Gesundheit heute
Haarausfall, androgener und diffuser
Haarausfall (Effluvium, Defluvium): Vermehrtes oder verfrühtes Ausfallen der Kopfhaare. Man unterscheidet den androgenen Haarausfall (Alopecia androgenetica), der 90 % der Fälle ausmacht und auch bei Frauen auftritt, vom diffusen Haarausfall (Effluvium diffusum), bei dem sich kein eindeutiger Verlaufstyp erkennen lässt. Misch- und Übergangsformen sind möglich. Abzugrenzen ist der kreisrunde Haarausfall.
Leitbeschwerden
- Täglicher Verlust von mehr als ~ 100 Haaren über einen längeren Zeitraum
- Die Dichte der Haare nimmt ab, die Kopfhaut scheint durch.
- Beim androgenen Haarausfall: Glatzenbildung mit Geheimratsecken, Tonsur („Platte“) und schließlich Haarkranz
- Beim diffusen Haarausfall: insgesamt lichteres Haar mit meist dünneren Stellen an Stirn und Kopfdecke.
Wann zum Arzt
In den nächsten Tagen, wenn
- Der Mann sich durch die verfrühte oder zu schnelle Glatzenbildung belastet fühlt
- Für Mann oder Frau die Haare zu schnell lichter werden.
Die Erkrankung
Androgener Haarausfall. Beim androgenen Haarausfall wandeln sich unter dem Einfluss männlicher Geschlechtshormone (v. a. Dihydrotestosteron, DHT) die kräftigen Terminalhaare in feinere Vellushaare. Ein Mann mit Haarausfall verfügt über gleich viele Haarbälge wie einer mit vollem Haarschopf, nur dass sich die Wachstumsphase der Haare so sehr verkürzt, dass sie kaum noch sichtbar sind. Später schrumpfen die Haarbälge und verlieren ihre Funktion (Atrophie).
Bei Männern sind Zeitpunkt, Ausbildung und Ausmaß der Glatzenbildung genetisch festgelegt (z. B. Vererbung vom Großvater mütterlicherseits), hängen aber auch von äußeren Faktoren wie der Ernährung ab. Glatzenbildung wird klinisch in vier Stadien eingeteilt. Zunächst entstehen Geheimratsecken (Verlust der Haarfelder an den Schläfen), dann lichtet sich zusätzlich das Haar des Hinterkopfs (Tonsur), woraufhin die kahlen Flächen zusammenfließen, bis schließlich nur noch ein hufeisenförmiger Haarkranz übrig bleibt.
Der androgene Haarausfall kann schubweise schnell voranschreiten, aber auch in jedem Stadium für längere Zeit stoppen oder sogar beendet sein. Da die Haarbälge verkümmern, ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Haartracht im Gegensatz zum diffusen Haarausfall nicht möglich.
Diffuser Haarausfall. Meist handelt es sich um einen androgenen Haarausfall, der bei Frauen auftritt. In der Regel ist der vordere Scheitel betroffen, wobei typischerweise an der Stirn ein Streifen von etwa 2 cm unverändert bleibt.
Als Auslöser kommen Medikamente, aber auch Vollnarkosen, Hormonumstellungen wie Schwangerschaften, Pubertät oder Wechseljahre, die Anti-Baby-Pille ebenso wie Störungen der Schilddrüsenfunktion infrage. Nicht zuletzt kann Stress bei dafür empfänglichen Personen zu schubweisem Haarausfall führen.
Das macht der Arzt
Diagnosesicherung. Mit Trichogramm und Trichoscan gelingt es dem Arzt, das Ausmaß des Haarausfalls objektiv zu beurteilen: Im Trichogramm, auch als klassischer Haarwurzelstatus bezeichnet, werden die Wurzeln von 50–100 ausgezupften Haaren unter dem Mikroskop untersucht und das Verhältnis zwischen wachsenden Haaren und Haaren in der Ruhe- und Übergangsphase ermittelt. Außerdem lassen sich auf diese Weise dystrophische Haare entdecken, also Haare, die infolge von Infektionen, inneren Erkrankungen oder durch Medikamente geschädigt sind. Mindestens 8 Wochen vor der Untersuchung muss auf Dauerwellen etc. verzichtet werden, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.
Eine moderne Weiterentwicklung des Trichogramms ist der Trichoscan, den nur spezialisierte Ärzte durchführen. Dabei wird ein Bezirk von etwa 1,3 x 1,3 cm rasiert, nach 3 Tagen mit einem bestimmten Farbstoff gefärbt und vergrößert fotografiert. Aus den verschiedenen Färbungen und der Länge der nachgewachsenen Haare berechnet eine Software die notwendigen Angaben zum Haarstatus.
Bei diffusem Haarausfall muss der Arzt abklären, ob nicht bestimmte Medikamente verantwortlich sein können. So sind beispielsweise das Gichtmittel Allopurinol, blutdrucksenkende Betablocker, blutverdünnende Cumarine oder das Aknemittel Tretinoin als Auslöser bekannt. Auch viele Zytostatika führen zu einem vorübergehenden Ausfall aller Haare, die allerdings nach dem Ende der Chemotherapie wieder nachwachsen.
Vier Laborparameter, die standardmäßig erhoben werden sollten, helfen zusätzlich bei der Basisdiagnose zu diffusem Haarausfall:
- Hämoglobin-Wert: Eine Anämie beeinträchtigt nicht nur viele Organe, sondern auch die Haarwurzeln.
- Ferritin-Wert: Auch ohne Anämie kann ein Speichereisenmangel der Grund für diffusen Haarausfall sein. Die kritische Grenze für Haarwuchs liegt bei 40–70 mg Ferritin pro Liter Serum.
- TSH-Wert
- Blutsenkung (BSG) oder ein anderer Entzündungsparameter.
Nicht mehr zur Basisdiagnostik gehören:
- Marker für Autoimmunerkrankungen
- Syphilis-Serologie
- Hormondiagnostik. Die Hormonwerte sollten bei Patientinnen überprüft werden, die zusätzlich zum Haarausfall ein männliches Behaarungsmuster zeigen oder deren Zyklus gestört ist. Bei auffälligen Werten sollte ein Endokrinologe zu Rate gezogen werden.
Therapie. Für die medikamentöse Behandlung von Haarausfall stehen zwei gesicherte Wirkstoffe zur Verfügung: Finasterid und Minoxidil.
Jüngere Männer können durch die langfristige Einnahme von täglich 1 mg Finasterid (z. B. Propecia®) den Haarausfall meist stoppen, einige erreichen sogar eine Verdickung der verbliebenen Haare. Die Wirkung setzt in der Regel nach 3–6 Monaten ein. Nachteilig sind jedoch die jahrelange, selbst zu zahlende Einnahme und die noch nicht abschließend beurteilbaren Restrisiken eines Eingriffs in den Hormonhaushalt (der Wirkstoff greift in den Umbau des Testosterons im Haarbalg ein). Daher sind regelmäßige Laborkontrollen erforderlich. Beim Absetzen des Wirkstoffs fallen die Haare aus, die während der Einnahme „zurückgehalten“ wurden. Die Glatzenbildung lässt sich demnach nur verschieben, solange das Medikament eingenommen wird. Bei Männern jenseits des 50. Lebensjahrs ist die Wirkung nicht belegt.
Für Frauen ist der Wirkstoff wegen seiner Nebenwirkungen nicht zugelassen. Nur in Einzelfällen wird er an Universitäts-Hautkliniken bei jüngeren Frauen getestet. Während der Behandlung muss die Betroffene zwingend sicher verhüten, da bei einer Schwangerschaft ein Missbildungsrisiko für das Kind besteht.
Für Männer und Frauen wird Minoxidil (z. B. Regaine® Frauen) als äußerlich anzuwendende Lösung in verschiedener Stärke eingesetzt. Sie wirkt jedoch nicht gegen Geheimratsecken. Minoxidil kann zu lokalen Hautreaktionen führen, einschließlich Angio-Ödem (Schwellung in der Unterhaut): Starke Schwellungen des Gesichts, der Lippen oder des Rachens. Das Angio-Ödem kann sich zu einem Notfall entwickeln. Patienten sollten einen Arzt aufsuchen oder in schweren Fällen den Notarzt verständigen, wenn sie entsprechende Beschwerden nach dem Auftragen des Mittels beobachten.
Bei jüngeren Frauen wird versucht, den Haarausfall mit Östrogenen und Antiandrogenen zu stoppen. Auch hier ist eine konsequente Verhütung zwingend. Oft hilft eine niedrig dosierte Kortisontherapie mit 1–2 Milligramm Kortison pro Tag. Hintergrund ist, dass ein Überwiegen von Androgenen oft auf angeborenen Enzymstörungen beruht, so dass zu wenig Kortison und als ungewollter Nebeneffekt zu viele Androgene produziert werden.
Bei starkem Leidensdruck oder vollständigem Haarverlust kommen eine Transplantation von Eigenhaar oder künstliche Haarteile (Perücken) in Betracht.
Selbsthilfe
Das Angebot an Haarwassern, Haartonika und Wundermitteln aller Art ist groß. Den Beweis für ihre Wirksamkeit sind sie aber meist schuldig geblieben.
Bei diffusem Ausfall hilft jedoch eine konsequente Schonung des Haars. Es empfiehlt sich, milde Shampoos zu verwenden, auf Fönen, Tönungen, Dauerwellen oder Färbung sowie auf Zöpfe oder fest gebundene Pferdeschwänze zu verzichten. Ein stressarmer Lebensstil wie auch die Einnahme der Mineralstoffe Zink, Selen und Eisen (Übersicht Mineralstoffe) können unterstützend wirken.
Komplementärmedizin
Meist kann der androgene Haarausfall nur unzureichend therapiert werden, man sollte also auch von komplementärmedizinischen Maßnahmen nicht allzu viel erwarten. Am ehesten erzielen Akupunktur, Homöopathie und Pflanzenheilkunde Einzeleffekte zur Anregung von (erneutem) Haarwuchs, unterstützend können Kieselerde oder Gelatinekapseln eingenommen werden.
Pflanzenheilkunde. Die Durchblutung der Kopfhaut wird durch Massagen mit Haartonika aus Rosmarin oder Thymol angeregt, enthalten z. B. in Criniton® Lösung. Auch Lavendelöl und Aufgüsse aus Brennnesselblättern können einmassiert werden. Bei androgenem Haarausfall kann die Kopfhaut täglich mit Birkensaft oder Klettenwurzelöl behandelt werden, bei diffusem Haarausfall zusätzlich noch mit Zinnkrautessenz, Arnikatinktur oder Rosmarinöl.
Homöopathie. Sofern der Haarausfall eine Reaktion auf Stress ist, empfiehlt die Homöopathie Acidum phosphoricum, bei Haarausfall infolge einer hormonellen Umstellung Sepia. Bei Haarausfall, gekoppelt mit unreiner Haut, kommt Selenium als homöopathisches Mittel der Wahl infrage.
Weiterführende Informationen
- www.hairberlin.com – Unter der Rubrik Patienteninfo finden Sie ausführliche Informationen des Kompetenzzentrums für Haare und Haarerkrankungen der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Charité Berlin.
Bei Männern geht es häufig schon früh mit dem Haarausfall los, oft beginnt dieser mit den typischen Geheimratsecken.
Was tun gegen Haarausfall?
Von dünnem Haar bis Glatze
Ob Geheimratsecken, breiter Scheitel oder insgesamt dünner werdendes Haupthaar: Haarausfall belastet viele Männer und Frauen. Die Gründe für den Haarschwund reichen von der Veranlagung über Nährstoffmangel bis zu Autoimmunerkrankungen. Zum Glück kann man einiges dagegen tun. Manchmal hilft die Gabe von Vitaminen, für schwerere Fälle gibt es verschiedene Medikamente und als letzten Ausweg die Eigenhaartransplantation.
Haarverlust ist weit verbreitet
Haare sind wichtig. Sie schützen unseren Kopf vor Überhitzung und Kälte und unterstreichen unsere Persönlichkeit. Damit sie diesen Zweck erfüllen, wachsen sie, werden länger – und fallen irgendwann aus, um neuen Haaren Platz zu machen. Dieser Haarzyklus lässt sich in drei Phasen einteilen:
- 85-90% der Haare befinden sich in der Wachstumsphase (Anagenphase). Sie dauert zwei bis acht Jahre und ist dadurch gekennzeichnet, dass das Haar aktiv wächst.
- In der folgenden zwei- bis vierwöchigen Übergangsphase (Katagenphase) stoppt das Wachstum, der Haarfollikel (das „Nest“ für die Haarwurzel in der Kopfhaut) wird zurückgebildet. In diesem Stadium befinden sich etwa 1-2% der Haare.
- Die anschließende Ruhephase (Telogenphase) dauert zwei bis vier Monate. Der Haarfollikel schrumpft, das Haar ist nicht mehr stoffwechselaktiv und fällt schließlich aus. Der Anteil der „ruhenden“ Haare auf dem Kopf beträgt etwa 10 bis 15 %.
Haarausfall ist also ganz normal – sofern er sich in Grenzen hält. So verlieren Erwachsene unter normalen, gesunden Bedingungen etwa 50 bis 100 Haare am Tag. Sind es mehr, spricht man von einem krankhaften Haarausfall oder einer Alopezie.
Solch ein vermehrter Haarausfall ist häufig: Etwa 85% der deutschen Männer leiden im Laufe ihres Lebens darunter. Insgesamt liegt Deutschland gemeinsam mit Spanien, Frankreich und den USA an der Spitze der Länder, was den ungewollten männlichen Haarschwund betrifft.
Doch auch Frauen kämpfen damit. Etwa ein Drittel erlebt einen deutlichen Haarverlust, vor allem nach den Wechseljahren. Insbesondere bei Frauen gelten Haare als Zeichen von Attraktivität, Jugend und Fortpflanzungsfähigkeit. Deshalb empfinden sie einen ungewollten Haarverlust häufig als besonders belastend. Viele Betroffene entwickeln Depressionen und ein vermindertes Selbstwertgefühl.
Aber auch Männer nehmen schwindendes Haar oft nicht gelassen hin – vor allem, wenn es schon in jungen Jahren damit los geht. Bei ihnen wird volles Haar meist mit Stärke, Erfolg und sexueller Potenz assoziiert. Studien haben herausgefunden, dass mehr als die Hälfte der Männer mit deutlichem Haarverlust unter Angststörungen und beruflichen Einschränkungen leidet.
Androgene, externe Auslöser oder Immunsystem am Werk
Der Haarzyklus kann sowohl in der Wachstumsphase als auch in der Ruhephase gestört werden. Die Bandbreite der dadurch ausgelösten Alopezien ist vielfältig, wobei drei Formen dominieren. In den meisten Fällen handelt es sich um eine androgenetische Alopezie. Etwa 10 bis 15% der Betroffenen haben einen diffusen Haarausfall, die übrigen leiden unter dem eher seltenen kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) oder unter einer (noch selteneren) vernarbenden Alopezie.
Die androgenetische Alopezie wird auch als erblich bedingter Haarausfall bezeichnet. Vererbt wird dabei die Veranlagung der Haarfollikel, verstärkt auf Androgene zu reagieren. Androgene sind Sexualhormone, die beim Mann vor allem im Hoden gebildet werden und u. a. für den Bartwuchs, die tiefe Stimme und den Muskelaufbau nötig sind. Auch Frauen besitzen Androgene, allerdings in deutlich geringerer Menge. Diese werden in den Eierstöcken gebildet und spielen beim Menstruationszyklus, beim Fettstoffwechsel und für das sexuelle Verlangen eine Rolle.
Auslöser der androgenetischen Alopezie ist der Testosteron-Abkömmling Dihydrotestosteron (DHT). Er bindet in der Wachstumsphase an die Androgenrezeptoren der Haarfollikel. Durch seine anlagebedingt verstärkte Wirkung werden die Haare dünner und fallen vermehrt aus. Gleichzeitig wird das Nachwachsen erschwert, bis schließlich gar keine neuen Haare mehr gebildet werden.
- Bei Männern beginnt dies mit Geheimratsecken oder einer Tonsur, um dann immer weiter fortzuschreiten, oft über die Halbglatze bis zur völligen Kahlköpfigkeit.
- Bei Frauen kommt es zu einer Ausdünnung am Scheitel, der immer breiter wird. Eine Glatze bildet sich bei ihnen nur sehr selten aus.
Der diffuse Haarausfall oder die diffuse Alopezie trifft vor allem Frauen. Am häufigsten ist das sogenannte „telogene Effluvium“. Es beruht darauf, dass sich eine übermäßige Anzahl der Haare in der Ruhephase (Telogenphase) des Haarzyklus befinden. Dies führt zu einem vermehrten, oft als dramatisch empfunden diffusen Haarausfall. Dabei ist das Haar gleichmäßig ausgedünnt, ohne das klar abgegrenzte Stellen hervorstechen.
Auslöser dieser Störung des Haarzyklus sind unterschiedliche äußere und innere Faktoren. So können akute Stressereignisse wie Infektionen, Operationen, Verletzungen, Entbindung oder Medikamente innerhalb von zwei bis drei Monaten zu diffusem Haarausfall führen. Aber auch chronische Erkrankungen, Nährstoffmangel, vegane Diäten oder hohes Alter begünstigen diese Form von Haarverlust. Sie alle haben gemeinsam, dass die Durchblutung der Haarfollikelzellen verringert wird - zu Gunsten anderer, wichtiger Organe wie Herz, Gehirn und Muskeln. Dermatolog*innen erklären dies häufig damit, „dass der Körper in solchen Stresssituationen der Ansicht ist, dass man zum Überleben nicht alle Haare benötigt.“
Der kreisrunde Haarausfall (Alopecia areata) gehört zu den selteneren Formen des ungewollten Haarverlusts. Er kann in jedem Alter auftreten und sich innerhalb weniger Wochen entwickeln. Die Ursache ist eine Autoimmunkrankheit, bei der sich das körpereigene Immunsystem gegen die eigenen Haarwurzelzellen richtet. Dies führt zu einer Entzündungsreaktion, die das Haarwachstum an einzelnen Bereichen stoppt. Dadurch kommt es plötzlich zu runden, kahlen Stellen an der Kopfhaut, an den Augenbrauen und am Bart, die z. T. auch ineinander übergehen können. In ausgeprägten Fällen ist deshalb auch ein kompletter „Kahlschlag“ möglich.
Noch seltener ist der vernarbende Haarausfall. Hier kommt es zu einer kompletten Zerstörung der Haarfollikel, z. B. durch Autoimmunerkrankungen, Strahlenbehandlung, Infektionen oder Verbrennungen. Typisch sind ungleichmäßige haarlose Bereiche mit leicht verhärteter Haut. Zusätzlich leiden die Betroffenen an diesen Stellen auch unter Brennen oder Juckreiz. Eine Wiederbelebung der Haarfollikel, also eine Heilung, ist nicht möglich. Man kann lediglich das weitere Fortschreiten verhindern.
Haarausfall ist auch eine typische Nebenwirkung bei Chemotherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen. Die Zytostatika hemmen die Haarzellen in ihrer Wachstumsphase und lösen etwa zwei bis drei Wochen nach Therapiebeginn einen massiven Haarverlust aus. Betroffen sind neben den Kopfhaaren auch die Wimpern, Augenbrauen und die Schambehaarung. Meist beginnen die Haare, vier bis acht Wochen nach Therapieende wieder zu wachsen. Die Regeneration ist nach sieben bis neun Monaten abgeschlossen.
Hinweis: Nährstoffmangel gehört zu einem häufigen Auslöser für einen diffusen Haarausfall. Insbesondere kommt es dazu, wenn es an Eisen, Zink, Vitamin B12, Vitamin D und Proteinen mangelt.
Mit Lupe und Haarzupfen der Ursache auf der Spur
Bei Haarverlust ist eine umfangreiche Befragung der Betroffenen wichtig. Dabei erkundigt sich die Ärzt*in nicht nur nach der Art und Stärke des Haarausfalls. Eine familiäre Belastung – also der frühe oder ausgeprägte Haarverlust bei Eltern und Großeltern – gibt Hinweise auf die erblich bedingte Form. Bei Frauen ist es wichtig, die hormonelle Situation zu erfassen, also ob der Zyklus regelmäßig ist, die Anti-Babypille eingenommen oder abgesetzt wurde oder die der Menopause bereits begonnen hat. Bei Verdacht auf einen diffusen Haarausfall fragt die Ärzt*in nach vorangegangenen Stressoren und nach eingenommenen Medikamenten.
Danach inspiziert die Ärzt*in Haare und Kopfhaut. Geheimratsecken, Tonsur, breiter Scheitel oder kreisrunde Bereiche sind auf den ersten Blick zu erkennen. Zur genaueren Untersuchung wird zusätzlich eine gute Lupe oder ein Dermatoskop eingesetzt. Damit können die Haare und Haarfollikel im Einzelnen betrachtet werden.
Mit dem Haarzupftest (Pulltest) kann die Ärzt*in das tatsächliche Ausmaß des Haarausfalls objektivieren. Dazu zieht sie langsam, aber kräftig an einem Büschel von ca. 60 Haaren. Lösen sich dabei mehr als fünf bis sieben Haare, geht man von einem verstärkten Haarausfall aus.
Neben diesen einfachen Verfahren gibt es eine Reihe weitere diagnostischer Hilfsmittel, die insbesondere bei unklaren Fällen eingesetzt werden. Die drei wichtigsten sind das Trichogramm, der Trichoscan und die Biopsie.
- Für das Trichogramm werden 50 bis 100 Haare mit der Wurzel ausgerissen und unter dem Mikroskop untersucht. Damit erkennt die Ärzt*in, wie viele Haare sich in den jeweiligen Phasen des Haarzyklus befinden. Außerdem lassen sich Auffälligkeiten in den Haarwurzeln und am Haarschaft analysieren.
- Beim digitalen Trichoscan rasiert man einen kleinen Bereich der behaarten Kopfhaut und kürzt die Haare auf etwa 1 mm Länge. Einige Tage später wird die Stelle mit einer Mikroskopkamera fotografiert und das Wachstum mit einer Software ausgewertet. Mit dieser Methode lassen sich ein Haarausfall objektivieren und Therapien überwachen.
- In unklaren Fällen hilft die Kopfhautbiopsie weiter. Unter lokaler Betäubung entnimmt die Ärzt*in dafür ein kleines Stück Kopfhaut inklusive Haarfollikeln und untersucht es mikroskopisch. Diese Methode eignet sich zum Nachweis von Infektionen, Autoimmunerkrankungen und vernarbender Alopezie.
Auch Laboruntersuchungen helfen bei der Suche nach einem Auslöser für Haarausfall weiter. Je nach Verdacht bestimmt man die Sexualhormone, Entzündungsparameter sowie Biomarker für Autoimmunerkrankungen. Weil das telogene Effluvium oft auf Mangelzustände zurückzuführen ist, werden insbesondere die Eisenwerte, Zink sowie Vitamin B12 und Vitamin D im Blut analysiert.
Hinweis: Die bei Haarausfall manchmal angebotenen Verfahren wie Auradiagnostik, Chakrenanalyse oder Bioresonanzanalysen kann man sich sparen. Diese Methoden sind nicht in der Lage, die Ursache eines Haarausfalls aufzuspüren.
Medikamente gegen erblich bedingten Haarausfall
Unabhängig von den Ursachen sollten bei verstärktem Haarausfall zunächst immer folgende Basismaßnahmen beachtet werden.
- Durchblutung anregen. Mit sanften Massagen und natürlichen Ölen (Jojobaöl, Arganöl) oder Kräutern kann die Mikrozirkulation der Kopfhaut verbessert werden. Zur individuellen Auswahl der Präparate sollte die Ärzt*in befragt werden.
- Schonend behandeln. Bei Haarausfall muss das Haar geschont werden. D.h. keine engen Zöpfe oder Pferdeschwänze, kein heißes Föhnen und kein Haarefärben.
- Ausgewogen ernähren. Eine gute Ernährung mit ausreichend Vitaminen (A, C, D, E), Eisen, Zink, Omega-3-Fettsäuren und Proteinen ist wichtig für gesundes Haar.
Bei ärztlich diagnostiziertem Haarausfall reichen die genannten Maßnahmen jedoch meist nicht aus. Dann kommen spezielle Therapien dazu. Zur Behandlung des androgenetischen Haarausfalls gibt es einige Medikamente bzw. Maßnahmen, die den Haarausfall verlangsamen und das Haarwachstum fördern.
- Minoxidil. Dieser Wirkstoff wird als Lösung zweimal täglich auf die Kopfhaut aufgetragen. Minoxidil verbessert die Durchblutung der Kopfhaut, verkürzt die Ruhe- und verlängert die Wachstumsphase der Haare. Erste Ergebnisse zeigen sich etwa zwei bis drei Monate nach Beginn der Anwendung. Viele Dermatolog*innen setzen Minoxidil auch als Tablette ein. Da es in dieser Formfür die Indikation Haarausfall nicht zugelassen ist, erfolgt dies nach Aufklärung der Patient*in off label. Als Nebenwirkungen können Kopfschmerzen und verstärktes Haarwachstum auftreten.
- Finasterid ist nur für Männer zugelassen. Es wird als Tablette eingenommen oder als Spray bzw. Lösung aufgetragen. Der rezeptpflichtige Wirkstoff hemmt die Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron. Als Nebenwirkungen sind Libidoverlust, erektile Dysfunktion und Depressionen möglich. Off label kann es – ebenfalls nach Aufklärung – auch bei Frauen in den Wechseljahren eingesetzt werden.
- Finasterid und Minoxidil sind zusammen noch besser wirksam. In der Apotheke gibt es entsprechende Kombipräparate (Finasterid-Tablette plus Minoxidil-Lösung). Expert*innen zufolge sind auch beide Substanzen zusammen als Lösung sehr effektiv. Diese muss jedoch in der Apotheke angesetzt werden, ein Fertigarzneimittel gibt es derzeit nicht.
- Auch Plättchenreiches Plasma aus dem Blut der Patient*innen soll bei androgenetischem Haarverlust helfen. Es wird nach Gewinnung in die Kopfhaut gespritzt. Die darin enthaltenen Wachstumsfaktoren stimulieren die Haarfollikel und verlangsamen den Haarverlust. Die Behandlung erfolgt mindestens drei Mal im Abstand von sechs bis acht Wochen. In kleineren Untersuchungen war die Methode vielversprechend, es fehlen allerdings noch größere Studien, um die Ergebnisse zu untermauern.
Neben Medikamenten wird häufig die Lasertherapie zur Behandlung des androgenetischen Haarausfalls empfohlen. Die Studienergebnisse sollen im Kurzzeitvergleich den Effekten der Therapie mit Minoxidil/Finasterid ähneln, langfristig jedoch weniger gut sein. Zudem wird eine abschließende Beurteilung der Lasertherapien durch die unterschiedlichen Anwendungen (Wellenlängen, Dauer) erschwert.
Schlussendlich kommen bei weit fortgeschrittener Erkrankung und starkem Leidensdruck auch Haartransplantationen zum Einsatz. Verwendet werden dafür die eigenen Haarfollikel der Patient*in. Voraussetzung ist, dass es noch Bereiche mit ausreichender Haardichte gibt. Fremdhaar- oder Kunsthaarimplantationen sind jedoch abzulehnen, da diese häufig zu Infektionen und Abstoßungsreaktionen mit erheblicher Narbenbildung führen.
Hinweis: Medikamente gegen Haarausfall gelten als Lifestyle-Medikamente, für die die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten in den allermeisten Fällen nicht übernehmen. Die Betroffenen müssen diese also selbst bezahlen.
Auslöser abstellen beim diffusen Haarausfall
Wenn beim diffusen Haarausfall ein Auslöser bekannt ist, wird dieser behandelt. Das heißt, dass man Mangelzustände ausgleicht, auslösende Medikamente absetzt bzw. ersetzt (natürlich nur unter ärztlicher Kontrolle!) und Stress reduziert. Gelingt dies, hört der Haarausfall meist innerhalb von sechs bis neun Monaten auf.
Auch Minoxidil kann die Haardichte verbessern. Durch seinen Einfluss auf den Haarzyklus kommt es jedoch in den ersten vier bis sechs Wochen der Therapie oft zu einem vermehrten Haarausfall – worauf die Betroffenen vorbereitet werden müssen. Wie auch beim androgenetischen Haarausfall kann zudem Plättchenreiches Plasma versucht werden.
Hinweis: Viele Betroffene mit diffusem Haarausfall haben Ängste oder ein vermindertes Selbstwertgefühl. In diesen Fällen raten Expert*innen zu einer psychotherapeutischen Unterstützung.
Kreisrunden Haarausfall am Immunsystem packen
Beim sehr seltenen kreisrunden Haarausfall zielt die Therapie darauf ab, die Autoimmunreaktion zu verringern und die Haare wieder zum Wachsen zu bringen. Sind kleinere, umschriebene Bereiche betroffen, wird vier bis sechs Wochen lang Kortison als Lösung oder Schaum aufgetragen. Manchmal injiziert die Ärzt*in den Wirkstoff auch direkt in die Herde. Das Kortison unterdrückt die Immunreaktion und fördert die Regeneration der Haarfollikel. In ausgeprägtem Fällen wird Kortison auch als Tablette gegeben.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz anderer, hoch potenter immununterdrückender Substanzen. Gute Ergebnisse werden z. B. durch das Auftragen von Tacrolimus erzielt. In schweren und wiederkehrenden Fällen kommt auch der für die Alopecia areata zugelassene Januskinase-Inhibitor Ritlecitinib zum Einsatz. Die Therapiekosten betragen über 10 000 Euro pro Jahr. Da das Medikament als Lifestyle-Arzneimittel gelistet ist, zahlen es die gesetzlichen Krankenkassen derzeit nicht (September 2025). Die Behandlungskosten müssen also von der Patient*in übernommen werden.
Tipp: Vor allem im Verlauf der Behandlung kann ein Haartagebuch helfen. Darin notiert die Patient*in jeden Tag die Anzahl der herausgefallenen Haare, eingenommene Medikamente und aufgetretene Stressoren. Wenn möglich, werden bei kreisrundem Haarausfall auch die betroffenen Bereiche dokumentiert – z. B. mit der Handykamera.
Quellen: Häussermann-Mangold L, hautnah dermatologie 2025: 3; Nashan D, Nieschlag E, Androgenetische Alopezie des Mannes; 2022, www.springermedizin.de

