antikoagulation ist die sofortige systemische Lysetherapie. Dabei verabreichen die Ärzte über eine Infusion in die Armvene Substanzen, die im gesamten Gefäßsystem (also systemisch) fibrinolytisch wirken. Die Wahrscheinlichkeit, ein Blutgerinnsel damit aufzulösen, ist höher als mit Heparin oder Fondaparinux. Allerdings kommt es auch leichter zu lebensbedrohlichen Blutungen. Deshalb wird die systemische Lysetherapie bei einer tiefen Beinvenenthrombose nur noch selten angewendet, z. B. bei einer Lungenembolie mit instabilen Kreislaufverhältnissen (zur lokalen Lysetherapie siehe unten).
  • Gerinnungshemmende Erhaltungstherapie. Begleitend zur initialen Antikoagulation leiten die Ärzte eine Langzeit-Gerinnungshemmung mit Cumarinen wie Phenprocoumon (z. B. Marcumar®) oder Warfarin ein. Diese muss der Patient für mindestens drei Monate beibehalten. Danach wird geprüft, ob die Behandlung auslaufen kann.

  • Als Alternative zur Einnahme von Cumarinen kann der Arzt auch ein direktes orales Antikoagulanz (DOAK) wie Apixaban, Rivaroxaban oder Dabigatran verordnen. Hauptvorteil ist der Wegfall der ständigen Laborkontrollen wie bei Cumarinen, wobei dies nicht unumstritten ist. DOAK sind sowohl für die initiale Antikoagulation als auch für die Erhaltungstherapie zugelassen.

Thrombolyse und Thrombektomie

Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, einen venösen Thrombus operativ zu entfernen oder durch eine lokale Lysetherapie über einen Katheter aufzulösen. Im Gegensatz zu den sehr häufig durchgeführten kathetergestützten Verfahren bei arteriellen Gefäßverschlüssen ist die Erfolgsrate im venösen System geringer und die Komplikationsrate höher. Deshalb empfehlen die Ärzte diese Prozeduren bei tiefen Venenthrombosen nur in Ausnahmefällen, und zwar

  • bei jungen Menschen ohne gerinnungsfördernde Erkrankung mit einer ersten, ausgedehnten und kürzer als 2 Wochen bestehenden Thrombose oder
  • wenn die akute Gefahr besteht, dass das Bein amputiert werden muss (z. B. bei einer Phlegmasia Coerulea dolens).

Lokale Lysetherapie. Bei der sogenannten kathetergesteuerten lokalen Lyse punktieren die Ärzte unter Ultraschallkontrolle eine Vene und schieben einen Katheter direkt bis zum Thrombus vor. Dann wird über einen längeren Zeitraum hinweg kontinuierlich ein Fibrinolytikum (z. B. Urokinase) durch den Katheter abgegeben, damit sich das Gerinnsel auflöst. Häufig legen die Ärzte hinter dem Thrombus auch einen Stau an, damit die fibrinolytische Substanz länger am Thrombus verweilen und wirken kann. Während der gesamten Lysetherapie wird der Patient intensivmedizinisch überwacht.

Thrombektomie. Bei dieser Operation in Vollnarkose eröffnen die Ärzte die Vene über einen Hautschnitt von außen. Das thrombotische Material wird mithilfe eines hinter dem Thrombus aufgeblasenen Katheters herausgezogen oder durch manuelles Ausquetschen der Vene gewonnen und entfernt. In manchen Fällen – z. B. bei narbigen Veränderungen der Venenwand – legen die Ärzte auch einen Stent ein. Diese Operation empfehlen die Ärzte z. B. bei der Phlegmasia Coerulea dolens und bei Thromben der oberflächlichen Beinvenen, die in die Tiefe wachsen.

Prognose

Ein Drittel der Patienten mit einer tiefen Beinvenenthrombose entwickelt eine Lungenembolie, ein Drittel ein postthrombotisches Syndrom, ein Drittel erleidet innerhalb von 8 Jahren ein Rezidiv.

In der Schwangerschaft ist die tiefe Beinvenenthrombose die häufigste Todesursache.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Nehmen Sie die vom Arzt verordnete gerinnungshemmende Therapie regelmäßig ein. Sollten Sie einmal abends eine Dosis vergessen haben, konsultieren Sie Ihren Arzt – verdoppeln Sie keinesfalls am nächsten Morgen die Dosis ohne Rücksprache. Lassen Sie Ihre Gerinnungswerte regelmäßig kontrollieren, damit der Arzt die Therapie nötigenfalls anpassen kann.
  • Tragen Sie Ihre Kompressionsstrümpfe konsequent, auch im Sommer. Nützliche Tipps zur Kompressionstherapie finden Sie im Artikel Krampfadern.

Komplementärmedizin

Blutgerinnungshemmend wirken auch Blutegel, sie werden jedoch nicht zur Dauerbehandlung herangezogen. Auch zur Akuttherapie einer Thrombose haben sie sich schulmedizinisch nicht durchgesetzt.

Weiterführende Informationen

  • www.mtbasa.de : Website der Medizinisch-Technischen Beratungsstelle der Arbeitsgemeinschaft Selbstkontrolle der Antikoagulation mit vielen Informationen, praktischen Tipps und Anmeldungsmöglichkeiten zu Schulungsprogrammen
  • A. Hergenröther: Der sichere Umgang mit Blutverdünnern: Leben mit Gerinnungshemmern. Govi-Verlag, 2017. Vielfältige Informationen rund um die Gerinnungstherapie mit nützlichen Tipps für das richtige Verhalten im Alltag sowie im Verletzungsfall und vor Operationen.

Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter