Gesundheit heute

Ödeme

Ödeme (Wassereinlagerungen, Wassersucht): Ansammlungen wässriger Flüssigkeit im Gewebe mit (meist) sichtbaren Schwellungen an der Hautoberfläche, die nicht gerötet und nicht schmerzhaft sind. Sie treten lokal begrenzt oder über den ganzen Körper verteilt (generalisiert) auf. Ödeme sind keine Krankheit an sich, sondern Begleiterscheinung einer zugrunde liegenden, eventuell schweren Erkrankung. Wird diese therapiert, verschwinden die Ödeme meist wieder. Um die Ausscheidung der Flüssigkeit aus dem Gewebe zu unterstützen, verordnen die Ärzte häufig Entwässerungstabletten (Diuretika).

Ödeme in Armen und Beinen nennt der Arzt periphere Ödeme. Dazu gehört auch die spezielle Form der Ödeme, das Lymphödem. Im Gegensatz zu den in diesem Beitrag besprochenen peripheren Ödemen gibt es auch die bedrohlichen inneren Ödeme wie Hirnödem, Lungenödem, Aszites und Pleuraerguss (siehe jeweils dort).

Symptome und Leitbeschwerden

  • Geschwollene Knöchel, Schwellungen an den Schienbeinen oder im Gesicht (je nach Ursache)
  • Bei bettlägerigen Patienten: Schwellung der Steißbeinregion
  • Rasche Gewichtszunahme
  • Manchmal nächtliches Wasserlassen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich die Ödeme nicht über Nacht von selbst zurückbilden.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Bei einem ausgeglichenen Wasserhaushalt herrscht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Flüssigkeitsausstrom aus den Kapillaren und dem Flüssigkeitseinstrom in diese hinein, d. h. es tritt Flüssigkeit im gleichen Maße in das umliegende Gewebe aus (Filtration) wie aus dem Gewebe in die Kapillaren zurückströmt (Reabsorption). Pro Tag gelangen circa 20 Liter Flüssigkeit durch die Kapillarwände in das umgebende Gewebe, 18 Liter davon fließen direkt über die Venen wieder in das Gefäßsystem und 2 Liter strömen indirekt durch das Lymphsystem zurück. Bei Ödemen ist dieses Verhältnis gestört und es tritt zuviel Flüssigkeit aus den Kapillaren aus. Die Flüssigkeit kann nicht vollständig zurückströmen und sammelt sich daher als Ödem im Gewebe.

Ursachen und Risikofaktoren

Es gibt viele Ursachen, warum sich Flüssigkeiten in das Gewebe einlagern. Oft kommen sie auch kombiniert vor. Typische zugrunde liegende Mechanismen sind hierbei:

  • Erhöhung des hydrostatischen Drucks, d. h. der nach außen gerichteten Kräfte des Bluts auf die Kapillarwände. Durch den erhöhten Druck wird Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umliegende Gewebe gepresst. Typische Beispiele dafür sind Ödeme bei Herzinsuffizienz, hier staut sich das Blut vor dem Herzen, nach venösen Thrombosen oder bei chronisch venöser Insuffizienz
  • Erniedrigung des kolloidosmotischen Drucks, da zu wenig Eiweiß (Albumin) im Blut ist, z. B. beim nephrotischen Syndrom oder der Leberzirrhose. Beim Gesunden sorgen die kleinen Eiweißbausteine im Blut für ein ausgeglichenes Druckverhältnis zwischen Kapillaren und angrenzendem Gewebe, sie halten die Flüssigkeit sozusagen im Gefäß. Ist zu wenig Albumin vorhanden, wandert die nicht gehaltene Flüssigkeit in das Gewebe ab
  • Verringerte Wasserausscheidung durch eine verminderte Nierendurchblutung, z. B. bei einer Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz)
  • Erhöhte Durchlässigkeit der Kapillarwände, beispielsweise bei Allergien oder Entzündungen
  • Störung des Abflusses der Lymphe, wenn die Lymphbahnen verlegt sind, z. B. infolge von Tumoren (Lymphödem)
  • Medikamente wie Kortison, Antidepressiva oder Kalziumantagonisten bringen manchmal die Bildung von Ödemen mit sich.

Lokalisation und Verlauf

Der Arzt unterscheidet zwischen generalisierten und lokalisierten sowie akuten und chronischen Ödemen. Typisch für ein generalisiertes Ödem ist z. B. der Eiweißmangel, da die Eiweißbausteine im Blut über den gesamten Körper verteilt fehlen. Typisch für ein lokalisiertes Ödem sind z. B. angeschwollene Lippen bei einer Nahrungsmittelallergie.

  • Akute generalisierte Ödeme treten auf bei akuter Herzinsuffizienz und akutem Nierenversagen
  • Chronische generalisierte Ödeme treten auf bei chronischer Herzinsuffizienz, chronischer Niereninsuffizienz, Leberzirrhose
  • Akute lokalisierte Ödeme treten auf bei allergischen Reaktionen (z. B. das Quincke-Ödem, bei Verbrennung oder Entzündung
  • Chronische lokalisierte Ödeme treten auf beim Lymphödem, chronisch venöser Insuffizienz, postthrombotischen Syndrom.

Diagnosesicherung

Ödeme erkennt der Arzt leicht anhand der charakteristischen Schwellungen. Zur Behandlung muss er nach der zugrunde liegenden Erkrankung fahnden und diese entsprechend therapieren.

Dazu veranlasst er Blutuntersuchungen, um eine Nierenschädigung bzw. Störungen im Vitamin- und Mineralstoffhaushalt auszuschließen (Übersicht zu Vitaminen und Mineralstoffen). Es folgen Urinuntersuchungen, um ein mögliches nephrotisches Syndrom zu identifizieren. Eine Flüssigkeitsbilanz ist notwendig, um herauszufinden, ob mehr Flüssigkeit aufgenommen als ausgeschieden wird.

Außerdem röntgt der Arzt auch den Brustkorb, um Herz und Lunge zu prüfen und innere Ödeme nicht zu übersehen (Pleuraerguss). Per Ultraschall betrachtet er den Bauchraum, um eine Bauchwassersucht, Aszites, sowie eine Leberzirrhose auszuschließen. Ergänzend prüft er die Herzleistung mit einer Echokardiografie.

Weitere Untersuchungen hängen davon ab, welche Verdachtsdiagnose der Arzt nach der anfänglichen Untersuchung stellt.

Differenzialdiagnose. Angeschwollene Gliedmaßen finden sich z. B. auch bei der tiefen Beinvenenthrombose, bei inneren Hämatomen oder beim Lipödem.

Behandlung

Ödeme verschwinden in der Regel bei Behandlung der auslösenden Ursache von selbst. Das trifft vor allem auf akute lokalisierte Ödeme im Rahmen von Verbrennungen, Entzündungen oder allergischen Reaktionen zu. Auch bei den chronischen Ödemen steht die Therapie der Grunderkrankung, z. B. des Nierenversagens oder der Herzinsuffizienz im Mittelpunkt. Häufig muss der Arzt das Ausschwemmen der Flüssigkeit jedoch zusätzlich mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen.

  • Bei ausgeprägten Ödemen verabreicht der Arzt Medikamente zur Entwässerung (Diuretika), um die angestauten Flüssigkeitsansammlungen aus dem Gewebe auszuschwemmen. Diese sind sehr wirksam und auch nebenwirkungsarm, sodass sie oft auf Dauer verordnet werden, und zwar gerade dann, wenn sich die Ödemursachen nicht beseitigen lassen, z. B. bei Herzinsuffizienz. Gelegentliche Elektrolytkontrollen (Blutuntersuchung auf Natrium, Kalium und Chlorid) sind jedoch erforderlich.
  • Ödeme, die als Begleiterscheinung von tiefen Beinvenenthrombosen auftreten, behandelt man mit Kompressionsstrümpfen.
  • Ist der Eiweißgehalt an Albumin im Blut sehr gering, verabreicht der Arzt je nach Ursache des Eiweißmangels Infusionen mit Albumin.
  • Beim Lymphödem sind vor allem Hochlagern, Kompression und Lymphdrainage angesagt (Näheres zur Therapie unter Lymphödem).

Für Patienten mit Ödemen besteht generell ein erhöhtes Risiko für Thrombosen, daher verordnet der Arzt häufig gerinnungshemmende Medikamente.

Ihr Apotheker empfiehlt

Leichtere, venöse Ödeme während der Schwangerschaft und kurz vor der Monatsblutung haben keinen Krankheitswert. Auch venöse Ödeme durch langes Stehen sind meist harmlos und bilden sich nach längerem Liegen wieder zurück (z. B. über Nacht). Sollte dies nicht eintreten, suchen Sie Ihren Hausarzt auf, denn das Ödem weist auf eine Störung im Wasserhaushalt hin und kann Folge einer ernstzunehmenden Erkrankung sein.

Was Sie selbst tun können

  • Hat Ihnen der Arzt Kompressionsstrümpfe verordnet, tragen Sie diese – auch wenn es unbequem ist.
  • Wechseln Sie häufig die Position der Beine, lagern sie sie zwischendurch immer mal wieder hoch, um bei Beinschwellungen den Abfluss aus dem Gewebe zu verbessern.

Wenn Sie Diuretika einnehmen

  • Überprüfen Sie anfangs täglich, später mindestens wöchentlich Gewicht und Blutdruck (zur Kontrolle des Wasserverlusts).
  • Nehmen Sie die Tabletten am besten morgens ein, um die Nachtruhe so wenig wie möglich zu stören.
  • Achten Sie auf Nebenwirkungen – besonders auf Herzstolpern und Muskelkrämpfe.
  • Achten Sie bei sei starkem Schwitzen, Fieber oder Durchfall auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten.
  • Halten Sie die mit dem Arzt besprochene Trinkmenge sorgfältig ein.
  • Für Diabetiker: Kontrollieren Sie zu Beginn der Therapie mit Diuretika den Blutzucker häufiger – Diuretika können den Glukosespiegel im Blut erhöhen.
  • Vorsicht mit Lakritz: Ein sehr hoher Lakritzkonsum kann die Wirkung von Diuretika steigern und zu einem Kaliummangel führen.
  • Nehmen Sie Kalium- und Vitamin-D-Präparate nur in Absprache mit dem Arzt ein.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Eine Reihe von Studien belegen, dass Rosskastaniensamenextrakt zur Behandlung von Ödemen bei chronisch venöser Insuffizienz effektiv ist, vor allem wenn die Anwendung über mehrere Monate erfolgt. Verfügbar sind standardisierte Fertigpräparate zur Einnahme (z. B. Aescorinforte® Kapseln, Aescusan® Filmtabletten, Perivar® Rosskastanien Retardtabletten). Für Patienten, die Rosskastaniensamen nicht vertragen, sind eventuell Fertigarzneien auf der Basis von Mäusedornwurzel (z. B. Phlebodril mono® Kapseln) eine Alternative.

Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Beim Entwässern auf Natrium achten

Vor allem zu Beginn einer Entwässerungstherapie sollte gut auf Nebenwirkungen geachtet werden.

Beim Entwässern auf Natrium achten

Vorsicht mit Diuretika

Entwässerungsmittel werden bei vielen Erkrankungen eingesetzt. Eine Wirkstoffgruppe, die Thiazide, führt häufig zu einem Natriummangel im Blut. Und das vor allem zu Beginn der Therapie.

Von Müdigkeit bis Koma

Ob Wasser in den Beinen (Ödeme), Bluthochdruck oder Herzschwäche: Bei all diesen Erkrankungen gehört es zur Therapie, Flüssigkeit über die Niere aus dem Körper auszuschwemmen. Neben anderen Entwässerungsmitteln (Diuretika) werden dafür häufig Thiazide eingesetzt. Sie führen dazu, dass die Niere vermehrt Natrium und dadurch auch vermehrt Wasser ausscheidet.

Wie alle Medikamente haben auch Thiazide Nebenwirkungen. Die häufigsten betreffen den Elektrolythaushalt. Durch die gesteigerte Ausscheidung von Natrium droht ein Natriummangel, der sich auf verschiedene Arten bemerkbar macht. So kommt es bei den Betroffenen zu Müdigkeit und Lethargie, die vor allem bei älteren Patient*innen häufig zu Stürzen führen. Ist der Mangel an Natrium sehr ausgeprägt, drohen Muskelkrämpfe und Krampfanfälle, im schlimmsten Fall sogar ein Koma.

Risiko fast verdreifacht

Wie oft es zu einem Natriummangel unter einer Thiazidtherapie kommt, hat eine dänische Arbeitsgruppe untersucht. Sie verglich in zwei Studien die Auswirkung einer Hochdrucktherapie auf den Natriumhaushalt. Die mehr als 170 000 Patient*innen bekamen entweder ein Hochdruckmedikament allein oder ein Hochdruckmedikament plus Thiazid.

Das Risiko für einen Natriummangel wurde durch eine Therapie mit einem Thiazid fast verdreifacht. Am höchsten war es in den ersten Monaten der Behandlung. Auch die Dosis des Diuretikums war entscheidend: Je höher die tägliche Einnahmemenge, desto häufiger war der Natriummangel. Einen weiteren Einfluss hatte das Alter der Patient*innen: Mit den Jahren stieg das Risiko kontinuierlich an.

Bei Warnzeichen zur Ärzt*in

Diese Studie zeigt, dass man vor allem zu Beginn einer Behandlung mit Thiaziddiuretika aufmerksam sein sollte. Ärzt*innen müssen regelmäßig den Natriumspiegel im Blut messen. Und für Patient*innen ist es wichtig zu wissen, welche Beschwerden auf einen Natriummangel hindeuten. Bei einer unerklärbaren Müdigkeit oder Muskelkrämpfen sollten sie unverzüglich die Hausärzt*in informieren bzw. aufsuchen.

Quelle: Annals of Internal Medicine

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Viacheslav Iakobchuk / Alamy / Alamy Stock Photos