Gesundheit heute

Arteriosklerose

Arteriosklerose (Atherosklerose, Arterienverkalkung): Allmähliche und abgesehen von Frühstadien unumkehrbare Schädigung von Arterien durch Einlagerungen in und Ablagerungen auf der Gefäßwand. Dies führt zu Gefäßverengungen und -verschlüssen und erhöht das Risiko für eine Vielzahl von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Arteriosklerose ist keine Krankheit im eigentlichen Sinn, sondern ein natürlicher Abnutzungsprozess, der allerdings durch schädigende Verhaltensweisen wie Rauchen und ungesunde Ernährung drastisch beschleunigt wird. Langfristig führt die Arteriosklerose dazu, dass sich die Arterien, die das Blut vom Herzen in den Körper transportieren, langsam verengen. Oft schreiten die arteriosklerotischen Prozesse unbemerkt über Jahre und Jahrzehnte fort, bis die ersten Beschwerden auftreten – diese können jedoch gleich lebensbedrohlich sein, z. B. als Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Symptome und Leitbeschwerden

Oft jahrzehntelang keine. Später Durchblutungsstörungen, die sich je nach betroffenem Organ beispielsweise äußern als

  • Schmerzen beim Gehen
  • Angina pectoris (Brustenge, Atemnot, Herzschmerzen)
  • Schlecht heilende Wunden
  • Kalte Extremitäten
  • Kurze Bewusstlosigkeit (Transitorische ischämische Attacke, sog. TIA)
  • Erektionsstörungen.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen

  • bei oben auftretenden Beschwerden.

Sofort die Notärzt*in rufen bei

  • Atemnot, Angstgefühl und Schmerzen in der Brustgegend, die unter Umständen in den linken Oberarm, Rücken oder Bauch ausstrahlen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Um die Krankheit zu verstehen, ist es wichtig, sich den Aufbau der Gefäßwand zu vergegenwärtigen. Die Wand von Arterien setzt sich aus mehreren Schichten zusammen:

  • Die innerste Schicht heißt Tunica intima, auch Intima genannt. Sie besteht aus einer einschichtigen Innenhaut, dem Endothel, darunter liegt etwas lockeres Bindegewebe und eine elastische Membran.
  • Unter der Intima findet sich die Tunica media, auch Media genannt. Diese mittlere Schicht besteht aus Muskulatur, Bindegewebe und elastischen Anteilen. Die Media ermöglicht mit ihrer Muskelschicht, dass Nervenimpulse oder Botenstoffe die Gefäße enger und weiter stellen.
  • Die bindegewebige Tunica externa, auch Adventitia genannt, ist die äußerste Schicht. In ihr verlaufen Nerven und kleine Gefäße, die die äußeren Schichten der Gefäßwand mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen (die inneren Schichten beziehen diese Stoffe direkt aus dem Blutstrom).

Arteriosklerotische Gefäßveränderungen entstehen an Stellen, an denen das Endothel, also die schützende Innenhaut der Intima, beschädigt wurde. Solche Gefäßwandschäden entstehen vor allem durch eine ungünstige Blutzusammensetzung, lokalen Sauerstoffmangel und hohen Druck im Gefäßinneren (Bluthochdruck). Es gibt einige Problemstellen im Gefäßsystem, an denen es besonders leicht zu Verletzungen der Innenhaut kommt: Und zwar dort, wo sich durch ungünstige Strömungsverhältnisse Wirbel bilden, wie z. B. vor und nach den Abzweigungen der das Gehirn versorgenden Kopfarterien.

An den verletzten Stellen des Endothels haften Blutplättchen an und verklumpen miteinander, ohne den Schaden jedoch vollständig zu verschließen. Das normalerweise schützende Endothel wird durchlässig und die darunter liegenden Schichten erhalten direkten Kontakt mit dem Blut. Dadurch quillt vor allen Dingen die Intima auf und lagert Stoffe aus dem Blut ein. Cholesterin und andere Blutfette bilden immer dickere Beläge, die sogenannte arteriosklerotische Plaque. Das Bindegewebe reagiert auf diese Fettablagerungen mit einer vermehrten Zellbildung, sodass die Intima verdickt. Im ungünstigsten Fall stirbt das Gewebe an der betroffenen Stelle ab und verkalkt.

Vor allem das LDL-Cholesterin gilt als gefährlich. In seiner oxydierten Form wird es besonders stark in die Intima eingelagert. Das günstige HDL-Cholesterin dagegen kann Cholesterin sogar wieder aus den Ablagerungen herauslösen und abtransportieren. Eine gefäßschützende Wirkung haben auch Antioxidanzien, die die Oxidation von LDL-Cholesterin durch freie Sauerstoffradikale verhindern.

Die verdickte Intima und die Verkalkung verengen die Arterien, was die Durchblutung der von ihnen versorgten Organe und Körperteile erschwert. Bereits vorhandene Gefäßveränderungen vergrößern darüber hinaus die Gefahr für weitere Schäden an anderen Stellen. Steht die geschwächte Gefäßwand zudem unter starkem Druck, wie z. B. im Bereich der Bauchaorta, leiert sie aus und bildet ein Aneurysma.

Verlauf

Arteriosklerose betrifft in der Regel das gesamte arterielle System, auch wenn sich die Auswirkungen lokal unterschiedlich zeigen. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es vor, dass die Plaque aufreißt (Plaque-Ruptur). An diesen Stellen bilden sich Blutgerinnsel, die das Gefäß vollständig verschließen können und zu einem akuten Sauerstoffmangel in den normalerweise von dieser Arterie versorgten Gebieten führen. Zum Glück lösen sich solche Verschlüsse oft rasch wieder auf, oder das Gebiet wird auch noch von einer zweiten Arterie versorgt. In ungünstigen Fällen werden Teile eines solchen Blutgerinnsels als Embolie mit dem Blut weiter verschleppt, verstopfen andere, dahinter gelegenen Arterien und lösen dadurch z. B. einen Schlaganfall aus.

Am Herzen äußern sich Gefäßverengungen zunächst durch Angina pectoris. Bei einem vollständigen und endgültigen Gefäßverschluss kommt es zu einem Herzinfarkt. Im Gehirn verursacht Arteriosklerose zuerst eine Minderdurchblutung mit kurzen Verwirrtheitszuständen oder Bewusstlosigkeit (sog. TIA), wird ein Gefäß komplett verschlossen, ist ein Schlaganfall die Folge. Auch an anderen Körperteilen führt die Arteriosklerose zu unangenehmen bis lebensgefährlichen Krankheitsbildern. So treiben verengte Nierengefäße (Nierenarterienstenose) den Blutdruck in die Höhe mit der Gefahr des Nierenversagens. Verkalkte Beckenarterien sind ein häufiger Grund für eine erektile Dysfunktion bei älteren Männern. Leichte bis schwere Durchblutungsstörungen in den Beinen sind auch bedingt durch arteriosklerotisch verengte Arterien, pAVK.

Risikofaktoren

Wie schnell der Abnutzungsprozess an den Arterien abläuft, haben wir in hohem Maße selbst in der Hand, und zwar durch unsere Ernährung und unseren Lebensstil. Das Risiko für arteriosklerotische Gefäßveränderungen steigt durch

  • Hohe Cholesterinspiegel, vor allem LDL-Cholesterin, und Lipoprotein [a]
  • Bewegungsarmut
  • Rauchen
  • Bluthochdruck
  • Übergewicht, besonders beim "Apfeltyp"
  • Diabetes
  • Stress.

Aber auch nicht beeinflussbare Faktoren, z. B. männliches Geschlecht und genetische Veranlagung tragen zu ihrer Entstehung bei. Bis zu den Wechseljahren tritt Arteriosklerose bei Frauen seltener auf, da die weiblichen Geschlechtshormone einen gewissen Schutz bieten.

Stadien

Die Weltgesundheitsorganisation WHO unterscheidet drei Arteriosklerose-Stadien. Im ersten Stadium sind nur leichte Frühschäden (z. B. Fettstreifen) festzustellen. Im zweiten Stadium haben sich bereits arteriosklerotische Plaques gebildet. Erst im dritten Stadium zeigen sich die gefährlichen arteriosklerosebedingten Folgeerkrankungen.

Diagnosesicherung

Zur Diagnose arteriosklerotisch veränderter Gefäße stehen eine Vielzahl von Untersuchungen zur Verfügung. Schon die ausführliche Befragung und die körperliche Untersuchung der Patient*in gibt der Ärzt*in eine ganze Reihe wertvoller Hinweise auf das mögliche Vorliegen einer Arteriosklerose. Mit technischen Verfahren lassen sich die Gefäßveränderungen und ihre Folgen an den Organen dann konkret nachweisen.

Körperliche Untersuchung bei Verdacht auf Arteriosklerose

  • Palpation (Abtasten) der Körperpulse, z. B. am Handgelenk, Hals, im Bereich der Fußknöchel und Kniekehlen
  • Blutdruckmessungen an Armen und Beinen (immer im Seitenvergleich)
  • Auskultation (Abhören) der Gefäße mit dem Stethoskop (z. B. der Arteria carotis am Hals) und des Herzens
  • Inspektion der oberflächlichen Gefäße (z. B. der Schläfenarterie, Arteria temporalis)
  • Inspektion der Haut auf Blässe und Gewebeveränderungen oder Wundheilungsstörungen, vor allem im Seitenvergleich
  • Gehversuch auf dem Laufband (Ermittlung der schmerzfrei zu bewältigenden Gehstrecke)
  • Lagerungsversuch nach Ratschow.

Wichtige Laborwerte bei Verdacht auf eine Arteriosklerose:

  • Blutfette (Triglyceride, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, VLDL)
  • Blutzucker und HbA1c-Wert
  • Homocystein
  • Harnsäure.

Als apparative Diagnostik nutzt die Ärzt*in vor allem folgende Verfahren:

  • Ultraschalluntersuchungen (B-Scan, Dopplersonografie, Farbduplexsonografie)
  • Messung des Knöchel-Arm-Index (ABI)
  • Messung der Sauerstoffsättigung
  • Herzkatheteruntersuchung mit Koronarangiografie
  • Magnetresonanz-Angiografie
  • CT-Angiografie
  • Digitale Subtraktionsangiografie (DSA).

Behandlung

Die Behandlung der Arteriosklerose richtet sich danach, welche weiteren Erkrankungen und Risikofaktoren bei der Patient*in vorliegen und zu welchen Folgen die Gefäßveränderungen geführt haben. Auch wenn sich die Arteriosklerose nicht mehr zurückbildet, kann doch ihre Weiterentwicklung mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen aufgehalten werden. Zu den wichtigsten dieser bei allen Arteriosklerosepatienten empfehlenswerten bzw. unabdingbaren Basismaßnahmen gehören

  • Völliger Verzicht auf das Rauchen
  • Optimale Behandlung eines Bluthochdrucks, eines Diabetes mellitus und bestehender Fettstoffwechselstörungen
  • Reduktion von Übergewicht
  • Moderater Ausdauersport, vor allem Joggen, Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren
  • Maßvoller Alkoholkonsum
  • Gesunde Ernährung, verminderter Konsum von Zucker und tierischen Fetten (siehe auch Ernährungstipps im Beitrag Koronare Herzkrankheit)
  • Stressreduktion, z. B. mithilfe von Mind-Body-Therapien.

Die speziellen medikamentösen und invasiven Therapien der einzelnen Erkrankungen wie beispielsweise die Ballondilatation werden in den entsprechenden Artikeln erläutert (z. B. Herzinfarkt, pAVK).

Prognose

Die Prognose bei einer Arteriosklerose hängt davon ab, wie stark die Gefäße betroffen und verengt sind, in welcher Körperregion die Engstellen vorliegen und ob bereits innere Organe geschädigt wurden. Entscheidend ist zudem das Vorliegen von Risikofaktoren und deren Behandlung (ausführliche Tipps zur Prävention siehe Koronare Herzkrankheit). Gute Möglichkeiten zur Abschätzung des individuellen Herz-Kreislauf-Risikos sind beispielsweise der PROCAM-Rechner und der ESC-Score.

Ihre Apotheke empfiehlt

Prävention

Arteriosklerose ist zwar ein natürlicher Abnutzungsprozess, gefährliche Folgeerkrankungen sind jedoch keineswegs Schicksal, sondern ein weitgehend hausgemachtes Problem. Die oben genannten Basismaßnahmen zur Behandlung der Arteriosklerose sind genauso zur Prävention empfehlenswert. Erwiesenermaßen vorbeugend wirken körperliche Aktivität, eine kalorienbilanzierte, fettarme und ballaststoffreiche Ernährung, mediterrane Ernährung sowie der Verzicht auf Nikotin.

Als Suchtest zur Risikoabschätzung einer Arteriosklerose und ihrer Folgekrankheiten dienen die Blutwerte hsCRP und eine erhöhte Fibrinogenkonzentration. Zudem wird vermutet, dass ein hoher Homocystein-Wert an der Schädigung der Blutgefäße beteiligt ist. Zur Regulierung des Homocystein-Spiegels im Blut ist eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen B12 und Folsäure erforderlich.

Weiterführende Informationen

Link zu verschiedenen Scores auf der Seite des BNK (Bundesverband Niedergelassener Kardiologen): www.scores.bnk.de/index.html

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter