Gesundheit heute
Artgerechte Ernährung
Wo sich so viele Diäten und Ernährungsformeln als die beste Ernährung anbieten, ist der Blick zurück zu den Wurzeln unserer Ernährung verständlich. Sollte nicht das, was Homo sapiens schon immer gegessen hat, die beste Richtschnur für gesundes Essen sein?
So beruft sich manche neue Diät auf eine Art Urnahrung (natürliche Ernährung), die auf der Ernährungsweise unserer jagenden und sammelnden Ahnen basieren soll – oft mit widersprüchlichen Argumenten.
Gesichert ist, dass sich der Speiseplan unserer Vorfahren immer wieder wandelte
Entscheidend änderte sich das mit dem Eintritt in die Sesshaftigkeit vor 6000–10000 Jahren. Durch die Zucht ertragreicher Gräser (Getreide) änderte sich die Art der zugeführten Kohlenhydrate stark. Die Gesamtmenge der Kohlenhydrate blieb dagegen in etwa gleich. Später kamen auch Tiermilch und Mastfleisch auf den Speisezettel. Untersuchungen des menschlichen Erbguts zeigen, dass diese neueren Änderungen unseres Speisezettels Spuren hinterlassen haben. So sind immerhin 28% der genetischen Unterschiede zwischen den Menschen in den verschiedenen Regionen Europas auf Ackerbaugene zurückzuführen, also auf Gene, die sich erst mit der Sesshaftigkeit ausbreiteten
Um das Nahrungsangebot optimal verwerten zu können, passte sich der Mensch genetisch ein Stück weit den neuen Möglichkeiten an: Beispiel Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz). Ursprünglich hatte es für den Menschen keinen Sinn, die zur Verdauung von Milchzucker benötigten Enzyme ein Leben lang vorzuhalten – die einzige Quelle von Milchzucker war schließlich die Muttermilch. Das änderte sich mit der Einführung der Viehhaltung – jetzt war es von Vorteil, auch im späteren Leben Laktose verwerten zu können. Diejenigen unserer Vorfahren, die den Milchzucker 100% verwerten konnten, hatten einen Überlebensvorteil. Und so änderte sich bei den Viehhaltern durch natürliche Ausleseprozesse nach und nach die Verdauung. Das Resultat: Während Volksgruppen ohne Viehzuchttradition (wie etwa viele afrikanische Volksstämme oder die meisten asiatischen Völker) den in allen Tiermilcharten enthaltenen Milchzucker nicht vertragen, können die Nachfahren von Viehhaltern – so die meisten Europäer*innen – Milch lebenslang als Nahrungsquelle nutzen.
Und das umso eher, je weiter nördlich sie leben, denn je weniger Sonnenlicht den Menschen zur Verfügung stand, desto entscheidender war der Vorteil, den die Milch brachte. Schließlich ist diese nicht nur eine zusätzliche Nahrungsquelle, sondern sorgt durch ihren Kalziumgehalt auch für stärkere Knochen und ein besseres Wachstum – ein riesiges Plus in den an Sonnenlicht armen Klimazonen, in denen die Gesundheit der Knochen immer von Rachitis bedroht ist. Kein Wunder also, dass praktisch alle Skandinavier*innen Milch gut vertragen, während das im Süden Europas nur für 2/3 der Bevölkerung gilt.
Beispiel Kohlenhydrate. Da die Sesshaftigkeit für manche Volksgruppen früher, für andere später begann, lassen sich weitere Unterschiede im Stoffwechsel feststellen. So reagieren etwa die Nachfahren von nicht Ackerbau betreibenden Völkern (etwa die Ureinwohner*innen Australiens oder Amerikas) auf eine Ernährung, die auf Getreidestärke basiert, mit einer starken Neigung zum metabolischen Syndrom und Diabetes. Die seit tausenden von Jahren an Ackerbau gewöhnten Europäer*innen dagegen scheinen mit der modernen Ernährung besser zurechtzukommen.
Es gibt keine „beste Ernährung“
Aber nicht nur die von Mensch zu Mensch unterschiedliche genetische Voreinstellung spricht gegen die Auffassung einer für alle Menschen idealen oder gar artgerechten Ernährung. So reagieren Männer und Frauen nicht nur auf Alkohol unterschiedlich, sondern auch auf „reguläre“ Nahrungsbestandteile wie bestimmte Fette oder Öle. Dazu kommt, dass Ernährung immer auch auf das sonstige Leben eines Menschen zugeschnitten sein muss. Eine Ernährung, die für Menschen optimal war, die pro Tag 30 km wanderten, ist nicht optimal für einen Menschen, der von morgens bis abends sitzt.
Zudem ist das Konzept einer Steinzeitdiät kaum auf die heutige Zeit übertragbar: Die Fleischquelle etwa waren Wildtiere – diese haben einen um 90% geringeren Fettanteil als Nutztiere, und während das Fett der Masttiere vor allem gesättigtes Speicherfett darstellt, besteht das Fett wilder Tiere größtenteils aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, allen voran den Omega-3-Fettsäuren. Und selbst wenn mageres Wildfleisch unsere artgerechte Ernährung wäre – wie sollten heute sieben Milliarden Menschen von Kaninchen, Rehen und Antilopen leben?

Beim Trinken aus einer Plastikflasche wird mit dem Wasser offenbar auch Mikroplastik und winziges Nanoplastik aufgenommen.
Nanoplastik in Wasserflaschen
Gefährlicher als Mikroplastik
Plastik wird offenbar zu einem immer größeren Problem: Forschende haben in Trinkwasser aus PET-Flaschen massenweise Plastikfragmente gefunden, die noch kleiner sind als Mikroplastik – und dadurch über das Blut bis in das Gehirn eindringen könnten.
Mikroplastik ist überall
Plastik ist fast überall vorhanden: In Kosmetika, Folien, synthetischen Textilien, Reifen und massenweise anderen Produkten. Über den Abwasch von Plastiktellern, den Abrieb aus Textilien in der Waschmaschine oder über den Müll gelangt der Kunststoff in die Umwelt. Dort zerfällt er in immer kleinere Teile – zu sogenanntem Mikroplastik. Diese etwa 1 Mikrometer bis 5 mm großen Bruchstücke gelangen über Wasser und Böden in Lebensmittel und Trinkwasser und werden vom Menschen wieder aufgenommen. Welche Auswirkungen das für die Gesundheit hat, ist noch klar.
Nanoplastik gelangt ins Blut
Doch Mikroplastik ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs: Ein amerikanisches Team konnte mit einer neuen Mikroskopiertechnik Plastibruchstücke nachweisen, die noch kleiner als 1 Mikrometer sind. Diese Nanokunststoffe sind so winzig, dass sie – im Gegensatz zu Mikroplastik – über den Darm oder die Lunge in den Blutkreislauf gelangen. Über das Blut können sie dann mit Leichtigkeit in Organe wie das Herz oder das Gehirn eindringen und bei Schwangeren sogar das ungeborene Kind erreichen.
Bis zu 100 000 Teilchen in einem Liter Wasser
Nachgewiesen haben die Wissenschaftler*innen das Nanoplastik in Trinkwasser aus Plastikflaschen namhafter amerikanischer Herstellerfirmen. In einem Liter tummelten sich neben dem bekannten Mikroplastik bis zu 100 000 dieser winzigen Plastikmoleküle. Einige Kunststoffe konnten dabei identifiziert werden. Dazu gehörten Polyamid (das wahrscheinlich aus Filtern stammt, mit denen das abzufüllende Wasser gereinigt wird), PET (vermutlich aus den Wasserflaschen selbst und anderen Lebensmittelbehältern) und Polystyrol, Polyvinylchlorid und Polymethylmetacrylat. Dem größten Anteil der Nanopartikel konnte jedoch keine Kunststoffart mehr zugeordnet werden.
Nanoplastik wächst sich damit zu einer großen Bedrohung aus, meinen die Forschenden. Denn je kleiner die Partikel sind, desto leichter können sie in den Organismus eindringen. Jetzt gilt es zu untersuchen, ob und wieviel Nanoplastik in normalem Leitungswasser vorhanden ist. Das Autorenteam vermutet darin weitaus geringere Mengen als in den Proben aus den Plastikflaschen.
Quelle: Medscape