Gesundheit heute

Herzklappenfehler, erworbene

Erworbene Herzklappenfehler (erworbene Vitien): Krankheitsbedingte Schädigung einer oder mehrerer Herzklappen, die das korrekte Öffnen und Schließen derselben behindert. Dies behindert den Blutfluss durch Herz und Lunge und belastet das Herz mit z. T. erheblicher Mehrarbeit.

Herzklappenfehler gibt es als angeborene Fehlbildung, sie können aber auch in jedem Lebensalter durch Entzündungen oder Degeneration entstehen. Am gefährlichsten sind Klappenfehler an der Aorten- und Mitralklappe. Der häufigste Herzklappenfehler ist die Aortenstenose, gefolgt von der Mitralinsuffizienz. Wenn Herzklappenfehler zur Herzinsuffizienz führen, muss operativ eingegriffen werden. In Deutschland werden pro Jahr etwa 19.000 Operationen an Herzklappen durchgeführt.

Symptome und Leitbeschwerden

Alle Anzeichen der Herzinsuffizienz. Zusätzlich:

  • Herzstolpern, Herzklopfen, Herzrasen
  • Druck, Engegefühl und Schmerzen hinter dem Brustbein
  • Bei Aortenklappenstenose: Niedriger Blutdruck, Schwindelgefühl, kurze Ohnmachtsanfälle bei Belastung
  • Bei Mitralklappenstenose: Rötlich-bläuliche Hautverfärbungen beider Wangen ("Mitralbäckchen").

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • die Belastbarkeit fortgesetzt abnimmt.
  • Herzstolpern, Schwindel und Beinschwellungen auftreten.

Sofort bei

  • Atemnot, Angst und Herzschmerzen.

Die Erkrankungen

Krankheitsentstehung

Entzündliche und degenerative Vorgänge an den Herzklappen sind die wesentlichen Gründe für erworbene Herzklappenfehler. Sie können jede Klappe betreffen und sehr plötzlich, z. B. bei einer akuten Endokarditis oder langsam im Lauf der Jahre entstehen. In seltenen Fällen verursachen auch Bindegewebserkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder Autoimmunerkrankungen wie die Takayasu-Arteriitis Herzklappenfehler.

Bei einer Klappenstenose (Herzklappenverengung) öffnet sich die Herzklappe nicht mehr vollständig, sodass das Blut von der Herzmuskulatur nur noch mit großer Mühe hindurchgepresst werden kann. Bei einer Klappeninsuffizienz sind die geschlossenen Herzklappen undicht, verlieren ihre Ventilfunktion und lassen einen Blutfluss in beide Richtungen zu. Wenn beide Funktionsstörungen an einer Klappe gleichzeitig auftreten, so spricht man von einem kombinierten Herzklappenfehler (kombiniertes Klappenvitium).

Eine Klappeninsuffizienz kann nicht nur durch Veränderung an den Klappen selbst, sondern auch nach Schädigung des Klappenhalteapparates oder nach Erweiterung der klappentragenden Herzanteile entstehen, z. B. als Folge eines ausgedehnten Herzinfarkts oder einer dilatativen Kardiomyopathie. Jeder fortschreitende, operativ nicht korrigierte Herzklappenfehler führt letztlich zu Herzinsuffizienz.

Mitralklappenfehler (Mitralvitien)

Die Mitralklappenstenose ist meist Spätfolge eines vor 10–20 Jahren erlittenen akuten rheumatischen Fiebers, sie tritt dank besserer Vorbeugung heute nur noch selten auf. Die verengte Mitralklappe behindert den Blutstrom vom linken Vorhof in die linke Herzkammer, sodass das Blut sich im linken Vorhof und damit in die Lunge zurückstaut.

Dadurch vergrößert sich der linke Vorhof und wird oft Ausgangspunkt für Herzrhythmusstörungen und Embolien (Blutgerinnsel, die sich im Herzen bilden, in den Kreislauf eingeschwemmt werden und z. B. im Gehirn zu einem Schlaganfall führen). Aufgrund der Emboliegefahr hemmen die Ärzte bei einer Mitralstenose häufig langfristig die Blutgerinnung (Antikoagulation, siehe unter Gerinnungshemmende Medikamente).

Bei einer Mitralklappeninsuffizienz fließt das Blut beim Pumpvorgang der linken Herzkammer nicht nur in die Hauptschlagader, sondern auch wieder in den linken Vorhof zurück ("Pendelblut"). Dadurch gelangt zu wenig Blut in das arterielle Herz-Kreislauf-System, d. h. die effektive Herzleistung und damit die Sauerstoffversorgung des Herzens nehmen ab. Weil die linke Herzkammer zusätzlich zur normalen Blutmenge auch das Pendelblut wieder mit aufnehmen muss, vergrößert sie sich und lässt nach und nach in ihrer Kontraktionskraft nach, d. h. das Herz wird schwächer (Herzinsuffizienz). Dadurch wird das Blut nicht regelrecht weitertransportiert und es staut sich in die Lungengefäße zurück. Langfristige Folgen sind zunehmende Atemnot, Lungenödem und Vorhofflimmern.

Mitralklappenprolaps. Eine häufige Ursache der Mitralklappeninsuffizienz ist das Mitralklappenprolapssyndrom (Barlow-Syndrom, Klicksyndrom). Hierbei handelt es sich um übergroße Klappensegel, die sich in den linken Vorhof vorwölben. Ursache ist eine Bindegewebsstörung, die zu einer Überdehnung und meist auch zu einer Verdickung der Klappen und des Klappenhalteapparats der Mitralklappe führt. Beim Abhören des Herzens fällt dem Arzt manchmal ein charakteristischer zusätzlicher Herzton auf. In der Echokardiografie ist die Vorwölbung der Klappensegel gut zu erkennen.

Der Mitralklappenprolaps tritt relativ häufig auf (bei 3 % der Bevölkerung) und kann sich in jedem Lebensalter entwickeln. Die Klappenveränderungen sind ganz unterschiedlich ausgeprägt. Die allermeisten Betroffenen haben keine Beschwerden. Die Segelklappen können verdickt oder nur vergrößert sein, Prolaps und Insuffizienz fallen leicht- bis schwergradig aus. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte können sich die Mitralklappen immer weiter verändern.

Aortenklappenfehler

Die Aortenklappe schließt die linke Herzkammer zur Hauptschlagader hin ab. Eine Verengung (Aortenklappenstenose) verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Wenn sie fortschreitet, muss das Blut jedoch mit steigender Kraft durch die Aortenklappe hindurchgepresst werden. Folge ist eine zunehmende Verdickung der Muskulatur der linken Herzkammer, die solche Ausmaße annehmen kann, dass die Blutversorgung der Herzmuskulatur durch die Herzkranzgefäße nicht mehr ausreicht. Unter körperlicher Belastung treten dann Angina pectoris, Atemnot und Schwindel bis hin zu Ohnmachtsanfällen auf.

Bei einer Aortenklappeninsuffizienz fließt Blut nach jeder Systole aus der Hauptschlagader wieder in die linke Herzkammer zurück. Die linke Herzkammer wird fortgesetzt mit einer zu großen Blutmenge überlastet. Betroffene bemerken das ungewöhnlich große Schlagvolumen manchmal an kleinen unangenehmen Erschütterungen im Kopf oder in den Extremitäten. Nach einer anfänglichen Verdickung der Herzmuskulatur hält die linke Herzkammer dieser Mehrbelastung mit der Zeit nicht mehr stand. Die Pumpleistung lässt nach und die Größe der linken Herzkammer nimmt zu. Betroffene merken das an einer zunehmenden Atemnot unter Belastung.

Diagnosesicherung

Beim Abhören des Herzens fallen Klappenfehler durch charakteristische Herzgeräusche auf. Auch das EKG gibt oft Hinweise auf krankheitsbedingte Belastungen einzelner Herzhöhlen. Mit dem Belastungs-EKG prüft der Arzt, wie sich der Herzklappenfehler unter steigender körperlicher Aktivität auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Im Röntgenthorax gibt sich ein Herzklappenfehler oft anhand charakteristischer Änderungen der Herzform zu erkennen. Auch verkalkte Herzklappen zeigen sich dort.

Mit der transthorakalen Echokardiografie und transösophagealen Echokardiografie lässt sich die geschädigte Klappe direkt in Aktion beobachten. Anhand der Messung der Fließgeschwindigkeiten des Bluts im Herzen bestimmt der Arzt die Ausprägung des Klappenfehlers. Insbesondere wenn eine Klappenoperation ansteht, muss anhand einer Koronarangiografie geklärt werden, ob auch Herzkranzgefäßverengungen vorliegen und eine gleichzeitige Bypassoperation zu empfehlen ist.

Behandlung

Wichtig für den Patienten ist, sich nicht zu früh und nicht zu spät zur Operation zu entschließen. Wenn keine Beschwerden vorliegen, werden häufig zunächst Kontrolluntersuchungen in 6- bis 12-monatigem Abstand durchgeführt und die Herzfunktion wird weiter beobachtet. Eine Ausnahme von dieser Regel stellt die Aortenklappenstenose dar, bei der tendenziell früh operiert wird, weil der Verlauf der Erkrankung unberechenbar ist.

Die besten Langzeitergebnisse und die geringsten Operationsrisiken sind gegeben, wenn die Pumpfunktion des Herzens zum Operationszeitpunkt noch nicht wesentlich nachgelassen hat und die entstandenen Schäden am Herzen noch rückbildungsfähig sind. Leider sterben ~ 3 % der Patienten bei der OP – das geringste Risiko besteht bei Klappenersatz wegen Aortenklappenstenose und bei Rekonstruktionen der Mitralklappe. Bei schlechtem Allgemeinzustand (Übergewicht, Diabetes, KHK, hohes Alter) steigen die Operationsrisiken für den Einzelnen erheblich, deshalb zögert der Arzt bei diesen Patienten den Operationszeitpunkt so weit wie möglich hinaus.

Medikamentöse Überbrückung. Beschwerden einer Herzinsuffizienz (z. B. Herzrhythmusstörungen, zu schnellen Herzschlag oder Atemnot) behandeln die Ärzte bis zur notwendigen Operation medikamentös. Dabei setzen sie vor allem Diuretika ein, aber auch Betablocker und manchmal gefäßerweiternde Medikamente.

Behandlung der Mitralklappenstenose: Bei zunehmender Atemnot ersetzen die Ärzte die verengte Mitralklappe durch eine Klappenprothese oder dehnen sie mithilfe eines speziellen Ballonkatheters auf, wodurch sich die verklebten Mitralsegel lösen und die Klappenöffnungsfläche wieder größer wird. Durch diese Ballonvalvuloplastie wird die Mitralklappenoperation auf einen späteren Termin verschoben und kann manchmal sogar ganz entfallen.

Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz: Bei fortgeschrittener Mitralinsuffizienz ersetzen die Ärzte die defekte Mitralklappe durch eine Kunstklappe oder machen sie durch eine klappenerhaltende Reparaturoperation, eine Klappenrekonstruktion, wieder funktionstüchtig. Wenn der Klappenbefund eine Wahl der Operationsmethode zulässt, sollte die Klappenrekonstruktion dem Klappenersatz vorgezogen werden. Hier sind das Operationsrisiko, die Gefahr einer Thrombose oder Embolie und die Endokarditisrate niedriger. Außerdem bleibt nach der Operation die Pumpfunktion des Herzens besser erhalten. Bei normalem Sinusrhythmus kann nach einer Rekonstruktion auf gerinnungshemmende Medikamente verzichtet werden.

Ob eine Klappenrekonstruktion möglich ist, wird nicht von allen Herzchirurgen gleich beurteilt. Daher ist es sinnvoll, einen Herzchirurgen mit großer Erfahrung bei Klappenrekonstruktionen aufzusuchen.

Behandlung eines Mitralklappenprolaps: Bei einem Mitralklappenprolaps ohne Mitralinsuffizienz und ohne Verdickung der Mitralsegel genügen kardiologische Kontrolluntersuchungen in 3- bis 5-jährigen Abständen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind nicht erforderlich. Zeigen sich dagegen verdickte Mitralklappensegel oder eine Mitralklappeninsuffizienz, sind eine Endokarditisprophylaxe und häufigere Kontrolluntersuchungen (etwa alle 1–2 Jahre) nötig. Bei zunehmender Insuffizienz der Mitralklappe ist eine operative Klappenrekonstruktion oder ein Klappenersatz angebracht.

Behandlung bei Aortenklappenstenose: Treten Beschwerden auf oder ist die Pumpfunktion des Herzens reduziert, muss die Aortenklappe operativ ersetzt werden.

Behandlung bei Aortenklappeninsuffizienz: Eine Herzklappenoperation muss erfolgen, bevor unumkehrbare Schäden an der Kammer entstanden sind. Eine Klappenrekonstruktion ähnlich wie bei der Mitralklappeninsuffizienz ist hier selten möglich, in der Regel wird die Herzklappe ersetzt.

Operationsverfahren

Der Herzklappenersatz kann auf zwei Wegen erfolgen:

  • Chirurgisch als offene Herzoperation über das eröffnete, also aufgesägte, Brustbein. Hier schließen die Ärzte den Patienten während der Operation an eine Herz-Lungen-Maschine an und operieren das vorübergehend stillgelegte Herz im Brustkorb. Vorteil dieser Methode ist, dass der Patient, wenn nötig, auch zugleich mit einem Bypass versorgt werden kann (Bypass-Operation).
  • Interventionell über den Herzkatheter. Bei der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) schieben die Ärzte mit dem Katheter eine gefaltete Herzklappe in das Herz vor, entfalten sie und verankern sie im Klappenring. Vorteil dieses minimal-invasiven Verfahrens ist, dass es auch bei Patienten mit hohem Operationsrisiko möglich ist, empfohlen wird das Verfahren deshalb vor allem für Patienten über 85 Jahre. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie fordert allerdings, dass während der Operation ein herzchirurgisches Team erreichbar ist, sodass man bei Komplikationen jederzeit auf die offene Operation zurückgreifen kann.

Herzklappenprothesen

Die Entwicklung von mechanischen und biologischen Herzklappenprothesen hat die Behandlungsmöglichkeiten erheblich verbessert:

  • Mechanische Herzklappenprothesen bestehen aus künstlichen Materialien, meist aus Kunststoff. Sie imitieren die Klappenfunktion durch Doppelflügel, Kippscheiben oder Kugelventile. Diese Klappen halten praktisch lebenslang. Sie haben aber den Nachteil, dass dauerhaft eine Gerinnungshemmung (z. B. mit Marcumar®) notwendig ist, weil sich sonst an den künstlichen Materialien Blutgerinnsel bilden. Oft nimmt der Patient die Bewegung der Kunstklappe als klickendes Geräusch wahr.
  • Biologische Herzklappenprothesen werden aus Schweine- oder Rindergewebe gefertigt. Sehr begrenzt stehen auch gespendete menschliche Herzklappen zur Verfügung. Der Vorteil biologischer Herzklappenprothesen ist, dass eine dauerhafte Gerinnungshemmung überflüssig ist – in der Regel müssen die Patienten nur etwa 3 Monate lang gerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Nachteil der biologischen Herzklappenprothesen ist jedoch, dass diese nur etwa 10–15 Jahre halten.

Es gilt also abzuwägen, was vorteilhafter ist: Entweder steht die Vermeidung einer schwerwiegenden Blutung oder die möglichst lange Haltbarkeit der Klappenprothese im Vordergrund. Was der Arzt letztlich empfiehlt, hängt von Begleiterkrankungen, Lebensalter, Lebensqualität, aber auch den Hobbys und beruflichen Interessen der Patienten ab.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Wurden bei Ihnen Schäden an den Herzklappen festgestellt oder neue Herzklappen eingepflanzt, beachten Sie die Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe. Sie vermeiden damit schwerwiegende Komplikationen. Sportliche Aktivitäten und schwere körperliche Belastungen müssen Sie mit dem Arzt absprechen.
  • Achten Sie bei mechanischen Herzklappenprothesen sorgfältig auf eine gut eingestellte Gerinnungshemmung und nehmen Sie die empfohlenen Kontrolluntersuchungen wahr. Besonders bei Mitralklappenprothesen ist die Gefahr einer Gerinnselbildung groß, und die gerinnungshemmende Therapie ist daher besonders ernst zu nehmen.

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter