Gesundheit heute

Hüftkopfnekrose

Hüftkopfnekrose des Erwachsenen (Femurkopfnekrose): (Teilweises) Absterben des Hüftkopfs mit der Folge einer schweren Arthrose. Bemerkbar macht sich die Erkrankung durch belastungsabhängige Leistenschmerzen und Bewegungseinschränkungen, vor allem beim Einwärtsdrehen des Beines. Häufig ist die Ursache unklar, hier spricht man von einer idiopathischen Hüftkopfnekrose. Ihr zugrunde liegt vermutlich eine Minderdurchblutung des Hüftkopfes, die durch verschiedene Faktoren (Rauchen, Kortisoneinnahme) begünstigt wird. Betroffen sind vor allem Männer zwischen 30 und 40 Jahren. Hüftkopfnekrosen treten aber auch als Spätfolge einer Verletzung auf, (traumatische Hüftkopfnekrose), etwa nach Bruch des Hüftkopfs oder des Oberschenkelhalses.

Unbehandelt dauert es 2 bis 3 Jahre, bis Hüftkopf und Hüftgelenk irreversibel zerstört sind. Konservative Maßnahmen wie die Entlastung des Gelenks mit Gehstützen und Schmerzmitteln sind allein wenig hilfreich und werden vor allem begleitend zu einer operativen Therapie empfohlen. Operiert wird in frühen und mittleren Stadien gelenkerhaltend, z. B. mit einer Anbohrung des Femurkopfs. Im Spätstadium ist in der Regel ein Gelenkersatz erforderlich.

Hinweis: Eine Sonderform der Hüftkopfnekrose ist der Morbus Perthes (juvenile Hüftkopfnekrose, idiopathische kindliche Hüftkopfnekrose) bei Kindern von 3–12 Jahren mit sehr guten Heilungschancen. Mehr dazu siehe dort.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Oft schleichender Beginn mit Ziehen in der Leiste
  • Später einschießende starke Leistenschmerzen, eventuell in Oberschenkel und Knie ausstrahlend
  • Schonhaltung mit schiefem Becken, Schmerzhinken
  • Starke Einschränkung in der Beweglichkeit.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Wochen, wenn

  • leichtere Beschwerden länger als 3 Tage anhalten.

Innerhalb von 3 Tagen bei

  • allen akuten Schmerzen in Leiste, Oberschenkel oder Knie.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Bei der idiopathischen Hüftkopfnekrose ist die Ursache für die Erkrankung nicht bekannt. Vermutet wird aber, dass eine Minderdurchblutung des Hüftkopfs der Auslöser ist. In der Folge wird das Knochengewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff, Mineralien und Nährstoffen versorgt. Das stört den natürlichen, regelmäßigen Knochenauf- und- abbau. Der Knochen verliert an Stabilität und bricht ein, der Hüftkopf wird schließlich komplett zerstört und es entwickelt sich eine schwere Hüftgelenksarthrose.

Begünstigt wird die idiopathische Hüftkopfnekrose beispielsweise durch:

  • Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Gicht, Gerinnungsstörungen, Blutkrebs
  • Kortisoninjektionen in das Hüftgelenk
  • Kortisoneinnahme, als kritisch gilt eine tägliche Dosis ≥ 2g über 2 bis 3 Monate
  • Alkoholismus, Rauchen
  • Bestrahlungen und/oder zytostatische Therapien bei Krebs
  • Rheumatische Erkrankungen wie Lupus erythematodes
  • Caissonkrankheit bei Tauchern (durch zu schnelles Auftauchen bilden sich Gasbläschen in den Arterien, die die Gefäße verstopfen können).

Auch Verletzungen schädigen die Hüftkopfgefäße, sodass die Versorgung des Hüftknopfes unterbrochen ist. Diese sogenannten traumatischen Hüftkopfnekrosen drohen vor allem nach Oberschenkelhalsbrüchen. Hüftgelenksverrenkungen und Hüftkopfbrüchen und können sich noch viele Jahre nach dem eigentlichen Ereignis entwickeln.

Klinik und Verlauf

Die Hüftkopfnekrose beginnt oft schleichend mit einem Ziehen in der Leiste bei Belastung. Später folgen dann einschießende, starke Schmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit in der Hüfte. Die Beschwerden sind unspezifisch, durch die Ausstrahlung manchmal sogar im Knie am stärksten. Deswegen bleibt die Hüftkopfnekrose oft lange unerkannt. Sowohl mit als auch ohne Behandlung ist der Verlauf schwer vorauszusagen. Bei einigen Patient*innen kommt die Krankheit manchmal vollständig zum Stillstand, schreitet dann aber wieder ohne erkennbaren Anlass fort. Der Endzustand ist meist eine schwere Hüftgelenksarthrose.

Stadieneinteilung. Die Hüftkopfnekrose des Erwachsenen wird mit der ARCO-Klassifikation eingeteilt:

  • Stadium 0 (Initialstadium): In diesem Stadium gibt es bereits Veränderungen am Hüftkopf, die jedoch nur über eine Gewebeprobe nachweisbar sind. Röntgen und MRT sind unauffällig, Beschwerden meist noch nicht vorhanden.
  • Stadium I (reversibles Frühstadium): Röntgen und CT sind unauffällig. Vor allem im MRT, manchmal auch in der Szintigrafie sind jedoch die ersten abgestorbenen Gebiete (Nekrosen) zu erkennen.
  • Stadium II (irreversibles Frühstadium): Im Röntgen zeigen sich Entkalkungen am Hüftkopf, wobei dessen Kontur und der Gelenkspalt noch unverändert sind. Im MRT sind weitere Deformitäten zu sehen.
  • Stadium III (Übergangsstadium): Im Röntgen und im MRT zeigen sich weitere strukturelle Veränderungen wie Bruchlinien unter der Knorpelschicht und ein abgeflachter Hüftkopf. Spätestens jetzt kommt es zu starken Schmerzen und Einschränkungen der Bewegung im Hüftgelenk.
  • Stadium IV (Spätstadium): In Röntgen und MRT erkennt man die deutlich sichtbare Abflachung des Hüftkopfs, Arthrosezeichen wie die Gelenkzerstörung und Verschmälerung des Gelenkspalts.

Diagnosesicherung

Zunächst untersucht die Ärzt*in die betroffene Hüfte, um die Erkrankung einzugrenzen. Hinken oder Bewegungseinschränkungen lenken den Verdacht schnell auf die Hüfte.

Bildgebende Verfahren. Im Röntgenbild zeigen sich die Veränderungen am Hüftkopf meist erst in späteren Stadien (ab ARCO II). Das Frühstadium ARCO I ist aber – auch bei unauffälligem Röntgenbild – im Kernspin oft erkennbar. In fortgeschrittenen Stadien hilft der Kernspin zudem, das Ausmaß der Erkrankung zu beurteilen. Weil häufig beide Hüftgelenke betroffen sind (auch wenn dabei manchmal nur eine Seite schmerzt), werden in der Regel von beiden Hüften Aufnahmen angefertigt. Neben Röntgen und MRT kommen bei speziellen Fragestellungen auch die CT oder eine Skelettszintigrafie zum Einsatz.

Biopsie. Gewebeproben werden heute zur Diagnose einer Hüftkopfnekrose nicht mehr entnommen.

Differenzialdiagnosen. Hüftschmerzen werden beispielsweise auch verursacht durch Hüftgelenksarthrose, Hüftdysplasie, Coxitis, Hüftimpingement oder einen Hüftkopfbruch, Knochentumoren und Metastasen.

Behandlung

Bei der Hüftkopfnekrose gibt es keine ursächliche Therapie. Um die Risikofaktoren zu minimieren, sollte auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum verzichtet werden. Außerdem ist es wichtig, Grunderkrankungen wie einen Diabetes mellitus oder eine Gicht erfolgreich zu behandeln.

Die Behandlung der Hüfte selbst richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und den Beschwerden.

Konservativ

Konservative Maßnahmen sind vor allem unterstützend bis zur Operation oder begleitend zur operativen Therapie hilfreich. Als alleinige Behandlungsmaßnahmen reichen sie den aktuellen Leitlinien zufolge nicht aus. Das zeigt eine Studie, bei der die Entlastung mit Gehstützen untersucht wurde: 3/4 dieser Patienten hatten knapp 3 Jahre nach der Diagnose sowohl mehr Beschwerden als auch einen schlechteren Röntgenbefund.

Entlastung. Nicht nur Gehstützen entlasten den Hüftkopf. Genauso wichtig ist es, bei Übergewicht abzunehmen und das Hüftgelenk allgemein zu schonen.

Schmerzmittel. Gegen die Schmerzen verordnen die Ärzt*innen entzündungshemmende und schmerzlindernde Substanzen wie wie Diclofenac (z. B. Voltaren® oder Diclac®), Ibuprofen (z. B. Dolgit® oder Ibuprofen AbZ) oder Etoricoxib (z. B. Arcoxia®).

Medikamente. Können oder wollen Betroffene nicht operiert werden, ist ein Therapieversuch mit gefäßerweiternden Medikamenten möglich. Im Stadium ARCO I bis II kann Iloprost die Schmerzen reduzieren und die Prozesse im Knochen abmildern. Es handelt sich dabei um eine Off-Label-Therapie, das heißt, dass das Medikament zu diesem Zweck keine explizite Zulassung hat.

In der Diskussion ist auch, ob Bisphosphonate die Zerstörung des Hüftkopfes verzögern. Langzeituntersuchungen stehen jedoch noch aus.

Operativ

Gelenkerhaltende Operationen. Diese Verfahren sind geeignet für die ARCO-Stadien I und II sowie je nach Ausprägung und Lokalisation der Nekrose auch im Stadium III. Die verschiedenen Methoden sind vergleichbar wirksam.

  • Core Decompression. Bei dieser "zentralen Markraumdekompression" bohrt die Ärzt*in die Nekrose im Hüftkopf an. Das reduziert den Druck im Knochen und soll so die Durchblutung und die Regeneration im Gewebe verbessern und damit die Schmerzen lindern. Die Anbohrung wird in den Stadien ARCO I und II empfohlen. Bei kleinen Defekten scheint es effektiv zu sein, sie mit einer Knochentransplantation oder einer anschließenden Infusion mit dem gefäßerweiternden Wirkstoff Iloprost zu kombinieren.
  • Umstellungsosteotomie. Hier versuchen die Ärzt*innen, durch Umstellung der Oberschenkelachse die abgestorbenen Gebiete des Hüftkopfs aus der Krafteinwirkung im Gelenk herauszudrehen. Dazu wird der Knochen durchtrennt und dann in der gewünschten Position wieder zusammengefügt und fixiert. Diese Operation ist sehr anspruchsvoll und kein Routineverfahren. Sie kommt in den ARCO-Stadien II und III zum Einsatz. Mögliche Komplikationen sind die Verkürzung des betroffenen Beines durch Umstellung des Gelenks und die Schädigung der Gesäßmuskeln.
  • Knorpel- oder Knochen-Transplantationen. Das Verpflanzen neuen Gewebes ist bei der Hüftkopfnekrose noch in der Erprobung. Vor allem Knorpeltransplantationen haben bisher eher widersprüchliche Ergebnisse erbracht. Die Knochentransplantation hat in Kombination mit der Core Decompression bei sehr kleinen Nekrosen Erfolge gezeigt.

Gelenkprothese. Bei schweren Fällen mit Zerstörung des Gelenks (ARCO IV) bleibt als letzte Behandlungsmöglichkeit nur eine künstliche Hüfte (Hüft-Totalendoprothese). Meist wird dabei eine zementfreie Prothese eingesetzt, da aufgrund des jungen Alters der Patient*innen ein späterer Prothesenwechsel wahrscheinlich und dieser mit einer zementfreien Variante etwas einfacher ist.

Bei Patient*innen mit Sichelzellanämie oder einem Morbus Gaucher ist das Risiko erhöht, dass die Hüftgelenksprothese z. B. aufgrund von Lockerung oder Infektion früher ausgetauscht werden muss. Das Gleiche gilt für Patient*innen nach einer Nierentransplantation.

Prognose

In seltenen Fällen heilen Hüftkopfnekrosen im frühen Stadium von selbst aus. Meist schreitet die Erkrankung jedoch fort. Unbehandelt dauert es etwa 2 bis 3 Jahre, bis das Hüftgelenk komplett zerstört ist.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Früh in die Arztpraxis. Hüftbeschwerden dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Vor allem bei der Hüftkopfnekrose hängt der Therapieerfolg entscheidend von einer frühen Therapie ab. Bei wiederholtem Ziehen oder Schmerzen in der Leiste ist deshalb möglichst bald eine Ärzt*in, am besten gleich eine Hüftspezialist*in aufzusuchen.

Sport. Wenn die Ärzt*in Sport erlaubt, eignen sich vor allem hüftschonende Sportarten wie Schwimmen oder Aquajogging. Mit der richtigen Technik sind meist auch Nordic Walking und gemäßigtes Radfahren möglich. Sobald Schmerzen auftreten, darf aber nicht mehr gesportelt werden.

Komplementäre Medizin

Zur Behandlung der Hüftkopfnekrose werden die unterschiedlichsten Verfahren empfohlen. Leider sind die meisten wenig effektiv. Die Leitlinien nehmen nach Sichtung entsprechender Studien dazu folgendermaßen Stellung:

  • Die Hyperbare Sauerstofftherapie wird nicht empfohlen. Zwar kann sie in den frühen Stadien die Schmerzen reduzieren, hat aber keinen Effekt auf das Fortschreiten der Erkrankung.
  • Auch für die Therapie mit Stoßwellen konnte keine Wirkung auf das Fortschreiten einer Hüftkopfnekrose nachgewiesen werden, das Gleiche gilt für Ultraschallbehandlungen. Beides wird deshalb von den Leitlinien nicht empfohlen.
  • Die Elektrostimulation scheint zwar die klinischen Beschwerden in frühen Stadien zu bessern, verzögert das Fortschreiten der Erkrankung aber ebenfalls nicht. Die Leitlinien raten von der Therapie der Hüftkopfnekrose mit Elektrostimulation ab.

Von: Dr. med. Martin Schäfer in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung (2021): Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Neben hornhautaufweichende Tinkturen und Pflaster gehört vor allem das Fußbad zu den Waffen gegen lästige Hühneraugen.

Hühnerauge - Wenn der Schuh drückt

Schmerzhafte Wucherung

Hühneraugen sind lästig und schmerzhaft – aber zum Glück meistens harmlos. Deshalb kann man sie in der Regel gut selbst behandeln. Wirksame Methoden reichen von neuen (passenden) Schuhen bis zu speziellen Pflastern und Tinkturen aus der Apotheke. Und damit es nicht zu neuen Verhornungen kommt, lässt sich gegen Hühneraugen auch vorbeugen.

Wo kommt das Hühnerauge her?

Ein Hühnerauge ist eine punktuelle, verstärkte Verhornung der Haut (Hyperkeratose). Sie bildet sich kreis- oder linsenförmig aus. In der Mitte befindet sich eine kleine, oft glasige Kuppe, der sogenannte Hornkegel. Sein Inneres kann weit in die Tiefe reichen. Die Haut um den Kegel herum ist gelblich-beige. Insgesamt sieht das Ganze ein bisschen so aus wie ein rundes Hühnerauge – deshalb der volkstümliche Name. Medizinisch heißt das Hühnerauge Clavus, in der Mehrzahl Clavi.

Hühneraugen entstehen durch dauerhaften oder immer wiederkehrenden Druck. Betroffen sind insbesondere solche Hautbereiche, die dicht über dem Knochen liegen – also Füße und Hände. Auf Druck und Reibung reagiert die Haut mit einer Verdickung. Das Wachstum der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) in den unteren Schichten der Haut wird angeregt und es bilden sich immer mehr davon.

Normalerweise wandern diese Hautzellen von unten nach oben, verhornen immer mehr und werden dann an der Hautoberfläche abgeschilfert. Durch den Druck und die verstärkte Verhornung gelingt das den verhornten Hautzellen nicht mehr. Sie bilden im Inneren des Hühnerauges eine harte Hornmasse. Je länger dieser Zustand anhält, desto tiefer wächst der Hornkegel nach innen. Dort kann er auf Nervenenden treffen und starke Schmerzen auslösen.

Der schädliche Druck kann verschiedenen Ursachen haben. Neben Fußfehlstellungen zählt falsch sitzendes, drückendes Schuhwerk zu den Hauptauslösern von Hühneraugen. In diesen Fällen sind meist die Zehen betroffen. Dort sitzen sie gerne zwischen dem vierten und fünften Zeh oder an der Oberseite der zweiten Zehe.

Auch ein Hallux valgus (Ballenzeh) ändert die Druckverhältnisse und begünstigt an der betroffenen Großzehe die Bildung eines Hühnerauges. Beim Spreizfuß wiederum sind Ballen und Sohle besonders belastet, worauf die Haut ebenfalls mit Hyperkeratosen und Hühneraugen antwortet. Gleiches passiert, wenn durch Fußfehlstellungen Zehen aneinander oder gegen den Schuh drücken. Gefördert wird die Bildung von Hühneraugen zudem durch trockene Haut.

Manchmal entwickeln sich Hühneraugen sogar an den Händen. Auch dort ist dauerhafter Druck schuld, z.B. beim intensiven Hantieren mit Arbeits- oder Sportgeräten. Betroffen sind davon Tennisspieler*innen, Mechaniker*innen oder Musiker*innen.

Hinweis: Menschen mit einer diabetischen Polyneuropathie oder einer anderen Nervenerkrankungen bemerken schädlichen Druck an den Füßen häufig nicht. Sie sind deshalb besonders gefährdet, Hühneraugen zu entwickeln.

Hühnerauge ist nicht gleich Hühnerauge

Hühneraugen können in verschiedenen Formen auftreten. Manche sind hart, andere weich, in einige Hühneraugen wachsen mit der Zeit kleine Blutgefäße ein, andere werden von Nerven durchzogen. Expert*innen unterscheiden deshalb acht Typen:

  • Der Clavus durus ist das bekannteste und klassische Hühnerauge. Er ist hart und befindet sich vor allem unter den Zehengrundgelenken, manchmal auch am Zehenrücken. Der Kegel reicht oft stark in die Tiefe, wodurch sich das Hühnerauge bei Druck von oben äußerst schmerzhaft bemerkbar machen kann.
  • Bei einem Clavus molle handelt es sich um ein weiches Hühnerauge. Es sitzt zwischen den Zehen und bleibt wegen dem dort feuchten Klima weich.
  • Ein Clavus vascularis ist hart und enthält kleinste Blutgefäße. Deshalb kann er leicht bluten. Diese Hühneraugen entstehen bei besonders starker Belastung der Haut.
  • Der Clavus neurovascularis ist nicht nur von Blutgefäßen, sondern auch von Nervenenden durchzogen. Diese Hühneraugen sitzen meist an den Zehenkuppen, bluten leicht und schmerzen oft besonders stark.
  • Der großflächige und harte Clavus neurofibrosus befindet sich an der Fußsohle.
  • Ein Clavus papillaris zeichnet sich durch einen weichen Kern aus.
  • Clavi miliares kommen in großen Ansammlungen vor und schmerzen nicht. Bei ihnen handelt es sich um eine stoffwechselbedingte Fehlverhornung.
  • Der Clavus subungualis sitzt unterhalb der Nagelplatte.

Nicht alle diese Hühneraugen darf man selbst behandeln. Möglich ist die Therapie in Eigenregie bei den häufigsten Formen, dem Clavus durus und dem Clavus molle. Hühneraugen, die bluten, in großen Ansammlungen vorkommen oder unter dem Nagel sitzen, schauen sich besser die Hausärzt*in oder Dermatolog*in an und entscheiden, wie man sie am besten angeht.

Hinweis: Hühneraugen und Warzen sehen auf den ersten Blick sehr ähnlich aus. Schaut man genauer hin, lassen sich Unterschiede erkennen: Bei Warzen fehlt der glasige Hornkern in der Mitte. Stattdessen findet sich unter einer oberflächlichen Verhornung warzenartiges Gewebe, das mit schwarzroten Pünktchen versetzt ist.

Weg mit Druck und Verhornung!

Um Hühneraugen zum Verschwinden zu bringen, muss der betroffene Bereich als erstes entlastet werden. Sind drückende Schuhe der Auslöser, sollten sie nicht mehr getragen werden. Stattdessen wählt man ausreichend weite und gut passende Schuhe. Schuhe kaufen sollte man übrigens am besten abends: Denn nach einem ganzen Tag auf den Beinen sind Füße oft angeschwollen und deshalb etwas größer als morgens.

Bei Fehlstellungen kann die Orthopäd*in helfen. Sie begutachtet den Fuß und verordnet wenn nötig Einlagen. Damit lassen sich Fehlstellungen korrigieren, die zu dem Druck geführt haben. Manche Betroffenen profitieren auch von speziellen ringförmigen Polstern. Sie klebt man so auf die Haut, dass eventueller Druck davon ferngehalten wird.

Allein die Entfernung des Drucks kann Hühneraugen zur Rückbildung bewegen. Das dauert allerdings eine Weile und funktioniert auch nicht immer zuverlässig. Besser ist es, gleichzeitig die Verhornung zu beseitigen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Zunächst nimmt man ein lauwarmes Fußbad, das die Haut aufweicht. Ein Teil der obersten Hautschicht löst sich dann und kann vorsichtig mit Bimsstein oder einem trockenen Frottee-Handtuch abgetragen werden. Fußhobel oder andere Werkzeuge sollten wegen der Verletzungsgefahr nicht dafür benutzt werden. Danach behandelt man das Hühnerauge mit Keratolytika (hornhautauflösenden Substanzen) wie Salicylsäure oder Milchsäure. Diese Wirkstoffe lockern die oberste Hautschicht. Dadurch weicht der Clavus weiter auf, sodass er beim nächsten Fußbad leichter entfernt werden kann. Die Wirkstoffe gibt es als Tinkturen und als Pflaster.

  • Tinkturen muss man mehrmals täglich auf das Hühnerauge auftragen. Die nicht verhornte Haut um den Clavus herum sollte vor dem Wirkstoff geschützt werden. Dafür cremt man sie vorsichtig mit Vaseline oder einer Fettsalbe ein. Die Salicyl- oder Milchsäure trocknet nach dem Auftragen und bildet einen Film auf dem Hühnerauge. Dieser Film muss vor dem nächsten Auftragen wieder entfernt werden. Wie häufig das Hühnerauge behandelt werden muss, richtet sich nach dem jeweiligen Produkt. Meist soll die Tinktur ein- bis zweimal täglich verwendet und nach drei bis vier Tagen die Hornhaut in einem Fußbad entfernt werden. Ganz wichtig: Nach dem Hantieren mit der Tinktur muss man sich die Hände waschen, damit die Säure nicht in die Augen oder auf andere empfindliche Hautstellen gerät. Die gesamte Prozedur ist recht aufwendig. Menschen, die nicht mehr gut sehen oder weniger beweglich sind, sollten sich dabei von Angehörigen helfen lassen oder eine Podolog*in aufsuchen.
  • Pflaster mit Salicylsäure oder Milchsäure sind etwas leichter zu handhaben. Sie werden so auf den Clavus geklebt, dass der wirkstoffhaltige Anteil genau auf dem Hornkegel zu liegen kommt. Zu beachten ist dabei, dass die Haut sauber und trocken ist. Manche Produkte haben zusätzlich zu ihrem Wirkstoffkern ein Druckschutzpolster, um beim Gehen die Schmerzen zu mindern. Je nach Produkt bleibt das wirkstoffhaltige Pflaster ein bis drei Tage kleben. Oft verschwindet das Hühnerauge dann schon beim Entfernen des Pflasters. Bei manchen Präparaten wird empfohlen, die aufgeweichte Haut nach einem Fußbad abzutragen, andere Pflaster sollen mehrmals ausgetauscht werden. Weil die Handhabung je nach Produkt stark variiert, ist es wichtig, vor Anwendung die Gebrauchsanweisung genau zu lesen.

Ob Tinkturen oder Pflaster: Die über die Haut aufgenommene Salicylsäure kann in das Blut gelangen und auch im Körper wirken. Deshalb sollten Tagesdosen von 2,0 g für Erwachsene und 0,2 g für Kinder nicht überschritten werden. Bei Kleinkindern und Schwangeren darf man zudem maximal eine Fläche von 5 cm2 behandeln. Wer unsicher ist, lässt sich dazu am besten in der Apotheke beraten.

Vorsicht geboten ist auch bei Patient*innen, die eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Bei ihnen können sich Wirkstoffe im Körper leicht anstauen. Sie sollten deshalb besser wirkstofffreie Hühneraugenpflaster verwenden. Diese bestehen aus einem Hydrokolloid und nehmen Flüssigkeit auf. Dadurch entsteht nicht nur ein schützendes Polster. Der Clavus wird aufgeweicht, sodass sich die verhornte Haut nach Abnahme des Pflasters meist gut abtragen lässt.

Hinweis: Diabetiker*innen haben eine besonders empfindliche Haut, und kleine Verletzungen heilen bei ihnen schlechter. Für sie ist es ratsam, Hühneraugen nicht in Eigenregie zu entfernen, sondern vor einer Behandlung immer ärztlichen Rat einzuholen.

So beugt man Hühneraugen vor

Hühneraugen beugt man vor, indem man Druck vermeidet. Dazu dienen die gleichen Maßnahmen wie bei der Behandlung eines Clavus. Am wichtigsten ist es, gut passende, nicht zu enge Schuhe zu tragen. Mancmhal ist es allerdings nicht möglich, dauerhaft drückendes Schuhwerk zu vermeiden, etwa im Beruf. Dann sollte man die Schuhe in den Pausen ausziehen und auf dem Weg zur Arbeit bequeme Schuhe tragen. Von der Orthopäd*in verschriebene Einlagen oder spezielles Schuhwerk wirkt zudem nur vorbeugend, wenn es auch benutzt wird.

Hühneraugen an den Händen lässt sich mit speziell gepolsterten Handschuhen oder Schaumstoffgriffen entgegenwirken. Treten sie bei der Arbeit auf, kann man den Arbeitgeber auf Schutzmaßnahmen ansprechen.

Die zweite Säule zur Vermeidung von Hühneraugen ist eine gute Fußpflege:

  • Regelmäßige Fußbäder, um die Haut weich zu halten.
  • Raue und verdickte Stellen vorsichtig mit Bimsstein oder einem Frotteehandtuch abreiben.
  • Füße zweimal täglich mit einer speziellen Pflegecreme massieren, vor allem an den verdickten Bereichen. Günstig für trockene, verdickte und verhornte Hautbereiche sind Cremes mit Harnstoff sowie Frucht- und Glykolsäuren, angereichert mit pflegenden Panthenol oder Ölen.

Manche Menschen sehen nicht gut oder haben Schwierigkeiten, ihre Füße zu erreichen. Dann ist für deren Pflege Hilfe nötig. Am besten ist es, dafür regelmäßig eine Fußpflege aufzusuchen. In manchen Fällen trägt die Gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Fußpflege. Dies ist z. B. bei krankhaften Veränderungen am Fuß der Fall, also bei einemr Diabetes oder eine Neuropathie.

Quelle: DAZ 2021, Nr. 20, S. 42

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ypps