Gesundheit heute

Hepatitis, nicht virusbedingt

Akute toxische Hepatitis (nicht infektiöse, nicht virusbedingte Leberentzündung): Schwere Leberentzündung, die sich innerhalb von wenigen Tagen entwickelt. Ursache sind meist versehentlich oder in suizidaler Absicht eingenommene Gifte wie das Gift des Knollenblätterpilzes, in Übermengen eingenommene Arzneimittel (z. B. Paracetamol®), Pflanzenschutzmittel, aber auch schwere Medikamentennebenwirkungen. Die Prognose ist schlecht, wenn die eingenommene Giftdosis hoch war und die intensivmedizinischen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Zeit zu überbrücken, bis die Selbstheilungskraft der Leber einsetzt. In diesen Fällen hilft nur eine Lebertransplantation.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen
  • Schmerzen im rechten Oberbauch
  • Gelbfärbung der Augenlederhaut (Ikterus)
  • Verwaschene Sprache, Verwirrung
  • Bewusstseinsstörung bis hin zum Koma.

Wann zum Arzt

Sofort den Notarzt (110) rufen bei

  • Verwaschener Sprache, Bewusstseinsstörungen, Koma
  • typischer Auffindesituation (nicht ansprechbarer Patient, leere Tablettenröhrchen).

Die Erkrankung

Ursachen

Bei der akuten toxischen Hepatitis kommt es durch die aufgenommenen Giftstoffe oder überdosierten Medikamente zu schweren Schäden in der Leber – bis hin zum Absterben der Leberzellen.

Paracetamolvergiftung. Beim Abbau von Paracetamol entsteht neben ungefährlichen Abbauprodukten ein Stoff, der für den Organismus besonders giftig ist: N-Acetyl-p-benzochinonimin, auch NAPQI genannt. Normalerweise wird dieser Stoff in der Leber von Glutathion abgefangen und über die Niere ausgeschieden. Fällt jedoch durch eine Überdosierung von Paracetamol zu viel des giftigen NAPQI an, reichen die Glutathionvorräte in der Leber nicht aus: In der Folge reagiert das "freie" NAPQI mit wichtigen Proteinen in der Leberzelle, verändert diese und führt letztendlich zum Absterben der Leberzellen.

Knollenblätterpilzvergiftung. Das im Knollenblätterpilz enthaltene Gift Amanitin schädigt ein für die Eiweißbildung in der Zelle besonders wichtiges Enzym, die RNA-Polymerase. Ist dieses Enzym ausgeschaltet, können für den Zellstoffwechsel lebenswichtige Eiweiße nicht mehr gebildet werden. Zunächst zehrt die Leberzelle noch von ihren Eiweißvorräten. Sind diese aber nach wenigen Tagen aufgebraucht und es fehlt der Nachschub, funktionieren die Stoffwechselvorgänge in der Zelle nicht mehr und die Zelle stirbt ab. Andere Organsysteme, vor allem die Niere, werden parallel zur Leber auf die gleiche Art und Weise schwer geschädigt.

Acetylsalicylsäure. Beim seltenen Reye-Syndrom (siehe unten) schädigt Acetylsalicylsäure – womöglich in Verbindung mit vorangegangenen Infekten – die Kraftwerke der Zelle (die sogenannten Mitochondrien). Dadurch fällt die Energieversorgung aus, was vor allem in Gehirn und Leber zu schweren akuten Störungen und Zellsterben führt.

Verlauf

Je nach Gift und Dosis kommt es durch die Zerstörung der Leberzellen sehr schnell oder innerhalb weniger Tage zu einem akuten Leberversagen. Erste Anzeichen sind Schwächegefühle und Übelkeit; diese werden schon bald von schwerem Krankheitsgefühl und lebertypischen Symptomen wie Gelbfärbung der Haut begleitet. Da die Entgiftungsfunktion der Leber ausfällt, entwickeln sich rasch schwere Kreislaufstörungen und es kommt zu Bewusstseinsstörungen wie Schläfrigkeit und Benommenheit. In der Folge entsteht das überwiegend tödlich verlaufende Leberausfallkoma.

Komplikation bei Kindern: Reye-Syndrom

Das Reye-Syndrom ist durch die Kombination einer akuten Leberentzündung mit einer akuten Gehirnentzündung (Enzephalitis) gekennzeichnet. Es tritt vor allem zwischen dem 5. und 9. Lebensjahr auf (häufig nach Virusinfektionen und der Einnahme von Acetylsalicylsäure) und beginnt meistens mit grippeartigen Symptomen wie Müdigkeit, Fieber und Erbrechen. Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen und Atemstörungen können hinzukommen.

Diagnosesicherung

Beim Verdacht auf eine akute toxische Hepatitis muss der Arzt parallel zur intensivmedizinischen Versorgung die Ursache klären, das Ausmaß der Schädigung erkennen und die nötige Therapie planen. Wichtigste Verfahren dafür sind:

  • Befragung des Patienten bzw. seiner Angehörigen. Dabei spielen Vorerkrankungen, aber auch die Einnahme von Medikamenten, Alkoholkonsum und ein evtl. Drogenmissbrauch eine Rolle.
  • Laboruntersuchungen, z. B. von:
    • Transaminasen, alkalischer Phosphatase und Bilirubin, die das Ausmaß des Leberzellschadens und eines möglichen Gallestaus zeigen
    • Albumin oder Cholinesterase zur Einschätzung der verbliebenen Leberfunktion
    • Kreatinin und Laktat zum Nachweis weiterer Organkomplikationen
    • Toxikologisches Screening, d. h. die Untersuchung des Blutes auf Giftstoffe wie etwa Paracetamol oder Amanitin.
  • Ultraschall von Bauch und Leber, um evtl. vorbestehende Lebererkrankungen zu erkennen.

Behandlung

Mit einer intensivmedizinischen Behandlung stabilisieren die Ärzte die Körperfunktionen. Daneben versuchen sie, das Gift aus dem Körper zu entfernen. Dafür gibt es verschiedene Verfahren, z. B.

Magenentleerung über Abführmittel, eine Magenspülung oder mit einem Brechmittel

  • Gabe von medizinischer Aktivkohle, um Giftstoffe zu binden
  • Hämodialyse, also das "Waschen" des Blutes mit einem Dialysegerät
  • Leberdialyse, z. B. das MARS (Molecular Adsorbents Recirculating System). Beim MARS wird, ähnlich wie bei der Dialyse, das Blut gereinigt. Mit Hilfe von Pumpen wird Blut aus dem Körper über verschiedene Filter an großen Eiweißmolekülen (Albumin) vorbei geleitet. An diesen Eiweißmolekülen haften die Giftstoffe und werden so aus dem Körper entfernt. Das entnommene Blut wird in einem Kreislauf dann zurück zum Körper gepumpt. Weitere leberunterstützende Verfahren sind das Prometheus-System und die Leberpherese, bei denen das Blut ebenfalls von schädlichen Stoffen gereinigt wird.

Je nach Gift kommen auch spezielle medikamentöse Behandlungen in Frage:

  • Knollenblätterpilzvergiftung: Silibinin (z. B. als Legalon SIL) stabilisiert die Zellmembranen der Leberzellen und hemmt dadurch das Eintreten des Giftes in die Leberzellen. Außerdem stimuliert es die RNA-Polymerase und fördert dadurch die Eiweißbildung.
  • Paracetamolvergiftung: N-Acetylzystein (z. B. Fluimucil®) liefert der Leber Cystein. Dadurch bilden die Leberzellen vermehrt Glutathion und neutralisieren so das giftige Abbauprodukt NAPQI (siehe oben Paracetamolvergiftung).

In manchen Fällen lässt sich die Zeit bis zu einer Selbstheilung der Leber nicht mit leberunterstützenden Verfahren und intensivmedizinischer Behandlung überbrücken. Hier ist die einzige mögliche Therapie die Lebertransplantation.

Prognose

Generell ist die Leber ein Organ mit sehr hohem Heilungsvermögen. Selbst nach schwerem Schock und Leberversagen vermag die Leber, anders als die Nieren, sich vollständig zu erholen.

Kommt es aber durch die akute toxische Hepatitis zum Vollbild des Leberversagens ist die Lage sehr ernst:

  • Nur 35 % der Patienten überleben die ersten 3 Wochen nach Erkrankungsbeginn.
  • Ist eine Lebertransplantation möglich, überleben etwa 80 % der Patienten die ersten 3 Jahre.
  • Beim Reye-Syndrom ist die Prognose ebenfalls kritisch: 50 % der Kinder versterben, von den Überlebenden behalten viele Hirnschäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen zurück.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Bisphosphonate richtig einnehmen

Zum Schutz der Speiseröhrenschleimhaut müssen Bisphosphonate in aufrechter Haltung und mit viel Wasser eingenommen werden.

Bisphosphonate richtig einnehmen

Aufrecht und nur mit Wasser

Bisphosphonate stärken den Knochen und schützen dadurch vor Frakturen. Damit das klappt, müssen bei der Einnahme allerdings einige Regeln beachtet werden.

Intravenös und als Tabletten

Bisphosphonate sind heute aus der Therapie von Knochenerkrankungen nicht mehr wegzudenken. Besonders häufig werden sie bei Osteoporose eingesetzt. Sie erhöhen die Knochendichte und sorgen so dafür, dass es seltener zu Wirbelkörperbrüchen und Hüftfrakturen kommt.

Verabreicht werden Bisphosphonate intravenös (z.B. monatlich, alle 3 Monate oder einmal im Jahr) oder oral als Tabletten. In Form von Tabletten haben Bisphosphonate zwei Besonderheiten, die bei der Einnahme beachtet werden müssen.

Nur 2 Prozent werden aufgenommen

Aufgrund ihrer chemischen Struktur ist die Bioverfügbarkeit von Bisphosphonaten sehr gering. Das bedeutet, dass nur etwa 2% der geschluckten Dosis überhaupt von der Darmschleimhaut aufgenommen werden. Diese Menge reicht für die Knochenwirkung aus – vorausgesetzt, die Aufnahme wird nicht durch andere Faktoren behindert.

Das kann z. B. sehr leicht durch andere Nahrungsmittel oder Substanzen passieren. Mit diesen bilden die Bisphosphonate im Darm unlösliche Komplexe und werden einfach wieder ausgeschieden. Daraus ergeben sich folgende Regeln: 

  • Die Tablette muss morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden. Damit andere Nahrungsmittel nicht stören, sollte dies mindestens 30 Minuten, besser noch eine Stunde vor dem Frühstück geschehen. Zum Herunterschlucken 250 ml Leitungswasser nehmen, keinesfalls Milch, Säfte oder Kaffee.
  • Erforderliche Nahrungsergänzungsmittel wie Kalzium und Vitamin D darf man ebenfalls nur mit einem großen Abstand zu Bisphosphonaten einnehmen – z. B. abends. Da Bisphosphonate nicht täglich geschluckt werden müssen, kann man die Kalziumgabe aber auch einfach einen Tag pausieren.

Schleimhautreizend bis zum Ulkus

Die zweite problematische Besonderheit der Bisphosphonate liegt in ihrer Aggressivität. Das bedeutet, dass sie bei direktem Kontakt die Schleimhäute von Speiseröhre und Magen stark reizen. Dadurch kann es zu Entzündungen und Ulzerationen (Schleimhautlöcher) kommen, die sich in Form von Sodbrennen und Magenschmerzen bemerkbar machen.

Damit die Inhaltsstoffe der Bisphosphonat-Tabletten die Schleimhäute so wenig wie möglich berühren und keinesfalls in der Speiseröhre verweilen, gibt es ebenfalls strenge Einnahmeregeln: 

  • Mit reichlich Wasser (250 ml) und nur im Sitzen oder Stehen einnehmen. 
  • Die Tablette darf nicht gekaut oder gelutscht, sondern soll in einem Stück heruntergeschluckt werden. 
  • Nach der Einnahme muss der Körper aufrecht bleiben, damit die Tablette sich nicht in der Speiseröhre einnistet. Je nach Präparat werden mindestens 30, manchmal auch 60 Minuten gefordert.

Immer Beipackzettel beachten!

Der nötige zeitliche Abstand zwischen dem Bisphosphonat und anderen Medikamenten, Vitaminen oder Nahrungsergänzungsmitteln variiert bei den verschiedenen Präparaten. Die genauen Angaben finden sich im Beipackzettel, zudem gibt es entsprechenden Rat auch in der Apotheke.

Einige Bisphosphonate sind magensaftresistent und können deshalb direkt nach der Mahlzeit eingenommen werden. Zum Schutz der Speiseröhrenschleimhaut muss man allerdings auch bei diesen Präparaten aufrecht sitzen bleiben.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Wavebreakmedia