Gesundheit heute

Riesenzellarteriitis

Riesenzellarteriitis (RZA, Arteriitis temporalis, Arteriitis cranialis, Temporalarteriitis, Schläfenarterienentzündung, Horton-Magath-Brown-Syndrom): Entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gefäße im Bereich von Hals und Kopf mit starken, oft schläfenbetonten Kopfschmerzen, manchmal auch weiteren Beschwerden wie Kauschmerzen oder Sehstörungen. Betroffen sind vor allem Frauen über 50 Jahre. Weil die Gefäßentzündungen Schlaganfälle oder eine plötzliche Erblindung auslösen können, ist die Erkrankung ein Notfall und muss umgehend behandelt werden. Bei sofortiger Gabe von hochdosiertem Kortison ist die Prognose gut. Allerdings kommt es bei der RZA häufig zu Rückfällen. Um diese zu vermeiden, ist eine langfristige Therapie mit Kortison oft unumgänglich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Pulsierende, über Wochen zunehmende Kopfschmerzen, häufig im Bereich der Schläfe
  • Knötchenförmig verdickte, druckempfindliche Schläfenarterie
  • Augenschmerzen und Sehstörungen (schwarze Balken, Gesichtsfeldausfälle, Doppelbilder) bis hin zur plötzlichen Erblindung
  • Kieferschmerzen beim Reden, Kauen oder Schlucken
  • Allgemeinbeschwerden wie Schwäche, Müdigkeit und Krankheitsgefühl.

Wann in die Arztpraxis

Sofort in die Augenarztpraxis,

  • wenn Sehstörungen auftreten, auch nachts oder am Wochenende.

In den nächsten Tagen zur internistischen oder Hausarztpraxis, bei

  • pulsierenden, über Wochen zunehmenden Kopfschmerzen im Schläfenbereich.

Die Erkrankung

Epidemiologie

Die RZA kommen vor allem bei Frauen in der zweiten Lebenshälfte vor. In der Altersgruppe ab 50 Jahren erkranken in Deutschland etwa 44 pro 100.000 Menschen daran. In Europa besteht ein starkes Nord-Süd-Gefälle: In Skandinavien ist die RZA ungefähr zehnmal häufiger vertreten als in Südeuropa.

Krankheitsentstehung

Bei der RZA handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die Immunabwehr des Körpers gegen eigenes Gewebe richtet. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen bestimmte weiße Blutkörperchen, und zwar Lymphozyten (vor allem T-Zellen) und Makrophagen. Diese Immunzellen wandern vermehrt in die Gefäßwände und lösen dort knötchenförmige (granulomatöse) Entzündungen aus. Dabei spielen auch von den T-Zellen produzierte Botenstoffe eine wichtige Rolle: Interleukine und Interferon. Die Makrophagen ordnen sich in diesem Prozess häufig typisch an: Sie schließen sich zu sog. Riesenzellen zusammen, die in der Gewebeprobe meist gut zu erkennen sind und der Krankheit ihren Namen gegeben haben.

Die entzündeten Arterien können sich verengen und sich sogar verschließen. Je nachdem, welche Arterien betroffen sind, drohen schwere Durchblutungsstörungen im Gehirn und in der Netzhaut. Mögliche Folgen sind Schlaganfall, Sehstörungen und Erblindung.

Ursachen

Wodurch die Autoimmunreaktionen bei der RZA ausgelöst werden, ist nach wie vor ungeklärt. Eine genetische Veranlagung wird wie bei den meisten rheumatischen Erkrankungen vermutet.

Eine Zeit lang ging man davon aus, dass Infekte die RZA triggern können, etwa eine Infektion mit dem Parvovirus B19. Beweise gibt es dafür jedoch nicht. Weil die Erkrankung vermehrt in Ballungsräumen und jahreszeitlich schwankend auftritt, vermuten Expert*innen auch Umweltfaktoren als Ursachen.

Klinik

Die Riesenzellarteriitis kann eine Vielzahl von Beschwerden auslösen. Im Vordergrund stehen meist Kopfschmerzen, die als pulsierend und bohrend beschrieben werden. Sie betreffen vor allem die Schläfenregion, treten manchmal aber auch in anderen Bereichen des Kopfes auf. Sie können sowohl schleichend beginnen als auch akut und überaus stark einsetzen. Typisch ist, dass sie durch die Einnahme üblicher Schmerzmittel kaum zu beeinflussen sind.

Besonders gefürchtet ist bei der RZA die Entzündung von Augenarterien. Diese macht sich durch Sehstörungen wie z. B. Flimmern, Doppelbilder oder Gesichtsfeldausfälle bemerkbar. Im schlimmsten Fall kommt es zum kompletten Sehverlust des betroffenen Auges. Bleibt die Patient*in dann unbehandelt, erblindet in 60 % der Fälle innerhalb weniger Tage das zweite Auge ebenfalls.

Manchmal breitet sich die Entzündung auch auf Äste der großen Hauptschlagader des Kopfes (Arteria carotis) aus. Dann wird die Kaumuskulatur nicht mehr ausreichend durchblutet und es kommt zu Schmerzen beim Kauen oder zu einer schmerzlosen Kiefersperre.

Bis zu 60 % der Patient*innen entwickeln zudem Beschwerden einer Polymyalgia rheumatica mit Muskel- und Gelenkschmerzen und Morgensteifigkeit. Häufig sind während der Erkrankung auch Allgemeinsymptome wie Fieber, Krankheitsgefühl, Nachtschweiß und Gewichtsverlust.

Komplikationen

Trotz guten Ansprechens auf die Kortisontherapie, kommt es bei jeder zweiten Patient*in innerhalb des ersten Jahres nach Erkrankung zu einem Rezidiv, d. h. einem Rückfall. Im längeren Verlauf steigt das Rezidivrisiko sogar noch: Innerhalb von fünf Jahren nach Erkrankung erleiden 80 % der Betroffenen einen erneuten entzündlichen Schub der RZA.

Risikofaktoren für Rückfälle sind

  • weibliches Geschlecht
  • allgemeine Beschwerden wie z. B. Fieber
  • Kortisontherapie unter 10 mg/Tag Prednisolon
  • Beteiligung von Gefäßen außerhalb des Schädels.

Diagnosesicherung

Die Diagnose basiert auf der Schilderung der Beschwerden durch den Betroffenen sowie auf dem Eindruck ausgeprägter Schwäche. Bei etwa 80 % der Patient*innen lässt sich eine verdickte, verhärtete und druckschmerzhafte Schläfenarterie tasten. Im Blutlabor ist typischerweise die Blutsenkungsgeschwindigkeit stark beschleunigt, was man auch Sturzsenkung nennt. Ebenfalls erhöht sind das Entzündungsprotein CRP und häufig auch die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), manchmal steigen auch die Fibrinogen- und Ferritinwerte.

Gesichert wird die Diagnose durch bildgebende Verfahren und/oder eine Gewebeprobe Biopsie der Schläfenarterie.

  • Bildgebende Verfahren. Die Ultraschalluntersuchung (Duplexsonografie) von Schläfen- und Achselarterien ist heute die erste Wahl bei der Diagnose der RZA. Darin lässt sich die durch die Entzündung verdickte Gefäßwand meist gut erkennen, oft sieht man auch einen sanduhrförmigen Verlauf der Arterie. Als Alternative zum Ultraschall gilt die hochauflösende Magnetresonanztomografie. Vermutet die Ärzt*in die Beteiligung von Gefäßen außerhalb des Schädels, wird häufig eine Angiografie, eine Computertomografie (CT) oder eine PET-CT herangezogen.
  • Gewebeprobe. Sind Ultraschall und MRT nicht aussagekräftig genug, entnimmt die Ärzt*in unter örtlicher Betäubung eine 1–1,5 cm lange Gewebeprobe aus der Schläfenarterie. Diese wird in der Pathologie auf die typischen Veränderungen hin untersucht (z. B. Riesenzellen und ein typisches Entzündungsbild in der Gefäßwand).

Hinweis: Die Diagnostik darf den Beginn einer Kortisontherapie keinesfalls verzögern. Beim leisesten Verdacht auf eine RZA muss damit hochdosiert begonnen werden, bildgebende Verfahren oder Biopsie werden dann parallel zur Therapie vorgenommen.

  • Differenzialdiagnosen. Wichtige Differenzialdiagnosen sind Spannungskopfschmerzen oder eine neu aufgetretene Migräne. Abzuklären sind auch Kopfschmerzen anderer Ursachen wie z. B. bei einer Sinusvenenthrombose oder bei Infektionen. Weitere Differenzialdiagnosen sind andere rheumatische Erkrankungen und Hirntumoren. Auch eine Entzündung der Herzklappen (Endokarditis) kann sich ähnlich äußern wie eine RZA. Bei Sehstörungen gehören Erkrankungen des Auges zu den Differenzialdiagnosen, z. B. eine Optikusneuropathie.

Behandlung

Kortisontherapie

Mittel der Wahl ist bei der RZA die sofortige Kortisongabe in Form von Prednisolon oder einem gleich starken Glukokortikoid. Liegen keine Sehstörungen vor, beginnt man meist mit 40–60 mg Prednisolontabletten pro Tag. Bei akuten Sehstörungen muss das Kortison deutlich höher dosiert werden, z. B. drei bis fünf Tage lang 500 bis 1000 mg/Prednisolon intravenös. Danach geht es in geringerer Dosierung mit Tabletten weiter.

Sobald die Entzündung abgeklungen ist, senkt die Ärzt*in die Dosis schrittweise. Das ist wichtig, weil eine langfristige Kortisontherapie etliche Nebenwirkungen und Risiken birgt. So erhöhen sich Blutzucker und Cholesterinwerte, oft steigt der Blutdruck und es kommt zur Gewichtszunahme und Fettumverteilung.

Ziel ist, die Dosis im Verlauf der nächsten Monate so weit wie möglich zu reduzieren. Kommt es allerdings zu einem Rückfall, erhöht die Ärzt*in die Prednisolondosis wieder.

Befindet sich die Patient*in zwölf Monate lang in Remission, kann versucht werden, das Kortison vollständig abzusetzen. Remission bedeutet normale BSG- und CRP-Werte, keine klinischen Beschwerden und keine fortschreitenden Gefäßverengungen in der bildgebenden Diagnostik.

Kortisonsparende Therapie

Bei manchen Patient*innen lässt sich die hohe Kortisondosis nicht reduzieren, weil die Krankheit bei Dosisreduktion sofort wieder aufflackert. Andere Patient*innen haben ein hohes Risiko für Kortisonfolgeschäden, z. B. weil sie ohnehin unter Osteoporose oder Diabetes leiden. Für sie ist eine langfristige Kortisonbehandlung besonders ungünstig.

In solchen Fällen empfehlen die Leitlinien eine zusätzliche Therapie mit dem Interleukin-6-Hemmer Tocilizumab oder dem Wirkstoff Methotrexat. Durch die entzündungshemmenden Eigenschaften dieser Substanzen kann das Prednisolon schneller reduziert und evtl. komplett abgesetzt werden.

Prognose

Bei sofortiger Behandlung mit hoch dosiertem Kortison ist die Prognose gut. Allerdings kommt es oft zu Rückfällen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Regelmäßige Tabletteneinnahme. Bei der RZA ist es wichtig, sich ganz genau an die Verordnung der Medikamente zu halten. Nur so kann die Entzündung langfristig eingedämmt werden. Die Kortisontabletten sollten morgens eingenommen werden, das passt am besten zum körpereigenen zirkadianen Kortisonrhythmus. Denn die innere Kortisonausschüttung beginnt nachts gegen zwei oder drei Uhr und steigt bis zu ihrem Gipfel um ca. 8:30 Uhr morgens an. Danach fallen die Kortisonwerte im Blut wieder kontinuierlich ab und erreichen gegen Mitternacht ihren tiefsten Punkt.

Nicht abrupt absetzen. Unter einer Therapie mit Kortison schränkt der Körper die eigene Kortisonproduktion stark ein. Wer von heute auf morgen seine Kortisontabletten absetzt, riskiert Entzugserscheinungen. Diese reichen von Übelkeit, Gelenkschmerzen, Schwäche und Müdigkeit bis zu Blutdruckabfall und Verwirrung. Um dies zu vermeiden, darf das Kortison nur vorsichtig und unter ärztlicher Aufsicht ausgeschlichen werden.

Nicht abwarten bei Beschwerden. Erneute Beschwerden dürfen keinesfalls ausgesessen werden. Um die anti-entzündliche Therapie wieder anzupassen, ist möglichst rasch die behandelnde Ärzt*in aufzusuchen. Sehstörungen gelten als Notfall, es droht die Erblindung. Deshalb sollten Betroffene sofort zur Ärzt*in, auch am Wochenende oder nachts.

Bewegen und gesund ernähren. Unter einer Kortisontherapie kommt es leicht zu einer Gewichtszunahme. Hiergegen helfen Bewegung und eine gesunde Ernährung. Weil Kortison die Salzausscheidung einschränkt, sollte man möglichst salzarm essen. Milch und Milchprodukte versorgen den Organismus mit Kalzium und Eiweiß und beugen dem Verlust von Knochen- und Muskelmasse vor.

Weiterführende Informationen

S2k-Leitlinie Management der Großgefäßvaskulitiden Deutsche Gesellschaft der Rheumatologie

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was Männerknochen stabil hält

Die Milch macht`s - auch im Kampf gegen die männliche Osteoporose.

Was Männerknochen stabil hält

Osteoporose vorbeugen

Osteoporose ist kein reines Frauenproblem. Auch Männerknochen werden mürbe – und das meist mit drastischeren Folgen als bei Frauen. Lesen Sie hier, wann auch Männer an eine Osteoporose denken sollten und wie das Vorbeugen gelingt.

Später Bruch mit schweren Folgen

Eigentlich sind Männer in Sachen Knochenstabilität klar im Vorteil: Denn bei Ihnen ist die sogenannte „Knochenmasse“ in aller Regel prinzipiell höher als bei Frauen. Hinzu kommt, dass Männer keine Menopause durchmachen – also die Phase, in der Frauen hormonell bedingt am schnellsten und am meisten Knochenmasse verlieren. Doch auch bei Männern gilt: Nach dem dritten Lebensjahrzehnt nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab. Und zwar so stark, dasswahrscheinlich jeder zehnte Mann über 65 von Osteoporose betroffen ist.

Bei Männern reduziert sich die Knochenmasse allerdings eher schleichend. Deshalb kommt es bei im Vergleich zu Frauen meist erst viel später zu osteoporotischen Knochenbrüchen. Weil die betroffenen Männer dann aber schon sehr alt sind, stecken sie den Bruch deutlich schlechter weg als die vergleichsweise früher betroffenen Frauen. So zeigen Studien, dass über ein Drittel der Männer mit Hüftfraktur im ersten Jahr nach dem Trauma verstirbt. Und diejenigen, die überleben, kommen oft nicht mehr richtig auf die Beine.

Warum Männerknochen brechen

Und noch einen weiteren Unterschied zur „weiblichen“ Osteoporose gibt es. Frauen leiden in den meisten Fällen unter einer primären Osteoporose. Dazu zählt die Osteoporose auf Grund des altersbedingten Knochenabbaus und die postmenopausale Osteoporose. Die primäre Osteoporose wird begünstigt durch falsche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.

Bei Männern hingegen ist die Osteoporose meist – in zwei Drittel der Fälle -sekundär, d.h., der Auslöser sind andere Erkrankungen wie z. B.

  • Hormonstörungen wie Hypogonadismus, Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperparathareoidismus
  • rheumatische Erkrankungen
  • Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • alkoholische Lebererkankung, Alkoholismus.

Auch die Einnahme von Medikamenten kann zu einer sekundären Osteoporose führen. Besonders häufig ist dies bei Glukokortikoiden der Fall. Hier kommt es manchmal schon nach drei Monaten Glukokortikoidtherapie zu einer verringerten Knochendichte. Ebenfalls begünstigt wird die Osteoporose durch Arzneimittel gegen männliche Geschlechtshormone, die beim Prostatakrebs verschrieben werden. Weitere knochengefährdende Arzneimittel sind Protonenpumpeninhibitoren zur Behandlung von Magengeschwüren, bestimmte Antidepressiva (SSRI), Insulinsensitizer zur Behandlung des Diabetes mellitus oder Antiepileptika und Immunsuppressiva.

Tipp: Mit Hilfe eines Online-Tests kann man das eigene Osteoporose-Risiko abschätzen. Wer dabei mehr als fünf Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte das Thema Osteoporose bei der behandelnden Ärzt*in ansprechen.

Obacht bei Rückenschmerzen im Alter!

Leider ist es für Männer oft gar nicht so leicht, eine Osteoporose zu erkennen. Erst spät stellen sich Rückenschmerzen ein, z. B., wenn es durch den Knochenschwund zu Wirbelkörperbrüchen gekommen ist. Häufig wird eine Osteoporose auch dann entdeckt, wenn sich der Betroffene bei einem leichten Sturz Arm, Bein oder Hüfte bricht.

b aufgrund von Rückenschmerzen oder zur Abklärung eines verdächtigen Knochenbruchs: Diagnostiziert wird die Osteoporose mit bildgebenden Verfahren. Die Knochendichtemessung (Dual X-ray-Absorptiometry, kurz DEXA) gibt Auskunft über die Qualität des Knochens. Gemessen wird an der Lendenwirbelsäule, am Oberschenkelhals und am Oberschenkelknochen. Das Ergebnis ist der T-Wert, der die sogenannte Knochenmineraldichte widerspiegelt. Ausschlaggebend für die Diagnose ist der niedrigste der drei ermittelten Werte. Ein T-Wert ≤2,5 gilt nach Vorgaben der WHO als Osteoporose. Bei Werten zwischen -1 und -2,5 handelt es sich um eine Osteopenie, die Vorstufe der Osteoporose.

Neben der Knochendichtemessung helfen beim Verdacht auf Osteoporose auch konventionelle Röntgenaufnahmen. Sie zeigen auf, ob es schon zu osteoporotischen Veränderungen oder unbemerkten Brüchen an den Wirbelkörpern gekommen ist. Im Zweifel wird auch eine Kernspinuntersuchung herangezogen, da diese Veränderungen im Knochen noch deutlicher darstellt.

Blutuntersuchungen gehören beim Abklären einer Osteoporose ebenfalls dazu. Sie geben nicht nur Aufschluss darüber, wie es mit dem Kalzium- und dem Vitamin-D-Haushalt aussieht. Die Bestimmung von Hormonen, Nieren- und Leberwerten lässt zwischen einer primären und einer sekundären Osteoporose unterscheiden und die Ursache für eine zugrundeliegende Erkrankung erkennen.

Kalzium, Vitamin D und Osteoporosemedikamente

Basis für die Knochengesundheit ist seine ausreichende Versorgung mit Kalzium (siehe unten). Ob neben der Ernährung eine zusätzliche Kalziumgabe in Form von Tabletten erforderlich ist, entscheidet die Ärzt*in. Das gleiche gilt für Vitamin D. Je nachdem wie hoch die Vitamin-D-Werte im Blut sind sind, rät die Ärzt*in zur Einnahme von Vitamin-D-Tabletten. Empfohlen wird dabei meist eine Tagesdosis von 800 bis 2000 IE (Internationale Einheiten).

Spezielle Osteoporosemedikamente verbessern die Knochendichte und beugen damit Knochenbrüchen vor. Es gibt zwei Wirkansätze: Antiresorptive Substanzen wie Bisphosphonate oder Denosumab hemmen den Knochenabbau. Osteoanabole Wirkstoffe wie das Parathormon-Analogon Teriparatid fördern den Knochenaufbau Ihr Einsatz hängt von der gemessenen Knochendichte und dem Alter ab. Je älter der Patient ist, desto früher sollte damit begonnen werden. Nach den Leitlinien sollen Männer unter 50 Jahren bei einem T-Wert ≤ -4,0 spezifische Osteoporosemedikamente erhalten, 75-jährige Männern dagegen schon bei einem T-Wert ≤ -2,0.

  • Bisphosphonate wie Alendronat hemmen die Aktivität der knochenabbauenden Zellen und beugen nachgewiesenermaßen Knochenbrüchen vor. Ist noch kein osteoporotischer Knochenbruch aufgetreten, empfehlen Expert*innen die Einnahme für drei Jahre. Nach dem Absetzen geht man davon aus, dass der Knochen eine geraume Zeit stabil bleibt. Um dies zu überwachen sind regelmäßige Knochendichtemessungen erforderlich. Bisphoshonate können zu Magen-Darm-Unverträglichkeiten bis hin zu Magen- und Speiseröhrengeschwüren führen. Damit es dazu nicht kommt gelten folgende Einnahmeregeln:
    • Tabletten immer morgens auf nüchternem Magen und in aufrechter Position einnehmen.
    • Dazu ein großes Glas Leitungswasser trinken.
    • Das Frühstück frühestens eine halbe Stunde später einnehmen (bei anderen Bisphosphonaten wie Etidronat muss man sogar zwei Stunden nüchtern bleiben).
    • Frühestens 30 Minuten nach Einnahme des Wirkstoffs wieder hinlegen.
    • Um die Aufnahme der Wirkstoffe zu gewährleisten sind andere Medikamente nur mit größerem zeitlichen Abstand einzunehmen. Entscheidend dafür sind die Hinweise im Beipackzettel des jeweiligen Bisphosphonats.

  • Denosumab. Ein weiterer Hemmstoff des Knochenabbaus ist der Antikörper Denosumab. Er ist speziell zugelassen für Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Hormonablationstherapie unterziehen (also künstlich den Testosteronspiegel gesenkt bekommen) und dadurch ein erhöhtes Osteoporose- und Knochenbruchrisiko haben. Er wird alle sechs Monate unter die Haut gespritzt.
  • Teriparatid. Für Männer mit besonders ausgeprägter Osteoporose und hohem Knochenbruchrisiko steht auch noch ein knochenaufbauender Wirkstoff zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Analogon des körpereigenen Parathormons mit Namen Teriparatid. Es darf 24 Monate lang verabreicht werden, danach wird eine Therapie mit knochenabbauhemmenden Substanzen angeschlossen.

Insgesamt haben spezifische Osteoporosemedikamente eine ganze Reihe von Nebenwirkungen, weshalb sie meist nur für einen gewissen Zeitraum eingesetzt werden.

Hinweis: Bei der sekundären Osteoporose ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung essenziell, damit sich der Knochen erholen kann. Ist die Ursache des Knochenabbaus ein Medikament, muss die Ärzt*in prüfen, ob man dieses vielleicht absetzen oder austauschen kann.

Gezielt turnen und ins Korsett

Zum Behandlungskonzept bei Osteoporose gehören auch physiotherapeutische Maßnahmen. Denn nur durch gezielte Übungen lässt sich die Beweglichkeit erhalten oder wiederherzustellen. Durch die Belastung bessern sich auch der Knochenstoffwechsel und der Aufbau von Knochensubstanz. Ein spezielles Gang- und Standtraining soll zudem Stürzen vorbeugen.

Vor allem nach osteoporosebedingten Wirbelkörperbrüchen bekommt die Patient*in häufig ein modernes Stützkorsett verschrieben. Je nach Variante richten sie den Körper auf, geben Halt und fördern die aktive Korrektur der Wirbelsäule. Dadurch werden nicht nur die Schmerzen gelindert. Das Korsett ermöglicht auch, die Mobilität zu erhalten und Stürze zu verhindern.

Hinweis: Männer sind im Alter häufig weniger autark als Frauen. Für sie sind daher Rehabilitationsmaßnahmen besonders wichtig, um ein ausreichendes Maß an Selbstständigkeit zu gewinnen oder bewahren.

Gesunder Lebensstil beugt vor

Vor einer Osteoporose ist niemand gefeit, denn älter wird jeder und weitere Risikofaktoren dafür gibt es viele. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber zumindest der primären Osteoporose vorbeugen:

  • Körperlich aktiv bleiben. Bewegung hält nicht nur den Knochen stark, sondern auch die ihn stützenden und führenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Am besten ist es, täglich zu trainieren. Schon dreißig Minuten flottes Spazierengehen, Joggen oder Walken bringen den Stoffwechsel auf Trab und fördern damit auch die Versorgung des Knochens mit den nötigen aufbauenden Substanzen. Wer zusätzlich Muskelkraft und Koordination trainiert, beugt zudem Stürzen und damit Knochenbrüchen vor. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Programme gegen Osteoporose an. Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob diese die Kosten oder zumindest einen Teil davon übernimmt.
  • Knochenfreundlich ernähren. Eine gesunde Ernährung ist das A und O für den Knochenaufbau. Empfohlen wird die Aufnahme von 1000 bis 1500 mg Kalzium pro Tag. Gut geeignet sind Milch, Käse und Joghurt, aber auch Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Eine Scheibe Emmentaler (30 g) enthält beispielsweise etwa 330 mg Kalzium, ein Glas Milch oder Kefir 240 mg. Spitzenreiter bei den Gemüsen sind gegarter Blattspinat (310 mg Kalzium pro 210-g-Portion) und gegarter Grünkohl (280 mg/160 g). Andere wichtige Substanzen wie Folsäure, Kalium und Vitamin B12 sind in einer gesunden Mischkost meist ohnehin ausreichend erhalten.
  • Untergewicht vermeiden. Untergewicht ist ein Risikofaktor für die Osteoporose. Außerdem ist eine Gewichtsabnahme im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden. Der ideale Body Mass Index liegt zwischen 20 und 25.
  • Raus an die frische Luft! Sonnenlicht fördert die Bildung von Vitamin D, das im Körper zu Calcitriol umgebaut wird. Calcitriol ist wiederum notwendig, damit Kalzium über den Darm aufgenommen und in den Knochen eingebaut wird. Liegt ein Vitamin-D-Mangel vor, ist nach ärztlichem Rat die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten zu erwägen.
  • Rauchen und Alkohol vermeiden. Rauchen verengt die Blutgefäße und verschlechtert dadurch die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen. In der Folge ist der Knochenaufbau gestört und es entwickelt sich leichter eine Osteoporose. Auch übermäßiger Alkoholkonsum reduziert die Knochendichte: Alkohol hemmt die knochenaufbauenden Zellen und hat negative Wirkungen auf den Vitamin-D-Stoffwechsel.

Hinweis: Kalzium ist essenziell für die Knochen. Zuviel Kalzium ist aber auch nicht gesund. Bei einer täglichen Zufuhr über 1500 mg wird das Mineral über die Niere wieder ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, lagert sich das im Organismus angesammelte Kalzium in Gefäßen und Geweben ab und trägt zur Verkalkung bei.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 35, S. 4, RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Maples Images/Shutterstock.com