Gesundheit heute

Clusterkopfschmerz

Clusterkopfschmerz (Bing-Horton-Syndrom): Seltene Kopfschmerzerkrankung, charakterisiert durch stechende, fast unerträgliche, halbseitige Kopfschmerzattacken, die mehrmals täglich auftreten können und mit vegetativen Begleiterscheinungen wie Tränenfluss, laufender Nase und Rötung des Auges oder Gesichts verbunden sind. Betroffen sind ca. 0,1 % der Bevölkerung. In Deutschland sind etwa 120.000 Menschen mit Cluster-Kopfschmerzen in Behandlung. Die Krankheit beginnt überwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr und zeigt meist einen episodischen Verlauf. Männer sind 3-mal häufiger betroffen als Frauen. Behandelt wird im akuten Anfall mit Sauerstoff und schnellwirksamen Schmerzmitteln. Auch zur Vorbeugung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Bei etwa 20–40 % der Betroffenen heilt die Krankheit nach einigen Jahren von selbst. Bei 10–15 % gehen die Schmerzepisoden in einen chronischen Verlauf über.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Episodisch und häufig nachts auftretende, mehrmals tägliche, extrem starke, streng halbseitige Kopfschmerzattacken
  • Gleichzeitig auf der Kopfschmerzseite auftretende vegetative Begleiterscheinungen wie Tränenfluss, laufende Nase und Hornersyndrom (Pupillenverengung, herabhängendes Augenlid, eingesunkener Augapfel), z. T. auch Rötung und/oder Schwitzen von Stirn oder Gesicht und Völlegefühl im Ohr
  • Deutlicher Bewegungsdrang während der Schmerzattacken.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn mehrmals hintereinander starke Kopfschmerzen auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Wie es zum Clusterkopfschmerz kommt, ist bis heute nicht vollständig erforscht. Angenommen wird, dass ein bestimmter Gehirnbereich, der Hypothalamus, an der Entstehung der Schmerzattacken mitwirkt. Im Hypothalamus wird unter anderem der Schlaf-Wach-Rhythmus gesteuert. Da die Schmerzattacken des Clusterkopfschmerzes tages- und jahreszeitlich gehäuft auftreten, liegt es also nahe, dass der Hypothalamus beteiligt ist. Dafür sprechen auch Positronen-Emissions-Tomografie-Untersuchungen (PET), die eine veränderte Aktivität in dieser Gehirnregion nachgewiesen haben.

Hinzu kommen wahrscheinlich auch genetische Faktoren, denn Clusterkopfschmerzen können mehrere Mitglieder einer Familie betreffen.

Ursachen und Risikofaktoren

Ein Teil der Betroffenen gibt Auslöser für die Schmerzattacken an (Trigger). Diese lösen jedoch nur die einzelnen Attacken aus und sind nicht die Ursache der Erkrankung. Trigger sind von Person zu Person unterschiedlich und einige Betroffene reagieren auf keinen der bekannten Auslöser.

Zu den Triggern gehören z. B.

  • Alkohol
  • Nikotin
  • bestimmte Lebensmittel, z. B. Schokolade, Zitrusfrüchte, Tomaten und histaminreiche Nahrung wie bestimmte Käse- und Fischsorten
  • Lebensmittelzusatzstoffe wie Glutamat und Nitrate
  • bestimmte Medikamente, z. B. Nitroglycerin (ein Herzmedikament) Sildenafil (ein Blutdrucksenker und Potenzmittel)
  • Lärm, grelles oder flackerndes Licht, Hitze
  • intensive Gerüche, z. B. Lösungsmittel, Klebstoff oder Benzin
  • starke körperliche oder emotionale Belastungen
  • Abweichungen von den Schlafgewohnheiten, z. B. ein Mittagsschlaf.

Klinik, Verlauf und Komplikationen

Clusterkopfschmerzen treten immer sehr plötzlich auf und sind streng auf eine Seite begrenzt. Die Kopfschmerzen sind extrem heftig und meist hinter dem Auge am stärksten ausgeprägt. Eine Attacke dauert zwischen 15 Minuten und 3 Stunden.

Gleichzeitig kommt es auf derselben Seite zu Begleitsymptomen wie Tränenfluss, laufender Nase und Hornersyndrom mit Pupillenverengung, herabhängendem Augenlid und eingesunkenem Augapfel. Bei einigen Betroffenen rötet sich und schwitzt die Stirn oder das Gesicht auf der betroffenen Seite. Auch ein Völlegefühl im Ohr ist möglich.

Typisch für den Clusterkopfschmerz ist außerdem ein ausgeprägter Bewegungsdrang während der Attacke. Etwa die Hälfte der Betroffenen hat zwischen den Attacken einseitig betonte und stetig vorhandene "Restschmerzen". Auch migräneartige Beschwerden wie eine Aura (Sehstörungen, Empfindungs- und Sprachstörungen), Übelkeit, Lärm- und Lichtscheu sind möglich.

Bei etwa 80–85 % der Betroffenen liegt ein episodischer Clusterkopfschmerz vor. Zwischen mehreren Wochen oder Monaten mit gehäuften Attacken (Cluster) liegen schmerzfreie Phasen, die Monate oder sogar Jahre dauern können. Treten die Attacken über mehr als ein Jahr ohne oder mit nur kurzen beschwerdefreien Intervallen auf, handelt es sich um einen chronischen Clusterkopfschmerz.

Die Schmerzattacken treten oft immer zur selben Zeit am Tag auf, meist wenige Stunden nach dem Einschlafen oder in den frühen Morgenstunden. Typisch ist ein Beginn der Clusterepisoden im Frühjahr und Herbst.

Diagnosesicherung

Die Diagnose wird zwar in erster Linie aufgrund des Beschwerdebildes und der neurologischen Untersuchung gestellt, zur Sicherheit wird aber eine CT und eine MRT-Untersuchung durchgeführt. So lassen sich andere Erkrankungen ausschließen.

Differenzialdiagnosen. Meist lassen sich beim Clusterkopfschmerz im CT und MRT keine Auffälligkeiten finden. Beginnen die Kopfschmerzen erst im hohen Lebensalter, liegen aber nicht selten andere Ursachen für die Beschwerden vor. Hierzu gehören vor allem Gehirntumoren, eine Karotisdissektion, ein Schlaganfall oder eine Entzündung.

Behandlung

Die medizinische Behandlung des Clusterkopfschmerzes ist in zwei Bereiche unterteilt:

Soforttherapie. Mittel Nr. 1 zur Verkürzung der Attacken ist das Einatmen von Sauerstoff über eine spezielle Gesichtsmaske. Dies führt über eine Gefäßverengung innerhalb von 15 bis 20 Minuten zur Symptomlinderung. Auch das Einbringen von Lidocain-Lösung in das Nasenloch der betroffenen Seite hilft einem Teil der Betroffenen. Lidocain ist ein Mittel zur örtlichen Betäubung. Sind diese nebenwirkungsfreien Maßnahmen nicht ausreichend wirksam, werden Triptane als Nasenspray oder zum Selbstspritzen verordnet. Die Wirkung von Tabletten setzt zu spät ein.

Anfallsprophylaxe. Der Kalziumantagonist Verapamil ist das Medikament der Wahl zur Prophylaxe bei länger dauernden Phasen des episodischen sowie bei chronischem Clusterkopfschmerz. Bei Langzeitanwendung ist allerdings ein Wirkungsverlust möglich. Wegen seiner Wirkungen auf Herz und Gefäße sind Kontrollen von Blutdruck und EKG nötig. Auch Lithium und Topiramat werden eingesetzt. Kortison dient wegen der Nebenwirkungen bei Dauereinnahme nur kurzzeitig zur Überbrückung, bis andere Medikamente greifen.

Bessern sich die Schmerzen durch keines der Medikamente, stehen verschiedene Operationsmethoden zur Auswahl. Hierbei werden z. B. Elektroden oder Schrittmacher in verschiedene Gehirnbereiche implantiert und so verschiedene Nervenbahnen oder der Hypothalamus stimuliert. Dadurch wird die Schmerzleitung und -wahrnehmung beeinflusst. Diese Verfahren erzielen jedoch nicht immer eine dauerhafte Besserung und es besteht das Risiko einer Nervenverletzung. Daher muss die Entscheidung zur Operation sorgfältig abgewogen werden.

Geforscht wirkt aktuell an einem neuen Wirkstoff: einem Antikörper, der die Wirkung eines Botenstoffes blockiert und dadurch vermutlich die Schmerzübertragung an Nervenwurzeln hemmt.

Prognose

Bei etwa 20–40 % der Betroffenen heilt die Krankheit nach einigen Jahren von selbst.

Bei 10–15 % gehen die Schmerzepisoden in einen chronischen Verlauf über. Bei diesen Patient*innen kann die Erkrankung Depressionen und Angststörungen begünstigen.

Die Schmerzattacken sind so stark, dass einige Betroffene sogar einen Suizid erwägen. Deshalb ist eine schnelle und ausreichend wirksame Behandlung wichtig. In den meisten Fällen gelingt dies mit den zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Selbstmedikation. Die Einnahme von den üblichen freiverkäuflichen Schmerzmitteln wie Paracetamol und Acetylsalicylsäure ist unwirksam. Fälschlicherweise haben Betroffene oft das Gefühl, diese oder andere Mittel hätten geholfen. Dies liegt aber daran, dass die Clusterattacke ohnehin zeitlich begrenzt ist. Das Ende der Schmerzen wird dann falsch auf die Medikamenteneinnahme zurückgeführt. Zudem kann die häufige Einnahme dieser Schmerzmittel selbst Kopfschmerzen auslösen. Deshalb ist es wichtig, sich bei wiederholt auftretenden Kopfschmerzen in einer Arztpraxis vorzustellen.

Kopfschmerztagebuch. Clusterkopfschmerzen können durch bestimmte Stoffe ausgelöst werden. Deshalb ist es zweckmäßig, ein Kopfschmerztagebuch zu führen, um die Anfallsauslöser (Trigger) zu ermitteln und zukünftig zu meiden.

Schwerbehindertenausweis. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Clusterkopfschmerz-Patient*innen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis. Wenden Sie sich hierzu an das Versorgungsamt.

Selbsthilfegruppen. Jede Schmerzattacke schränkt das berufliche und private Leben ein und beeinträchtigt die Lebensqualität. Suchen Sie sich Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe. Diese bietet nicht nur Rat, wie man mit den Beschwerden besser umgehen kann. Vielen Patient*innen hilft es auch, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, weil diese die Einschränkungen und Belastungen am besten verstehen können.

Komplementärmedizin

Für nicht-schulmedizinische Heilmethoden gibt es keine oder nur kleine und wenig aussagekräftige Studien. Betroffene berichten aber mitunter von positiven Wirkungen. Zum Beispiel kann eine Ernährungsumstellung auf eine histaminarme Kost hilfreich sein, insbesondere wenn bestimmte Lebensmittel als Trigger nachweisbar sind. Die Einnahme von Magnesium und Vitamin-B-Präparaten kann möglicherweise die Häufigkeit und Schwere der Attacken reduzieren. Einige Betroffene berichten, dass ihnen das Trinken von Energydrinks als Sofortmaßnahme während der Attacke hilft.

Weiterführende Informationen

Internetseite des Clusterkopfschmerz-Selbsthilfeverbands Deutschland e. V. (CSG, Waldfeucht): Unter den Rubriken Downloads und Broschüren finden Sie hilfreiche Faltblätter, einen Clusterkopfschmerz-Kalender und Ratgeber zum Herunterladen, z. B.: Clusterkopfschmerz – 100 Fragen 100 Antworten von H. Müller

Quellen:

  • AWMF (2015) Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen. S1-Leitlinie von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Reg. Nr. 030 - 036, Langfassung. Abrufbar unter https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-036
  • Pschyrembel (2025) Cluster-Kopfschmerz. Webartikel zur Klinischen Praxis. Abgerufen am 11.02.2025 unter https://www.pschyrembel.de/Cluster-Kopfschmerz/K052X/doc/
  • Amboss (2025) Cluster-Kopfschmerz. Webartikel zur Klinischen Praxis. Abgerufen am 11.02.2025 unter https://next.amboss.com/de/article/Ri0lrf?q=Cluster-Kopfschmerz

Von: Dr. med. Nicole Menche, Dr. med Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Daniela Grimm
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Verkürzen Albträume das Leben?

Nächtliche Horrortrips belasten den Organismus ähnlich stark wie ein im Wachzustand erlebter Stress.

Verkürzen Albträume das Leben?

Nächtliche Horrortrips

Wer mehr als einmal die Woche von Albträumen heimgesucht wird, lebt gefährlich. Denn dann steigt das Risiko, vor dem 70. Geburtstag zu sterben.

Stressiger Fall ins Bodenlose

Albträume sind Träume, die von intensiven negativen Gefühlen geprägt sind. Beim Fall ins Bodenlose, der Flucht vor einer Gefahr oder dem Erleben des Todes einer geliebten Person schüttet der Körper ein Maximum an Stresshormonen aus. Es kommt zu Herzrasen, Schwitzen und schneller Atmung, und der Betroffene erwacht.

Albträume setzen den Körper also schwer unter Stress. Kommt das immer wieder vor, könnte durch die jeweilige Cortisolausschüttung die zelluläre Alterung vorangetrieben werden. Ob häufige Albträume dadurch das Altern beschleunigen und das Risiko für vorzeitiges Sterben erhöhen, haben britische Forscher*innen untersucht.

Risiko für frühen Tod verdreifacht

Sie analysierten sechs Studien mit rund 186000 Menschen, in denen Albträume miterfasst worden waren. Von rund 87000 Personen lagen Langzeitdaten über bis zu 19 Jahren vor. 174 davon verstarben verfrüht, also vor ihrem 70. Lebensjahr. Menschen mit mindestens einem Albtraum pro Woche hatten ein dreimal so hohes Risiko für einen frühen Tod als Menschen, die weniger als einmal im Monat schlecht träumten, berechneten die Forschenden.

Biologische Alterung beschleunigt

Bei etwa 1000 Studienteilnehmenden war mittels Bluttests das biologische Alter erfasst worden. Dabei zeigte sich, dass diejenigen mit häufigen nächtlichen Horrortrips tatsächlich biologisch älter waren als ihr wahres kalendarisches Alter. Das könnte erklären, warum Menschen mit häufigen Albträumen früher sterben, sagten die Forschenden.

In welchem Maß Albträume zum beschleunigten Altern und einem vorzeitigen Tod beitragen, muss weiter untersucht werden. Es gibt erste Studien, in denen schlafspezifische Psychotherapien gegen Albträume das biologische Altern wieder normalisieren konnten. Ob dies tatsächlich gelingt, müssen größere Studien bestätigen.

Horrorfilme besser meiden

In jedem Fall können Menschen mit häufigen Albträumen etwas dagegen tun: Die Studienautor*innen empfehlen, Horrorfilme vor dem Einschlafen zu meiden. Außerdem hilft erwiesenermaßen die kognitive Verhaltenstherapie gegen nächtliche Horrortrips.

Quelle: Springer Medizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Olena Holubova / Alamy / Alamy Stock Photos