Gesundheit heute

Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen (Herzstolpern): Zu schneller, zu langsamer oder unregelmäßiger Herzschlag aufgrund einer gestörten Erregungsbildung oder -ausbreitung im Herzen, mit oder ohne Beschwerden für die Betroffenen.

Herzrhythmusstörungen können jahrelang unbemerkt bleiben (sehr häufig), mit mäßigen oder an bestimmte Situationen gebundenen Beschwerden einhergehen (häufig) oder aber mit schweren Beeinträchtigungen bis hin zum plötzlichen Herztod verbunden sein (sehr selten). Sie treten sowohl bei Herzgesunden als auch bei Herzkranken auf. Ursachen sind angeborene oder erworbene Herzerkrankungen, aber auch psychische Erregung, Kaffee-, Nikotin- oder Alkoholgenuss sowie Schilddrüsenfunktionsstörungen und Störungen im Elektrolythaushalt.

Therapeutische Optionen bei Herzrhythmusstörungen sind beispielsweise Medikamente, die Implantation eines Herzschrittmachers oder eine Katheterablation.

Hinweis: Dieser Artikel gibt einen Überblick über die möglichen Beschwerden bei Herzrhythmusstörungen, die elektrischen Phänomene im Herz, die Diagnostik und die prinzipiellen Behandlungsmöglichkeiten. Einzelheiten zu den jeweiligen Herzrhythmusstörungen werden in den dazugehörenden Artikeln behandelt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Herzklopfen, Herzstolpern, Herzrasen
  • Kurze Ohnmachtsanfälle, Schwindelgefühl, Angstgefühl
  • Selten: Atemnot, Krampfanfälle, Bewusstlosigkeit
  • Sehr selten: Herz-Kreislauf-Stillstand.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • wiederholt Herzklopfen, Herzstolpern oder Herzrasen auftritt.

Sofort den Notarzt rufen, wenn

  • das Herzklopfen, Herzstolpern oder Herzrasen nicht mehr aufhört oder mit Angstgefühl, Schwindelbeschwerden oder Atemnot verbunden ist
  • Bewusstseinsstörungen auftreten, auch wenn diese nur vorübergehend sein sollten.

Die Erkrankungen

Herzrhythmusstörungen gehören zu den kompliziertesten Krankheiten in der gesamten Medizin. Um die Störungen besser zu verstehen, werden hier die wichtigsten Grundlagen der elektrophysiologischen Prinzipien im Herzen besprochen:

Elektrische Phänomene in unserem Herzen: Stromstöße, Taktgeber und Verteilerstrecken

Winzige Stromstöße entlang der Zellmembran einer Herzmuskelzelle ändern die elektrische Spannung zwischen Zellinnerem und -äußerem und geben der Herzmuskelzelle so den Befehl zum Zusammenziehen der Herzmuskelfaser. Ohne diese Stromstöße der Herzmuskelzellen könnte der Herzmuskel sich nicht zusammenziehen (kontrahieren) und damit kein Blut aus dem Herzen pumpen.

Damit eine geordnete Herzaktion entsteht, werden diese Stromstöße von einem zentralen Taktgeber gesendet: dem Sinusknoten. Der Sinusknoten ist ein etwa Olivenkern großes Areal im rechten Herzvorhof, dessen Zellen regelmäßig elektrische Signale erzeugen, die sie an die anderen Herzmuskelzellen weiterleiten. Der Sinusknoten ist der natürliche Schrittmacher des Herzens. Wenn er die Herzaktion bestimmt, spricht man vom Sinusrhythmus. Der Takt der Sinusknotenaktivität lässt sich stark vom vegetativen Nervensystem beeinflussen, daher führen z. B. psychische Erregungen zu schnellerem Herzschlag.

Die im Sinusknoten gebildete Erregung wird im Normalfall entlang von Verteilerstrecken, dem Erregungsleitungssystem aus speziellen Herzzellen, auf stets gleiche Weise über das gesamte Herz verteilt. Zunächst werden beide Vorhöfe zur Muskelkontraktion angeregt. Sodann passiert die Erregungswelle den Atrioventrikular-Knoten (AV-Knoten, Aschoff-Tawara-Knoten), der innerhalb der Vorhofscheidewand am Übergang vom Vorhof zur Kammer liegt. Danach teilt sich das Erregungsleitungssystem in zwei als Tawara-Schenkel bezeichnete Faserstränge, deren kleinste Fasern in die Muskulatur der Herzkammern ziehen und die Erregung dorthin weiterleiten.

Störungen

Sowohl bei der Erregungsbildung als auch bei der Erregungsausbreitung können Störungen auftreten. Eingeteilt werden die zahlreichen Herzrhythmusstörungen oft nach der Herzfrequenz und nach Ursprungsort:

Bradykarde Rhythmusstörungen, zu langsamer Herzschlag (< 60 Herzschläge/min). Zu den wichtigsten bradykarden Rhythmusstörungen gehören

  • im Vorhof: Sick Sinus Syndrom, Sinus-Atrialer Block (SA-Block)
  • im Reizleitungssystem: AV-Block, Schenkelblock.

Tachykarde Rhythmusstörungen mit zu schneller Herzfrequenz (≥ 100 Schläge/min bei Erwachsenen). Je nach ihrem Ursprung teilt man diese Arrhythmien in supraventrikuläre (in der Muskulatur der Vorhöfe entstehende) und ventrikuläre (in der Muskulatur der Herzkammern entstehende) Rhythmusstörungen.

  • Supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen. Zu den wichtigsten gehören
    • Vorhofflattern
    • Vorhofflimmern
    • Vorhofextrasystolen (supraventrikuläre Extrasystolen)
    • Paroxysmale Tachykardien
  • Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen

  • Ventrikuläre Extrasystolen
  • ventrikuläre Tachykardien
  • Kammerflattern
  • Kammerflimmern.

Beschwerden, Diagnose und Therapie der einzelnen Rhythmusstörungen werden in den jeweiligen Artikeln behandelt.

Ursachen der Störungen

Sind die Strukturen des Herzens z. B. durch Infarkt-Narben oder das Ausleiern von Muskelgewebe bei einem vergrößerten Herzen durch bestehende Kardiomyopathie geschädigt, kommt es leicht zu einer Beeinträchtigung der Erregungsleitung. Aber auch Sauerstoffmangel, also eine Ischämie, kann Herzrhythmusstörungen auslösen. Die häufigsten Ursachen für das Entstehen von Herzrhythmusstörungen sind deshalb

  • Erworbene Schädigungen des Herzmuskelgewebes (Fibrosen, Infarktnarben, Entzündungen) bei Kardiomyopathie, Aortenklappenstenose, Mitralklappenstenose, Herzmuskelentzündungen
  • Sauerstoffmangel aufgrund von Durchblutungsstörungen, z. B. bei akutem Koronarsyndrom oder Herzinfarkt
  • Degenerative Veränderungen am Sinusknoten oder im Reizleitungssystem
  • Medikamente (Herzglykoside, Antiarrhythmika, Betablocker, Diuretika)
  • Elektrolytstörungen (z. B. Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Veränderungen im Magnesium-Haushalt)
  • Lungenembolie
  • Schäden am Herzmuskelgewebe durch herzchirurgische Eingriffe
  • Angeborene Fehlbildungen (z. B. angeborener AV-Block oder angeborene zusätzliche Leitungsbahnen wie beim WPW-Syndrom)
  • Genetisch bedingte Erkrankungen z. B. mit Mutationen im Bereich der Kalium- und Natriumkanäle wie beim Brugada-Syndrom).

Diagnosesicherung

Neben der genauen Befragung, wann und wie sich die Beschwerden bemerkbar machen, werden die verschiedenen Herzrhythmusstörungen durch Tasten des Pulses, Abhören des Herzens, Bestimmung eines Pulsdefizits und durch das EKG erkannt. Außer dem Ruhe-EKG benötigt die Ärzt*in häufig auch ein Langzeit-EKG oder einen Ereignisrekorder.

Mit einem solchen Ereignis- oder auch Eventrekorder werden Rhythmusstörungen aufgezeichnet, die sich in der Praxis oder im Langzeit-EKG nicht erwischen lassen. Die Ärzt*in kann dann anhand der Daten die Art und das Ausmaß solcher Ereignisse bestimmen. Ereignisrekorder sind besonders hilfreich, wenn Betroffene immer wieder Beschwerden und Rhythmusstörungen verspüren.

Mehrere Systeme stehen zur Verfügung:

  • Externe, zeitweilige Überwachung: Hierbei drückt die Patient*in im Falle eines empfundenen Herzstolperns einen scheckkartengroßen Rekorder auf die Brust, damit das EKG über einige Minuten hinweg aufgezeichnet werden kann.
  • Externe, kontinuierliche Überwachung: Hier werden wie bei einem EKG Klebeelektroden angebracht und diese mit einem kleinen externen Rekorder, der ebenfalls aufgeklebt wird oder den die Patient*in bei sich trägt, verbunden. Dieser Rekorder zeichnet das EKG kontinuierlich auf, die Patient*in muss also nicht "aufpassen", ob sein Herz stolpert oder arhythmisch wird.
  • Implantierte, kontinuierliche Überwachung: Vermutet die Ärzt*in schwerwiegende, schwer erfassbare Rhythmusstörungen, rät sie häufig zur Implantation eines Eventrekorders unter die Haut. Diese Geräte zeichnen über einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren die Herzaktionen auf. Treten Rhythmusstörungen auf, speichert das Gerät diese Ereignisse. Außerdem kann die Patient*in die Aufzeichnung durch ein Handgerät manuell starten, sobald sie ein Herzstolpern bemerkt.

Manchmal treten Herzrhythmusstörungen vor allem bei körperlicher Anstrengung auf. In solchen Fällen kann die Ärzt*in die Rhythmusstörungen mit einem Belastungs-EKG aufdecken. In einigen Fällen ist zur Provokation von Herzrhythmusstörungen auch die Gabe bestimmter Medikamente (z. B. Atropin beim Sick Sinus Syndrom) oder eine Schrittmacherstimulation über einen Rechtsherzkatheter nötig.

In seltenen Ausnahmefällen wird die Diagnose durch eine EKG-Ableitung über spezielle Elektrodenkatheter, EPU gesichert, teilweise ist damit auch zugleich eine Behandlung, Katheterablation, möglich. Eine solche Untersuchung kann nur in einem kardiologischen Zentrum erfolgen. Eine weitere aufwendige Möglichkeit sind dreidimensionale Mapping-Systeme in Kombination mit einer dreidimensionalen MRT- oder CT. Hier wird mithilfe der Bildgebung und spezieller Messkatheter eine Art elektrophysiologische Landkarte des Herzens erstellt, mit der eventuelle Rhythmusstörungen noch genauer lokalisiert werden können.

Behandlungsmöglichkeiten

Je nach Ursache und Ausprägung stehen bei Herzrhythmusstörungen eine Reihe von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören neben Medikamenten, die jeweils bei den verschiedenen Herzrhythmusstörungen besprochen werden, vor allem folgende nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren:

Katheterablation (Elektroablation): Bei diesem Verfahren wird ein Katheter in die Oberschenkelvene eingeführt und unter Röntgenkontrolle bis zum Herzen vorgeschoben. Über die Katheterspitze werden dann durch Hitze (Hochfrequenzstrom) oder Kälte (sog. Kryoablation) diejenigen Areale gezielt verödet, die für die Entstehung oder Weiterleitung der Rhythmusstörungen verantwortlich sind.

Defibrillation und Elektrokardioversion. Bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kreisen Erregungswellen chaotisch innerhalb der Herzmuskulatur, wodurch keine geregelten Kontraktionen des Herzens mehr möglich sind und somit kein Blut mehr durch den Körper gepumpt werden kann (sog. funktioneller Herzstillstand). Hier kann ein massiver Stromstoß Abhilfe schaffen. Dieser Stromstoß wird von außen über zwei auf dem Brustkorb aufliegende Plattenelektroden verabreicht. Er erregt für einen kurzen Moment alle Herzmuskelzellen gleichzeitig. Damit sind alle elektrischen und auch alle mechanischen Aktionen im Herzen gestoppt. Als erstes Reizbildungszentrum erholt sich der Sinusknoten, dessen Erregungswellen sich jetzt über das gesamte Herz ausbreiten und somit wieder einen regelmäßigen, effektiven Herzschlag ermöglichen. Diese Elektroschock-Therapie wird im Rahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung als Defibrillation bezeichnet.

Als Elektrokardioversion kommt sie zum Einsatz, wenn noch wirksame Aktionen der Herzkammern vorhanden sind, z. B. wenn Vorhofflattern oder -flimmern in einen regelmäßigen Sinusrhythmus überführt werden soll. Dann wird der Stromstoß für eine optimale Wirkung sorgfältig geplant und über ein Steuergerät mit den EKG-Ableitungen koordiniert abgegeben. Die Kardioversion wird unter Kurznarkose durchgeführt.

Herzschrittmacher (Pacemaker). Der Schrittmacher ist bei vielen bradykarden Herzrhythmusstörungen eine Therapieoption. Er wird in der Regel an der rechten Brustseite unterhalb des Schlüsselbeins in einer Hauttasche über dem Brustmuskel implantiert und ist so auch leicht durch die Haut hindurch tastbar. Die Herzschrittmacher-Implantation wird meist in örtlicher Betäubung vorgenommen. An den Herzschrittmacher sind Kabel angeschlossen, die Schrittmacherelektroden. Sie werden bei der Implantation unter der Haut hindurch in eine freigelegte Vene am Schlüsselbein eingebracht und in das rechte Herz vorgeschoben. Diese Elektroden verhaken sich mit ihrer Spitze im Herzmuskel. So erreichen die Impulse des Herzschrittmachers die Herzmuskelzellen und breiten sich von dort über das gesamte Herz aus. Bei ungestörter Überleitung der Erregungswelle vom Vorhof auf die Kammer reicht bei Sinusknotenstillstand eine alleinige Stimulation im Vorhof aus, ein so genanntes Einkammer-Schrittmachersystem. Ist zusätzlich der AV-Knoten in seiner Funktion gestört, wird ein Zweikammer-Schrittmachersystem erforderlich, um neben dem Vorhof über eine zweite Elektrode auch die Herzkammer zu stimulieren. Auch die alleinige Kammererregung durch den Herzschrittmacher ist möglich, wenn die Erregungswellen der Vorhöfe die Kammern nicht erreichen.

Ein Herzschrittmacher muss nicht nur Impulse abgeben, sondern auch erkennen, ob das Herz eine Eigenaktion startet, und auf diese dann richtig reagieren. Denn nur dann, wenn die Kontraktionen von Herzvorhof und Herzkammer im richtigen zeitlichen Abstand erfolgen, gelingt ein wirksamer Herzschlag. Dies gewährleistet ein Mikroprozessor, mit dem heute jeder Schrittmacher ausgestattet ist und der individuell an die Bedürfnisse der Herzerkrankung angepasst wird.

Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD, auch AICD): Für die Dauerbehandlung gefährlicher schneller Rhythmusstörungen kommt ein sogenannter ICD in Betracht. Er erkennt die gefährlichen Herzrhythmusstörungen und beendet sie automatisch durch verschieden starke elektrische Impulse (Antitachykardiefunktion), wodurch wieder eine normale Herzschlagfolge hergestellt wird. Damit ist der ICD eine Behandlungsmöglichkeit für Patient*innen, die einen Herzstillstand wegen Kammerflimmerns überlebt haben oder bei denen trotz medikamentöser Therapie Kammerflimmern droht.

Ein ICD ist zwar etwas größer als ein Herzschrittmacher, wird aber wie dieser im Bereich der Brustmuskulatur implantiert und über eine Schrittmacherelektrode mit dem rechten Herzen verbunden. Neben der lebensrettenden Defibrillator-Funktion verfügen die meisten implantierbaren Defibrillatoren heute über eine Schrittmacherfunktion. Zudem zeichnen sie wie ein EKG-Gerät die Herzaktionen auf und speichern sie ab. Dies ermöglicht dem Kardiologen bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zu überprüfen, ob seit dem letzten Untersuchungstermin Herzrhythmusstörungen aufgetreten sind und ob der ICD richtig reagiert hat.

Schrittmacherkontrollen: Die vielfältigen Programmiermöglichkeiten eines Herzschrittmachers oder ICD erfordern eine individuelle Einstellung, die regelmäßig geprüft wird. Schrittmacher werden von außen durch die Haut unkompliziert abgefragt und neu programmiert. Kontrolluntersuchungen mit Prüfung des Batteriezustands und der Tauglichkeit der Elektroden finden alle 6–12 Monate statt. Alle 3–12 Jahre muss das gesamte Schrittmachergehäuse gewechselt werden, weil sich die Schrittmacherbatterie allmählich entleert. Alle Schrittmacherträger erhalten einen Ausweis, der alle wichtigen Daten enthält.

Selbsthilfe für Schrittmacher-Träger

Der Herzschrittmacher soll zu einem normalen, lebenswerten Leben verhelfen; er ist nicht Ausdruck einer Behinderung. Nicht der Herzschrittmacher schränkt die Belastbarkeit ein, sondern vielmehr die körperliche Verfassung, die zugrunde liegende Herzkrankheit oder andere Begleiterkrankungen.

Sie können weiterhin schwimmen, duschen und baden oder ins Solarium gehen, Auto fahren, mit dem Schiff, der Bahn oder dem Flugzeug verreisen. Am Flughafen weisen Sie vor dem Passieren der Kontrollschleuse wegen den Metalldetektoren auf Ihren Schrittmacher hin und zeigen Sie Ihren Schrittmacherausweis vor. Sie werden dann gesondert abgetastet, weil der Metalldetektor Alarm geben würde.

Auch Sport ist möglich – ungeeignet sind lediglich Kampfsportarten, bei denen der Schrittmacher durch Schläge beschädigt werden könnte, und Tauchen, weil der erhöhte Wasserdruck die Schrittmacherfunktion stören kann. Bei Sportarten mit weit ausholenden Armbewegungen sollte vorher mit dem Arzt besprochen werden, ob bei der individuellen Lage der Schrittmacherelektroden Probleme zu befürchten sind.

Gefahren drohen aber am Arbeitsplatz und beim Heimwerken:

  • Elektrische Ströme von Elektrozäunen oder Steckdosen stören die Herzschrittmachertätigkeit. Auch von (elektro-)magnetischen Feldern größerer Maschinen gehen störende Einflüsse aus. Meiden Sie Umspannungsanlagen und elektrisches Schweißen, Gasschweißen ist unbedenklich. Bohrmaschinen sollten etwa eine Armlänge vom Schrittmacher entfernt gehalten werden. Das gleiche gilt für Kettensägen, Heckenscheren und Rasenmäher. Bei laufendem Motor dürfen sie sich nicht mit dem Oberkörper über die Zündanlage Ihres Autos beugen.
  • Korrekt funktionierende Haushaltsgeräte des täglichen Lebens stören die Schrittmacherfunktion dagegen nicht (z. B. Mikrowelle, Herd, Toaster, Rasierapparat, Fön, Radio, Fernseher, Fernbedienung und schnurloses Telefon). Allerdings sollte der direkte Hautkontakt über dem Schrittmacher auch bei diesen Gerätschaften vermieden werden. Achten Sie beim Kauf neuer elektrischer Geräte auf Angaben des Herstellers zu Sicherheitsabständen bei Schrittmacherträgern. Vergewissern Sie sich bei Induktionsherden, ob die Benutzung des jeweiligen Induktionsherdes für Herzschrittmacher-Träger grundsätzlich gestattet ist bzw. ob vom Hersteller zusätzliche Hinweise für Schrittmacher-Träger gegeben werden.
  • Diebstahlsicherungen an den Ausgängen von Kaufhäusern sollten Sie rasch passieren und dort nicht stehen bleiben. Das eingeschaltete Handy oder Funksprechgerät soll nicht in der Brusttasche über dem Schrittmacher getragen werden, besser sind 20 cm Abstand.
  • Vibrationen, z. B. von Rasenmähern, Heckenscheren, Sägen, Fahren über ein Kopfsteinpflaster oder auch von großen Lautsprecheranlagen, führen mitunter bei Schrittmachern mit automatischer Frequenzanpassung zu schnellerem Herzschlag.
  • Weisen Sie bei ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen auf Ihren Schrittmacher hin, da einige Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen besonders überwacht oder gemieden werden müssen. Das trifft z. B. zu auf Nierensteinzertrümmerer (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie), Kernspin, Bestrahlungen von Tumoren, Magnet- und Reizstromtherapie oder die Elektrokoagulation zur Verödung kleiner Blutgefäße. Unbedenklich sind hingegen Röntgen, CT, Szintigrafien oder auch Radaranlagen oder Gewitterblitze.
  • Eine Defibrillation ist im Notfall auch bei Schrittmacherträgern möglich.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Falls Sie regelmäßig Medikamente einnehmen, prüfen Sie, ob Herzrhythmusstörungen als mögliche Nebenwirkung genannt sind. Ansonsten ist eine wirksame Selbsthilfe nur bei zeitweise auftretendem Herzrasen (paroxysmale Tachykardien) möglich: Bis ärztliche Hilfe kommt, kann versucht werden, die Herzfrequenz über das unwillkürliche Nervensystem zu beeinflussen: Manchmal beenden tiefes Einatmen und Luft anhalten, Valsalva-Manöver, das Trinken von kaltem Sprudel, das Abkühlen von Hals und Gesicht mit kaltem Wasser oder eine Massage des Karotissinus, die Tachykardie.

Bei der Massage des Karotissinus (Stelle an der Halsschlagader) ist Vorsicht angebracht. Bei empfindlichen Menschen kann ein Adams-Stokes-Anfall ausgelöst werden. In jedem Fall sollten deshalb Angehörige zugegen sein.

Valsalva-Manöver: Das Valsalva-Manöver kann bei supraventrikulären Tachykardien hilfreich sein: Schlucken Sie und versuchen Sie dann bei geschlossenem Mund und zugehaltener Nase auszuatmen. Dabei sollte es zu einem Druckausgleich über die Ohrtrompete kommen. Da auch der Druck im Brustraum steigt, strömt weniger venöses Blut in die rechte Herzkammer zurück und die Herzaktion verlangsamt sich.

Bewegungstherapie. Leichte sportliche Betätigung ist in den meisten Fällen hilfreich. Vermeiden Sie jedoch Sportarten, die Ihnen körperliche Höchstleistungen abverlangen. Gegebenenfalls bietet sich auch regelmäßiges Training in einer Herzsportgruppe an.

Ernährung. Hinweisen zufolge beeinflusst eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren wie Eicospentaensäure ist, den weiteren Krankheitsverlauf günstig. Da Blähungen Herzrhythmusstörungen begünstigen können, sollten Sie auf stark blähende Lebensmittel verzichten, wenn Sie zu Blähungen neigen.

Komplementärmedizin

Natur- und Komplementärmedizin können die verordneten Herzmedikamente nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Die Behandlung von Herzrhythmusstörungen gehört in die Hände von Fachärzt*innen.

Entspannungsverfahren. Enspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga oder Qi Gong können helfen, begleitende vegetative Beschwerden wie Nervosität oder Anspannung abzubauen bzw. auslösende Faktoren wie psychische Erregung, z. B. durch Stressbelastung, zu mildern.

Pflanzenheilkunde. Phytopharmaka sind nur bei leichteren Herzrhythmusstörungen eine Option. Keinesfalls sind sie eine Alternative zu den verordneten chemischen Medikamenten, in manchen Fällen kann jedoch eine Kombination sinnvoll sein. Je nach Ursache und Beschwerdebild kommen verschiedene Heilpflanzen in Betracht, so z. B. Wolfstrappkraut bei Herzrhythmusstörungen als Begleiterscheinung einer Schilddrüsenüberfunktion oder Heilkräuter mit beruhigender Wirkung z. B. Baldrianwurzel, Hopfenzapfen, Melissenblätter, wenn die Herzrhythmusstörungen mit Unruhe- und Spannungszuständen und/oder Schlaflosigkeit verbunden sind.

Dagegen zeichnet sich der Besenginster (Cytisus scoparius, z. B. Spartiol®) durch seine direkte Wirkung auf das Reizleitungssystem aus. Da es bei der Anwendung als Tee durch falsche Dosierung zu Vergiftungserscheinungen kommen kann, werden heute in der Regel Fertigpräparate eingesetzt. Weiter ist Weißdorn für die Behandlung von Herzrhythmusstörungen geeignet. Die Präparate (z. B. Crataegutt Novo 450®) müssen allerdings hoch dosiert sein, um ihre Wirkung zu entfalten.

Wegen der Gefahr einer Blutdruckkrise dürfen Besenginster und MAO-Hemmer zur Behandlung einer Depression nicht gleichzeitig eingenommen werden. Ebenso sind Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen wie ein AV- Block Kontraindikationen.

Von: Dr. med. Dieter Simon in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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So kriegt das Blut sein Fett weg

Auch regelmäßiges Sport treiben hilft dabei, die Blutfette im Zaum zu halten.

So kriegt das Blut sein Fett weg

Cholesterin und Triglyceride zu hoch

Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterinwerte oder ein Zuviel an Triglyceriden im Blut. Dadurch wird eine Arteriosklerose begünstigt und es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz. Die Mehrzahl der Betroffenen erhält keine Behandlung. Dabei könnten eine konsequente Lebensstiländerung und Medikamente die Blutfette ins Lot bringen und viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern.

Fette sind Fluch und Segen

Ohne Fette (Lipide) geht nichts im Organismus: Cholesterin spielt z.B. eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Zellmembranen, Hormonen, Gallensäuren und Vitamin D. Triglyceride dienen als Energielieferant und können als Energiereserve in Fettzellen gespeichert werden. Phospholipide wiederum tragen zur Funktion der Zellen bei.

Aufnahme, Transport, Bereitstellung und Ausscheidung der Fette werden über den Fettstoffwechsel reguliert:

  • Cholesterin stammt aus zwei Quellen: Es wird sowohl aus der Nahrung aufgenommen als auch in der Leber gebildet. Für den Transport im Blut ist es in Eiweißhüllen verpackt (Lipoproteine). Als LDL-Cholesterin gelangt es zu den Körperzellen. Als HDLkommt es zurück zur Leber.
  • Triglyceride werden in der Leber, den Fettzellen und in der Darmschleimhaut aus Glycerin und Fettsäuren zusammengesetzt. Die Fettsäuren dafür kommen aus den Nahrungsfetten. Die Lipoproteine, die Triglyceride transportieren, heißen Chylomikronen.

Wenn der Fettstoffwechsel gestört ist, kommt es zu einem Zuviel oder Zuwenig von Fetten im Blut. Die beiden wichtigsten Fettstoffwechselstörungen sind ein erhöhtes LDL-Cholesterin und erhöhte Triglyceride, beides kann auch zusammen auftreten. Als häufigste Ursachen dafür gelten eine falsche Ernährung und genetische Faktoren, also die Vererbung. Begünstigt werden hohe Blutfette zudem durch Rauchen und Bewegungsmangel. Triglyceride steigen außerdem bei hohem Alkoholkonsum an.

Es gibt auch Erkrankungen, die die Blutfette beeinflussen und Fettstoffwechselstörungen auslösen können. Dazu gehören insbesondere der Diabetes mellitus, aber auch die Unterfunktion der Schilddrüse und verschiedene Nierenerkrankungen.

Hinweis: Viele Medikamente beeinflussen die Blutfette ebenfalls. Gestagene und Androgene erhöhen z.B. das LDL-Cholesterin. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut kann durch Kortison, die „Pille“, Betablocker und Entwässerungsmittel steigen.

Gefäßverfettung mit gefährlichen Folgen

Fettstoffwechselstörungen haben erhebliche Folgen für die Gesundheit: Befindet sich dauerhaft zuviel LDL-Cholesterin im Blut, lagert sich das Fett als Plaques in den Gefäßwänden der Arterien ab. Diese Plaques verengen die Gefäße oder verschließen sie sogar komplett - es kommt zur Arteriosklerose. Dadurch drohen nicht nur Herzinfarkt und Schlaganfall. Die verschlechterte Durchblutung der Organe begünstigt die Entwicklung vieler Erkrankungen, wie z. B. Demenz, Niereninsuffizienz, Herzschwäche und erektile Dysfunktion.

Auch hohe Triglycerid-Werte tragen zur Verfettung der Gefäße bei und fördern damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders stark wirkt sich dies in Kombination mit hohem Cholesterin und anderen Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck aus. Extrem hohe Triglycerid-Werte können zusätzlich die Bauchspeicheldrüse angreifen und die insulinbildenden Zellen zerstören, d.h. einen Diabetes auslösen.

Hinweis: Trotz dieser gefährlichen Folgekrankheiten erhalten Menschen mit Fettstoffwechselstörungen viel zu selten eine wirkungsvolle Therapie. Nur etwa jede fünfte Hochrisikopatient*in erreicht in Deutschland die gewünschten Zielwerte bei den Blutfetten (siehe unten), in den europäischen Nachbarländern sieht das nicht viel anders aus.

Zufallsbefund oder Herzinfarkt

Fettstoffwechselstörungen verlaufen in den meisten Fällen jahrelang völlig unauffällig. Die Betroffenen wissen oft gar nichts von ihren erhöhten Blutwerten. Häufig werden sie erst diagnostiziert, wenn es zu Komplikationen wie z.B. einem Herzinfarkt oder einer Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen ist. Bei vielen Menschen werden erhöhte Blutfette auch zufällig in Kontrolluntersuchungen entdeckt, z.B. bei Einstellungsuntersuchungen oder beim Gesundheits-Checkup.

Die wichtigste Säule der Diagnostik ist die Blutuntersuchung. Bei Gesunden bestimmt die Ärzt*in oft nur das Gesamtcholesterin. Bei erhöhtn Werten ist eine erweiterte Lipiddiagnostik (Lipidstatus) nötig. Leidet die Patient*in bereits an Arteriosklerose oder sie einer Risikogruppe an, wird meist ein kompletter Lipidstatus veranlasst. Ermittelt werden dabei Gesamtcholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin und je nach Bedarf weitere Parameter wie HDL-Cholesterin, Lipoprotein A und Apolipoprotein B.

Die gemessenen Blutfette sollten in ihrem jeweiligen Normbereich liegen. Bei den Triglyceriden ist das relativ einfach, hier gilt 150 mg/dl (1,7 5 mmol/L) als Grenzwert (nüchtern gemessen). Komplizierter wird es beim LDL-Cholesterin. Dessen Zielwerte hängen stark vom individuellen Risikoprofil der Patient*in ab und werden außerdem noch kontrovers diskutiert. Meist geht man von diesen Zielwerten aus:

  • Liegen keine Risikofaktoren wie z.B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder ein Diabetes vor, ist das Risiko gering. In diesen Fällen soll das LDL-Cholesterin unter 116 mg/dl (3,0 mmol/L) sein.
  • Bei moderatem Risiko gelten LDL-Cholesterin-Werte unter 100 mg/dl (2,6 mmol/L) als Ziel. Ein moderates Risiko haben z.B. Typ-2-Diabetiker*innen unter 50 Jahren und Menschen mit Typ-1-Diabetes unter 35 Jahren, die erst kürzer als zehn Jahre an einem Diabetes leiden.
  • Bei hohem Risiko werden LDL-Cholesterinwerte unter 70 mg/dl (1,8 mmol/L) gefordert. Ein hohes Risiko liegt vor, wenn ein Typ-2-Diabetes schon länger als zehn Jahre besteht, der Blutdruck über 180/110 mmHg liegt oder das Gesamt-Cholesterin über 310 mg/dl (8 mmol/L) und LDL-Cholesterin über 190 mg/dl (4,9 mmol/L).
  • Bei sehr hohem Risiko soll das LDL-Cholesterin unter 55 mg/dl (1,4 mmol/L) liegen. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Patient*innen mit einer bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankung (Koronare Herzkrankheit, pAVK), einem Typ-2-Diabetes mit Organschäden oder einer schweren chronischen Nierenerkrankung.

Werden erhöhte Blutfette erstmals festgestellt muss immer abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion dahintersteckt. Oft ergibt die genaue Erhebung der Krankengeschichte einen Hinweis darauf. Mit Labor (z.B. Blutzucker, Nierenwerte), Bildgebung und gründlicher körperlicher Untersuchung lässt sich eine mögliche Erkrankung weiter einkreisen.

Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung kann die Ärzt*in eine molekulargenetische Diagnostik veranlassen. Dadurch lassen sich bestimmte Genmutationen feststellen, die z.B. den LDL-Rezeptor betreffen. An der Behandlung ändern die Ergebnisse nichts – die Blutfette müssen genauso gesenkt werden wie bei Patient*innen ohne genetische Störung. Diese Untersuchung ist jedoch wichtig, um ebenfalls betroffene, aber noch nicht entdeckte Verwandte zu finden. Denn je früher eine angeborene Fettstoffwechselstörung erkannt und behandelt wird, desto besser kann man das Herz-Kreislauf-Risiko reduzieren.

Hinweis: Für die Bestimmung der Triglyceride muss die Patient*in nüchtern sein, es darf also 12 Stunden vor Blutabnahme nichts gegessen werden. Außerdem sollte man am Abend davor keinen Alkohol trinken, da dies die Triglyceridwerte im Blut verfälscht.

Wie gut helfen Lebensstiländerungen?

Bei erhöhten Blutfetten kann die Betroffene selbst einiges zur Besserung der Triglycerid- und Cholesterinwerte beitragen. Grundvoraussetzung ist ein gesunder Lebensstil. Das bedeutet:

  • Sich regelmäßig bewegen. Körperliche Aktivität wirkt sich sehr positiv auf den Stoffwechsel aus. Sie senkt u.a. Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut. Empfohlen werden Ausdauer- und Muskeltraining. Insgesamt sollte man drei bis fünf Mal pro Woche für mindestens 30 Minuten zumindest moderat Sport treiben.
  • Rauchen beenden. Rauchen erhöht nicht nur die Triglyceride, es begünstigt auch eigenständig die Arteriosklerose. Bei hohen Blutfetten sollte deshalb komplett auf Nikotin und Nikotinprodukte verzichtet werden.
  • Gewicht halten bzw. Übergewicht reduzieren. Übergewicht hat über viele Mechanismen einen erheblichen Einfluss auf die Blutfette. So erhöht es z.B. sowohl die Triglyceride als auch das LDL-Cholesterin im Blut. Abnehmen kann deshalb das Lipidprofil verbessern.
  • Sich gesund ernähren. Eine ballaststoffreiche und fettmodifizierte Kost trägt zur Besserung der Blutfette bei. Empfohlen werden viel Gemüse, Rohkost, Vollkornprodukte. Zwei Mal pro Woche sollte Fisch verzehrt werden, der reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren ist (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch). Nur 30% der Kalorienzufuhr sollte aus Fett stammen, insgesamt reichen etwa 60 bis 80 g Fett pro Tag aus. Zu vermeiden sind gesättigte Fettsäuren (Fleisch, Wurst, Käse), und Trans-Fettsäuren (Frittiertes, Blätterteig). Als günstig gelten dagegen Öle, vor allem Sonnenblumen-, Lein- und Walnussöl.

Hinweis: Wer zu hohe Triglyceride aufweist, sollte völlig auf Alkohol verzichten. Auch schnell abbaubare Kohlenhydrate wie Fruchtzucker und Haushaltszucker sind schädlich, weil sie den Insulinspiegel und damit die Freisetzung von Fettsäuren erhöhen.

Wie Medikamente die Blutfette bezwingen

Oft reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, um erhöhte Blutfette zu senken. Dann kommen Medikamente ins Spiel. Um LDL-Cholesterin und/oder Triglyceride in den gewünschten Zielbereich zu bringen, müssen die Wirkstoffe regelmäßig und meist lebenslang eingenommen werden. Zur Senkung von LDL-Cholesterin stehen folgende Medikamente zur Verfügung:

  • Statine sind die wichtigsten und bisher am besten untersuchten Medikamente zum Senken der Blutfette. Über eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase erniedrigen sie das LDL-Cholesterin, und zwar je nach Präparat und Dosierung um 30 % bis 50%. Weil die Cholesterinproduktion in der Leber nachts besonders hoch ist, wird häufig die abendliche Einnahme der Wirkstoffe empfohlen. Eine häufig diskutierte Nebenwirkung ist die Statin-Myopathie mit Muskelschäden und Muskelschmerzen. Sie beruht in den meisten Fällen auf einem Nocebo-Effekt (d.h. der Patient verspürt Muskelschmerzen, weil er damit rechnet). Echte Muskelschäden mit einer Erhöhung der Muskelenzyme sind mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 1:10000 sehr selten. In diesen Fällen verordnet die Ärzt*in meist entweder ein anderes Statin oder einen anderen Lipidsenker.
  • Bempedoinsäure hemmt die Cholesterinbildung bereits in einer früheren Stelle im Stoffwechselt als Statine. Bei 180 mg/Tag wird das LDL-Cholesterin um etwa 23% reduziert, in Kombination mit einem Statin ist der Effekt etwas stärker. Myopathien löst Bempedoinsäure selten aus.
  • Ezetimib hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm. Als alleinige Therapie ist der klinische Effekt vermutlich gering, weshalb es vor allem in Kombination mit einem Statin oder Bempedoinsäure verordnet wird. Zusammen mit einem Statin schafft es eine LDL-Senkung von circa 25%. 
  • PCSK9-Inhibitoren binden an LDL-Rezeptoren der Leber und senken auf diese Weise das LDL-Cholesterin im Blut. Diese relativ neuen Wirkstoffe sind hocheffektiv und reduzieren die Konzentration von LDL-Cholesterin um über 50%. Verordnet werden sie, wenn eine intensive Statintherapie nicht möglich ist oder nicht ausreichend wirkt. PCSK9-Hemmer gelten bisher als gut verträglich, Myopathien kommen kaum vor.

Erhöhte Triglyceride bekämpft man medikamentös meist mit Fibraten. Sie unterstützen den Abbau der Triglyceride und senken so die Werte im Blut. Fibrate können Muskelschmerzen und Myopathien auslösen. Zusätzlich empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme der verschreibungspflichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Die Maximaldosis liegt bei 4 g/Tag, da es unter höherer Dosierung zu Vorhofflimmern gekommen ist.

Hinweis: Medikamente können erhöhte Blutfette recht zuverlässig senken. Als alleinige Therapie reichen sie jedoch nicht aus: Der gesunde Lebensstil bleibt ein wesentlicher Teil der Behandlung.

Quellen Rose O, DAZ 2023:35, S. 38, Lipid-Liga

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Uwe Umstätter