Gesundheit heute

Gesichts- und Schädelfehlbildungen

Angeborene Fehlbildungen (Anomalien) können erblich bedingt oder durch Umwelteinflüsse verursacht sein. Auch ungenügend getestete Medikamente haben in der Vergangenheit zu massenhaft auftretenden Fehlbildungen geführt – zu trauriger Berühmtheit gelangte in diesem Zusammenhang die Contergan®-Affäre. Kommt ein Kind mit einer Fehlbildung zur Welt, so ist dies für die Angehörigen zunächst ein schwerer Schock. Für den Plastischen Chirurgen hingegen gilt es, die Fehlbildungen so früh und so perfekt wie möglich zu korrigieren. Besonders bei der operativen Behandlung schwerer Gesichts- und Schädelfehlbildungen (kraniofaziale Anomalien) hat die Plastische Chirurgie in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Ausgereifte und standardisierte Operationsverfahren ermöglichen es, die wichtigsten Korrekturen bereits im ersten Lebensjahr vorzunehmen.

Gesichtsspalten

Zu den häufigsten Anomalien gehört die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (LKG-Spalte), die einseitig oder beidseitig, vollständig oder unvollständig ausgebildet sein kann (eine von 500 Geburten). Ist nur die Oberlippe betroffen, handelt es sich um eine Lippenspalte, umgangssprachlich als Hasenscharte bekannt, ein gespaltener Gaumen wird umgangssprachlich als Wolfsrachen bezeichnet. Unbehandelt können derartige Spalten schwere körperliche Probleme zur Folge haben. Die Atemfunktion ist behindert, die Nahrungsaufnahme erschwert, Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen kommen gehäuft vor.

Ist zusätzlich die Nase fehlgebildet, steigt der seelische Leidensdruck. Die operativen Möglichkeiten sind auf diesem Gebiet so weit fortgeschritten, dass das Aussehen der Kinder, die Sprache, das Hörvermögen und die Kiefer- und Zahnentwicklung kaum mehr beeinträchtigt sind. Die wesentlichen Operationen beginnen so frühzeitig, dass sie spätestens zum Ende des ersten Lebensjahres abgeschlossen sind. Aber auch bei älteren Kindern und Jugendlichen können noch notwendige Korrekturen zur Verbesserung des Aussehens und der Funktion in spezialisierten Zentren vorgenommen werden.

Schädelfehlbildungen

Stark deformiert sind Gesicht und Schädel bei Fehlbildungen wie dem Apert, Crouzon, Pfeiffer und Carpenter-Syndrom. Sie sind sehr selten und treten bei einem von etwa 90 000 Säuglingen auf. Typische Symptome sind Turm- oder Spitzschädel, zurückliegendes Mittelgesicht und unterentwickelter Oberkiefer. Sie bedingen Beeinträchtigungen des Seh-, Hör- und Sprachvermögens sowie Atmungsschwierigkeiten. Häufig bestehen zusätzlich Verwachsungen der Zehen und Finger sowie Bewegungseinschränkungen im Schultergürtelbereich und in den Gelenken. Auch diese Anomalien werden an interdisziplinären Zentren von Plastischen Chirurgen, Neurochirurgen und Kinderchirurgen frühzeitig behandelt. Hierfür werden auch moderne Operationstechniken wie Gewebeexpansion und Knochenverlängerung (Knochendistraktion) eingesetzt. Hierbei wird die Haut durch einen implantierten Ballon nach und nach gedehnt bzw. an natürlichen Wachstumsfugen über Monate gestreckt.

Weiterführende Informationen

  • www.lkg-selbsthilfe.de – Selbsthilfevereinigung für Lippen-Gaumen-Fehlbildungen e. V., Hüttenberg: Enthält umfangreiche Informationen, Beratunsgadressen, ein Forum und Galerien.
  • www.lkgs.net – Privates Diskussionsforum für von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten Betroffene und Eltern.
  • www.apert-syndrom.de – Elterninitiative Apert-Syndrom und verwandte Fehlbildungen e. V., Kierspe: Mit Informationen und Austauschmöglichkeiten.

Von: Dr. Nicole Schaenzler, Dr. Hans-Hermann Wörl, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück

Botox: Nicht nur gegen Falten

Nervengift vielseitig einsetzbar

Botulinumtoxin kennen die meisten als Botox aus der Schönheitschirurgie. Doch das Nervengift hilft nicht nur gegen Falten, sondern auch gegen Erkrankungen.

Chronische Migräneattacken verursachen ein kaum vorstellbares Leid. Viele Betroffene hatten lange Zeit keine andere Wahl als die ständig wiederkehrenden heftigen Kopfschmerzen auszuhalten – bis die vorbeugende Wirkung von Botulinumtoxin entdeckt wurde. Das unter dem Handelsnamen Botox® bekannte Nervengift hemmt die Erregungsübertragung von Nervenzellen und verringert die Anzahl der Schmerzattacken bei vielen Migräne-Patienten deutlich.

Meilenstein in der Therapie der Reizblase

Die Zulassung zur Migräne-Prophylaxe im Jahr 2011 ist nur einer von vielen Erfolgen von Botox. Zwei Jahre später wurde der Wirkstoff zur Behandlung der Reizblase zugelassen – laut Experten ein Meilenstein in der Therapie. Auch gegen übermäßiges Schwitzen, Zähneknirschen und verschiedene Formen von Spasmen setzen Ärzte Botox erfolgreich ein. Mittlerweile diskutieren Mediziner die Anwendung bei Depressionen.

Medizinische Botox-Behandlung eventuell erstattungsfähig

Bei medizinischen Botox-Behandlungen können Patienten auf eine Kostenübernahme hoffen. Dies hängt allerdings von der Krankheitsgeschichte des Patienten und der Schwere seiner Erkrankung ab. „Patienten, deren Arzt eine Botox-Therapie auf Privatrechnung durchführen möchte, sollten sich wie bei allen individuellen Gesundheitsleistungen an ihre Krankenkasse wenden“, rät Heinz-Ulrich König von der Siemens-Betriebskrankenkasse. „Diese kann beraten, ob die Leistung tatsächlich keine Kassenleistung ist und gegebenenfalls bei der Suche nach einer Alternativtherapie helfen.“

Quelle: SBK, Pharmazeutische Zeitung

Von: Leonard Olberts