Gesundheit heute

Aortendissektion

Aortendissektion: Längsspaltung der mehrschichtigen Aortenwand, die durch einen Einriss der Gefäßinnenhaut und das "Einwühlen" von Blut in die Gefäßwand entsteht. Der neu gebildete Spalt oder Tunnel in der Gefäßwand kann bis zu mehreren Zentimetern lang werden. Gefährdet sind vor allem Patienten mit Bluthochdruck, Arteriosklerose oder angeborenen Bindegewebserkrankungen; Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen.

Tritt die Aortendissektion akut auf, ist sie ein lebensbedrohlicher Notfall mit ~ 20 % Sterblichkeit trotz Krankenhausbehandlung und Operation. In manchen Fällen entwickelt sie sich langsam, macht keine Beschwerden und wird vom Arzt zufällig bei einer Routineuntersuchung mittels Ultraschall entdeckt. Hier kann unter strenger Blutdruckkontrolle zugewartet werden. Je nach Lage und Entwicklung der Aortendissektion kommen dann eventuell die operative Einbringung einer Gefäßprothese oder die Aortenreparatur durch einen Katheter als therapeutische Maßnahme in Betracht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Plötzliche, starke reißende und schneidende Schmerzen in Brustkorb oder Rücken, die oft nach körperlichen oder psychischen Belastungen auftreten.

Wann zum Arzt

Bei oben genannten Beschwerden sofort den Notarzt rufen!

Die Erkrankung

Die Aortenwand besteht wie jedes Blutgefäß aus mehreren Gewebeschichten. Wenn die innerste Schicht, die Intima, einreißt, dringt Blut in die Aortenwand ein und wühlt sich zwischen den einzelnen Gewebsschichten innerhalb der Aortenwand immer weiter vor. Dadurch spaltet sich die Aortenwand auf. Dieser Dissektionsspalt kann sich wie ein Tunnel über weite Strecken der Aorta fortsetzen. Manchmal reißt die Intima an einer weiter entfernten Stelle erneut ein und das Blut gelangt aus dem Dissektionsspalt wieder zurück in das echte Gefäßinnere.

Es gibt eine ganze Reihe von Ursachen und Risikofaktoren, die zu einem Einriss der Gefäßinnenwand und einer nachfolgenden Dissektion der Aorta führen können. An vorderster Stelle stehen Veränderungen der Gefäßinnenwand durch altersbedingte degenerative Prozesse, Arteriosklerose und Bluthochdruck. Angeborene Bindegewebserkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder das Ehlers-Danlos-Syndrom begünstigen die Dissektion ebenso wie entzündliche Gefäßerkrankungen. Weitere Risikofaktoren sind das Aortenaneurysma, ärztliche Eingriffe an der Hauptschlagader und Verletzungen.

Verlauf

Die akute Dissektion macht sich bemerkbar durch plötzlich auftretende, stärkste Schmerzen (sog. Vernichtungsschmerz) im Rücken, der Brust oder dem Oberbauch. Hierbei handelt es sich um einen potenziell lebensbedrohlichen Notfall!

Die chronische Form entsteht langsamer und ist meist ein Zufallsbefund, weil sie zunächst keine Beschwerden verursacht. Manchmal heilt eine Aortendissektion auch von selbst, und zwar, wenn das Blut im Dissektionsspalt gerinnt und sich der Tunnel dadurch wieder verschließt. Im günstigsten Fall bleibt der Einriss dadurch dauerhaft verschlossen, manchmal reißt die Wand jedoch an dieser reparierten Stelle erneut ein und der Defekt muss doch chirurgisch versorgt werden.

Formen

Bei der Aortendissektion unterscheiden die Ärzte anhand der sog. Stanford-Klassifikation 2 Typen, die vor allem bei der Planung der Therapie eine Rolle spielen:

  • Beim Typ Stanford A betrifft die Dissektion den aus dem Herzen aufsteigenden Teil der Aorta (Aorta ascendens). Typ A kommt am häufigsten vor (etwa 65 % der Fälle).
  • Typ Stanford B umfasst alle Aortendissektionen ohne Beteiligung der Aorta ascendens, also Aufspaltungen, die frühestens am Aortenbogen beginnt (etwa 10 %) oder dahinter, d. h. im absteigenden Teil der Aorta (Aorta descendens, 20 %). Dissektionen im Bauchraum sind mit 5 % der Fälle sehr selten.

Komplikationen

Gefürchtete Komplikationen sind:

  • Die zerteilte Gefäßwand wölbt sich in das Gefäßinnere vor und engt es ein, Folge sind Durchblutungsstörungen in Bereichen hinter der Dissektion, z. B. im Gehirn.
  • Die Gefäßwand platzt nach außen auf und verursacht schwerwiegende innere Blutungen in den Brustkorb oder den Bauchraum.
  • Gefäßabgänge werden verlegt und es kommt zu schweren lokalen Durchblutungsstörungen mit Folgen wie einem akuten Koronarsyndrom, Schlaganfall, Querschnittslähmung, Darmarterienverschluss, akutem Nierenversagen oder einem akuten Beinarterienverschluss.
  • Es bildet sich ein Hämatom innerhalb der Aortenwand.

Diagnosesicherung

Bei einem Notfallpatienten mit Verdacht auf eine Aortendissektion bestätigen die Ärzte die Diagnose sowie eventuelle Komplikationen mit bildgebenden Verfahren wie

  • CT, MRT
  • Echokardiografie, transösophagealer Echokardiografie (TEE)
  • Farbduplexsonografie
  • EKG.

Weil die chronische Aortendissektion meist keine Beschwerden verursacht, wird sie häufig als Zufallsbefund entdeckt, z. B. im Rahmen eines Bauchultraschalls. Danach kommen auch hier die oben genannten bildgebenden Verfahren zum Einsatz, um Ausmaß und Lage abzuklären und zu entscheiden, ob die Aortendissektion operiert oder zunächst nur engmaschig kontrolliert werden muss.

Differenzialdiagnosen. Leitsymptom der akuten Aortendissektion ist der plötzlich einsetzende, vernichtende Schmerz in Brustkorb, Bauch oder Rücken. Ähnlich starke Schmerzen können beispielsweise durch einen Herzinfarkt, eine Nieren- oder Gallenkolik, eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung oder einen Bandscheibenvorfall verursacht werden.

Behandlung

Die akute Aortendissektion ist ein lebensbedrohlicher Notfall! Zunächst stabilisieren die Ärzte den Kreislauf, senken einen erhöhten Blutdruck auf systolische Werte um 110–120 mmHg ab und bekämpfen die Schmerzen mit Opioiden (z. B. Morphin). Parallel dazu sichern sie die Diagnose und entscheiden über die Therapie.

Stanford A-Dissektionen werden immer sofort operiert. Dabei ersetzen die Chirurgen die gerissene Aorta ascendens mit einer Kunststoffprothese. Ist die Aortenklappe ebenfalls geschädigt, bekommt der Patient eine klappentragende Prothese eingesetzt.

Stanford-B-Dissektionen operieren die Ärzte nur dann sofort, wenn der Patient sehr starke Schmerzen hat oder Komplikationen auftreten. Dann setzen sie wie bei der Stanford-A-Dissektion eine passende Gefäßprothese ein. Ist eine offene Operation nicht möglich, versuchen die Ärzte, die Aorta über einen Katheter zu reparieren (Endovaskuläre Aortenreparatur, EVAR). Hierbei schieben sie den Katheter über die Leistenarterie bis zur Aorta vor und dichten die gerissene Stelle von innen mit einem Stent ab.

Weil die Sterblichkeit bei der Operation hoch ist, wägen die Ärzte vor allem bei einer chronischen, beschwerdefreien Dissektion Nutzen und Risiko immer sehr gründlich ab. Wird eine Aortendissektion nicht gleich operiert, sind halbjährliche Befundkontrollen erforderlich. Nicht selten erübrigt sich eine OP, wenn das Blut im Dissektionsspalt gerinnt und den Spalt wieder verschließt. Dehnt sich die Dissektion im weiteren Verlauf jedoch aus, empfehlen die Ärzte je nach Lage der Aufspaltung die offene chirurgische Operation mit Einsatz einer Gefäßprothese oder die Aortenreparatur mithilfe des Katheters.

Prognose

Trotz der deutlich verbesserten Behandlungsmöglichkeiten ist die Aortendissektion immer noch eine ernste Erkrankung mit schlechter Prognose. Bei Stanford-A-Dissektionen, die nicht operiert werden, beträgt die Sterblichkeit im ersten Monat 50 %. Von den operierten Patienten versterben immerhin noch 20 % im ersten Monat nach der Operation.

Stanford-B-Dissektionen haben eine bessere Prognose: 80–90 % der betroffenen Patienten überleben die nächsten 2 Jahre. Muss allerdings aufgrund von Komplikationen sofort operiert werden, beträgt die Sterblichkeit innerhalb des ersten Monats nach der Operation ebenfalls etwa 20 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Rät der Arzt, mit der Operation abzuwarten, sind folgende Maßnahmen wichtig:

  • Achten Sie auf normale Blutdruckwerte! Sollten Sie unter Bluthochdruck leiden, kontrollieren Sie den Blutdruck regelmäßig und stellen Sie ihn mithilfe Ihres Arztes auf Werte unter 140/90 mmHg ein.
  • Verhindern Sie Blutdruckspitzen, indem Sie schwere körperliche Arbeit meiden. Besonders wichtig ist auch die Regulierung des Stuhlgangs, Verstopfung und starkes Pressen müssen verhindert werden.
  • Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob moderater Ausdauersport für Sie günstig ist. Auch beim Sport gilt es, Blutdruckspitzen zu meiden.
  • Liegen bei Ihnen weitere Risikofaktoren wie Arteriosklerose oder Rauchen vor, packen Sie diese an. Tipps für einen gefäßgesunden Lebensstil finden Sie unter akutes Koronarsyndrom.

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter