Gesundheit heute

Schwangerschaftsdiabetes

Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes): Vorübergehender Diabetes, der nur in der Schwangerschaft besteht, und mit vielfältigen Risiken für kindliche Schädigungen und Geburtskomplikationen verbunden ist; ~ 3 % der Schwangeren sind betroffen.

Leitbeschwerden

  • Zu großes Kind (Makrosomie)
  • Zu viel Fruchtwasser (Polyhydramnion)

Diese beiden Leitbeschwerden lassen sich nur per Ultraschall sicher nachweisen.

Die Erkrankung

Durch die hormonellen Änderungen gerät bei jeder Schwangeren der Stoffwechsel durcheinander; am häufigsten ist dabei der Kohlenhydratstoffwechsel betroffen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei vier bis fünf von hundert Schwangeren erhöhte Blutzuckerwerte gemessen werden. Meist kommt es zu dieser Störung nach der 20. Schwangerschaftswoche, am häufigsten zwischen der 28. und 30. SSW. Bei 80 Prozent der Betroffenen führt eine Ernährungsumstellung in Verbindung mit regelmäßiger Bewegung zu normalen Blutzuckerwerten, nur eine von fünf Frauen benötigt Insulin.

Der erhöhte Blutzuckerwert ist aber gefährlich: Durch das Überangebot an Blutzucker wachsen die Kinder viel zu schnell, und die Organe können in ihrer Entwicklung nicht mithalten. Zum Geburtstermin wiegen diese Säuglinge oft 4 500 g und mehr, und mit diesem Gewicht ist eine natürliche Geburt durch den nicht unendlich dehnbaren Geburtskanal sehr erschwert. Lebenswichtige Organe sind nicht ausreichend entwickelt; die Lunge schafft oft den Gasaustausch noch nicht, was zu Atemnot führt, und die nicht ausreichend entwickelte Leber begünstigt Gelbsucht (Ikterus).

Frauen mit hohen Blutzuckerwerten sind zudem sehr anfällig für Infektionen wie z. B. Blasenentzündungen. Dadurch drohen vorzeitige Wehentätigkeit und Frühgeburt. Im späteren Leben leiden die Kinder oft an den Folgen des Schwangerschaftsdiabetes. Die Risiken, Übergewicht und selbst einen Diabetes zu entwickeln, sind deutlich erhöht.

Schwangere mit vorbestehendem Diabetes müssen von einem erfahrenen Diabetologen mit größter Aufmerksamkeit betreut werden; dieser muss auch die Einstellung der Blutzuckerwerte sehr genau überwachen. In der ersten Schwangerschaftshälfte müssen Diabetikerinnen mit deutlich niedrigeren und stärker schwankenden Blutzuckerwerten rechnen; sie benötigen in dieser Zeit viel weniger Insulin als sonst. Auf den verminderten Insulinbedarf muss rasch reagiert werden, indem der Blutzuckerwert engmaschig kontrolliert und die Insulindosen dementsprechend angepasst werden. Gelingt dies nicht, drohen riskante Unterzuckerungen (Hypoglykämien). Da der Blutzuckerspiegel sehr stark schwankt, kann die Einstellung in dieser Zeit viel Nerven kosten, sie erfordert viel Umsicht und Geduld.

Besser wird es in der zweiten Schwangerschaftshälfte. War zuvor eine Dosisreduktion um bis zu 50 % möglich, benötigen die Frauen jetzt sogar bis zur doppelten Insulinmenge wie vor der Schwangerschaft. Aber die Schwankungen nehmen ab, und die Blutzuckerwerte werden wieder stabiler.

Nach der Entbindung sinkt der Insulinbedarf bald wieder auf den Wert, der vor der Schwangerschaft vorlag.

Das macht der Arzt

Der sicherste Test, um einen Schwangerschaftsdiabetes zu erkennen, ist der orale Glukosetoleranztest (oGTT): Vor und eine Stunde nach dem Trinken einer Zuckerlösung werden die Blutzuckerwerte bestimmt. Viele Frauenärzte führen aber zunächst einen einfacheren Suchtest durch (Beurteilung des Nüchternblutzuckers).

Seit 2012 legt die Mutterschaftsrichtlinie fest, dass dem Nüchtern-Blutzuckerbelastungstest ein Suchtest vorgeschaltet ist. Bei diesem Suchtest trinkt die Schwangere im nicht-nüchternen Zustand 200 ml Wasser mit 50 Gramm Traubenzucker, bevor eine Stunde später einmalig der Blutzucker im Blut bestimmt wird. Allerdings ist hierbei fraglich, ob dieser Suchtest zuverlässig auch Frauen mit isoliert erhöhtem Nüchtern-Blutzucker erfasst. Deshalb werden erfahrene Ärzt*innen auf die Bestimmung des oralen Glucosetoleranztests (oGTT) bestehen, wenn ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes vorliegt, so bei:

  • Übergewicht
  • Schwangerschaftsdiabetes bei vorangegangener Schwangerschaft
  • Vorangegangener Geburt, bei der das Kind ein Geburtsgewicht von über 4,5 kg hatte
  • Früheren Fehlgeburten
  • Diabetes bei Eltern oder Geschwistern
  • außergewöhnlicher Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
  • Alter über 30 Jahren.

Selbsthilfe und Vorsorge

Eine Umstellung auf eine für Diabetikerinnen empfohlene Ernährung mit niedrigem Kohlenhydratanteil – weniger als 40 % der täglich zugeführten Kalorien sollten Kohlenhydrate sein – reicht bei vielen Frauen aus, um den Blutzuckerspiegel wieder in normale Bereiche zu bringen. Regelmäßige körperliche Bewegung trägt zusätzlich dazu bei, dass die Werte sinken. Bleibt der Blutzuckerspiegel trotzdem erhöht, muss Insulin gespritzt werden; Tabletten dürfen bei Schwangeren nicht eingesetzt werden.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Alle 3 Monate zum Augencheck

Hohe Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft gefährden die Netzhaut.

Alle 3 Monate zum Augencheck

Schwangere mit Diabetes

Werdende Mütter mit Diabetes sollten sich regelmäßig die Augen kontrollieren lassen. Denn bei ihnen können während der Schwangerschaft Netzhautschäden auftreten – die im schlimmsten Fall sogar zu einer Erblindung führen.

Auch Netzhautgefäße betroffen

Hohe Blutzuckerwerte sind Gift für die Gefäße. Deshalb leiden Menschen mit Diabetes besonders oft an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch die Gefäße in der Netzhaut sind in Gefahr: Werden sie geschädigt, spricht man von einer diabetischen Retinopathie, die je nach Ausmaß zu Sehproblemen bis hin zum Sehverlust führen kann.

In der Schwangerschaft ist das Risiko für diabetische Retinopathien groß. Damit das Kind genügend Glukose erhält, verändern die Schwangerschaftshormone den Blutzuckerhaushalt der Mutter. Gesunde Frauen können dies ausgleichen – Diabetikerinnen häufig nicht. In der Folge sind ihre Blutzuckerwerte oft erhöht, was den Gefäßen in der Netzhaut schadet.

Bei beiden Diabetesformen möglich

Zu Netzhautschäden kommt es bei schwangeren Diabetikerinnen relativ häufig: In einer Studie mit über 1600 Betroffenen wies jede zweite Frau eine diabetische Retinopathie auf. Insbesondere Frauen mit einem Typ-1-Diabetes waren davon betroffen, aber auch werdende Mütter mit einem Diabetes Typ 2 litten daran.

Augencheck mindestens einmal pro Schwangerschaftsdrittel

Egal welche Form von Diabetes: Die diabetische Retinopathie ist bei Schwangeren nicht nur häufig. Sie schreitet bei ihnen erfahrungsgemäß auch viel schneller voran als bei gesunden Müttern. Deshalb sind für schwangere Diabetikerinnen Augenkontrollen besonders wichtig. Am besten lassen sie sich schon bei Kinderwunsch von einer Augenärzt*in untersuchen und beraten.

Liegen bereits Netzhautschäden vor, können diese mit Medikamenten oder dem Laser behandelt werden. Während der Schwangerschaft sollte bei allen Diabetikerinnen die Augen regelmäßig kontrolliert werden. Expert*innen empfehlen eine Untersuchung pro Schwangerschaftsdrittel. Bei diagnostizierten Netzhautschäden sind, abhängig vom Befund, Kontrollen sogar alle vier Wochen ratsam.

Auch nach der Geburt kontrollieren

Wichtig ist zudem: Das Risiko für Netzhautverschlechterungen besteht auch nach der Geburt weiter. Fachleute empfehlen deshalb, die Augen noch mindestens ein weiteres Jahr nach der Entbindung regelmäßig augenärztlich kontrollieren zu lassen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Aleksey Boldin / Alamy / Alamy Stock Photos