Gesundheit heute

Scharlach

Scharlach (Scarlatina): eine unter Kindergarten- und Grundschulkindern häufige Sonderform der Streptokokken-Angina (Eitrige Mandelentzündung) durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, die Blut auflösen können (sog. ß-Hämolyse).

Sie zeigt sich v. a. durch eine Hals- und Mandelentzündung und einen charakteristischen Hautausschlag. Diese Streptokokken-A-Infektion gehört weltweit immer noch zu den zehn häufigsten Todesursachen bei Infektionskrankheiten, insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen. Hierzulande verläuft die Erkrankung in aller Regel gutartig, selten treten Spätfolgen durch eine Reaktion des Immunsystems auf.

Symptome und Leitbeschwerden

Scharlach unterscheidet sich weder im Verlauf noch den Leitbeschwerden und Komplikationen von der "normalen" Mandelentzündung (Streptokokken-Angina). Zusätzlich zu den bei der eitrigen Mandelentzündung typischen Halsbeschwerden und dem allgemeinen Krankheitsgefühl treten beim Scharlach jedoch Haut- und Schleimhauterscheinungen sowie weitere Beschwerden auf:

  • Plötzlich schnell steigendes Fieber (um die 40 °C)
  • Hochroter Rachen und hochrotes Zäpfchen, eitrige Beläge auf den Mandeln und geschwollene Halslymphknoten
  • Zunächst gelb-weißlicher Belag auf der Zunge, ab dem 3. bis 4. Tag auffällig rote Zunge mit vielen kleinen Erhebungen (Himbeerzunge)
  • Süßlicher, übler Mundgeruch
  • Sandpapierartiger, dicht stehender und kleinfleckiger Hautausschlag ab dem 2. bis 3. Tag. Er beginnt in der Achsel- oder Leistenregion und breitet sich über den gesamten Körper aus
  • Gerötetes Gesicht und v. a. Wangen, um den Mund herum blasse Haut.

Inkubationszeit. Normalerweise 1–3 Tage.

Zeitraum der Ansteckung. 1 Tag vor Krankheitsausbruch bis zu 24 Stunden nach dem Beginn der Antibiotikatherapie; ohne Behandlung bis zu 3 Wochen.

Wann zum Kinderarzt

Heute noch, wenn

  • Ihr Kind innerhalb weniger Stunden hohes Fieber und Halsschmerzen bekommt.
  • es Ihrem Kind auch am 3. Tag der Antibiotikagabe nicht besser geht.

Sofort, wenn

  • Ihr Kind zunehmend teilnahmslos wird.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Übertragung

Anders als bei einer "normalen" Angina wird Scharlach durch Streptokokken-Bakterien der Gruppe A hervorgerufen, die meist über den Nasen-Rachen-Raum eindringen.

Im Gegensatz zu anderen Streptokokken-Typen produzieren diese Toxine (= Giftstoffe), die den typischen Hautausschlag hervorrufen. Die Erreger werden über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen, indem sie beim Husten, Niesen oder Sprechen in die Luft geschleudert werden. Auch durch den direkten Kontakt mit dem Kranken beim Händeschütteln, Küssen oder bei der Benutzung desselben Essbestecks oder Geschirrs besteht die Gefahr, dass sich der Gesunde ansteckt. Ebenso ist die Infektion durch verseuchtes Wasser oder belastete Lebensmittel möglich.

Verlauf

Durch die vom Streptokokken-Bakterium produzierten Toxine leidet das Kind plötzlich an Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Schüttelfrost, Erbrechen und oft hohem Fieber. Später zeigt es die typischen Haut- und Schleimhautveränderungen mit einem feuerroten Rachen, fleckig gefärbter Mundschleimhaut, fleckig gefärbten Mandeln und weißem Belag auf der Zunge. Dieser wird nach 3–4 Tagen abgestoßen.

Zwischen dem 2. und 4. Tag beginnt der feinfleckige Ausschlag zunächst in der Leistengegend und an den Innenseiten der Oberschenkel und breitet sich dann über den gesamten Körper aus, nur das Mund-Kinn-Dreieck bleibt ausgespart. Der nicht juckende Ausschlag unterscheidet sich deutlich von den Ausschlägen bei Masern oder Röteln. Unter dem Druck eines Holzspatels verblasst er zeitweise. Nach 1–3 Wochen schält sich die Haut, v. a. an den Handinnenflächen und den Fußsohlen.

Bei anderen Kindern verläuft die Krankheit milder, z. T. ohne die typischen Symptome.

Komplikationen

Im Allgemeinen verläuft die Erkrankung bei entsprechender Behandlung ohne Komplikationen. Dennoch ist neben der stark eitrigen Mandelentzündung auch eine eitrige Mittelohrentzündung (Otitis media) möglich, die ohne Behandlung der Grunderkrankung zu Schwerhörigkeit führt. Sowohl Mandel- als auch Mittelohrentzündung werden mit Antibiotika erfolgreich behandelt.

Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis). Breiten sich die Streptokokken über die Mandelregion hinaus aus, entzünden sich die Nasennebenhöhlen. Diese relativ häufige Komplikation lässt sich durch Antibiotika meist problemlos behandeln.

Rheumatisches Fieber. Die Streptokokken führen im Körper zu Abwehrreaktionen – eine im Prinzip sinnvolle Reaktion. Da die Streptokokken jedoch bestimmte Erkennungsmerkmale besitzen, die sich auch auf körpereigenen Zellen befinden, richten sich die Abwehrreaktionen gelegentlich auch gegen den eigenen Körper und führen nach 2–4 Wochen zum heute seltenen rheumatischen Fieber. Als Folge droht eine Herzbeteiligung, die sich schleichend (über Monate bis Jahre) zu teils schweren Herzklappenschäden entwickelt. Auch eine Nierenentzündung (Glomerulonephritis) ist als Folge des rheumatischen Fiebers möglich. Bei entsprechendem Verdacht untersucht der Arzt die Nieren- und Herzfunktion, sobald die Scharlach-Erkrankung abgeklungen ist. Eine Urinuntersuchung zeigt eine eventuell entstandene Nierenentzündung.

Blutvergiftung. Dringen die Erreger in großer Zahl in die Blutbahn, verursachen sie den sogenannten Wundscharlach, wodurch eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Sepsis) droht. Sie beginnt mit hohem Fieber, Erbrechen, Durchfall, Haut- und Schleimhautblutungen, Bewusstseinstrübung, schwerer Herzschädigung und einem Schock. Diese Komplikation ist sehr selten, endet in 30 % der Fälle jedoch tödlich. Hier sind eine rasche Diagnose und eine intensivmedizinische Behandlung überlebensnotwendig.

Abszess der Gaumenmandeln (Peritonsillarabszess). Eine abgekapselte Eiterhöhle (Abszess) in der Mandelregion kommt heutzutage selten vor. Dennoch: Schlägt die Therapie nicht an, klagt das Kind über starke Halsschmerzen und hat Probleme beim Öffnen des Mundes, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. In diesem Fall muss das Kind in ein Krankenhaus, um dort intravenös Antibiotika zu bekommen. Unter Umständen muss der Abszess chirurgisch geöffnet werden.

Lungenentzündung (Pneumonie). Eine Lungenentzündung kommt heute nur noch selten als Folge einer Scharlacherkrankung vor.

Neuropsychiatrische Erkrankungen. Diskutiert wird, ob beispielsweise das Tourette-Syndrom eine Folge der Streptokokken-Infektion ist.

Diagnosesicherung

Inspektion. Oft sind Hautausschlag und Rachenentzündung so charakteristisch, dass der Arzt keine ergänzenden Untersuchungen durchführt (sog. Blickdiagnose).

Abstrich. Bei leichten oder untypischen Verläufen sowie bei Unsicherheit wird ein Abstrich aus dem Rachenraum genommen. Ein anschließender Schnelltest zeigt innerhalb weniger Minuten, ob Streptokokken die Ursache der Erkrankung sind.

Ärztliche Behandlung

Um Folgekomplikationen zu vermeiden und die Schwere der Erkrankung zu mildern, muss Scharlach behandelt werden. Beim klassischen Scharlachverlauf ist eine Antibiotikabehandlung mit Penicillin (z. B. Ampicillin) indiziert, um die Bakterien abzutöten. Die Behandlung dauert immer 10 Tage. Alternativ kommt das breiter wirkende Cefuroxim oder Loracarbef über 5 Tage in Betracht. Auch wenn sich das Kind nach wenigen Tagen schon wieder wohler fühlt, muss es zur Vorbeugung der Streptokokken-Spätfolgen das Antibiotikum über den ganzen Zeitraum einnehmen. Besteht eine Allergie gegen Penicillin, werden andere Antibiotika verschrieben. Bei sehr leichten Verlaufsformen sollte die Antibiotikabehandlung abgewogen werden.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Bettruhe und Schonung. Solange das Kind Fieber hat, empfiehlt sich Bettruhe. Nach Abklingen des Fiebers sollte sich das Kind noch ein paar Tage schonen.

Essen und Trinken. Grundsätzlich sollen kranke Kinder bei Fieber viel trinken. Damit das Kind das Essen besser schlucken kann, sollte auf feste Nahrung verzichtet werden. Empfehlenswert sind stattdessen Suppen, Brühe, Grießbrei, Pudding oder auch Getränke.

Kühle Halswickel. Ein kühler Halswickel mit Zitrone oder Quark empfiehlt sich bei akuten Halsschmerzen, einem "feurigen" Gefühl im Hals, bei akuten Schluckbeschwerden oder geschwollenen Lymphknoten. Für den Zitronenwickel schneiden Sie eine ungespritzte Zitrone in Scheiben, schlagen diese in ein Baumwolltuch ein und drücken die Scheiben leicht an. Legen Sie den Wickel um den Hals und befestigen ihn mit einem Tuch. Der Wickel sollte eine ½ bis 1 Stunde aufliegen. Falls der Zitronensaft die Haut reizt, nimmt man stattdessen einen Quarkwickel. Dafür streicht man 150–250 g Magerquark auf die Mitte eines Küchenhandtuchs, faltet die Tuchseiten darüber und legt den Wickel dann möglichst faltenfrei um den Hals. Mit einem Außentuch abdecken. Der Quark kann entweder zimmerwarm oder gekühlt (dann eher dünn aufstreichen) angewendet werden. Lassen Sie den Quarkwickel 2–3 Stunden wirken und entfernen Sie ihn, bevor der Quark trocken ist. Falls Sie weder Quark noch Zitronen vorrätig haben, hilft auch ein Wickel mit kühlem Wasser. Tauchen Sie dazu ein mehrfach in Längsrichtung zusammengefaltetes Leinentuch in kaltes (etwa 18 °C) Wasser, wringen es aus und legen es glatt gestrichen um den Hals, der vom Unterkiefer bis zu den Ohren bedeckt sein soll. Mit einem Handtuch umwickeln. Nach etwa 20–30 Minuten – spätestens aber, wenn der Wickel sich erwärmt hat – wird der Wickel abgenommen und durch ein trockenes Seiden- oder Baumwollhalstuch ersetzt.

Warme Wickel. Ein warmer Kartoffel- oder Zwiebelwickel wird zur Schleimlösung bei länger anhaltenden Halsschmerzen angewendet. Legen Sie für den Kartoffelwickel ein bis zwei ungeschälte heiße Pellkartoffeln in ein längs gefaltetes Küchentuch und zerdrücken diese. So warm wie möglich um den Hals legen (vorher Temperatur an der Innenseite des eigenen Unterarms prüfen) und mit einem Handtuch umwickeln. 2–3 Stunden (bzw. so lange, bis der Wickel abgekühlt ist) liegen lassen. Für den Zwiebelwickel benötigen Sie zwei bis drei fein geschnittene Zwiebeln, die Sie auf ein gefaltetes Küchentuch geben. Eine Pfanne halbvoll mit Wasser füllen und erhitzen, mit einem Deckel abdecken und die "Zwiebelpackung" darauf beidseitig erwärmen. Auch hier gilt: So warm wie möglich um den Hals legen, aber vorher die Temperatur an der Innenseite des eigenen Unterarms prüfen. Lassen Sie den Wickel so lange aufliegen, bis er abgekühlt ist.

Geeignete Medikamente

Zur Linderung von Schmerzen und Fieber dienen Ibuprofen oder Paracetamol. Die passende Dosierung richtet sich streng nach dem Gewicht des Kindes. Fragen Sie dazu Ihren Arzt oder Apotheker!

Komplementärmedizin

Homöopathie. Klassisches Mittel der Homöopathie bei Scharlach ist je nach Zustand des Kindes Belladonna D4, 5-mal täglich 5 Tropfen; dieses Mittel sollte jedoch nie die Antibiotikatherapie ersetzen.

Prävention

Eine Impfung gegen Scharlach gibt es zurzeit nicht. Zwar gab es in der Vergangenheit Impfstoffe, deren Entwicklung jedoch nicht weiter verfolgt wurde, da die Scharlacherreger gut auf eine Antibiotikatherapie ansprechen.

Auch wenn die Ansteckungsgefahr mäßig ist: Nur ca. 20 % der mit einem erkrankten Kind spielenden Kinder stecken sich an. Dennoch sind allgemeingültige Maßnahmen wie bei anderen Erkältungs- und Atemwegserkrankungen sinnvoll: regelmäßiges Händewaschen und möglichst kein enger Kontakt mit Erkrankten, die noch ansteckend sind. Das heißt, dass Scharlach-Kinder von anderen ferngehalten werden. Auch noch gesunde Geschwister sollten Gemeinschaftseinrichtungen wie Schule oder Kindergarten erst dann wieder besuchen, wenn es der Arzt erlaubt.

Anders als bei vielen anderen Kinderkrankheiten bedeutet eine überstandene Scharlacherkrankung nicht, dass das Kind ein Leben lang gegen die Streptokokken-Bakterien immun ist. Erkrankt es mehr als zwei- bis dreimal in einer "Saison" oder kurz hintereinander, so besteht der Verdacht, dass es sich immer wieder an einer Person in seiner Umgebung ansteckt, die selbst nicht erkrankt ist, den Erreger jedoch im Rachenraum beherbergt. Kann dieser Träger eindeutig ermittelt werden, wird der Arzt einen Rachenabstrich nehmen und ihm 5 Tage Penicillin verordnen.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Beschwerden“, „Wann zum Kinderarzt“, „Die Erkrankung“, „Ihre Apotheke empfiehlt“, „Ärztliche Behandlung“ und „Prävention“: Dagmar Fernholz
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Fieber bei Babys und Kleinkindern

Bei Babys und Kleinkindern wird die Temperatur am besten im Po, also rektal gemessen.

Fieber bei Babys und Kleinkindern

Richtig messen, richtig reagieren

Auch wenn Fieber im Kindesalter häufig vorkommt, ist für Eltern der fiebernde Nachwuchs jedesmal wieder eine echte Herausforderung. Vor allem bei Babys und Kleinkindern sind Väter und Mütter oft unsicher, was sie bei ansteigenden Temperaturen machen sollen. Deshalb ist es wichtig, gut informiert zu sein: Welche Temperaturen gelten bei Kindern überhaupt als Fieber, wann und wie sollte man Fieber senken und wann muss ein fieberndes Kind dem Arzt vorgestellt werden? Dies und mehr rund um das Thema Fieber bei Babys und Kleinkindern erfahren Sie in unserem Ratgeber.

Was ist Fieber überhaupt?

Fieber ist keine Krankheit, sondern Teil der Gegenmaßnahmen unseres Körpers auf das Eindringen von Krankheitserregern oder andere schädigende Ereignisse (Fieber entsteht z. B. auch bei Krebserkrankungen oder Hormonstörungen). Im Falle einer Infektion wird Fieber durch die körpereigene Abwehr ausgelöst, die über Botenstoffe wie Interleukine und Prostaglandine den Temperatur-Sollwert im Gehirn erhöht. Der Körper glaubt zu frieren und versucht, seine Kerntemperatur zu erhöhen. Er beginnt mit Kältezittern (Schüttelfrost), um durch Muskelaktivität Wärme zu generieren. Gleichzeitig verengt er die Gefäße und reduziert das Schwitzen, um weniger Wärme abzugeben. Durch die erhöhte Körpertemperatur wird nun der gesamte Stoffwechsel aktiviert und der Ablauf biochemischer Reaktionen beschleunigt – was wiederum die Abwehrvorgänge auf Trab bringt.

Hinweis: Bei Neugeborenen bis zu 28 Tagen ist dieser Mechanismus noch nicht voll ausgeprägt. Sie reagieren deshalb auch bei schweren Infektionen nur mit einem geringen Temperaturanstieg. Alarmzeichen sind bei ihnen eher Apathie, Trinkunlust, Veränderung der Hautfarbe und Berührungsempfindlichkeit.

Welche Temperaturen sind normal?

Gesunde Erwachsene haben eine durchschnittliche Körpertemperatur von 36,0 bis 37,2° C, Temperaturen > 37,9°C (rektal gemessen) gelten bei ihnen als Fieber. Die Körpertemperatur gesunder Kinder ist etwas höher, bei ihnen sind 36,5 bis 37,5 °C normal, wobei die Temperatur abends ein halbes Grad höher sein kann als morgens (war das Kind der Sonne ausgesetzt, kann das Thermometer auch ein ganzes Grad klettern). Von Fieber spricht man bei Kindern, wenn die Temperatur über 38,5°C liegt, darunter von subfebrilen Temperaturen. Bei Neugeborenen (bis 4 Wochen alt) gelten Temperaturen über 38,0 °C als Fieber.

Neben einer erhöhten Temperatur gibt es weitere aussagekräftige Hinweise darauf, ob ein Kind Fieber hat. Typische Anzeichen sind

  • Heißes und gerötetes Gesicht, glasige Augen
  • Teilnahmslosigkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit
  • Husten, Schnupfen, Atemnot
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Verändertes Schreimuster, Lethargie, Reizbarkeit.

Hinweis: Nicht jede Temperaturerhöhung ist krankhaft. Beim und nach dem Spielen in der Sonne, bei körperlicher Aktivität und Herumtoben entwickeln Kinder häufig Körpertemperaturen bis leicht über 38°C.

Fieber messen – aber richtig

Beim Verdacht auf Fieber ist sofort die Körpertemperatur zu messen. Die genauesten Werte ergibt die rektale Messung, bei der vorsichtig ein Thermometer in den Po des Kindes eingeführt wird. Folgendes Vorgehen wird empfohlen:

  • Das Kind ist nicht überhitzt (vom Herumtoben) und trägt nicht mehr Kleidung als nötig (zu warme Kleidung kann Fieber vortäuschen).
  • Das Kind legt sich entspannt auf die Seite und zieht die Beine an, Babys legt man auf den Rücken.
  • Die Spitze des digitalen Fieberthermometers mit Wasser anfeuchten oder mit etwas Vaseline oder Creme bestreichen.
  • Das Thermometer vorsichtig ein bis zwei Zentimeter in den Po einführen und auf das Messsignal warten.
  • Thermometer herausziehen, ablesen und reinigen.

Eine weitere Methode ist die Messung der Temperatur mittels Ohrthermometer. Hier ist es wichtig, dass das Gerät korrekt gehalten wird, damit der Infrarotstrahl auch das Trommelfell erreicht. Dafür muss man die Ohrmuschel vorsichtig nach hinten oben ziehen. Zu beachten ist auch, dass Ohrenschmalz und Zugluft die Messwerte verfälschen können.

Eine weitere Messmethode für kooperative Kinder über 5 Jahren ist die Messung der Temperatur im Mund. Gemessen wird frühestens 10 Minuten nach dem Essen oder Trinken unter der Zunge, das Kind soll während der Messung durch die Nase atmen. Messwerte unter der Zunge sind etwa 0,3 bis 0,5 °C niedriger als im Po gemessene Werte.

Hinweis: Stirn- und Schläfenthermometer sowie die Messung in der Achselhöhle sind ungenau, man sollte bei Kindern grundsätzlich darauf verzichten.

Wann zum Arzt?

Da Kinder im Verlauf des Heranwachsens viele Infektionen durchmachen, treten bei ihnen auch häufiger Temperaturerhöhungen und Fieber auf als bei Erwachsenen. Oft stecken banale Infektionen durch Viren oder Bakterien dahinter, z. B. ein Schnupfen oder ein Magen-Darm-Infekt, die man gut selbst behandeln kann. Zum Arzt gehen bzw. den Kinderarzt anrufen sollte man mit

  • Säuglingen < 3 Monaten bei Temperaturen ab 38,0 °C
  • Babys ab 3 Monaten und Kleinkindern bei Temperaturen ab 39 °C.

Daneben gibt es weitere Gründe, mit einem fiebernden Kind einen Arzt aufzusuchen:

  • Das Fieber dauert länger als 3 Tage.
  • Das Fieber sinkt trotz fiebersenkender Maßnahmen wie Paracetamol-Zäpfchen nicht.
  • Das Fieber kehrt nach einer kurzen fieberfreien Zeit wieder zurück.
  • Weitere Beschwerden kommen dazu, wie beispielsweise Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Hautausschlag, Nackensteife, erschwerte Atmung.
  • Das Baby schreit anders als sonst und/oder wirkt lethargisch.
  • Das Baby will nicht trinken und reagiert negativ auf Berührungen.
  • Die Eltern sind besorgt und beunruhigt.

Bei 90 % aller Fieberzustände kann der Arzt durch eine gründliche klinische Untersuchung und eine Untersuchung des Urins die Ursache feststellen und, falls notwendig, eine Therapie einleiten. Selten werden Blutentnahmen, Röntgen oder andere Untersuchungen nötig.

Ab wann Fieber senken?

Fieber hat bei Infektionen eine wichtige Aufgabe: Es beschleunigt alle Stoffwechselprozesse und heizt damit auch das Abwehrsystem ordentlich an. Deshalb muss es auch nicht zwingend bekämpft werden – im Gegenteil: Untersuchungen haben ergeben, dass fiebersenkende Mittel oft den Verlauf von Infektionskrankheiten verlängern. Andererseits ist hohes Fieber eindeutig schädlich: Steigt es über 39°C, kommt es über die Aktivierung des Stoffwechsels zu einer vermehrten Belastung von Herz und Kreislauf. Viele Ärzte empfehlen deshalb bei Kindern mit Herz- oder Lungenerkrankungen früher fiebersenkende Medikamente als bei ansonsten gesunden Kindern.

Doch wann sollen Eltern ihrem Kind ein fiebersenkendes Mittel verabreichen? Unter 40°C gibt es dafür keine generelle Empfehlung. Entscheidend ist neben der gemessenen Temperatur der Allgemeinzustand des Kindes, weshalb Eltern den kleinen Patienten gut beobachten müssen. Ist das Kind munter und trinkt ausreichend, können auch Körpertemperaturen bis 39°C akzeptiert werden. Bei Windelträgern ist regelmäßig zu prüfen, ob die Windeln nass genug werden – das Kleine also genug Flüssigkeit ausscheidet. Auch an trockenen Schleimhäuten, also wenn sich z.B. die Lippen trocken anfühlen und das Kind ein klebriges Gefühl im Mund hat, lässt sich gut erkennen, wenn ein Kind nicht ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist. Im Zweifel ist immer ein Arzt aufzusuchen!

Allgemein gilt: Je schlechter der Zustand des Kindes ist, desto früher sind bei Temperaturen > 38,5° C fiebersenkende Medikamente oder, wie in den oben genannten Fällen, auch der Gang zum Arzt angebracht. Mit einer Fiebersenkung begonnen werden sollte bei

  • Kindern mit rektalen Temperaturen > 39,5 °C
  • Fiebernden Kindern, die schon einmal einen Fieberkrampf erlebt haben
  • Fiebernden Kindern, deren Allgemeinzustand schlecht ist.

Hinweis: Fieber nach dem Impfen muss und soll nicht mit fiebersenkenden Mittel behandelt werden, da dies die erwünschte Impfreaktion abschwächt. Wenn Ihr Kind nach dem Impfen Temperaturen >39 °C entwickelt und Sie Zweifel haben, halten Sie Rücksprache mit Ihrem Kinderarzt.

Fieber senken – aber wie?

Fieber lässt sich mit Medikamenten oder mit physikalischen Maßnahmen beeinflussen. Als Erstmaßnahmen empfiehlt sich, dass das Kind mit nackten Beinen und Armen herumläuft, und im Bett nur mit einer leichten Decke schläft. Die Heizung etwas herunterzudrehen ist ebenfalls eine sinnvolle Idee — genau wie Speiseeis und kalte Getränke anzubieten. Diese Maßnahmen sind aber nur sinnvoll, wenn das Kind „mitzieht“ - wenn es sich dagegen wehrt, sollte man darauf verzichten. Ansonsten verschaffen eine ganze Reihe von Hausmitteln dem Patienten in der jeweiligen Fieberphase Linderung. Insgesamt gelten folgende Regeln:

  • Viel trinken! Fiebernde Kinder sollen täglich 50 bis 80 ml Wasser oder ungesüßten Tee pro kg Körpergewicht trinken.
  • Wärmflasche und eine zusätzliche Decke helfen bei Schüttelfrost.
  • Wadenwickel und Pulswickel anlegen, wenn das Fieber sinkt und der Körper gekühlt werden soll. Achtung, bei Säuglingen sind nur Pulswickel angebracht.
  • Strikte Bettruhe, gerne auch auf dem Sofa, ist nur einzuhalten, wenn das Kind sich schlapp fühlt. Körperliche Anstrengungen, Sport und Toben sind trotzdem zu vermeiden.

Hinweis: Damit der Körper nicht zu sehr auskühlt, dürfen Waden- oder Pulswickel nur angelegt werden, wenn Arme und Beine warm sind!

Fieber mit Medikamenten senken

Als Medikamente der Wahl gelten bei Kindern Paracetamol und Ibuprofen.

  • Paracetamol (zum Beispiel ben-u-ron®) wirkt gegen Fieber und Schmerzen, indem es die Synthese von Prostaglandinen und die pyrogenen Effekte anderer körpereigener Botenstoffe im Gehirn hemmt. Es wird je nach Alter und Gewicht dosiert, die Tagesgesamtdosis sollte 60 mg/kg Körpergewicht nicht überschreiten. Paracetamol ist auch für Neugeborene zugelassen, in diesen Fällen wird der Arzt die entsprechenden Mengen bestimmen.
  • Ibuprofen (zum Beispiel Nurofen®) wird ebenfalls nach Alter und Gewicht dosiert, hier ist die höchste erlaubte Gesamttagesdosis 30 mg/kg Körpergewicht. Ibuprofen ist für Kinder ab 3 Monaten zugelassen. Für sehr kleine Dosen empfehlen sich Zäpfchen.

Die fiebersenkenden Arzneimittel stehen als Saft, Zäpfchen, Tabletten, Kapseln oder Schmelztabletten zur Verfügung. Bei der Gabe von Fiebersaft ist Vorsicht geboten, er soll dem sitzenden oder aufrecht gehaltenen Kind langsam in die Wangentasche geträufelt werden, damit es sich nicht verschluckt. Bei Erbrechen oder wenn das Kind lethargisch ist und schlecht schlucken kann, eignen sich Zäpfchen besonders gut.

Einige Ärzte empfehlen, fiebernden Kindern Paracetamol und Ibuprofen im Wechsel zu geben, um das Fieber so schneller zu senken. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin lehnt dieses Vorgehen ab und rät dazu, nur einen Wirkstoff zu verwenden und außerdem die verabreichten Mengen genau zu notieren. Notieren Sie auch die gemessenen Temperaturen, um eine Fieberkurve zu erstellen. Diese Informationen sind wichtig, wenn Sie mit Ihrem Kind doch den Kinderarzt aufsuchen möchten.

Hinweis: Acetylsalicylsäure (ASS) darf Kindern und Jugendlichen nicht gegeben werden, da bei ihnen durch ASS das seltene Reye-Syndrom mit Gehirnentzündung und Leberzellnekrose ausgelöst werden kann.

Quellen: DAZ 2019, Nr. 47, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: fotorawin/Shutterstock.com