Gesundheit heute

Bauchspeicheldrüsenentzündung, akute

Akute Bauchspeicheldrüsenentzündung (akute Pankreatitis): Plötzlich auftretende, nicht durch eine Infektion bedingte Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Häufigste Ursachen sind der Alkoholmissbrauch und in der Mündung des Bauchspeicheldrüsengangs eingeklemmte Gallensteine. Betroffen sind vor allem Menschen im Alter von 30–50 Jahren. Je nach Schweregrad verläuft die Krankheit in 1–15 % der Fälle tödlich. Wichtig sind die möglichst rasche Behandlung und Überwachung in der Klinik.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Plötzlich auftretende heftige, langanhaltende Schmerzen im Oberbauch, oft gürtelförmig um den Bauch, aber auch in andere Richtungen ausstrahlend
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Schweres Krankheitsgefühl
  • Häufig Fieber
  • Blutdruckabfall, in schweren Fällen Schock mit Herzrasen, Kaltschweißigkeit und Angst bis hin zum Kreislaufversagen
  • Gelegentlich Gelbfärbung der Haut bei Einklemmung eines Gallensteins.

Wann zum Arzt

Sofort den (Not-)Arzt rufen,

  • wenn obige Beschwerden auftreten!

Die Erkrankung

Auslöser und Risikofaktoren

Auslöser einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung sind am häufigsten ein an der Mündung des Bauchspeicheldrüsengang eingeklemmter Gallenstein (45 %), wodurch die verdauenden Darmsäfte und Galle in den Gang der Bauchspeicheldrüse gelangen sowie Alkoholmissbrauch (35 %). In 15 % der Fälle lässt sich keine Ursache finden, die übrigen 5 % verteilen sich auf

  • die Folgen einer Medikamenteneinnahme (z. B. Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, Östrogene, Kortison, Antibiotika, Azathioprin)
  • Bauchverletzungen
  • Verletzungen der Bauchspeicheldrüse durch ärztliche Eingriffe, z. B. bei einer ERCP (eine endoskopische Untersuchung der Gallengänge und des Bauchspeicheldrüsenganges)
  • Fettstoffwechselstörungen (Hypertriglyzeridämie)
  • stark erhöhte Kalziumspiegel, z. B. bei einer Nebenschilddrüsen-Überfunktion.

Formen, Verlauf und Komplikationen

Bei der häufigsten Form, der leichten akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung (interstitiell-ödematöse Pankreatitis), führen die oben genannten Auslöser zu Entzündungsreaktionen und einer erhöhten Durchlässigkeit der Bauchspeicheldrüsengänge. Dadurch gelangt Flüssigkeit in das Gewebe der Bauchspeicheldrüse und sie schwillt an. Zum Absterben von Pankreasgewebe und anderen schweren Komplikationen kommt es bei der leichten Form nicht, sie hat mit einer Sterblichkeit unter 1 % eine gute Prognose.

Die schwere akute Bauchspeicheldrüsenentzündung (akut nekrotisierende Bauchspeicheldrüsenentzündung) zeichnet sich durch eine regelrechte Selbstverdauung aus, die bis hin zum teilweisen oder kompletten Absterben von Pankreasgewebe mit schwerwiegenden Folgekomplikationen führt.

Bei der Selbstverdauung werden die Drüsenzellen durch den auslösenden Reiz so stark direkt geschädigt, dass massenweise Verdauungsenzyme an Ort und Stelle freigesetzt werden, anstatt an ihren eigentlichen Bestimmungsort, den Darm, zu gelangen. Anders als im Darm, wo die Enzyme Nahrungsbestandteile zersetzen, greifen sie hier das Bauchspeicheldrüsengewebe selbst an und führen zum Absterben von Zellen (Nekrosen). In etwa einem Drittel der Fälle wandern Darmbakterien in das abgestorbene Bauchspeicheldrüsengewebe, es bilden sich sogenannte infizierte Nekrosen.

Gelangen die Verdauungsenzyme über die Grenzen der Bauchspeicheldrüse hinaus in den Bauchraum, richten sie auch dort großen Schaden an. Die Nekrosen dehnen sich aus, Blutgefäße werden angedaut und Blut fließt in die Bauchhöhle oder hinter das Bauchfell. Bis zu einem Drittel des gesamten Bluts kann auf diese Weise dem Kreislauf entzogen werden, Folgen sind Blutdrucksenkung und Kreislaufschock.

Als weitere Komplikationen drohen Bauchfellentzündung, Pleuraergüsse, Lungenentzündungen, Abszesse und Blutvergiftung bis hin zur Darmlähmung. Die Sterblichkeit ist daher bei der schweren Bauchspeicheldrüsenentzündung hoch, sie beträgt etwa 10–25 %.

Spätfolgen

Nach Heilung einer akuten Bauchspeicheldrüsen-Entzündung bleiben bei 5 % der Patienten Pankreas-Pseudozysten in der Bauchspeicheldrüse bestehen. Pseudozysten sind mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, die Druckgefühle im Oberbauch und, wenn sie sich entzünden, Fieber verursachen können. Wird das Gewebe der Bauchspeicheldrüse teilweise oder sogar vollständig verdaut, kommt es zu Pankreasinsuffizienz und Diabetes.

Diagnosesicherung

Die wichtigsten Hinweise für die Diagnose liefern die heftigen andauernden Schmerzen im Oberbauch, der schlechte Allgemeinzustand mit Fieber, Übelkeit, Blutdruckabfall und schwerem Krankheitsgefühl und die Erhöhung der Bauchspeicheldrüsenenzyme (Lipase im Blut).

Im Ultraschall ist die durch Flüssigkeitseinlagerung vergrößerte Bauchspeicheldrüse gut zu erkennen, ebenso abgestorbene Bereiche oder eingeklemmte Gallensteine. Zur genauen Beurteilung des Schweregrads der Entzündung, veranlasst der Arzt in der Regel eine CT mit Kontrastmittelgabe.

Um die Ursache zu finden, werden Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren eingesetzt. Für einen Alkoholmissbrauch sprechen beispielsweise eine erhöhte Gamma-GT und ein erhöhtes MCV; ein erhöhtes Kalzium im Blut für eine Nebenschilddrüsen-Überfunktion und eine erhöhte ALT für einen Stein im Gallengang. Tumoren und Gallensteine lassen sich wiederum gut anhand von Endosonografie, ERCP und MRCP nachweisen.

Differenzialdiagnosen. Akute starke Oberbauchschmerzen kommen z. B auch vor bei

  • Ulkuskrankheit
  • Gallenblasenentzündung
  • Blinddarmentzündung
  • Herzinfarkt
  • Darmarterienverschluss
  • Aortenaneurysma.

Behandlung

Patienten mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung müssen ins Krankenhaus, in schweren Fällen auf die Intensivstation. Dort werden zum einen die Körperfunktionen stabilisiert, die Schmerzen behandelt und, wenn möglich, die zugrundeliegenden Ursachen angegangen. Außerdem überwachen die Ärzte jede akute Bauchspeicheldrüsenentzündung engmaschig mit Laboranalysen und Ultraschalluntersuchungen, um frühzeitig drohende Komplikationen zu erkennen.

  • Eine der wichtigsten Behandlungsmaßnahmen ist die Gabe von Flüssigkeit in Form von Infusionen, da meist ein ausgeprägter Flüssigkeitsmangel besteht. In der Regel sind mindestens 3–4 Liter/Tag nötig.
  • Handelt es sich um eine leichte Form der Bauchspeicheldrüsenentzündung und der Patient hat Appetit, darf er normale, fettarme Kost essen. Bei der schweren Form ernähren die Ärzte den Patienten zunächst über Infusionen, die notwendigen Nährstoffe gelangen also direkt ins Blut. Weil eine frühzeitige Ernährung über den Darm die Komplikationsrate senkt, wird ab dem 2. oder 3. Tag eine Sonde über die Nase in den Dünndarm gelegt und dem Patienten so Nahrung zugeführt. Sobald die Schmerzen verschwunden sind und die Pankreasenzyme sinken, wird die Sonde entfernt und der Patient darf mit einem vorsichtigen Kostaufbau beginnen.
  • Die häufig starken Schmerzen lindern die Ärzte mit Novaminsulfon und/oder Opioiden wie Pethidin oder Buprenorphin (z. B. Temgesic®).
  • Damit kein Stressulkus entsteht, hemmen die Ärzte die Sekretion des Magensafts mit Protonenpumpenhemmern wie z. B. Pantoprazol.
  • Bei starkem Erbrechen oder einem beginnenden Darmverschluss durch eine Darmlähmung legen die Ärzte zur Entlastung eine Magensonde.
  • Bei Fieber, Abszessen, Gallengangsentzündung und Pseudozysten erhält der Patient Antibiotika.
  • Liegt der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung ein eingeklemmter Gallenstein zugrunde, entfernen die Ärzte den Stein umgehend mittels ERCP, d. h. mit einer kleinen Zange oder einem Körbchen, die unter Kamerasicht in einem Schlauch über den Mund bis in den Bauchspeicheldrüsengang vorgeschoben wird (endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikografie)
  • Abszesse und Zysten werden unter bildgebender Kontrolle (Ultraschall oder CT) punktiert und abgesaugt; letztere jedoch nur, wenn sie groß sind und Beschwerden verursachen.

Operative Behandlung von Komplikationen

Manchmal reichen die oben genannten Maßnahmen nicht aus, um das Fortschreiten einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung einzudämmen. Dann müssen die Ärzte operieren. Hierbei entfernen sie z. B. infizierte, abgestorbene Gewebebereiche (Nekrosen), stillen Blutungen aus angedauten Gefäßen oder entfernen Abszesse, die sich trotz Punktion nicht zurückgebildet haben. Vor allem Notoperationen sind riskant, etwa 15 % der Patienten versterben daran.

Nachsorge

  • Der Patient muss über die nächsten Jahre hinweg auf alles verzichten, was die Bauchspeicheldrüse schädigt, also vor allem auf Alkohol.
  • Bei einer geplanten Medikamenteneinnahme muss der Arzt prüfen, ob dieses evtl. schädlich für die Bauchspeicheldrüse ist. Dies trifft auf bestimmte Wirkstoffe aus den Gruppen der Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, Östrogene und Antibiotika sowie auf einige Entzündungshemmer (z. B. Mesalazin) zu.
  • Hat der Patient Gallensteine, wird die Gallenblase etwa 6 Wochen nach Ausheilung entfernt, um eine weitere Entzündung der Bauchspeicheldrüse zu vermeiden.
  • Pseudozysten, die sich nach 6 Wochen nicht von selbst zurückgebildet haben, punktiert und drainiert der Arzt erneut.

Prognose

Die Prognose hängt vom Schweregrad der akuten Entzündung ab. Bei der leichten Form ohne Nekrosen und Komplikationen sterben etwa 1 % der Patienten an der Erkrankung. Die nekrotisierende Pankreatitis hat eine Sterblichkeit von 10–25 %. Kommt es zu einer Totalnekrose der Bauchspeicheldrüse, stirbt sogar jeder 2. Betroffene daran.

Ihr Apotheker empfiehlt

Eine akute Bauchspeicheldrüsen-Entzündung führt zu so starken Beschwerden, dass von einer Eigentherapie unbedingt abzuraten ist.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Was bringt den trägen Darm auf Trab?

Bei Verstopfung können die Sitzungen auf der Toilette lang werden.

Was bringt den trägen Darm auf Trab?

Tipps gegen chronische Verstopfung

Auch wenn eine chronische Verstopfung nicht lebensbedrohlich ist: Völlegefühl, Blähungen und schmerzhafte Toilettengänge schränken die Lebensqualität der Betroffenen oft erheblich ein. Entsprechend viele Selbsthilfe-Tipps kursieren - von Ballaststoffen über Bewegung, Biofeedback und Medikamente. Doch was hilft wirklich, um den Darm in Schwung zu bringen?

Frauen und Ältere besonders betroffen

Die chronische Verstopfung (Obstipation) ist weit verbreitet. Etwa 15% der Bevölkerung sollen darunter leiden, besonders häufig betroffen sind Frauen und ältere Menschen. Bis vor kurzem wurde die Erkrankung vor allem nach der Häufigkeit der Stuhlentleerung pro Woche definiert. Heute orientiert sich die Diagnose gleichermaßen an subjektiven Beschwerden und objektiven Kriterien. Als chronisch verstopft gilt, wer seit mindestens drei Monaten ohne Abführmittel nur selten weiche Stühle hat und unter zwei oder mehr der folgenden Beschwerden leidet:

  • klumpiger oder harter Stuhl (bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen, gilt ebenso bei den folgenden Beschwerden)
  • starkes Pressen
  • subjektive unvollständige Entleerung
  • subjektive Obstruktion (das Gefühl eines Hindernisses im Darm)
  • Erleichterung der Entleerung mit den Fingern
  • weniger als 3 Stuhlgänge pro Woche.

Was bremst den Darm?

Warum der Darm bei manchen Menschen so träge ist, wird bisher nur in Ansätzen verstanden. Eine eindeutige Ursache liegt vor, wenn der Auslöser eine Krankheit ist. Dann spricht man von einer sekundären Obstipation. Das ist etwa der Fall bei

  • neurologischen Erkrankungen. Dazu gehören Nervenschädigungen, wie sie beim Diabetes vorkommen oder die Verletzung von Nervenbahnen durch Querschnittslähmung.
  • hormonellen Erkrankungen. Dazu zählen hormonelle Schwankungen in der Schwangerschaft oder der zweiten Zyklushälfte oder auch Hormonstörungen der Schilddrüse
  • chronischen Krankheiten wie Amyloidose oder Kollagenosen, die sich auch auf den Darm ausbreiten und ihn dadurch bremsen
  • Veränderungen, die die Entleerung direkt am Darmausgang erschweren. Dazu gehören Beckenbodenstörungen, der Analprolaps oder die Rektozele.

Liegt der Verstopfung keine Erkrankung zu Grunde, ist der Fall komplizierter. Theorien gibt es viele: So sollen faserarmen Kost oder Bewegungsmangel die Verstopfung verursachen. Auch eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme oder abrupte Änderungen der Lebensumstände werden oft für die Beschwerden verantwortlich gemacht. Allerdings gibt es bisher keine Studien, die diese Annahmen beweisen. Expert*innen gehen davon aus, dass die genannten Faktoren vor allem dann ein Auslöser sind, wenn Betroffene sowieso eine Veranlagung zur Verstopfung haben.

Hinweis: Verstopfung ist oft eine Nebenwirkung von Medikamenten. Das ist etwa der Fall bei einigen Antidepressiva (z. B. Amitryptilin, Moclobemid, Citalopram und Duloxetin), Hochdruckmedikamenten wie Betablocker und Kalziumkanalblocker, Entwässerungsmitteln und Opioiden. Auch Eisenpräparate und Protonenpumpenhemmer können verstopfen. Es lohnt sich also, die Präparate mit der Apotheker*in oder Hausärzt*in durchzugehen.

Was bringt den Darm in Schwung?

Auch wenn die Ursache für die Verstopfung nicht immer klar ist, gibt es doch erprobte Praxistipps gegen die Beschwerden. Die Basismaßnahme gegen Verstopfung ist ein geregelter Tagesablauf. Morgens sollte man in Ruhe frühstücken und danach den Toilettengang einplanen. Der Stuhlgang soll möglichst nicht unterdrückt werden – auch wenn es bisher keine Beweise dafür gibt, dass dies zu einer chronischen Verstopfung führt. An weiteren Allgemeinmaßnahmen empfehlen die Leitlinien:

  • Ausreichend trinken. Dafür reichen 1,5 bis 2 Liter am Tag. Mehr bringt nicht mehr, d.h. eine größeren Trinkmenge hat kein Effekt auf die Verstopfung.
  • Ausgewogen ernähren. Dazu gehören Quell- und Ballaststoffe, wie sie in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten vorkommen. Sie lockern den Stuhl und beschleunigen die Darmpassage. Ein etablierter Richtwert sind etwa 30 g Ballaststoffe/Tag. In einem mittelgroßen Apfel stecken davon etwa 3 g.
  • Inaktivität vermeiden. Das gilt besonders für ältere Menschen. Dabei reichen die üblichen Alltagsaktivitäten aus, um den Darm in Schwung zu halten. D.h., nach dem Essen einen kleinen Spaziergang einzulegen, jede Möglichkeit zu gehen zu nutzen und nicht zu viel herumzusitzen. Mehr Bewegung mag aus anderen Gründen empfehlenswert sein, hat aber keine Auswirkung auf die Darmtätigkeit.

In vielen Fällen reichen diese Maßnahmen aber nicht aus, um den Darm bei chronischer Verstopfung wieder in Schwung zu bringen. Viele Menschen schaffen es auch nicht, die erforderliche Menge an Ballaststoffen über die Nahrung zu sich zu nehmen – die durchschnittliche Aufnahme liegt in Deutschland bei etwa 20 g. In diesen Fällen kommen zusätzliche Ballaststoffe wie Flohsamenschalen und Weizenkleie ins Spiel.

  • Flohsamenschalen sollte man täglich ein bis zwei Teelöffel zu sich nehmen. Diese werden in 200 bis 400 ml Wasser oder Saft angerührt. Man trinkt sie direkt oder nach kurzem Vorquellen. Eine Alternative sind pulverisierte Flohsamenschalen aus der Apotheke. Das Pulver ist feiner, leichter zu dosieren und z.T. mit Geschmacksstoffen angesetzt.
  • Auch Weizenkleie enthält viele Ballaststoffe. Pur schmeckt sie allerdings recht bitter. Am besten rührt man sie deswegen in Müsli, Quark oder Joghurt ein und lässt sie kurz quellen. 70 g Weizenkleie haben etwa 30 g Ballaststoffe in sich – also die empfohlene Tagesration. Bei der Dosierung sollten allerdings die über den Rest der Nahrung aufgenommenen Ballaststoffe berücksichtigt werden.

Sowohl für Weizenkleie als auch für Flohsamenschalen gilt: Die Ballaststoff-Booster müssen immer mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden, damit sie nicht den gegenteiligen Effekt haben! Bei manchen Betroffenen lösen die ungewohnten Ballaststoffe außerdem Blähungen und Bauchschmerzen aus. In diesem Fall sollte man mit einer geringen Dosis starten und diese Tag für Tag steigern.

Tipp: Auch ballaststoffreiches Obst kann die Verstopfung lindern. Besonders geeignet sind Kiwi, Mango oder Pflaumen. Voraussetzung ist allerdings, dass davon täglich zwei Portionen (insgesamt 300 g) verzehrt werden.

Einen anderen Ansatzpunkt bieten Probiotika, also Präparate mit Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien. Diese sollen die Zusammensetzung der körpereigenen Darmbakterien (Darmflora) verbessern und so die Verdauung verbessern. Tatsächlich unterscheidet sich die Darmflora von Patienten mit Verstopfung von der Darmflora gesunder Menschen. Dennoch ist unklar, ob dieser Ansatz wirklich funktioniert. In einigen Studien konnten Probiotika die Häufigkeit der Darmentleerung zwar steigern und die Stuhlkonsistenz verbessern. Insgesamt ist die Studienlage allerdings widersprüchlich. Ein Versuch mit Probiotika schadet jedoch nicht und ist deshalb durchaus zu erwägen. Ein Erfolg sollte sich spätestens nach vier- bis sechswöchiger Einnahme einstellen

Wenn Flohsamen und Kleie nicht reichen

Wenn „sanfte“ Methoden nicht greifen, helfen oft nur Medikamente. Welche Präparate sich eignen, ist zum Beispiel davon abhängig, ob die Betroffene unter Entleerungsstörungen leidet. Das bedeutet, dass der Stuhl zwar den Enddarm erreicht, der Stuhl aber nicht problemlos abgesetzt werden kann (z.B. durch Beckenbodenstörungen). Ist das nicht der Fall, sind Abführmitteln wie Makrogol, Bisacodyl und Natriumpicosulfat die erste Wahl:

  • Macrogol ist osmotisch wirksam (es zieht Wasser in den Darm) und wirkt auf diese Weise abführend. Es wird unverändert ausgeschieden und gilt als besonders verträglich.
  • Natriumpicosulfat und Bisacodyl regen die Darmbewegungen an. Außerdem fördern sie die Ansammlung von Wasser und Elektrolyten im Darm und machen dadurch den Stuhl weicher. Ihre Wirkung tritt sechs bis zwölf Stunden nach Einnahme ein. Für die Unterstützung des morgendlichen Stuhlgangs nimmt man sie abends zu sich. Als Nebenwirkung sind krampfartige Bauchschmerzen möglich.

Die genaue Dosierung ist sehr vom Einzelfall abhängig. Eine ausführliche und individuelle Beratung gibt es in der Apotheke. Übrigens: Auch eine Langzeittherapie ist Expert*innen zufolge ausdrücklich möglich. Zu der früher gefürchteten Gewöhnung mit Wirkverlust kommt es nur äußerst selten.

Bringen die genannten Präparate kein Ergebnis, empfehlen die Leitlinien folgende Wirkstoffe:

  • Anthrachinone stimulieren den Darm wie Bisacodyl. Bei ihrer Anwendung kann es zu starken krampfartigen Bauchschmerzen kommen, häufig verfärbt sich auch der Urin.
  • Zucker und Zuckeralkohole wie z. B. Lactulose wirken osmotisch und dadurch abführend. Bei manchen Menschen lösen sie starke Blähungen und Bauchschmerzen aus. Langfristig angewendet, können sie zu Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt führen.

Abführmittel lassen sich übrigens auch miteinander kombinieren. Vor allem bei Präparaten mit unterschiedlichen Wirkprinzipien sind die Erfolgschancen gut. Zur Frage, welche Kombinationen sinnvoll sind, gibt es Rat in der Apotheke oder bei der behandelnden Ärzt*in.

Hinweis: Alte Hausmittel wie Glaubersalz oder Bittersalz sollte man besser meiden. Hier drohen schwere Nebenwirkungen wie Darmlähmung oder Nierenschäden. Paraffinöl ist gefährlich, weil es oft versehentlich in die Lunge gelangt und dann schwere Lungenentzündungen auslöst.

Abführhilfe über den Enddarm

Lässt sich bei Entleerungsstörungen der Stuhl nicht problemlos absetzen, helfen Zäpfchen oder Klistieren. Zäpfchen werden dafür über den Anus eingeführt. Bei Klistieren gelangt der Wirkstoff als Einlauf über ein Kunststoffröhrchen in den Enddarm. Je nach Menge entstammt er einer kleinen Tube oder einer Flasche.

Bei Zäpfchen und Klistieren gibt es verschiedene Inhaltsstoffe. Sie alle wirken schnell, d.h. innerhalb von 15 Minuten bis einer Stunde nach Anwendung, haben aber unterschiedliche Ansatzpunkte:

  • Bisacodyl erhöht die Wandspannung im Enddarm und unterstützt dadurch die Entleerung.
  • Sorbitol wirkt osmotisch (wasseranziehend) und erweicht harten Stuhl.
  • CO2-Bildner und Glycerol stimulieren den Entleerungsreflex direkt.

Hinweis: Zäpfchen und Klysmen eignen sich nicht nur bei Entleerungsstörungen. Sie nützen auch bei der „normalen“ idiopathischen Verstopfung, vor allem in der Kombination mit Abführmitteln.

Verschreibungspflichtige Medikamente

Für schwere Fälle von Verstopfung gibt es verschreibungspflichtige Medikamente. Eines davon ist Prucaloprid, das die Darmbewegungen anregt. Es erleichtert damit die Stuhlentleerung und reduziert Blähungen. Als Nebenwirkungen drohen vor allem am ersten Behandlungstag Kopfschmerzen, Übelkeit und Durchfall. Dies legt sich ab dem zweiten Behandlungstag meist wieder.

Bei Patient*innen, bei denen selbst Prucaloprid nicht wirksam ist oder das Präparat nicht vertragen wird, kommt Linaclotid zum Einsatz. Dieser Wirkstoff führt dazu, dass die Darmschleimhaut Wasser und Chlorid in den Darm sezerniert. Dadurch wird der Stuhl weicher und leichter ausgeschieden. Außerdem lindert Linaclotid Bauchschmerzen und bessert Blähungen. Nebenwirkung sind milde bis mittelschwere Durchfälle. Linaclotid ist zur Behandlung der Verstopfung zugelassen, wird aber von den Kassen nicht erstattet. Die Patient*in muss die Behandlung deshalb selbst bezahlen.

Ebenfalls verschreibungspflichtig sind Naloxon und Methylnaltrexon. Diese Substanzen verordnet die Ärzt*in, wenn die Verstopfung auf einer Schmerztherapie mit Opioiden beruht und andere Maßnahmen nicht ausreichend helfen. Sie blockieren die (unerwünschte) verstopfende Wirkung der Opiate am Darm, ohne die schmerzlindernde zentrale Wirkung aufzuheben.

Biofeedback und andere komplementäre Verfahren

Nicht immer müssen es übrigens Medikamente oder andere Präparate zum Einnehmen sein. Beruht die Verstopfung auf Beckenbodenstörungen, empfehlen Expert*innen das Biofeedback. Hierbei lernt die Patient*in, den Schließmuskel besser zu koordinieren, d.h. zum richtigen Zeitpunkt zu entspannen. Mithilfe einer Analsonde und eines angeschlossenen Messgeräts lässt sich erkennen, ob der Schließmuskel entspannt (grünes Licht) oder angespannt (rotes Licht) ist, so dass die Patient*in lernt, beide Zustände bewusst herbeizuführen.

Und auch die Alternativmedizin hat einiges im Angebot, etwa die Akupunktur. Ob sie wirklich hilft, ist allerdings nicht ganz klar. Zumindest die Ohrakupunktur, elektrische Akupunktur und traditionelle Akupunktur waren in einigen Studien erfolgreich. Da keine ernsten Nebenwirkungen zu erwarten sind, spricht nichts dagegen, das Nadeln auszuprobieren.

Bauchdecken- und Kolonmassagen werden ebenso immer wieder zur Behandlung chronischer Verstopfung empfohlen. Man massiert dabei in Richtung Darmpassage, also unterhalb des Brustkorbes entlang des Dickdarms von rechts nach links und dann nach unten. Ergebnisse aus Studien legen allerdings nahe, dass die Massagen eher subjektiv wohltuend sind und keine messbare Wirkung auf die Stuhlentleerung haben. Beruht die Verstopfung auf einer Querschnittslähmung oder einer Multiplen Sklerose, können Kolonmassagen aber durchaus hilfreich sein.

Hinweis: Häufig wird die externe Elektrostimulation zur Behandlung von Verstopfung angeboten. Die aktuellen Leitlinien geben dazu aufgrund der eingeschränkten Datenlage jedoch keine Empfehlung.

Verstopfung mit dem Skalpell lösen?

Chirurgische Maßnahmen kommen nur bei schwerster Verstopfung in Frage. Der Eingriff ist drastisch: Chirurg*innen entfernen dabei den Dickdarm und verbinden den Dünndarm direkt mit dem Enddarm (Kolektomie mit ileorektaler Anastomose). Noch seltener eingesetzt wird die Sakralnervenstimulation über einen eingepflanzten „Darmschrittmacher“. Ob und welche Patient*innen von dieser Therapie profitieren, ist noch unklar.

Quellen: Leitlinie Obstipation

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Janis Blums/shutterstock.com