Gesundheit heute

Steißlage

Steißlage (Beckenendlage, BEL): Während der Schwangerschaft liegt das Kind normalerweise mit dem Kopf nach oben in der Gebärmutter. Bis zur 32. Schwangerschaftswoche haben sich schon 80 % der Kinder mit dem Kopf nach unten „eingestellt“, wie die Geburtshelfer*innen sagen, und bis zum Geburtstermin weitere 15 % – aber eben nicht alle: Etwa 4 % der Geburten erfolgen in Steißlage, d. h. das Kind kommt mit dem Kopf nach oben und dem Steiß nach unten zur Welt (Steißgeburt). Bei Frühgeburten kommt diese Lage mit 10–15 % entsprechend häufiger vor.

Die Geburt bei Steißlage ist aus mehreren Gründen risikoreicher als Geburten, bei denen der Schädel vorangeht:

  • Der Steiß dichtet den Geburtskanal nach unten nicht so gut ab wie der größere Kopf, das heißt die Nabelschnur kann am Steiß vorbeirutschen und zum Nabelschnurvorfall führen.
  • Die Arme können sich im Geburtskanal „verhaken“ und unter Umständen nur mit Zug gelöst werden – beides kann zur Schädigung der Armnerven führen.
  • Der Steiß des Kindes hat einen geringeren Umfang als der Kopf und dehnt den Geburtskanal deshalb nicht genügend – die Geburt des Kopfes wird dadurch erschwert.
  • Wird erst der Nabel und danach der Kopf geboren, wird die Nabelschnur zwangsläufig abgedrückt und der Säugling erhält keinen Sauerstoff. Diese Zeit ist die kritischste während einer Steißgeburt: Wird der Kopf nicht innerhalb von 3–5 Minuten geboren, erstickt das Kind oder kann eine schwere Schädigung erleiden.

Wegen dieser Risiken versucht die Geburtshelfer*in, entweder das Kind ab der 37. Schwangerschaftswoche vor der Geburt aus der Steißlage in eine Schädellage zu drehen (äußere Wendung). Gelingt dies nicht, kann die Frau das Kind trotzdem natürlich entbinden. Allerdings haben nicht alle Kliniken Erfahrung bei Geburten aus der Beckenendlage. Deshalb lohnt es sich, vor der Geburt das Gespräch mit der Klinik zu suchen. Als Alternativen zur äußeren Wendung werden die Indische Brücke (Lagerungsübung), Moxibustion (Wärmebehandlung der Akupunkturpunkte), Akupunktur und die Zilgrei-Methode (Atemtechnik) angeboten. Ihre Wirksamkeit ist aber umstritten.

Es gibt aber auch Umstände, unter denen sich ein Kaiserschnitt nicht vermeiden lässt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn

  • ein Missverhältnis zwischen Größe des Kopfs und Geburtskanal besteht.
  • eine Fehlbildungen des Kindes oder besondere mütterliche Risiken bestehen.
  • das Kind mehr als 3 500 g wiegt.
  • das Kind den Kopf nicht überstreckt und beide Füße nicht gerade nach unten liegen (reine Fußlage).

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Was steckt hinterm Sommerbaby-Boom?

Die meisten Eltern wünschen sich ein Frühjahrs- oder Frühsommerbaby.

Was steckt hinterm Sommerbaby-Boom?

Klima, Pille, Weihnachten

Früher war das Frühjahr die Zeit der Geburten — doch seit etwa 40 Jahren kommen die meisten Kinder im Sommer auf die Welt. Was steckt dahinter? Die Hypothesen reichen von der Pille bis zum Klimawandel.

Gute Ernte, neues Kind

Die Über-50-Jährigen merken es alle Frühjahre wieder, wenn sich im Kreis der Gleichaltrigen Geburtstagfeier an Geburtstagsfeier reiht: Bis in die 70er-Jahre erblickten Kinder vor allem in den Monaten Februar, März und April das Licht der Welt. Als Erklärung dafür muss die Landwirtschaft herhalten. Denn war im Sommer die Ernte gut, konnte sich die Familie ein weiteres Kind leisten — und das kam dann neun Monate später im Frühjahr zur Welt.

Gute Sitten: Frühjahrsbaby

Auch die guten Sitten bevorzugen Frühjahrsbabys: Sex vor der Ehe war ein Tabu, und geheiratet wurde im Sommer. Erst danach gings mit Volldampf in die Kinderproduktion. Doch seit einigen Jahrzehnten wackelt das frühjährliche Geburten-Hoch und der Sommer verzeichnet die meisten Neuankömmlinge. 2019 war beispielsweise Juli der geburtenstärkste Monat, dicht gefolgt vom August und vom September.

Demografen rätseln, was hinter diesem Wandel steckt. Womöglich sind die die wilden 60er-Jahre, ihre Enttabuisierung von Sex und die Entkopplung von Sex und Ehe eine Erklärung. Zudem sind seitdem Geburten durch die Pille planbarer. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht, erklärt Joshua Wilde vom Max-Planck-Institut für demografische Entwicklung. Denn die meisten Eltern wünschen sich die Geburt ihres Nachwuchses in Frühjahr oder Frühsommer. Die Pillen-Theorie würde also eher zu einer Vermehrung der Frühjahrsbabys führen.

Weihnachtszeit, Familienzeit …

Weihnachten scheint beim Geburtengipfels ebenfalls mitzumischen: 9 Monate nach den Festtagen werden seit 40 Jahren durchschnittlich die meisten Kinder geboren. Allerdings nicht von muslimischen oder christlichen Frauen, wie ein israelischer Wissenschaftler herausfand. Bei ihnen zeigt sich kein postweihnachtliches Geburtenhoch im September. Anzumerken ist, dass es auch schon früher ein kleines septemberliches Zwischenhoch gab — und das Fest von Christi Geburt offenbar schon immer zu Zweisamkeit anregte. Gegen die Weihnachtstheorie als verstärkender Faktor spricht außerdem, dass auch viele Länder auf der Südhalbkugel den Wechsel von Frühjahrs- auf Sommerbabys vollzogen haben.

Hitzewelle stört die Zeugung

Demografieforscher Joshua Wilde führt stattdessen den Klimawandel als Erklärung ins Feld. Die immer stärker werdende Sommerhitze erschwert Schwangerschaften, die im Sommer entstehen, es drohen vermehrt Fehlgeburten. Das könnte erklären, warum Sex im Sommer weniger Folgen hat und im Frühjahr weniger Kinder das Licht der Welt erblicken.

Immerhin passt diese Erklärung dazu, dass das Phänomen der boomenden Sommerbabys auch in vielen europäischen Ländern und in den USA zu beobachten ist. Hitzewellen und immer wärmeres Wetter gebe es weltweit, betont Wilde. Doch auch für diese Hitze-Hypothese gibt es Gegenargumente: West- und Ostdeutschland gleichen sich im Klima, haben aber die Entwicklung von Frühjahrs- zu Sommerbabyboom zeitversetzt durchgemacht: Der Westen in den 80er-Jahren, der Osten erst seit den 90ern.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: t.max/Shutterstock.com