Gesundheit heute

Was sind funktionelle Nahrungsbestandteile?

Neben Vitaminen und Mineralstoffen sind in den vergangenen Jahrzehnten viele weitere Stoffe in der Nahrung bekannt geworden, deren Zufuhr zwar nicht lebensnotwendig ist, die aber dennoch unsere Gesundheit unterstützen. Sie werden als funktionelle Nahrungsbestandteile, nicht nutritive Nahrungsstoffe oder bioaktive Nahrungsstoffe bezeichnet.

  • Faserstoffe: Diese löslichen und unlöslichen Ballaststoffe haben weitreichende Wirkungen auf die Verdauung, den Stoffwechsel, die Blutgerinnung und das Immunsystem.
  • Probiotika: Mit der Nahrung werden auch Keime aufgenommen, die sich im Dickdarm ansiedeln und dort als Teil der Darmflora gesundheitsfördernde Wirkungen entfalten. So ist reifes Obst von Milchsäurebakterien besiedelt, und selbst wenn man einen angebissenen Apfel nur kurze Zeit ruhen lässt, machen sich darauf bald Milchsäurebakterien breit. Alle fermentierten Nahrungsmittel wie Joghurt oder Sauerkraut enthalten große Mengen probiotischer Keime.
  • Sekundäre Pflanzenstoffe: Dies sind schätzungsweise 25 000 Stoffe, die in Pflanzen zusätzlich zu ihren primären Bestandteilen (Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralien) vorkommen. Diese teilweise auch als Phytamine bezeichneten Bestandteile dienen der Pflanze zur Abwehr von Fressfeinden (etwa Bitterstoffe), locken Insekten oder Tiere an, welche dann die Samen der Pflanzen weitertragen, steuern das Wachstum oder dienen als Schutzstoffe gegen UV-Strahlung. Nur ein kleiner Teil der sekundären Pflanzenstoffe ist für Menschen überhaupt wahrnehmbar – als Aroma-, Geschmacks-, Farb- oder Bitterstoffe. Man schätzt, dass der Mensch mit einer gemischten Kost täglich etwa 1,5 g sekundäre Pflanzenstoffe zu sich nimmt.

Auch in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs sind funktionelle Nahrungsbestandteile zu finden, wie etwa konjugierte Linolsäure oder Ubiquinone, wie das aggressiv vermarktete, in Vergleichsstudien aber enttäuschende Coenzym Q10. Daneben werden auch manche Fettsäuren, wie etwa die Omega-3-Fettsäuren zu den funktionellen Nahrungsbestandteilen gerechnet.

Für viele funktionelle Nahrungsbestandteile konnten positive Wirkungen in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen werden. Allerdings beschränken sich diese „Wirknachweise“ auf Experimente an Versuchstieren oder sie wurden aus vergleichenden Beobachtungen (Kohortenstudien) abgeleitet. Gerade die sind aber oft nicht geeignet, um ursächliche Zusammenhänge zwischen Einnahme und Wirkung wirklich zu beweisen. Die möglichen Wirkungen im Einzelnen:

  • Wirkung gegen Entzündungen. Hier sind vor allem die Omega-3-Fettsäuren zu nennen, die insbesondere dann Entzündungsprozesse hemmen können, wenn sie in einem günstigen Verhältnis zu den Omega-6-Fettsäuren vorliegen. 
  • Unterstützung des Immunsystems. Von löslichen Faserstoffen könnte eine gesundheitsfördernde Wirkung ausgehen, da sie die Darmflora stärken. Darüber hinaus wirken viele sekundäre Pflanzenstoffe auf die Immunzellen, wobei allerdings unklar ist, ob dies auch mit einer messbaren Stärkung des Immunsystems insgesamt verbunden ist.
  • Wirkung gegen Krebs. Viele funktionelle Nahrungsbestandteile wie die Karotinoide sowie die Flavone wirken antioxidativ und könnten dadurch Zellschädigungen verhindern. Pflanzliche Faserstoffe beeinflussen zudem, wie lange der Darminhalt im Darm verbleibt. Durch eine faserstoffreiche Ernährung werden Giftstoffe schneller ausgeschieden – dadurch könnte sich das Darmkrebsrisiko verringern [225].
  • Unterstützung des Stoffwechsels. Viele Nahrungsbestandteile greifen direkt in den Stoffwechsel der Blutfette ein. Nachgewiesen ist, dass Pflanzensterole (z. B. das Sitosterol der Nüsse), pflanzliche Sulfide (z. B. in Knoblauch) und lösliche Faserstoffe (z. B. Psyllium oder Pektine in Früchten) das schlechte LDL-Cholesterin senken. Auch hat sich gezeigt, dass lösliche Faserstoffe die Wirkung von Insulin günstig beeinflussen und damit möglicherweise der Entstehung eines metabolischen Syndroms entgegenwirken.

Was liegt näher, als die vielen nützlichen Stoffe gezielt in Lebensmitteln anzureichern? Aus dem altbackenen Essen wird dann Functional Food. Während Nahrungsergänzungsmittel schon unsere Vorfahren begeisterten, erobern mit funktionellen Bestandteilen angereicherte Lebensmittel seit Mitte der 1990er-Jahre die Regale der Lebensmittelläden. Eine wahre Goldgrube für die Lebensmittelindustrie, die in diesem Grenzbereich zwischen Lebensmitteln und Medikamenten weltweit inzwischen mehr als 60 Milliarden Euro jährlich umsetzt. Die Gewinnspannen sind enorm. Mit einer kleinen funktionellen Anreicherung lässt sich leicht ein bis zu 6-fach höherer Preis fordern als mit dem herkömmlichen Produkt.

Wie wirksam sind funktionelle Nahrungsbestandteile?

Es gibt nichts, was es nicht gibt. Von Haifischknorpelprodukten über die Vormilch von Kühen bis zu Produkten aus Regenwürmern. Im Gegensatz zu Arzneimitteln braucht diese Art von Produkten keine Marktzulassung. Ihre Wirkung muss deshalb bisher nicht nachgewiesen werden, denn laut Gesetz handelt es sich um Lebensmittel, auch wenn sie im Grunde wegen ihrer erhofften medizinischen Wirkung gekauft werden.

Die Frage, wie wirksam Nahrungsergänzungsmittel oder Functional Foods sind, ist in dieser allgemeinen Form nicht zu beantworten. Selbst wenn für einzelne in diesen Mitteln enthaltene Substanzen positive Wirkungen nachgewiesen sind, etwa die blutzuckersenkende Wirkung von Zimt oder die antientzündliche und arteriosklerosevorbeugende Wirkung des Knoblauchs, heißt das noch lange nicht, dass das eingenommene Präparat für die Gesundheit des Patienten eine positive Wirkung hat.

Dies mag auch daran liegen, dass viele der funktionellen Substanzen in der Natur in einem Paket vorliegen – Omega-3-Fettsäuren z. B. sind ein Teil vieler Fischöle, aber eben nur ein kleiner Teil. Und auch das Olivenöl ist eben nicht nur ein Träger für bestimmte, angeblich wunderwirkende Polyphenole, sondern ein Gemisch aus Hunderten von miteinander in Wechselwirkung stehenden Substanzen. Im echten Leben wird es zudem als Teil einer insgesamt an Antioxidanzien reichen, frisch zubereiteten und ausgewogenen Ernährung eingenommen (von dem oft dazugehörenden südländischen Lebensstil ganz zu schweigen). Wird das Paket aufgeschnürt und nur einzelne Wirkstoffe daraus entnommen, so könnte sich die Wirkung mancher Stoffe also deutlich reduzieren oder gar verflüchtigen.

Wissenschaftliche Tests zeigen, dass die meisten Nahrungsergänzungsmittel in isolierter Form keinerlei Wirkung haben, so z. B. die angeblich knorpelaufbauenden Stoffe Glukosamin und Chondroitin [226]. Auch die östrogenartig wirkenden Isoflavone aus dem Sojaprotein, die gegen Wechseljahrbeschwerden propagiert werden, erwiesen sich als nutzlos [227]. Dasselbe gilt für die angeblich wunderwirkenden Omega-3-Fettsäuren: Die Anreicherung der Nahrung mit diesen Fettsäuren scheint keine Wirkung gegen Krebs zu haben, und auch bei der Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen können sie alleine nicht viel ausrichten [270]. Ebenso erwies sich die Annahme, dass alleine Ballaststoffe in der Nahrung zur Vorbeugung von Darmkrebs dienen können, als falsch [271].

Für bestimmte Nahrungsergänzungsmittel werden sogar gesundheitsschädliche Wirkungen vermutet, etwa beim Stimulans und Fatburner Ephedra-Kraut (Herzkreislauf – und psychische Schäden) oder beim Spurenelement Selen (möglicherweise erhöhtes Diabetes-Risiko) [207]. Auch die in letzter Zeit gehäuft vor allem für Sportler angepriesenen Aminosäuren oder auch Eiweißpräparate sind kritisch zu bewerten. Obwohl es richtig ist, dass essenzielle Aminosäuren (also solche Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann) Bestandteil gesunder Nahrung sind, ist eine hochdosierte Zufuhr über den Bedarf hinaus weder sinnvoll, noch lässt sich eine positive Wirkung durch Studien belegen. Dasselbe gilt für die Aminosäuren, die der Körper selbst herstellt (nicht essenzielle Aminosäuren). Wenn die Werbung für Eiweißpräparate behauptet, sie seien aus „besonders wertvollen“ Aminosäuren aufgebaut, dann verkennt das die Tatsache, dass für den biologischen Wert eines Eiweißes nicht nur die Aminosäuren maßgebend sind, sondern auch die sonstige Versorgung des Körpers mit Eiweiß. Ist sie ausreichend, werden auch die „wertvollen“ Aminosäuren einfach als Brennmaterial verbraucht. Besser – und bei Weitem billiger – als Eiweißpräparate mit wohlklingenden Namen sind Nüsse, Hülsenfrüchte und sonstige Samenfrüchte, die Aminosäuren in einem ausgewogenen Verhältnis enthalten.

Dagegen ist für einige Nahrungsergänzungsmitteln ein gesundheitlicher Vorteil erwiesen:

  • So gibt es einigermaßen verlässliche Hinweise, dass Omega-3-Fettsäuren nach einem Herzinfarkt vor einem neuen Infarkt schützen können [228].
  • Auch lässt sich der Zusatz der langkettigen Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Arachidonsäure (AA) zur Säuglingsmilch rechtfertigen – sie können tatsächlich die Hirnreifung bei frühgeborenen Säuglingen unterstützen.
  • Auch der Zusatz von Präbiotika kann Säuglingsmilchnahrung aufwerten – entsprechende Produkte senken nachweislich das Allergierisiko.
  • Es gibt zudem Hinweise, dass Phytosterine (etwa Sitosterol oben) den Cholesterinspiegel senken.
  • Probiotische Laktobazillen in Joghurts können bei Durchfallerkrankungen helfen. Ob sie darüber hinaus „die Abwehrkräfte stärken“, ist jedoch unklar.
  • Möglicherweise können auch Phytoöstrogene (schwach östrogenartig wirkende Pflanzenbestandteile, z. B. in Sojabohnen, Spinat und Brokkoli) gegenüber Lungen- und Prostatakrebs vorbeugen. Diese Vermutungen stützen sich bis jetzt nur auf Beobachtungen; eine verlässliche Bewertung steht noch aus [224].

Hinter dem Functional-Food-Boom steht das Versprechen, dass auf gesunde Ernährung nicht groß geachtet werden muss, weil man die entscheidenden Bestandteile über Vitaminmischungen und Functional Food hinzukaufen kann. Das allerdings scheint zu schön, um wahr zu sein: Bisher ist der Nutzen isolierter, chemisch-industriell erzeugter Nahrungsergänzungsbestandteile nicht erwiesen und viel zu unsicher, um eine routinemäßige Einnahme zu empfehlen.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Welches Fett lässt länger leben?

Butter ist lecker – aber wer zu viel davon ist, verkürzt sein Leben.

Welches Fett lässt länger leben?

Butter, Rapsöl oder Olivenöl

Ohne Fette geht es in der Nahrung nicht. Doch im Hinblick auf die Gesundheit macht es Sinn, sich ganz genau auszusuchen, ob man eher auf Butter oder Pflanzenöl setzt.

Fett macht glücklich

Unser Körper braucht Fette: Sie liefern pro Gramm doppelt soviel Energie wie Eiweiß oder Kohlenhydrate und sind unentbehrlich für wichtige Stoffwechselfunktionen. Damit wir genug Fette aufnehmen, sorgt der Organismus dafür, dass wir sie lieben: Denn Fette verstärken den Geschmack von Lebensmitteln im Mund und aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn – was Glücksgefühle auslöst.

Über 220000 Erwachsene im Fett-Test

Schon lange weiß man, dass nicht-tierische Fette einen Vorteil gegen über Butter & Co. haben. Wie das konkret aussieht, zeigen die Daten von mehr als 220000 Erwachsenen aus zwei US-amerikanischen Langzeitstudien. Darin hatten die Studienteilnehmenden alle vier Jahre angegeben, wie oft und in welchen Mengen sie Butter und verschiedene pflanzliche Öle verzehrt hatten. Die Forschenden bildeten für jedes Fett jeweils vier Gruppen (niedrigster bis höchster Konsum) und stellten die jeweiligen Krankheits- und Sterbedaten gegenüber.

Pflanzenöle verringern Gesamtsterberisiko

Während der 33-jährigen Beobachtungszeit waren 50932 Todesfälle registriert worden, 12241 aufgrund von Krebs, 11240 aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der höchste Butterkonsum war dabei mit einem um 15 % höheren Gesamtsterberisiko verbunden als der niedrigste Butterkonsum. Bei den pflanzlichen Ölen war das Gegenteil der Fall: Diejenigen, die davon am meisten aufgenommen hatten, lebten länger – ihr Gesamtsterberisiko war um 16% niedriger als bei den Teilnehmenden, die am wenigsten Öle verzehrt hatten.

Oliven-, Soja- und Rapsöl am besten

Am stärksten war der schützende Effekt bei Oliven-, Soja- und Rapsöl. Wer täglich davon etwa einen Teelöffel zu sich nimmt (das sind etwa 5 g Öl), senkt sein Sterberisiko um 15%. 10 g (ein Esslöffel) senken das Risiko, an Krebs oder einer Herz-Kreislauferkrankung zu sterben um 11% bzw. 6%. Und wer jeden Tag 10 g Butter mit 10 g Öl ersetzt, reduziert sein Sterberisiko um 17%, rechnen die Forschenden vor. Für Mais- und Distelöl ließen sich dagegen keine schützenden Effekte erkennen. Das könne allerdings daran liegen, dass es für diese Öle zu wenig Daten gab.

Quelle: medscape

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Madeleine Steinbach / Alamy / Alamy Stock Photos