Gesundheit heute

Herzinsuffizienz, chronische

Herzinsuffizienz (Herzschwäche): Herabgesetzte Herzleistung mit der Folge verminderter Blutversorgung von Lunge, Muskulatur und allen anderen Organen sowie mehr oder weniger eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit.

Einer Herzinsuffizienz liegen Erkrankungen des Herzens oder anderer Organe wie z. B. den Gefäßen oder der Schilddrüse zugrunde. Im Gegensatz zur rasch entstehenden akuten Herzinsuffizienz, z. B. in den ersten Stunden und Tagen nach einem Herzinfarkt, entwickelt sich die viel häufigere chronische Herzinsuffizienz langsam, über Monate bis Jahre hinweg.

Die chronische Herzinsuffizienz ist überwiegend eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Mit 65 Jahren leiden etwa 2 % der Bevölkerung daran, bei über 80-Jährigen sind es bereits 10 %. Durch die steigende Lebenserwartung und die besseren Behandlungsmöglichkeiten von früher tödlich verlaufenden Herzerkrankungen nimmt die Häufigkeit der chronischen Herzinsuffizienz stetig zu. Von schweren Formen abgesehen sind die Behandlungsmöglichkeiten gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Müdigkeit, Erschöpfung, Leistungsschwäche
  • Verwirrtheit, Aufmerksamkeitsstörungen
  • Zunehmende Atemnot oder Herzstolpern bei körperlicher Belastung wie langen Spaziergängen oder Treppensteigen
  • Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen) vor allem sichtbar an den Unterschenkeln
  • Häufiges nächtliches Wasserlassen (Nykturie: eingelagerte Flüssigkeit kann nachts besser ausgeschieden werden)
  • Auffällig hervortretende Halsvenen.

Im fortgeschrittenen Stadium auch:

  • Atemnot oder Husten im Liegen mit Besserung nach dem Aufstehen
  • Nächtliches Erwachen wegen Atemnot, asthma-ähnliche Atemgeräusche ("Pfeifen" bei der Ausatmung), blaue Lippen.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • die körperliche Leistungsfähigkeit beunruhigend abnimmt.
  • bei alltagsüblicher Belastung (wie Treppensteigen über zwei Etagen) eine bisher nicht gekannte Atemnot auftritt.
  • sich Ödeme an den Unterschenkeln mit länger anhaltenden Druckdellen im Gewebe zeigen.

Heute noch, wenn

  • es zu anhaltendem Herzstolpern kommt.
  • das Atmen im Liegen schwerer fällt als im Sitzen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Lässt die Herzkraft nach, so wird nicht mehr genug Blut in die Schlagadern von Lungen- oder Körperkreislauf gepumpt. Zugleich staut sich das nicht weiter transportierte Blut vor dem Herzen zurück – je nach Herzkammer (Rechtsherz- oder Linksherzbelastung) mit unterschiedlichen Auswirkungen.

Linksherzinsuffizienz (Linksherzschwäche): Wenn die Pumpleistung der linken Herzkammer nachlässt, staut sich das Blut in die Lungengefäße zurück. Durch den Blutstau tritt Flüssigkeit aus den Lungengefäßen ins Lungengewebe über und es kommt zum Lungenödem ("Wasser in der Lunge"). Erkennbar wird dies an Husten und Atembeschwerden, vor allem im Liegen, mit asthma-ähnlichen Atemgeräuschen (Asthma cardiale). Die Minderdurchblutung des Körpers beeinträchtigt die Muskulatur mit der Folge von Kurzatmigkeit und Leistungsschwäche bei körperlichen Anstrengungen, in ausgeprägten Fällen färbt der Mangel an Sauerstoff die Lippen blau-violett (Zyanose).

Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche): Die rechte Herzkammer befördert das venöse Blut des Körpers in den Lungenkreislauf. Wenn ihre Pumpkraft nachlässt, staut sich das Blut in den venösen Blutgefäßen des Körperkreislaufs. Bei der Rechtsherzinsuffizienz entwickeln sich in erster Linie gestaute Halsvenen, Flüssigkeitseinlagerungen in den Beinen, vor allem den Unterschenkeln (Beinödeme), eine geschwollene Leber, Bauchwassersucht (Aszites) oder auch eine Entzündung der Magenschleimhaut.

Ursachen und Risikofaktoren:

Als Ursache für eine chronische Herzinsuffizienz kommt eine Vielzahl an Erkrankungen in Frage. Die Ärzt*in unterscheidet zum einen Grunderkrankungen des Herzens, allen voran

  • Koronare Herzkrankheit
  • Kardiomyopathien
  • Herzmuskelentzündungen
  • Herzklappenerkrankungen
  • Herzrhythmusstörungen

sowie Grunderkrankungen außerhalb des Herzens, die die Herzleistung stark beeinträchtigen, darunter am häufigsten

  • Langjährig schlecht eingestellter Bluthochdruck
  • Blutarmut
  • Hormonstörungen der Schilddrüse, Nebenniere oder auf Ebene der Steuerhormone
  • Medikamentennebenwirkungen (z. B. Antidepressiva, Zytostatika)
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Lungenerkrankungen.

Diagnosesicherung

Der Arzt muss vor allem die auslösende Ursache für die Herzinsuffizienz finden, da hiervon die Art der Therapie abhängt. Entscheidend ist neben der Krankengeschichte der Patient*in eine sorgfältige körperliche Untersuchung. Die weitere Diagnostik umfasst:

  • Laborwerte zum Nachweis und zur Verlaufskontrolle einer Herzinsuffizienz. Die wichtigsten sind die natriuretischen Peptide. Das Brain natriuretic Peptide (BNP) und sein N-terminales Ende NTproBNP haben die Diagnostik der Herzinsuffizienz beschleunigt und sicher gemacht.
  • Die Echokardiografie zeigt Auffälligkeiten am Herzen und den angrenzenden großen Gefäßen. Die Pumpfunktion, die Blutströme im Herzen und die Herzklappen sind einfach und schnell zu beurteilen. Die Echokardiografie eignet sich auch für Verlaufskontrollen.
  • Der Röntgenthorax offenbart die Herzgröße und ermöglicht die Suche nach Lungenstauung, Pleuraergüssen, Verkalkungen an Herzklappen, Gefäßen oder am Herzbeutel.
  • Das EKG nützt bei einer chronischen Herzinsuffizienz oft wenig, weil das Ruhe-EKG nur diskrete Veränderungen zeigt und ein Belastungs-EKG unter ausreichender Belastung nicht durchführbar ist; am ehesten zeigt das Langzeit-EKG Herzrhythmusstörungen.
  • Eine Herzkatheteruntersuchung ist oft unvermeidbar, wenn eine KHK oder eine Erkrankung der Lungengefäße als Ursache vermutet wird. Bei Verdacht auf eine KHK hilft dem Arzt als Alternative zum Herzkatheter auch eine Stress-Echokardiografie weiter.
  • Bei schwerer Herzinsuffizienz ist die Ergospirometrie besonders zur Beurteilung des Leistungsvermögens im Verlauf geeignet. Bei dieser Untersuchung werden Belastungs-EKG und Messung der Atemarbeit kombiniert.
  • Mit dem Bauchultraschall untersucht der Arzt, ob eine Stauungsleber vorliegt.

Stadieneinteilung

In Abhängigkeit vom Ausmaß der Beschwerden wird nach Vorschlägen der New York Heart Association die Herzinsuffizienz in vier NYHA-Stadien eingeteilt (NYHA-Klassifikation):

  • Stadium I: Trotz nachweisbarer Herzerkrankung keine Beschwerden; im Alltag uneingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
  • Stadium II: Leistungseinschränkung und Beschwerden bei starker körperlicher Belastung (Treppensteigen über zwei Etagen, Wandern in unebenem Gelände); in Ruhe oder bei leichter Tätigkeit fühlen sich die Kranken aber wohl
  • Stadium III: Beschwerden schon bei alltäglicher leichter körperlicher Belastung wie Gehen auf ebener Strecke; Beschwerdefreiheit in Ruhe
  • Stadium IV: Beschwerden bereits in Ruhe; körperliche Tätigkeiten sind nicht möglich, ohne dass Beschwerden auftreten

Behandlung

Weil die Herzinsuffizienz zwar gut behandelbar, aber nicht heilbar ist, muss die Ärzt*in die optimale Medikamentenkombination unter den vielfältigen Therapiemöglichkeiten finden. Hierfür sind wiederholte Kontrolluntersuchungen notwendig. Eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist deshalb unabdingbar.

Basismaßnahmen

Wichtigste Basismaßnahmen sind angepasstes körperliches Training, Kontrolle von Salz- und Flüssigkeitszufuhr, Gewichtsreduktion bei Übergewicht (BMI > 30) und der Verzicht auf das Rauchen. Hilfreiche Tipps zum Umsetzen dieser Maßnahmen siehe unten unter "Was Sie selbst tun können".

Pharmakotherapie

Für die meist lebenslänglich notwendige medikamentöse Therapie bei chronischer Herzinsuffizienz gibt es eine ganze Reihe unterschiedlich wirkender Arzneimittel. Sie werden abhängig von der Grunderkrankung und dem Schweregrad eingesetzt.

  • ACE-Hemmer oder alternativ AT1-Blocker (Sartane) erweitern das eng gestellte Gefäßsystem. ACE-Hemmer werden als Basistherapie ab NYHA-Stadium I eingesetzt, Sartane verordnet die Ärzt*in, wenn die Patient*in ACE-Hemmer nicht verträgt.
    • Die wichtigsten ACE-Hemmer sind Captopril, Enalapril, Fosinopril und Ramipril.
    • Zu den bekannten AT1-Blockern gehören Candesartan, Valsartan und Losartan.
    • Entresto® ist eine Fixkombination aus dem AT1-Blocker Valsartan und dem Neprilysin-Hemmer Sacubitril. Dadurch soll besonders das Enzyms Neprilysin gehemmt werden. Entresto® fördert die Ausscheidung von Natrium über die Nieren und verbessert die Gefäßweitung. Es wird ab dem NYHA-Stadium II als Ersatz für ACE-Hemmer empfohlen, wenn diese nicht wie gewünscht wirken.
  • Nitrate wie Glyceroltrinitrat und Isosorbiddinitrat werden vor allem zur Behandlung von Akutsituationen eingesetzt, zum Beispiel bei einem Angina-pectoris-Anfall. In Form rasch wirksamer Sprays oder Zerbeißkapseln weiten sie innerhalb weniger Minuten die Herzkranzgefäße, sodass sich die Durchblutung des Herzens verbessert und die Druckbelastung des Herzens abnimmt. In der Langzeittherapie kommen Nitrate nur bei Unverträglichkeit der Standardmedikation zum Einsatz.
  • Betablocker wie z. B. Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol beeinflussen das vegetative Nervensystem und schützen das Herz vor zu schnellem Herzschlag. Sie werden je nach Bedarf ab NYHA-Stadium II eingesetzt. Betablocker verbessern nachgewiesenermaßen die Prognose bei Herzinsuffizienz.
  • Ivabradin senkt die Herzfrequenz. Es kommt zum Einsatz, wenn Beta-Blocker nicht vertragen werden oder trotz Betablockergabe die Herzfrequenz über 75/min bleibt.
  • Digitalis ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der aus dem Roten Fingerhut bzw. anderen Fingerhüten gewonnen wird, z. B. Digoxin, Digitoxin. Die richtige Dosis ist schwierig zu finden – Unterdosierungen sind wirkungslos, und Überdosierungen führen schnell zu Herzrhythmusstörungen und Vergiftungserscheinungen. Digitalis wird daher nicht mehr so häufig verordnet. Am ehesten kommt Digitalis in den NYHA-Stadien III und IV zum Einsatz, wenn der Patient einen zu schnellen Herzschlag hat, der sich mit anderen Mitteln nicht reduzieren lässt.
  • Diuretika entwässern den Körper und führen zu einer erhöhten Urinausscheidung. Einfache Diuretika werden ab NYHA-Stadium I eingesetzt, ab NYHA-Stadium II greift der Arzt zu speziellen Aldosteronantagonisten (Spironolacton oder Eplerenon), bei denen dem Körper weniger Kalium verloren geht als bei anderen Diuretika. Aldosteronantagonisten werden zu ACE-Hemmern und Beta-Blockern dazu gegeben.
  • Umstritten ist, ob bei chronischer Herzinsuffizienz im NYHA-Stadium III–IV auch eine Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten (z. B. mit Marcumar®) erfolgen soll, um eine Blutgerinnselbildung im Herzen zu vermeiden. Besonders gefährdet dafür sind Patienten mit sehr schlecht pumpendem Herzen.

Implantierbarer Defibrillator (ICD)

Bestehen anhaltende gefährliche Herzrhythmusstörungen (ventrikuläre Tachykardien), die zu plötzlichem Herztod führen können, wird die vorbeugende Versorgung mit einem speziellen defibrillierenden Herzschrittmacher (ICD) empfohlen, der diese Herzrhythmusstörungen erkennt und automatisch beendet.

Operative Behandlung

Bevor lebenslang Medikamente verordnet werden, muss der Arzt zunächst versuchen, die auslösende Grundkrankheit der Herzinsuffizienz zu behandeln. So lässt sich eine Herzinsuffizienz bereits durch den alleinigen Einsatz eines Herzschrittmachers oder einer künstlichen Herzklappe beseitigen oder durch eine Gefäßaufdehnung oder Bypass-Operation deutlich bessern.

Ist die Pumpfunktion des Herzens so schlecht geworden, dass trotz aller Therapiebemühungen die Atemnot weiter zunimmt (entspricht NYHA-Stadium IV), so bieten spezialisierte Zentren folgende Therapiemöglichkeiten an:

  • Biventrikuläre Herzschrittmachertherapie (kardiale Resynchronisationstherapie): Die gleichzeitige elektrische Schrittmacherstimulation von linker und rechter Herzkammer verbessert die Pumpfunktion des Herzens bei bestimmten Formen der Reizleitungsstörung und erhaltenem Sinusrhythmus.
  • Herz-Unterstützungssystem (assist device) oder Kunstherz-Implantation: Die Pumpfunktion des Herzens wird durch mechanische Pumpen unterstützt oder ersetzt. Dies erfordert einen hohen Betreuungsaufwand und dient meist nur als Überbrückung bis zur Herztransplantation.
  • Herztransplantation.

Herztransplantation: Eine Herztransplantation wird bei schwerster Herzinsuffizienz empfohlen, wenn alle anderen Therapiemaßnahmen erschöpft sind und keine sonstigen schweren Begleiterkrankungen wie Tumoren, chronische Infekte, Leber- und Nierenfunktionsstörungen, psychische Störungen oder ausgeprägte Verkalkungen wichtiger Gefäße bestehen.

In Deutschland werden derzeit jährlich etwa 250 Herzen verpflanzt. Etwa 5 % der Herztransplantierten sterben wegen akuter Komplikationen im Zusammenhang mit der Operation. Die Überlebensrate nach 1 Jahr liegt bei etwa 80 %, nach 5 Jahren bei 70 % und nach 10 Jahren bei 50 %. Die Herztransplantation ist damit allen anderen Therapieverfahren bei schwerster Herzinsuffizienz (NYHA IV) überlegen. Die meisten Patienten bewerten die Lebensqualität nach einer Herztransplantation positiv, 90 % von ihnen sind dadurch wieder in der Lage, ein aktives Leben zu führen.

Längerfristig ist der Erfolg der Herztransplantation durch die Folgen der künstlichen Unterdrückung der Abwehr des Körpers (Immunsuppression) gefährdet. Trotzdem lassen sich Abstoßungsreaktionen des Transplantats nicht vollständig unterdrücken. Durch die chronische Abstoßungsreaktion (Transplantat-Vaskulopathie) verändern sich z. B. mit der Zeit die Herzkranzgefäße, deshalb wird, neben zwei bis vier ambulanten Kontrolluntersuchungen, jährlich eine Herzkatheteruntersuchung in dem betreuenden Herztransplantationszentrum durchgeführt.

Eine Immunsuppression ist lebenslang notwendig. Zum Einsatz kommen dabei meist Dreierkombination, z. B. mit den Wirkstoffen Tacrolimus, Mycophenolat, Cyclosporin und Prednisolon. Die richtige Dosierung der Medikamente wird durch regelmäßige Messung der Blutspiegel überwacht. Wahrscheinlich aufgrund der dauerhaften Immunsuppression erkranken langfristig etwa 5–10 % der Herztransplantierten an einem Tumor (insbesondere Hauttumoren und Lymphome).

Prognose

Eine chronische Herzinsuffizienz war noch vor 60 Jahren ein sicheres Todesurteil. Heute beeinflusst eine leichte und mittlere Herzinsuffizienz die Lebensqualität der meisten Patient*innen dagegen nur wenig. Eine höhergradige Herzinsuffizienz ist aber auch heute noch mit erhöhter Sterblichkeit verbunden. Tritt Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung auf (NYHA III), so sterben 25 % der Betroffenen innerhalb eines Jahres, bei Atemnot bereits in Ruhe (NYHA IV) sind es über 50 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Medikamente sind zwar der wesentliche Bestandteil der Herzinsuffizienztherapie – aber nur dann, wenn Sie Ihren Alltag an die Erkrankung anpassen, erreichen Sie eine zufriedenstellende Lebensqualität. Tun Sie alles, um ein Voranschreiten der Herzinsuffizienz in die gefährlichen Stadien NYHA III und IV hinauszuzögern! Folgende Punkte sind besonders wichtig:

Trinkmenge. Zuviel Flüssigkeitszufuhr belastet das Herz und verschlechtert die körperliche Leistung. Legen Sie deshalb zusammen mit Ihrer Hausärzt*in die geeignete Trinkmenge mit Hilfe einer Flüssigkeitsbilanz fest. Flüssigkeit wird neben dem Trinken auch in versteckter Form (z. B. mit Suppen, Gemüse, Salaten, Obst, Kompott oder Jogurt) aufgenommen. Durch tägliches Wiegen bemerken Sie rechtzeitig die Einlagerung von Flüssigkeit ins Gewebe. Insbesondere eine rasche Gewichtszunahme (z. B. 1 kg in 24 Stunden) spricht für ein Ungleichgewicht zwischen Flüssigkeitszufuhr und -ausscheidung.

Essen. Wenn Sie an Übergewicht leiden: Normalisieren Sie Ihr Gewicht. Dabei kann Ihnen die Herzinsuffizienz sogar helfen, denn sie führt wegen gestauter Venen im Magendarmtrakt auch zu Appetitlosigkeit. Tendieren Sie allerdings zu Untergewicht, müssen Sie auf eine ausreichende, leicht verdauliche, gesunde Ernährung achten.

Gehen Sie sparsam mit Kochsalz um, indem Sie stark gesalzene Nahrungsmittel meiden. Beim Essen nicht nachsalzen, auf Fertiggerichte und Konserven verzichten (weil diese stets mit viel Salz zubereitet werden), beim Selbstkochen Gewürzkräuter statt Kochsalz verwenden und natriumarmes Mineralwasser trinken.

Alkohol schädigt direkt den Herzmuskel, der Alkoholkonsum sollte deshalb minimiert werden. Bei alkoholbedingter Herzmuskelschädigung ist absoluter Alkoholverzicht eine Selbstverständlichkeit.

Rauchen. Rauchen schädigt die Herzkranzgefäße akut und auf Dauer, zudem verstärkt es die Atembeschwerden. Sie sollten deshalb möglichst bald aufhören; ärztliche Hilfe kann diesen Schritt erleichtern, beispielsweise durch Nichtraucherkurse auf verhaltenstherapeutischer Basis. Auch Akupunktur und Hypnose werden zur Raucherentwöhnung eingesetzt, allerdings mit fragwürdigem Effekt.

Bewegung. Auch wenn die chronische Herzinsuffizienz zu belastungsabhängiger Atemnot führt, ist ein leichtes Bewegungstraining hilfreich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. akute Herzmuskelentzündung) wird ein regelmäßiges, individuell angepasstes Training unter ärztlicher Aufsicht empfohlen, weil es die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber und erkundigen Sie sich, wo sich in Ihrer Nähe ärztlich begleitete Herzsportgruppen treffen. Im Stadium III der Herzinsuffizienz ist ein Bewegungstraining nur in eingeschränkter Form mit ausgiebigen Ruhephasen möglich. In Stadium IV beschränkt sich die Übungstherapie auf Umlagerungsübungen der Armen und Beine zur Thrombosevermeidung.

Schlafen. Schlafen mit erhöhtem Oberkörper entlastet das Herz – ab NYHA III sollten Sie es zur Regel machen.

Impfen. Nutzen Sie die Möglichkeit der jährlichen Grippeschutzimpfung, denn eine Lungenentzündung oder eine andere schwere Infektion kann Sie im wahrsten Sinne des Wortes das Leben kosten.

Reisen. Bedenken Sie bei der Urlaubsplanung, dass ein Aufenthalt in großer Höhe sowie heißes, schwüles Klima die Beschwerden der chronischen Herzinsuffizienz verstärken. Ab NYHA III sollte auch Ihr Urlaubsort über qualifizierte Ärzte verfügen.

Fahrtauglichkeit. Bei NYHA IV besteht Fahruntauglichkeit (und auch Fluguntauglichkeit), bei NYHA III besteht bedingte Fahrtauglichkeit, solange der Zustand stabil ist.

Prävention

Sie können einer chronischen Herzinsuffizienz nur durch konsequente Behandlung der auslösenden Grunderkrankungen und durch Minimieren der Risikofaktoren vorbeugen. Viele Herzinsuffizienzen könnten verhindert werden, wenn der Bluthochdruck gut eingestellt wäre und die Risikofaktoren einer KHK gemieden würden.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Eine vieldiskutierte Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie sind Crataegus-Extrakte, die aus den Blüten und Blättern des Weißdorns hergestellt werden. Die Droge enthält als wirksame Bestandteile Flavonoide (sekundärer Pflanzenstoff) und Procyanidine. Ihre wichtigste herzwirksame Eigenschaft ist die Verbesserung der Kontraktionskraft und damit der Leistungsfähigkeit des Herzens, da die Flavonoide – ähnlich wie Extrakte aus dem Fingerhut (Digitalis), wenn auch in geringerem Maße – die Kalziumkonzentration in den Zellen erhöhen. Außerdem verringern Weißdornextrakte den Widerstand in den Blutgefäßen und verbessern so die Durchblutung in den Herzkranzgefäßen. In klinischen Studien wurden die typischen Symptome der leichten und mittleren Herzinsuffizienz (NYHA-Stadium I und II), z. B. Erschöpfung und Atemnot bei Belastung, damit gelindert. Therapeutische Erfolge sind allerdings nur zu erwarten, wenn standardisierte Fertigarzneimittel und keine Weißdornsäfte oder ähnliches eingesetzt werden. Sie garantieren die empfohlene Tagesdosis von 160–900 mg nativem Crataegus-Auszug.

Akupunktur. Die Akupunktur bessert zwar nicht die Schlagkraft des Herzens selbst, doch die typischen Symptome der chronischen Herzinsuffizienz. Das Nadeln von Punkten, die laut TCM allgemein Kraft geben und das Nervensystem beeinflussen, bessert die Skelettmuskelarbeit der Patient*innen, sodass sie beispielsweise länger zu Fuß gehen können und belastbarer sind.

Entspannungsverfahren. Tai Chi verbessert zwar nicht die physische Belastbarkeit der Patienten, dafür aber die Lebensqualität. Patienten, die in einer Studie an einem zwölfwöchigen Tai-Chi-Training teilnahmen, fühlten sich danach psychisch gesünder als Patienten, die kein Tai Chi machten. Auch motivierte das Trainingsprogramm die Patient*innen, künftig mehr Sport zu treiben.

Ansonsten kommen die gleichen komplementärmedizinischen Therapien wie bei KHK in Frage.

Weiterführende Informationen

  • www.herzstiftung.de – Internetseite der Deutschen Herzstiftung e. V. (Frankfurt), einem von Ärzten gegründeten gemeinnützigen Verein: Angeboten werden verschiedene Zeitschriften, Broschüren, Buchtipps sowie Hinweise auf Selbsthilfegruppen.
  • www.herzschwaeche-info.de – Internetseite des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg mit Rat und Hilfe für Betroffene und bundesweiten Adressen für Herzsportgruppen und Selbsthilfegruppen.

Von: Dr. med. Dieter Simon, Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter